Rendez-vous avec le passé....Teil 3
©roxanneworks 2012
Die Kurzgeschichte ist erschienen im
© net-Verlag, Cobbel
Printed in Hungary
ISBN 978-3-942229-81-4
Copyright-Hinweis: Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt. Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung der Autorin 07.05.2012
Ich schlug fast panisch die Augen auf. Da war wieder dieser Geruch nach seinem Aftershave! Konnte man in die eigene Ge-
dankenwelt so tief eintauchen, dass selbst Gerüche wahrzunehmen waren?
Ich zog mir die Decke etwas enger an den Körper, kreuzte die Arme vor meiner Brust und versuchte, die Gänsehaut loszuwerden, die sich wie von Geisterhand auf meinem Körper ausgebreitet hatte.
Von diesen seltsamen Momenten hatte es viele gegeben in dem vergangenen Jahr. Anfangs machte es mir Angst, und ich
dachte ernsthaft darüber nach, ob es möglich wäre, ganz allmählich den Verstand verlieren.
Auslöser dafür war eine Situation, die ich nie
vergessen werde: Ich konnte mal wieder nicht schlafen und wälzte mich die halbe Nacht im Bett herum. In dieser Nacht habe ich viele
Tränen vergossen und dann sein Bild, das auf meinem Nachtschrank stand, zur Wand gedreht. Am nächsten Morgen allerdings stand der Bilderrahmen wieder so, als hätte ich ihn nie verrückt. Tom schaute mich aus dem Fotorahmen heraus an, und ich hatte das Gefühl, als ob sein Blick traurig wirkte.
Der Mond stand schon hell am Himmel und erzeugte seltsame Schattengemälde an den Wänden des Zimmers. Ich musste mich aufraffen und noch etwas essen. Mir war schon richtig schlecht vor Hunger. Gedankenverloren steckte ich ein belegtes
Baguette in den Mund, trank zwischendurch
Bier aus der Flasche und dachte daran, wie viele zauberhafte Stunden wir hier verbracht hatten. Ein breites Lächeln machte sich in meinem Gesicht breit und ein Hauch von Schamröte ...
***
Die Welt um uns herum existierte nicht mehr. Es galt nur noch zu fühlen, zu geben und zu nehmen.
Wir hatten nach einem unbeschreiblich zärtlichen, schaumüberzogenen Vorspiel das Bad verlassen, um uns dann Richtung Schlafzimmer vorzutasten. Es war ein nicht enden wollender Weg, unterbrochen von sinnlichen Küssen und Spaziergängen auf
den Ebenen, Tälern und Hügeln unserer heißen Haut. Stück für Stück kamen wir unserem Ziel näher – und zwar in jeder nur
erdenklichen Weise.
Wir hätten uns auch zu jeder anderen Zeit, an jedem anderen Ort in jedem Leben gefunden. In unseren Seelen waren wir
eins: ein Fühlen, ein Wollen, eine Angst. Wie in einem Ozean, der nach oben hin kein Ende hatte, oder wie beim Fallen ins Boden- lose. Wir kannten beide diese Gefühle, hatten sie durchlebt, die Intensität gespürt und uns geängstigt. Das sollte von nun an vorbei sein. Wir hatten uns gefunden. Wir waren wie die Jupiterringe.
Bald würde der Morgen die Nacht ablösen. Wir lagen eng umschlungen im Bett und
schauten aus dem Fenster in den Sternen- himmel.
»Ich habe gewusst, dass es so sein würde«, flüsterte Tom dicht an meinem Ohr.
Meine Härchen im Nacken reagierten prompt. »Ich auch«, sagte ich leise und küsste ihm zärtlich das Fleckchen Haut, unter dem sein Herz schlug.
»Süße, ich habe mich noch niemals zuvor so glücklich gefühlt. Ich weiß, das muss kitschig klingen, aber es ist genau so, wie ich sage. Es ist Nirwana mit dir.«
Ich schaute in seine Augen und sah, dass er jedes Wort gefühlt hatte, es ging mir nicht anders.
»Ich liebe dich«, flüsterte er an meinem Nacken. Es war das Letzte, was ich hörte,
bevor ich einschlief ...
***
Mein Herz hämmerte wie verrückt in meiner Brust.
Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich meine Augen geschlossen hatte, während die Erinnerungen meine Gefühle beherrschten. Meine Gedanken sonnten sich in den berauschenden Bildern, und ich vergaß für kurze Zeit, dass es der Anfang unseres
Endes war. Wenn es etwas gab, für das ich in meinem Leben dankbar sein konnte, dann dafür, dass er mir begegnet war.
Wie viele Menschen durften wohl dieses
Gefühl kennenlernen?
In dieser Nacht schlief ich sehr unruhig, und als ich erwachte, stand die Sonne schon hoch am Himmel. Die linke Seite des Bettes war unbenutzt, und dennoch hatte ich das seltsame Gefühl, dass etwas Merkwürdiges vor sich ging. Vielleicht lag es an den Erinnerungen, und doch verspürte ich auch jetzt wieder das Gefühl, nicht allein zu sein.
