3
Vorsichtig schlich ich ins Wohnzimmer. Keiner zu sehen. Grinsend schwang ich mich auf die Couch und legte die Füße auf den Tisch. Wenn Schattenschwinge das sehen würde, würde sie mich entweder quer durch die Wohnung jagen (der Tisch ist ein Erbstück ihrer Großmutter) oder mich bitten, irgendwelche Aufgaben am Hof zu erledigen.
Aber sie war weit und breit nicht zu sehen, also vverschränkte ich die Arme hinterm Kopf und grinste glückselig in mich hinein.
>>Du lebst also noch, Shadow<<.
Jeder Muskel in meinem Körper spannte sich an und ich sprang auf die Füße. Hinter der Couch stand mein verhasster Bruder und
musterte mich. Nichts gegen Geschwister, aber ich hasste ihn wie die Pest.
>>Nein, ich tue nur so<<, erwiderte ich patzig und funkelte ihn an. Musste er denn immer angekrochen kommen?
>>Hmm. Aber eines muss ich dir lassen. Du hast dir eine schöne Freundin angelacht. Wie erwachsen sie geworden ist<<
Wütend fletschte ich die Zähne. Er hatte Schattenschwinges Eltern getötet und wagte es jetzt, so über sie zu reden.
>>Halt die Klappe! Es reicht schon, dass sie keine Eltern mehr hat, dann musst du nicht auch noch dein dreckiges Maul aufreißen!<<
Bad Luck kicherte leise.
>>Sie bedeutet dir was! Das hätte ich wirklich nicht erwartet! Mein Bruder, der Frauenheld,
interessiert sich für eine Werkatze! Ha!<<
Blut schoß in meine Wangen und ich fühlte, wie mein Gesicht heiß wurde. Gott, warum gab es diesen Kerl überhaupt?!
>>Halts Maul!<<, knurrte ich und zog die Augenbrauen zusammen. Doch mein Bruder ist ja nicht blind und sah, wie ich rot wurde und fühlte sich in seinen Worten bestätigt.
>>Wo ist denn deine Liebste? Ich würde sie unglaublich gerne kennen lernen. Schließlich muss sie ja auch den guten Zweig der Familie kennen lernen.<<
Eigentlich raste ich nicht so schnell aus, aber das war einfach der Gipfel.
Mit einem schrillen Kampfschrei warf ich mich meinem Bruder entgegen. Dumm gelaufen, er war ja noch ein Dämon und ich nur eine
Werkatze.
Ein grünes Licht nahm mir die Sicht und ich fiel auf den Bauch. Zögernd hob ich den Kopf. Ich lag nicht im Wohnzimmer, sondern in einem riesigen Mamorraum.
Vor meiner Nase erhoben sich drei Stufen, die zu einem Podest führten auf dem eine riesige schwarze Katze lag und mich anblickte.
Entweder wurde ich verrückt oder ich hatte mir den Kopf angehauen.
Ich meine ja nur, die Katze hatte mindestens die Größe eines Pferdes. Ausserdem war sie mit Goldschmuck behangen.
>>Okay, Shadow, das ist nicht normal<<, murmelte ich mir selbst zu und wollte nach hinten
robben.
>>Du wirst nicht verrückt.<<
Meine Augen fielen mir fast aus dem Schädel, als die Katze ihr Maul bewegte und Worte rauskamen.
>>Hmm...Aha. Okay. Aber wer bist du?<<
Die Katze hob ihren Schwanz und schnurrte leicht.
>>Ich bin Bastet.<<
Ich versuchte, meine Kinnlade am runterfallen zu hindern, aber das war unmöglich, also starrte ich die Katzengöttin mit offenem Mund und riesigen Augen an.
>>Öhm.... Ich weiß nicht, was ich sagen soll...<<, brachte ich schließlich hervor.
Wie intelligent.
>>Du kannst zuhören.<<
Sofort klappte ich den Mund zu und schwieg. Wenn eine Göttin sagt, man soll zuhören, hörte sogar ich zu.
>>Shadow. Du hast viele Leben zerstört.<<
Etwas betreten nickte ich.
>>Man kann Dinge verzeihen, weißt du?<<
Überrascht blickte ich sie an. Man würde mir verzeihen?
