Romane & Erzählungen
What if? - 1. Kapitel

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"Florence kann IHN nicht vergessen, was wenn er zurück kommt?"
Veröffentlicht am 23. April 2014, 44 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Über den Autor:

Träumerin. Lebensfroh. Glücklich.
Florence kann IHN nicht vergessen, was wenn er zurück kommt?

What if? - 1. Kapitel

1. Kapitel

„Flo, hörst du mir überhaupt zu?“ Janina riss ihre Arbeitskollegin Florence aus deren Tagträumen. Mühsam versuchte sich diese daran zu erinnern, was Janina gerade gesagt hatte. „Sorry Süße, was hast du gesagt? Ich habe nicht ganz zugehört.“ Gestand sie schließlich. Ihre beste Freundin seufzte theatralisch, bevor sie sie eindringlich mit ihren klaren, blauen Augen musterte: „Was ist nur los mit dir? In einer Woche haben wir den Firmenball, du hast immer noch kein Kleid und auch generell bist du schon seit Tagen ständig abwesend! Wobei es heute besonders schlimm ist!

Ich rede schon seit 10 Minuten mit dir, und du merkst es einfach nicht! Manchmal versteh ich dich wirklich nicht.“ Richtig. Der Ball. Janina war ganz besessen von diesem Firmenball und hatte sich selbst und Flo voller Euphorie sogar bei einem Tanzkurs angemeldet um dort zu glänzen. Damals klang es nach einiger lustigen Idee, welche Florence heute bereute. Janina war dort nie sehr gesprächig gewesen da sie sich lieber mit ihrem Freund beschäftigte und die meisten Männer dort waren einsame Jungesellen die sich erhofften endlich eine Freundin zu finden. Doch Flo war keinesfalls daran interessiert einen dieser Männer kennen

zulernen. Und was sollte den los sein? Er hatte heute Geburtstag. Er wurde heute 24. Nichts, was Sie so sehr aus dem Konzept bringen sollte. Doch davon wusste Janina nichts. „Tut mir Leid, dieses ganze gerede über den Firmenball stresst mich im Moment einfach total und ich habe Kopfschmerzen. Was machst du heute Nachmittag? Ich glaube du hast recht und ich sollte mich wirklich mal um ein Kleid kümmern.“ Janina verdrehte mit einem lächeln die Augen: „Klar habe ich Zeit um mit dir shoppen zu gehen!“, dann drehte sie sich wieder ihrem Computer zu. Florence strich sich gedankenverloren

über ihr rotes Blümchenkleid. Kaum zu glauben wie viel sich in 5 Jahren alles verändert hatte. Damals, als sie gegangen war, war er 19 gewesen. Und sie, sie war noch minderjährig. Ein kleines braunhaariges Mädchen mit großen blauen Kulleraugen und zerschlissenen Hosen. Irgendwann hatten es die älteren aufgegeben ihr neue Hosen zu besorgen oder die alten zu flicken, keine zwei Tage später waren sowieso neue Löcher da, weil sie wiedereinmal irgendwo hängen geblieben oder von einer Mauer gefallen war. Flo schmunzelte wehmütig. Sie hatte den anderen oft Kummer bereitet, und besonders ihm. Aber egal was sie

angestellt hatte, er war immer für sie da gewesen. Und sie, sie hatte ihn verlassen. Doch das ganze hatte auch viel Positives mit sich gebracht. Florence hatte ihren Schulabschluss nachgeholt und hatte jetzt sogar eine Ausbildung. Ganz zu schweigen davon, dass sie sich optisch sehr verändert hatte. Als ihr Chef herein kam vertrieb Flo die Gedanken und arbeitete weiter. Doch kaum war der Tag vorbei und sie auf dem Weg nach Hause begonnen ihre Gedanken wieder zu ihm zurück zu schweifen. Ob er glücklich war? Schluss jetzt! Sagte sie sich als sie in den Linienbus umstieg. Keine weiteren

