Biografien & Erinnerungen
Schwarzes Schaf II - Kapitel 6 - - Was wirklich geschah

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"Schwarzes Schaf II - Kapitel 6 -"
Veröffentlicht am 27. April 2014, 26 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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Über den Autor:

Bin von Natur aus sehr wissbegierig, sensibel ,nah am Wasser gebaut, oft albern, hilfsbereit und liebe Kinder, Tiere und die Natur. Es gibt kaum ein Thema, welches mich nicht interessiert; von daher lese ich gern und viel. Schreiben bereitet mir Freude und ist gleichzeitig ein Ventil für die Bekümmernisse meines bewegten Lebens. Freue mich auf viele neue Texte, die ich lesen darf und genauso auch über "Kritik" meiner Werke und hoffe auf einen ...
Schwarzes Schaf II - Kapitel 6 -

Schwarzes Schaf II - Kapitel 6 - - Was wirklich geschah

Kapitel 6

„Das ist ja nicht gerade groß das Zimmer“, sagte Simone, als ich mein eigenes Reich aufgesperrt hatte. Sie setzte sich direkt auf die Schlafcouch. „Nun ja, ich will auch nicht auf Dauer hier wohnen bleiben. Fürs erste reicht es doch aber. Dafür hat es doch das schöne große Fenster und hier die Kochnische, “ erwiderte ich und zog den dicken Vorhang beiseite, der quer über dem ganzen Raum hing und das Zimmer in einen Schlaf-Wohnraum u. die Kochecke abteilte. Das Bad befand sich im kleinen Vorflur.

Neben dran wohnte noch eine ältere Dame ebenfalls zur Untermiete. Wie ich später von der Vermieterin erfuhr, die mit im Haus lebte, waren die zwei Zimmer die ehemaligen Kinderzimmer des Hauses gewesen. Ich setzte heißes Wasser in einem Topf auf. Eine Kaffeemaschine hatte ich ja nun noch nicht. Dafür gab es einen Kühlschrank und auch das notwendigste an Geschirr und Töpfen. Der Herd funktionierte zum Glück tadellos und das Wasser war sehr schnell heiß. So brühte ich einen Pulverkaffee auf. „Sag mal, warum bist du denn jetzt so

plötzlich von zu Hause weg?“ fragte Simone unvermittelt. „Du hast mir ja gar nichts davon erzählt.“ „ Mutter hat mich doch regelrecht dazu aufgefordert, dass ich verschwinden soll, wenn das neue Gesetz der Volljährigkeit in Kraft tritt“. „Verstehe ich nicht, warum denn das?“ „Ach, ist doch jetzt auch egal. Ich bin jetzt weg und fertig.“ erwiderte ich. Ich war einfach nicht in der Lage, über den wahren Grund zu sprechen. Der wahre Grund war und blieb unser Vater. Ich wollte Simone in keinem Fall damit belasten. - - - Erst Jahrzehnte später sollte ich von ihr erfahren, dass es auch bei ihr zu

Übergriffen durch unseren Vater gekommen war, nachdem ich nicht mehr zu Hause wohnte. Und das, obwohl Simone da auch schon nach dem neuem Gesetz erwachsen war. - - - Simone kam fortan jeden Nachmittag auf einen Kaffee bei mir vorbei. Sie gab zu Hause vor, eine Freundin zu besuchen. Noch am Abend meines Einzugs in das möblierte Zimmer, schrieb ich an Martin einen langen Brief und berichtete ihm, dass ich also nun nicht mehr zu Hause

wohnte. Ich war unheimlich glücklich. Für den Moment und auch noch lange Monate danach. Stolz auf mich, den Absprung geschafft zu haben und endlich tun und lassen zu können, was mir gefiel. Dennoch fiel es mir besonders abends, wenn es Zeit zum Schlafen war, schwer, allein zu sein und zählte die Tage bis Martin endlich entlassen werden würde. Vertraute ich ihm doch immer noch ohne „Wenn und Aber“. Ich sehnte mich nach seinen Händen, wie sie mein Gesicht und mein Haar streicheln. Waren Zärtlichkeiten doch für mich vollkommen