>>Jedenfalls habe ich dir deine Dämonenkraft genommen. Du musstest deine wahre Natur erkennen. Und die deiner Mutter.<<
>>Meine Mutter war ein Mensch und keine Werkatze!<<
Mein Ausruf schien Bastet zu verärgern, denn sie fauchte leicht und funkelte mich an.
Sofort hielt ich wieder den
Mund.
>>Die Mutter deines Halbbruders war menschlich, ja, aber deine war eine meiner Töchter. Sie hat mit ihrem Leben bezahlt, als sie deinen Vater daran hindern wollte, dich mitzunehmen. Du solltest eigentlich nie ein Dämon werden.<<
Ich schluckte, um den Kloß in meinem Hals loszuwerden. Bis jetzt hatte ich meine Mutter gehasst, weil sie mich bei meinem Vater gelassen haben soll und glaubt mir, er war kein fröhlicher Zeitgenosse.
Und jetzt sollte sie gestorben sein, damit ich das alles nicht ertragen musste?
Zitternd setzte ich mich hin und schlang die Arme um die Knie.
Ich hoffte bloß, dass ich jetzt keinen
Heulkrampf vor Bastet bekam.
Doch der Katzengöttin entging nicht, wie ich mich fühlte, denn sie schnurrte wieder leise und sagte:
>>Aber man kann nichts daran ändern. Du bist hier und das ist erstmal wichtig. Dein Bruder wütet schrecklich unter meinen Kindern.<<
Sie setzte sich hin und musterte mich.
>>Ich habe dir zwar deine dämonische Natur genommen, aber ich kann sie dir auch wiedergeben, wenn du an der Seite deines Bruders kämpfen willst.<<
>>Mit dem Arsch?! Nur über meine kalte, tote Leiche!<<
Das mit dem Arsch war mir jetzt rausgerutscht. Normalerweise war ich nicht so
vulgär.
Doch Bastet schien zufrieden zu sein, denn ein belustigtes Funkeln trat in ihre Augen.
>>Nun gut, also wirst du weiterhin eine Werkatze bleiben. Aber du bist einzigartig unter jedem Werwesen und jedem Dämonen. Du hast von beiden Hälften gleich viel. Normalerweise sind diese Mischwesen erfreut, als Bote der Götter zu dienen.<<
Mir entging die Schleichwerbung nicht. Für einen kurzen Moment sah ich mich mit Flügelschuhen Post austragen.
>>Ich weiß nicht<<, antwortete ich wahrheitsgemäß und zog die Augenbrauen zusammen.
>>Es ist ja nicht ständig. Nur in Zeiten höchster
Not.<<
Die redet ja fast genauso wie mein Bruder! Ich zuckte diesmal nur die Schultern. Natürlich war mir klar, dass ich so oder so machen würde, was sie verlangte.
>>Du solltest die Dämonen zur Strecke bringen, aus mehr besteht diese Aufgabe nicht.<<
>>Also ein Dämonenjäger.<<
Bastet nickte.
>>Wenn du es so sehen willst.<<
>>Also gut<<, brummte ich und fügte im Stillen hinzu : Mir bleibt auch keine andere Wahl.
Bastet nickte und erhob sich vollständig.
>>Natürlich bin ich nicht die einzige Göttin, die Anspruch auf dich
erhebt.<<
Aha, jetzt kam also der Haken.
>>Auch die anderen können deine Dienste anfordern.<<
Ich nickte und verfluchte im Stillen das Schicksal.
>>Sicher werden wir uns eines Tages wiedersehen, Shadow, aber für diese Zeit reicht es vollkommen.<<
>>Warte!<<, rief ich und sprang auf die Füße. Sie blickte mich verwundert an.
>>Was ist mit Schattenschwinge?<<
Bastet schüttelte den Kopf.
>>Alles was mit deiner Seelengefährtin zu tun hat, musst du selbst regeln.<<
>>Moment! Was bitte?!<<
Aber anscheinend hatte sie keinen Nerv mehr
mit mir zu reden, denn ein Lichtblitz blendete mich und im nächsten Moment lag ich wieder auf dem Wohnzimmerboden.
>>Shadow!<<
Schattenschwinge fiel neben mir auf die Knie und strich mir eine widerspenstige Locke aus dem Gesicht.
>>Was machst du für Sachen?<<
Ich zuckte die Schultern und klapperte mit den Zähnen. Anscheinend hatten wir Antarktistemperaturen in der Wohnung.
Nicht mal ein vernünftiges Wort brachte ich heraus.