Gedanken mehr. Es ist schon lang vorbei! Beim Mittagessen konnte sie sich gut an diesen Vorsatz halten. Ihre Mutter fragte sie über die Arbeit aus und redete danach mit ihr über irgendetwas belangloses. Dabei dachte Florence über den heutigen Tag nach. Sie musste Janina mehr Aufmerksamkeit schenken, wäre sie nicht so eine gute Freundin, wäre sie vielleicht schon längst wieder in ihrem Loch verschwunden. Janina hatte mehr verdient als das man ihr nicht zuhörte. Damals, als sie neu in der Stadt war, niemanden kannte und in der Schule hinterher hinkte war Janina für sie da gewesen. Sie hatte immer akzeptiert, dass Flo nicht über ihre Vergangenheit

sprechen wollte und hatte ihr Halt gegeben. Und nun, fünf Jahre später, war die große Blondine ihre beste Freundin. Am Nachmittag hatten die beiden jungen Frauen dann auch viel Spaß. Janina schleppte Florence von einem Geschäft zum nächsten da es wirklich schwer war für sie ein Kleid zu finden das passte. Schon oft hatte sich Flo gewünscht nur ansatzweise so groß wie ihre Freundin zu sein, doch leider wurde ihr dieser Wunsch nie erfüllt und so viel es ihr immer wieder aufs Neue schwer Anziehsachen zu finden die ihr nicht zu groß waren. Janina hatte sie immer damit aufgeheitert, dass Männer kleine Frauen süß fanden, weil so ihr

beschützerinstinkt geweckt wurde. Doch Flo wollte nicht beschützt werden. Das hatte sie auch ihm damals all zu oft gesagt. Doch sie war immer seine kleine gewesen. Schnell zwang sich Flo wieder über die Kleider nachzudenken. „Oh Gott das Kleid ist perfekt Flo! Du wirst hinreisend aussehen! Das ist ja so süß!“ Rief Janina begeistert während sie mit einem Rosafarbenem etwas wedelte. Flo musterte das Kleid genauer, es würde bis unter der Brust eng anliegen und dann bis zu den Knien weit abstehen, war voller Rüschen und glitzerte am Saum. Sie hasste es. Nicht nur weil sie die Farbe Rosa nicht schön fand, oder weil sie es einfach viel zu kurz fand. Oder

aber weil es wie ein Weihnachtsbaum glitzerte. Nein, schon als Janina gesagt hatte es wäre süß, wusste Flo dass sie es hassen würde. Süß. Welche Frau wollte süß sein? Früher hatte er sie auch immer als süß bezeichnet. Jeder hatte sie Süß genannt. Süß aber frech. Der Teufel im Engelskostüm. Und so weiter. Aber jetzt? Flo wusste dass sie durch ihre Größe durchaus noch etwas „süßes“ an sich hatte, doch im vergleich zu damals? Nein sie war lange nicht mehr die süße 14 Jährige von früher. Auch wenn sie kaum noch gewachsen war hatte ihr Körper wohl proportionierte Formen angenommen, sie war nicht mehr das schlacksige Mädchen von damals. Und

das wollte sie auch nicht mehr sein. Schon damals hatte sie gehofft, er würde sie irgendwann anders als die süße kleine betrachten, und auch wenn das nie passiert ist, war sie es nun nicht mehr. Oft stellte sie sich vor wie er reagieren würde wenn er sie heute treffen würde. Ob er sie überhaupt noch erkennen würde? „Also Flo, was ist nun mit dem Kleid, ja oder nein?“ drängelte Janina. Mist, Flo war schon wieder abgelenkt gewesen. Abgelenkt von ihm. „Janina... wir kennen uns schon seit 5 Jahren. Ganz ehrlich, denkst du das Kleid gefällt mir?“ erwiderte sie spitz um ihre geistige Abwesenheit zu überspielen.