fremd gewesen. Selbst ein einfaches in den Arm nehmen, dass gab es von Mutter für mich nicht. Die Tage flossen dahin. Im immer gleich bleibenden Trott. Morgens zum Dienst, nach Feierabend einkaufen gehen, Kaffeetrinken und Plauderstunde mit Simone, danach eine Kleinigkeit zu Abend essen und zum Abschluss des Tages, der tägliche Brief an Martin, den ich dann direkt noch zum Briefkasten brachte. Nach einigen Monaten hielt ich es mir nicht aus .Ich war krank geschrieben wegen einer Sehnenscheidenentzündung

im rechten Handgelenk. Ich schrieb Martin, eine Postkarte, dass er mir so schnell wie möglich, eine Besuchserlaubnis schicken möge. In der drauffolgenden Woche fuhr ich mit der Besuchserlaubnis nach M., um Martin das erste Mal im Gefängnis zu besuchen. Obwohl total fremd in der Stadt, fand ich die Justizvollzugsanstalt sofort, da eine „Wegbeschreibung“ zur Besuchserlaubnis beigelegt worden war. Die Stadt war im Vergleich zu meinem Heimatort unglaublich riesig. Die Busfahrt vom dortigen Bahnhof bis zum Gefängnis dauerte 30 Minuten. Das

Gefängnis lag gleich neben dem alten Gerichtsgebäude und der Polizeihauptwache gegenüber. Ich war fürchterlich aufgeregt und hatte in der Nacht kaum geschlafen, aber überglücklich direkt den richtigen Bus erwischt zu haben, der kaum, dass ich mich zur betreffenden Haltestelle durchgefragt hatte, auch schon kam. Ich hatte keinen Blick für die Umgebung, die Straßen und Häuser. Alles wirkte total wie im Traum. Vor dem Gefängnis, einem uralten Bau, ja fast schlossartig anzuschauen, angekommen, verließ mich einen

Augenblick lang fast der Mut. Irgendwas „warnte“ mich, aber ich schob den Anflug leiser Bedenken einfach fort und klingelte an der riesigen uralten grünen Pforte. Ein Jahr hatten Martin und ich uns nun nicht mehr gesehen. Wir wollten heiraten, sobald er aus dem Gefängnis entlassen werden würde. Getrieben von meiner Sehnsucht nach Martin trat ich in den Innenhof des Gefängnisses, nachdem die große Eisenpforte sich, wie von Geisterhand bewegt, laut quietschend öffnete.

Der Innenhof sah auf den ersten Blick einem Park ähnlich. Eine alte Eiche prangte in der Mitte, umgeben von einer gepflegten Rasenanlage. Neben der nun offenen Eisenpforte stand ein Gefängnisbediensteter in grüner Uniformjacke. „Ich möchte Herrn H. besuchen“, sagte ich, weil der Beamte mich nur schweigend ansah. Dieser schloss zunächst in aller Ruhe die Pforte und sagte erst danach:“ Kommen Sie bitte

mit“. Mein Herz pochte mir bis zum Hals hinauf. Mir war kalt und warm zugleich und ich spürte wie ich vor lauter Nervosität anfing zu zittern. Der Beamte führte mich ein paar Schritte nach links, wo sich ein großes langes Gebäude befand. Es sah nach dem Verwaltungsgebäude aus. Ringsherum waren weitere lang gestreckte und hohe Häuser zu sehen, die das Rechteck des Innenhofes bildeten. Die Fenster waren allesamt nicht sehr groß und mit schneeweißen