Nach einem ausgiebigen Duschbad und einem doppelten Espresso fühlte ich mich halbwegs wieder wie ein Mensch.
Ich verließ das Haus und joggte die Küsten- straße entlang, quer über den Strand bis hinunter ans Meer.
Hier blieb ich stehen und versuchte keuchend, Luft in meine schmerzenden
Lungen zu pumpen. Ganz allmählich hatte ich Zweifel an meinem Verstand. Es mussten die Eindrücke sein, die mir einen Streich spiel- ten, indem das Unterbewusstsein mir Dinge suggerierte, die einfach nicht real sein konnten. Langsam beruhigte ich mich, und das Luftholen fiel mir leichter.
Mein Blick suchte den Horizont ab und sah weit draußen auf dem Ozean eine tiefhän- gende, dichte Wolkenfront, die sicher bald Regen ans Festland bringen würde. Es waren noch einige Surfer auf dem Wasser, die mit der Flut und dem Wind um die
Wette kämpften ...
***
Kaffeeduft kroch mir in die Nase, und schon spürte ich dieses unbeschreiblich schöne Gefühl auf meinen Lippen, das sich mit
nichts vergleichen ließ. Tom küsste mich wach, und in dem Strudel der Gefühle wurden wir fortgerissen in eine andere Welt, weit außerhalb der Realität, in deren Kosmos nur wir existierten. Der Kaffee war lange kalt geworden, als wir uns entschlossen, das Bett zu verlassen und uns kopfüber in den Tag
zu stürzen.
So vergingen die Tage, wir liebten uns und entdeckten unsere Körper in jedem Licht. Die Zeit dazwischen füllten Tom und ich mit Geschichten aus unserem Leben, und auch in diesen Stunden der Zweisamkeit war die Nähe und Vertrautheit in jedem gesprochenen
Wort und in jedem Schweigen spürbar. Wir hatten etwas gefunden, das viele Menschen suchten, aber nur wenigen zuteil wurde. Eine Liebe, die scheinbar keine Grenzen zu beinhalten schien.
Jeden Morgen, kurz nach Sonnenaufgang, ging Tom zum Meer hinunter, um mit den Wellen zu tanzen. Später lag er dicht
an mich gekuschelt neben mir, und wir folgten der Sehnsucht unserer Körper mit uneingeschränkter Lust.
Das Erwachen an diesem Morgen war anders als gewohnt.
Die Wärme, die ich normalerweise dicht an meinem Rücken spürte, fehlte, und ich schaute irritiert auf meine Armbanduhr. Es war schon nach neun, und draußen stürmte
es erheblich. Der Regen trommelte gegen die Fensterscheiben, und ich zog mir fröstelnd die Bettdecke bis zur Nase hoch. Wo war er nur? Gewöhnlicher Weise müsste Tom schon längst zurück sein. Irgendwie hielt ich es im Bett nicht mehr aus. Also stand ich auf und setzte mich in die Küche. Ich wartete, aber Tom kam nicht.
Es war jetzt halb elf, und ich machte mir inzwischen große Sorgen, dass ihm etwas passiert sein könnte. Nachdem ich mich
angezogen hatte, ging ich hinunter an den Strand. Nichts. Weit und breit war kein Mensch zu sehen. Der Strand war wahr-
scheinlich wegen des miesen Wetters so menschenleer.
Die gesamte Länge dieses Strandabschnittes
hatte ich schon abgesucht. Es blieb mir nur noch, oberhalb der Klippen nachzuschauen, ob ich irgendetwas entdecken könnte. Irgendeinen Anhaltspunkt musste ich doch finden. Und dann sah ich seine Sachen: Auf einem Klippenvorsprung lagen sein blauer Rucksack, seine Jacke, seine Schuhe und ein Handtuch. Er hatte alles mit Steinen beschwert, damit der Wind es nicht ins Meer wehte.
Plötzlich ergriff mich Panik. Mir wurde schlag- artig bewusst, was das bedeutete! Tränen strömten über mein Gesicht, und ich sackte auf meine Knie, weil meine Beine mich nicht mehr tragen wollten.
Ich wusste nicht, wie lange ich kniend auf den Klippen verbracht hatte. Irgendwann drang
eine Stimme in mein Bewusstsein. Langsam drehte ich meinen Kopf und erkannte einen
Mann, der geradewegs auf mich zukam. Der Wind peitschte mir den Regen ins Gesicht, und ich konnte kaum verstehen, was er
mir sagte.
Mein Versuch, mich auf die Beine zu stellen, scheiterte kläglich. Ich gestikulierte wild und schrie den Mann fortwährend an: »Er ist noch da draußen! Er ist noch auf dem Meer!«
Meine Tränen strömten in Sturzbächen über meine Wangen und vermischten sich mit den
Regentropfen auf meinem Gesicht....
Ende Teil 3