Janina betrachtete das Kleid genauer: „Es ist dir zu Rosa!?“ „Jap unter anderem“. Janina überlegte weiter: „und es glitzert zu viel“ „Du scheinst mich ja doch zu kennen“ neckte Flo weiter „was noch?“. Nun dachte Janina ernsthaft nach bevor sie anfing zu grinsen: „Es ist dir zu süß. Ich kenne dich, du willst lieber etwas heißeres. Auch wenn ich das nicht verstehe, schließlich lässt du eh keinen Typen an dich ran“. Flo lachte nun auch und betrachtete die nächsten Kleiderständer „Ja du kennst mich wirklich“. Also schaute sich auch Janina weiter um, doch Flo merkte schnell dass Janina etwas auf der Zunge brannte: „Na los sag schon. Du bist nicht die einzige

von uns die den anderen kennt. Was ist los?“ Janina schaute weiter durch die Kleider und Flo war klar dass nun eine Frage kommen würde welche Janina unangenhem war. Sie schaute immer weg wenn ihr etwas schwer viel da sie kein Mensch der großen Konfrontationen war. „Nuna ja“ druckste sie herum „nun ja. Ach ich weiß nicht ich verstehe dich einfach nicht so recht. Mark aus der Abteilung über uns ist zum Beispiel echt nett und jeder weiß das er gefallen an dir gefunden hat, und du ignorierst das komplett. Aber gleichzeitig willst du dich trotzdem sexy anziehen. Da Frage ich mich einfach wieso und ob es nicht doch vielleicht einen anderen gibt?!“ Flo

seufzte. Ihr war klar gewesen, dass diese Frage früher oder später auftreten würde. Allerdings hatte sie gehofft sie hätte noch ein wenig mehr Zeit gehabt um sich eine passende Antwort zu überlegen. „ Naja also zum einen, welche Frau zieht sich nicht gerne sexy an? Egal ob für einen Mann oder nur für sich selbst. Und wegen Mark, ja er ist echt nett und witzig, aber er ist juniorchef und somit ein enger Vertrauter Henrys. Wenn Henry herausfinden würde das seine Tochter etwas mit seinem Juniorchef hat..“ Janina unterbrach sie mit einem vehementen Kopfschütteln „das ist doch quatsch! Also zum einen“ äffte sie Flo nach „zieht sich jeden Frau

mit hintergedanken sexy an. Entweder weil sie einen Mann mit ihrem Aussehen beeindrucken will, oder weil sie mit ihrem Selbstvertrauen, welches sie sich durch die Sexy Anziehsachen angeeignet hat, trumpfen möchte. Und wegen Mark: Henry ist nur dein Adoptivvater, ich glaube er würde sich freuen wenn seine Tochter so einen tollen Mann mit nach Hause bringen würde.“ Flo zog ein wunderschönes, dunkelrotes Kleid vom Ständer und betrachtete es zufrieden ehe sie antwortete: „Ja du hast recht, dass Henry nur mein Adoptivvater ist, aber er und Marissa haben in den letzten fünf Jahren so viel für mich gemacht, da möchte ich sie nicht noch

mit meinen Liebesbeziehungen belasten. Was hältst du von dem Kleid?“ Flo wusste genau das sie schon einmal bessere Themenwechsel geschafft hatte, aber wie sollte sie ihrer Freundin sagen, dass sie jedes Mal wenn sie sich schick machte an ihn dachte und überlegte, ob sie ihm so gefallen würde. Janina wusste schließlich nicht einmal, das er existierte. Da Janina die Frage allerdings von Anfang an unangenehm gewesen war griff sie das Thema Kleider nur zu gern wieder auf und widmete ihre Aufmerksamkeit dem Kleid in Flos arm. „Ja das könnte wirklich schön sein mit dem richtigen Schmuck und so! Probier

es an!“ Also verschwand Florence in der Umkleidekabine und zog das Kleid an. Es war sehr schlicht gehalten, am Oberkörper etwas weiter und ab der Taille wurde es eng. Es betonte angenehm ihre Beine, ohne billig zu wirken, und auch der Ausschnitt am Rücken wirkte alles andere als billig. Flo betrachtete sich eingehend im Spiegel. Ihre Hellbraunen Haare fielen in sanften Wellen über ihre Schultern und das Rot brachte einen guten Kontrast zu ihren strahlend blauen Augen. Sie wusste genau, dass sie sich selbst etwas vormachte. Sie hatte sich ihre Haare heller gefärbte, von dem dunklen wilden