Gitterstäben versehen. Weiter hinten, beim quer zum Innenhof stehenden Gebäude, gab es ein weiteres großes Tor. Ich nahm an, dass es dort nach „draußen“ ging. In dem Verwaltungsgebäude angekommen, trat ich an den Schalter, hinter dem ein weiterer Bediensteter saß. „Ihren Ausweis bitte“, sagte dieser ohne mich wirklich anzusehen. Ich legte meinen Pass in die eingelassene Schublade. „Wen wollen Sie besuchen“? kam dann die Frage. Ich legte die Besuchserlaubnis ebenfalls in die Schublade und nannte Martins Familiennamen. Der Bedienstete schaute

in einer Kladde nach und hakte den Termin wohl als genehmigt ab. „Kommen Sie bitte hier durch“, wies mich der Beamte danach an und bat mich durch eine schmale Tür gleich neben dem Schalter. Ich ging durch die Tür und kam in einen kleinen Raum. „Bitte legen sie ihre Tasche hier ab“, sagte er und wies auf einen kleinen Tisch „ und gehen dort genau zwischen der schmalen Absperrung durch“, sagte er abschließend. Ich tat wie geheißen, verstand aber nicht warum ich genau zwischen diesen komischen Eisenstangen durchgehen musste. (Martin erklärte mir später, dass man da

beim Durchgehen quasi durchleuchtet wird.) Nachdem ich durch die Absperrung durchgegangen war, öffnete sich wieder wie von Geisterhand die nächste schmale Tür und ich stand nun in einem Flur mit weiteren Türen. Etwas unschlüssig stand ich vielleicht 5 Sekunden herum, als ich Schritte hörte. Ich schaute nach rechts und sah einen weiteren Gefängniswärter auf mich zukommen. Etwa 5 Meter entfernt von mir, war der Flur mit einer Tür aus Gitterstäben abgeteilt. Der Gefängnismitarbeiter schloss die

Eisengittertür auf und sofort wieder hinter sich ab und kam dann direkt auf mich zu. „Frau Völkel“? sprach er mich fragend an. Ja“, sagte ich nur. „Kommen Sie bitte mit“, hieß es nun abermals. Der Beamte sperrte die Abtrennung wieder auf und direkt hinter uns wieder zu und führte mich in weiteres Zimmer. Der Raum war nicht sehr groß. Hier stand nur ein Tisch mit 2 Stühlen und rechts in der Ecke ein weiterer Stuhl. „Setzen Sie sich“, sagte der Beamte und verschwand. Aufgeregt fragte ich mich, was nun als

nächstes geschieht. Wie lange musste ich nun wohl warten? Ich kann nicht mal sagen, wie lange es wirklich gedauert hatte, bis Martin in Begleitung eines anderen Beamten den Raum betrat. Martin stand zunächst da, wie vom Donner gerührt, er bewegte sich keinen Zentimeter, bis der Beamte ihn leicht an der Schulter anstieß. Ich sah Tränen in den Augen von Martin. Er war blass und sehr abgemagert, sah aber ansonsten eigentlich so aus wie immer. Martin kam nun auf mich zu und ich erhob mich von meinem Stuhl. Der Beamte ging am Tisch vorbei und setzte sich auf den

Stuhl in der Zimmerecke. Martin nahm mich in den Arm und sagte kein Wort. Wir hielten uns einfach nur fest. Wir weinten beide. Nach einer Weile löste sich Martin aus unserer Umarmung und setzte sich so an den Tisch, dass ich den Beamten nicht ansehen musste. Wobei ich bis heute nicht weiß, ob es so sein musste, dass Martin, also von Angesicht zu Angesicht zum Beamten hin, sitzen musste. Auch am Tisch sitzend und Händchen haltend sprachen wir immer noch nicht. Es war alles so unwirklich, fremd und beklemmend. Ich fühlte mich überhaupt

nicht wohl, seit ich das Gefängnisgelände betreten hatte und wünschte mir, so schnell wie möglich weg zu kommen. Natürlich freute ich mich, Martin nun endlich zu sehen und seine Wärme zu spüren und sei es nur durch seine Hände, auf meiner Hand. Es schossen mir so viele Gedanken durch den Kopf, so viele Fragen, die ich noch stellen wollte... aber ich brachte kein Wort heraus. „Hast du gut hierher gefunden“? fragte Martin dann und brach endlich die Stille. Ich erzählte ihm, dass alles gut geklappt hatte, dank der