Braun zu einem sanften, helleren Ton und auch ihren Kleidungsstil hatte sie von Grund auf verändert. Letzteres war nicht schwer gewesen da sie zuvor keinen richtigen Stil hatte, da sie eine der kleinsten war hatte sie einfach immer die alten Anziehsachen der Größeren bekommen um Geld zu sparen. Doch das alles hatte sie gemacht um sich zu verstecken. Sie versteckte sich vor ihrer Vergangenheit, falls durch Zufall doch jemand ihrer alten Freunde in die Stadt kommen würde, aber vielmehr versteckte sie sich vor sich selbst. Am Anfang hatte sie sich geweigert irgendetwas an sich verändern zu lassen. Nicht einmal einen richtigen Friseur

hatte sie aufsuchen wollen, doch jeden Tag wenn sie in den Spiegel schaute zerbrach sie an der Sehnsucht. Also hatte sie ihren alten Krempel in Kisten gepackt und sie auf dem Dachboden verstaut, sich die Haare gefärbt und sich ihrem neuen Leben gestellt. Und doch dachte sie immer daran ob sie ihm gefallen würde. Sie tat so viel um nicht aufzufallen und doch wollte sie ihm gefallen. Fo wusste, dass dieser Gedanke komplett absurd war. Sie würde ihn schließlich nie wieder sehen. Als Flo endlich aus der Umkleide kam flippte Janina regelrecht aus, so begeistert war sie von dem Kleid. Schnell war es gekauft und sie verließen

den Laden um noch einen Schmuckladen aufzusuchen. Schweigend liefen die beiden Frauen nebeneinander her. Flo wusste genau das Janina nicht verstand wieso sie es nicht mit Mark versuchte, und eigentlich hatte Janina auch recht, sie war jetzt seit fünf Jahren Single, wenn man das vorher als Beziehung bezeichnen konnte, und versuchte mit allen Mitteln ihre Vergangenheit zu vergessen. Also wieso sollte sie es nicht auch mit einem neuen Mann versuchen? „Vielleicht hast du Recht, Henry würde es sicherlich nichts ausmachen. Ich sollte es mit Mark probieren!“ Janina war so überrascht das sie mitten auf der Straße stehen blieb und ein Autofahrer eine

Vollbremsung machen musste um sie nicht zu überfahren. Schnell zog Flo sie weiter. „Oh Flo freut mich das du so denkst, und Mark ist wirklich toll. Er sieht gut aus, er hat einen ordentlichen Job, was könnte man sich da noch mehr wünschen?“ Flo begann zu lachen „wenn du so von ihm schwärmst, wieso versuchst du es nicht bei ihm?“ neckte sie ihre Freundin. Diese schaute sie allerdings empört an: „Süße du weißt ganz genau das ich überglücklich mit Manuel bin. Ich wollte ihn dir nur Schmackhaft reden!“ Flo nickte wissend. Seit Janina und Manuel zusammen waren schwebte sie tatsächlich auf Wolke sieben. Während sie so durch die Straßen

liefen, kam eine Gruppe Männer auf sie zu. Auf den ersten Blick wirkten sie gefährlich, ihr Gang, ihre Haltung und auch die Art wie sie miteinander redeten. Doch Florence merkte schnell, dass diese Männer keiner Gang angehörten sondern nur Eindruck schinden wollten. Sie sah es ihnen an. Ihre Gesichter waren zu Makellos, keine Narben, keine kleinen Kratzer, kein Dreck, und auch ihre Kleidung war zu ordentlich, alles aufeinander abgestimmt und frisch gewaschen. Nirgends ein einziges Loch oder ein Schmutzfleck. Das Tatoo, welches einer der drei auf dem Oberarm hatte war perfekt. Der Drachen hätte bei einem echten

Gangmitglied sofort bedrohlich gewirkt. Wahrscheinlich wäre er nicht ganz gerade auf dem oberarm und ein wenig mit Dreck beschmutzt. Doch dieser wirkte eher niedlich, als alles andere. Wie sie so etwas hasste. Männer oder Jungs die sich für etwas besseres hielten, wenn sie mit einem Messer in der Hosentasche herumliefen und vor ihren Freunden große Sprüche rissen. Diese Art von Menschen, hatte keine Ahnung wie das Leben, welches sie versuchten nachzuahmen, wirklich war. Sie hatten noch nie gebrauch von ihrem Messer genommen und wenn man sie alleine in einer Gasse treffen würde hätten sie noch nicht einmal den Mut einem

anderen Mann in die Augen zu schauen. Sie dachten wenn sie erzählen würden, dass sie besoffen von einer Party kamen, dass ihnen das eine besonderes Statussymbol vermachte. Oder wenn sie über Drogen redeten. Dabei hatten sie keine Ahnung davon, dass Alkohol und Drogen in den Gangs ein Mittel zum vergessen war. Um für einen kleinen Augenblick das miese Leben zu vergessen und in eine bessere Welt einzutauchen. Sie wussten auch nicht, dass viel zu viele an den Drogen und dem Alkohol zugrunde gingen, weil sie sich immer mehr dem Traumzustand hingaben und ihn nicht verlieren wollte. Das sie dann abhängig wurden,

gewalttätig, wenn sie den Stoff nicht mehr bezahlen konnten und letztendlich an einer Überdosis starben. Oder durch Angstzustände Selbstmord begangen. Oder dass sie von Schuldeneintreibern getötet wurden. Die Jungs kamen näher und grinsten selbstsicher. „Hey ihr zwei hübschen!“ begann der Tatoo-Mann seinen ersten Flirtversuch. Janina schmiss gekonnt ihre Blonde Mähne zurück und lächelte den Mann strahlend an. Man hätte meinen können, dass sie auf seine Annäherungsversuche einging. Doch Flo kannte sie gut genug um zu wissen, dass sie niemals ihrem Manuel fremdgehen würde und überhaupt nicht auf derart

billige Anmachen stand. Außerdem kannte Janina sie auch, sodass diese wiederum wusste, dass Florence keinerlei Interesse an diesen Typen hatte. Oder an irgendeinem anderem, außer eventuell Mark. Schon zu oft hatte Janina sie zu einem Date geschleppt, ganz sicher das dieser Junge Flo aus den Reserven locken würde. Doch nie geschah es. Sie lies keinen Jungen an sich heran, hielt alle auf Abstand. Oft wunderte sich Janina darüber, es gab genug Mädchen und Jungen die Flo nett fanden und zu ihr aufschauten. Sie bewunderten ihren Kampfgeist in der Schule und auch ihre Teamfähigkeit. Florence war eine gute Zuhörerin und gab gerne Ratschläge,

welche allerdings nie etwas über ihre eigenen Gefühle verrieten. Doch daran gewöhnte man sich schnell und so gab es genug die gerne mit ihr befreundet oder zusammen wären. Doch nur die wenigsten Menschen lies Florence richtig an sich heran. Vielen gab sie das Gefühl, sie zu kennen, doch eigentlich wusste niemand etwas genaues über sie. Janina war froh darüber, eine der wenigen zu sei, die wirklich etwas über sie wussten. Flo hatte ihr in den beiden Jahren, die sie sich nun kannten bereits oft mit Rat und Tat zur Seite gestanden, und auch vor einigen Monaten, als es öfter Streit mit Manuel gab war sie immer für sie da gewesen. Aber trotzdem hatte sie das