Wegbeschreibung. „Ich kann wegen guter Führung auf „2/3 der Endstrafe“ entlassen werden“, sagte er dann unvermittelt. „Oh, das ist doch gut“, freute ich mich. „Wann wäre das denn dann ungefähr“? „Im Frühjahr nächstes Jahr. Ich muss aber Familienanbindungen nachweisen können“, erwiderte Martin. „Meine Eltern haben mir aber nicht ein einziges Mal geschrieben oder mich besucht. Deswegen steht der Antrag auf frühzeitige Entlassung auf Kippe“. „Ja und nun. Kannst du etwa nicht mehr nach Hause. Haben deine Eltern dich nun fallen gelassen oder was?“, fragte

ich vollkommen erstaunt. „Ja, der „Alte“ hat hier direkt nach meiner Verhaftung beim Gericht angerufen und hat gesagt, dass er mich zu Hause abgemeldet hat und mich dort nicht mehr sehen will“, entgegnete Martin enttäuscht. „Und jetzt“? fragte ich ratlos. „Ich hätte trotzdem eine Chance frühzeitig entlassen zu werden. Du müsstest mich öfters besuchen kommen, damit unsere engere Bindung nachvollziehbar ist und aktenkundig wird“, sprach Martin ganz leise zu mir.

„Mal gucken, was ich tun kann“, erwiderte ich nun etwas mutlos. „Aber was hat das mit einer frühzeitigen Entlassung zu tun“? hakte ich nach. „Eine Entlassung nach Verbüßen von 2/3 der Strafe, kommt einer Bewährung gleich, d.h. ich muss eine feste Bleibe nachweisen. Wenn ich niemanden habe, wo ich hin gehen kann oder keine eigene Wohnung vorweisen kann, klappt das nicht. Wenn du mich öfters besuchen kommst, wirst du offiziell in den Akten als engerer Kontakt geführt und meine Aussicht auf eine frühzeitige Entlassung steigt enorm“. Martin sah mich fragend

und auch bittend an. Zwar konnte ich ihm nichts versprechen, aber es kam mir die ganze Zeit nicht ein Mal der Gedanke, dass sein Vater vielleicht nicht so ganz ohne stichfesten Grund „so“ reagiert haben könnte, wie er es nun mal getan hat. Mir schwirrte nur die Hoffnung auf ein baldiges endgültiges Zusammensein mit Martin durch den Kopf. Martin streichelte meine Hand und sah mich kaum mehr an. Die Zeit rann uns davon und schon erhob sich der Beamte von seinem Stuhl. Martin hob den Kopf und nickte dem Beamten zu. Dies war

das Signal zum Aufbruch. Wir standen ebenfalls auf. Martin hatte wieder mit den Tränen zu kämpfen, genau wie ich auch. Wir hielten uns noch einige Sekunden in den Armen, bis der Beamte „Die Zeit ist leider um“, sagte Martin und hauchte mir schnell noch einen Kuss auf die Wange und fragte: „Du kommst doch wieder“? Mehr als „Ja“ brachte ich nicht heraus und der Gefängniswärter führte Martin ohne Umschweife aus dem Raum. Ich ging langsam hinterher und winkte Martin noch zu, der sich zu mir umdrehte, als der Beamte kurz Halt

machte, um eine eiserne Tür zu meiner Linken aufzuschließen. Im gleichen Augenblick wurde auch auf der anderen Seite die Gittertür wieder geöffnet, bei der ich zu vor hindurch gekommen war.


(C) 2008 - 2011 P. Agnes Ruthsatz/pepsi55

Fortsetzung folgt in Kürze

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Bin von Natur aus sehr wissbegierig, sensibel ,nah am Wasser gebaut, oft albern, hilfsbereit und liebe Kinder, Tiere und die Natur. Es gibt kaum ein Thema, welches mich nicht interessiert; von daher lese ich gern und viel. Schreiben bereitet mir Freude und ist gleichzeitig ein Ventil für die Bekümmernisse meines bewegten Lebens. Freue mich auf viele neue Texte, die ich lesen darf und genauso auch über "Kritik" meiner Werke und hoffe auf einen regen Gedankenaustausch.

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