Gefühl das etwas in ihrer Freundschaft fehlte. Janina vertraute ihr so viel an, und auch Florence kam bei Problemen zu Janina, und dennoch hatte Janina das Gefühl, dass sich diese immer ganz genau überlegte was sie sagte und somit bestimmte, was Janina über sie wusste. Es war wie bei einem Puzzlespiel, Janina versuchte oft neue Teile zu finden, und sie hatte auch schon einiges geschafft, doch immer noch fehlten ein paar Teile. Das Gesamt Bild war zwar schön anzusehen, aber es war eben nicht komplett. Umso mehr freute sie sich, dass Flo einem Date mit Mark mehr oder weniger zugestimmt hatte. Janina musste über den plumpen Spruch

des Mannes lächeln, wäre ihr Freund in der nähe wäre es längst zu einer kleinen Schlägerei gekommen. Manuel hasste diese Art von Casanovas. Und auch Flo schien nicht gerade begeistert zu sein. „Lass uns gehen, unsere Bahn kommt auch gleich!“ sagte diese während sie am Arm ihrer Freundin zupfte. Wieder etwas was Janina nicht verstand. Sie wurden öfter von irgendwelchen Männern angesprochen, und egal wie gut sie aussahen, Flo wollte immer so schnell wie möglich weg. Was war denn daran so schlimm, mal ein bisschen zu quatschen? Der Tatoo-Mann musterte Flo nun und kam schließlich näher, bis er vor ihr stehen blieb: „Was hast du denn kleine?

Wir wollen doch nichts böses und sind ganz nett!“ In Florences Kopf begann es zu wummern. Er war ihr zu nah! Sie wusste genau, dass sie ausflippen und die Kontrolle über sich verlieren würde wenn er so weiter machte. Fünf Jahre! Erinnerte sie sich innerlich. Fünf Jahre habe ich es schon geschafft! Das werde ich jetzt nicht alles hinschmeißen. Gleich steigen wir in die Bahn ein und dann ist es vorbei! Sie presste die Lippen fest aufeinander und schaute den Mann trotzig an. Doch keine 2 Sekunden später schmiss sie ihre Gedanken über Bord, als der junge Mann seine großen Hände auf ihre Taille legte und sie näher an sich zog. Sie flippte aus. Alles in ihr

war angespannt. Mit einem Rest Selbstbeherrschung den sie noch hatte riss sie sich von ihm los und stieß ihn mit einer Kraft, welche niemand einer Kleinen zierlichen jungen Frau wie ihr zugetraut hatte, von sich, sodass er gegen seine Freunde stieß, welche ihn auffingen. Doch das bekam Florence gar nicht mehr mit, sie hatte sich bereits umgedreht, krallte ihre Finger in Janinas Arm und ohne das sie einen klaren Gedanken fassen konnte rannte sie durch die Straßen. Sie kannte hier die meisten Wege, jedenfalls jene welche noch wie vor Fünf Jahren waren. Und da sich niemand um diesen Teil der Stadt kümmerte, waren die meisten Straßen

unverändert. In ihrem eigenen Rhythmus rannte sie, blendete das Luftschnappen von Janina hinter ihr aus und genoss das Gefühl. Es war wie eine Droge für sie, es versetzte sie zurück in die Zeit, in der sie die schnellste gewesen war und mit den Jungs über Mauern und Dächer geklettert war. Doch sie musste sich ermahnen. Auch wenn sie seit Fünf Jahren nicht mehr intensiv gerannt war, war ihre Kondition besser als bei den meisten. Und auch wenn Janina eine der besten ihrer Klasse im Ausdauerlauf gewesen war, war es etwas anderes da sie ständig beschleunigte oder verlangsamte. Das hier war kein Dauerlauf, das hier war ihr Leben. Die Stimme ihrer

Freundin holte sie aus ihrer Trance: „Ich kann nicht mehr Flo!“ schnell blieb diese stehen und schaute Janina besorgt an: „tut mir leid, alles okay bei dir?“. Stockend atmend nickte sie: „Ja alles okay. Aber was ist bei dir los?!“ Florence starrte durch sie hindurch. Was sollte sie sagen? Sie hatte mit Janina noch nie über ihr vorheriges Leben geredet. Sie wusste noch nicht einmal das dieses Leben existierte. Und daran wollte sie auch nichts ändern. Janina würde sich von ihr abwenden, wenn sie etwas erfahren würde. „Ich weiß nicht genau. Irgendwie habe ich einfach Panik bekommen. Tut mir leid ich habe ziemlich übertrieben.“ Janina nickte:

„Ging es darum das er dich angefasst hatte? Ich weiß ja das du in den fünf Jahren die wir uns jetzt kennen noch nie einen Freund hattest, aber er hatte dich doch nicht schlimm angefasst, oder habe ich etwas nicht mitbekommen?“ Flo merkte das ihre Freundin nicht wirklich verstand aber das war okay: „Nein du hast nichts verpasst, er hat mich kaum angefasst, aber sein Blick hat mir Angst gemacht. Ach ich weiß auch nicht. Können wir das Thema bitte beenden?“ dann begann sie zu kichern „Hast du mal auf seinen Mund geachtet? Der Typ sah aus wie ein Breitmaulfrosch!“ Janina lachte nun auch: „Ja stimmt, ist mir auch aufgefallen. Im ernst, wer küsst den

bitte freiwillig?“ Florence grinste, aber nicht über den Kommentar der Blondine, sondern über ihren geglückten Ablenkungsversuch. Dabei wusste sie ganz genau, wieso sie so ausgerastet war. Es hatte sich so falsch angefühlt. Es waren eben nicht seine sanften, liebevollen Hände, die auf ihr lagen. Und auch der Geruch war ein anderer gewesen. Zu sauber, zu sehr nach einem null-acht-fünfzehn Deo aus der Drogerie, welches jeder zweite Mann benutzte. Schnell verließen die beiden Mädchen die Gasse und gingen zurück zu der belebten Einkaufsstraße. „Die Bahn haben wir aber jetzt verpasst!“ stellte Janina fest, nachdem sie einen Blick auf

ihr Handy geworfen hatte „aber die nächste Bahn kommt erst in einer Stunde!“ Jetzt hatte Flo ein schlechtes Gewissen, sie wusste dass Janinas Eltern es nicht gerne sahen wenn sie zu spät nach Hause kam, vor allem wenn es bereits dunkel wurde. Fieberhaft dachte sie nach: „Wir könnten Heim laufen? So weit ist es ja nicht, und wenn wir uns nicht verlaufen haben wir die Südstadt schnell hinter uns und über die Felder dauert es keine 10 Minuten!“ Die beiden wohnten in einem kleinen Dorf, nahe der Großstadt. So wie die meisten Familien. Vor Jahren lebten die Menschen in eine Siedlung die Ringförmig um den Stadtkern gebaut worden war, doch dann

begannen die Wohlhabenden Familien in die Dörfer außerhalb zu ziehen um mehr Platz und mehr Ruhe zu haben. Und so kam es das nun niemand mehr in Stadtnähe wohnte. Die Gegend war heruntergekommen und verrufen. Nicht einmal die Straßenbahn hielt dort, da die Fahrer vor Überfällen irgendwelcher Banden Angst hatten. Janina überlegte kurz, um diese Zeit war es noch mal gefährlicher nach Hause zu laufen, aber anderseits wollte sie keinen Ärger bekommen. „Ich glaube Manuel wollte heute mit einem Freund in die Stadt, wenn wir Glück haben ist er noch in der nähe, dann kann er mit uns Heim laufen, er wollte heute sowieso bei mir

übernachten!“ Florence wusste ganz genau, dass ihnen Manuels Beisein nicht wirklich schützen konnte. Er war zwar ein netter Kerl und machte seit zwei Jahren Kampfsport, doch wenn es ärger gab, hätte er gegen die Gangs keine Chance. Aber ihre Freundin würde sich dann sicherer fühlen also nickte sie „Okay du kannst ihn ja mal anrufen!“ Während Janina mit ihrem Freund telefonierte beobachtete Flo die vorbeilaufenden Menschen. Die Meisten waren in Eile, hasteten geradezu die Straße entlang, kamen von der Arbeit oder waren einfach nur Einkaufen gewesen. Man sah ihnen an das sie Geld hatten, wie es die meisten Menschen die

hier außerhalb der Stadt wohnte hatten. Ihr Auftreten war selbstsicher, ihre Frisuren saßen perfekt und ihr Aussehen war gepflegt. Florence konnte die meisten Menschen recht schnell durch ihr Aussehen einschätzen, eine Fähigkeit die sie vor vielen Jahren erlernt hatte. Fast alle Leute liefen Richtung Norden, aus der Stadt raus, oder zumindest zu dem nahen Bahnhofsgebäude. Selten sah man jemanden Richtung Süden laufen, jedenfalls niemand der Geld hatte wagte dies. Zwar lagen recht viele Dörfer hinter der Südstadt, aber um diese zu erreichen nahm jeder dem sein Leben, oder seine Brieftasche, wichtig war die Bahn oder das Auto. Die Innenstadt war

eigentlich jeden Tag stark belebt, doch in den Häusern Richtung Süden lebte man nicht. Dort hausten die Gangs, regierte Gewalt und soweit das Auge reichte sah man Schmutz und Verwahrlosung. Die Menschen aus den Dörfern sahen dort nur Armut und Blut, aber trotzdem tat niemand etwas dagegen. Selbst die Polizei fuhr so gut wie nie durch die Südstadt. Das brauchte sie aber auch nicht, die Gangs regelten ihre Probleme selbst und waren froh wenn sich der Rest der Welt aus ihren Angelegenheiten hielt. Janina, die sich um zu telefonieren, einige Meter entfernt hatte kehrte zu Florence zurück „Manu denkt wir sind

Lebensmüde und total verrückt, aber er kommt mit! Wir sollen auf jedenfall auf ihn warten und uns nicht vom Fleck bewegen. Er ist in ein paar Minuten bei uns!“ Danach verfielen die beiden Frauen in ein angenehmes schweigen, jede hing ihren eigenen Gedanken nach. Als Manuel sich dann nach einiger Zeit durch einen Pfiff bemerkbar machte und auf sie zu kam war sich Flo nicht mehr sicher, ob laufen so eine gute Idee war. Sie hatte die südlichen Häuser nun schon seit 5 Jahren erfolgreich gemieden, aber anderseits, sie liefen ja nur schnell durch die Stadt, hatten nicht vor jemanden zu provozieren oder überhaupt jemanden zu treffen. Außerdem waren 5

Jahre eine lange Zeit, sie sah nun anders aus und es würde sich wahrscheinlich eh niemand an sie erinnern. Ein kleiner Stich durchbohrte ihr Herz als sie zu Manu und Janina schaute und sah, wie er sie liebevoll in den Arm nahm und sie sich sanft küssten. Nicht, weil sie gerne an Janinas Stelle wäre sondern weil sie das vor einigen Jahren auch hätte haben können. „Lasst uns gehen bevor es komplett dunkel wird!“ sagte sie schließlich um ihre Gedanken zu verscheuchen. Das verliebte Pärchen löste sich voneinander und schauten sich noch einmal vertrauensvoll in die Augen, bevor sie zu dritt gegen den Strom an Menschen liefen, Richtung Süden.

Äußerlich locker aber innerlich zum zerreißen gespannt lief Florence neben dem Pärchen her. Ob sie nicht vielleicht doch erkannt werden würde? Sie hatte sich verändert, aber das hier war eine Stadt für sich, hier verlief die Zeit regelrecht anders.

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JassieLafleur
Träumerin. Lebensfroh. Glücklich.

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