Kim Yam
Strahlender Sonnenschein – ein wolkenloser blauer Himmel wölbte sich über einen schneeweißen Sandstrand. Blaues Meer, dessen Wellen leise plätschernd an den Strand spülten. - Grüne Palmen die wohltuenden Schatten spendeten -
Also Urlaub, wie im Bilderbuch. Eine himmlische Ruhe !
Der Strand war so lang, dass die Touristen, die es hier noch nicht so viele gab, immer ein Plätzchen fanden, um für sich zu sein und Ruhe zu haben.
Und diese brauchten wir auch so nötig, nach einem Jahr angestrengter Arbeit.
Ab und zu ertönte ein Seufzer, wenn einer von uns sich mal umdrehte, damit auch alle Körperpartien zu ihrem Recht kamen.
Jäh wurde diese Stille unterbrochen von einem fernen Stimmchen, das schnell lauter wurde. „Bigi, Pita !“ und noch einmal „Bigi, Pita“! Worauf die Betonung jeweils auf der zweiten Silbe lag. Und da kam sie auch schon strahlend angelaufen, unsere Freundin Kim. In diesen 5 Jahren, seitdem wir unseren Urlaub hier verbringen, ist sie uns so ans Herz gewachsen. Sie verdient ihren Lebensunterhalt damit, dass sie den Touristen hier am Strand Getränke und
Obst verkauft.
Immer ein Lächeln im Gesicht. Nie sieht man sie ungeduldig. An einer langen Bambusstange, die sie im Nacken trägt, hängen an beiden Enden große Körbe, die mit Getränken aller Art, sowie Kokosnüssen Ananas, Papaya,Babybananen und Melonen bepackt sind. Die Ananas hatte sie schon vorher zerteilt und in kleine Plastikbeutel gepackt. So braucht man nur noch zu essen. Köstlich !!!
Ihr wettergegerbtes, kleines Gesichtchen mit den immer entzündeten Augen strahlte uns an. Durch das ewige Laufen am Strand hat sich der Sand in ihren Augen festgesetzt und entzündet. Und
einen Arzt kann sie sich wohl nicht erlauben.
Mit vielen Gesten erkärte sie uns, dass sie von den Massagedamen von unserer Ankunft gehört hat. Hier spricht sich immer alles sofort rum. Haben die doch schon mitgekriegt, dass Kim unsere besondere Aufmerksamkeit genießt.
50 Jahre ist sie schon alt, und versieht immer noch diese schwere Arbeit !
Englisch versteht sie nicht, ausser den Wörtchen „ Hallo“ und „Gut?“
Aber wir haben unser Thaiwörterbuch und unsere Hände , und das gibt immer Anlass zu vielem Gelächter. Und Lachen ist hier wichtig im Land. Wer nicht lachen kann, hat hier schon verloren. Das
erzählen sich hier die Massagedamen, die in Massen
den Strand bevölkern. Übrigens verpassen sie einem die besten Massagen am Strand, erwarten aber ein wenig Spass dabei. Wenn dann ein Tourist, die hier Farang genannt werden, unfreundlich ist, dann geht bei ihnen das Geschnatter los und man hört immer wieder die Worte „Farang Bah“ . Das heißt so viel wie „Dummer Fremder.“ Und schon wussten wir Bescheid, dass mal wieder jemand blöd war. Sanuk, das heißt Spass, ist hier ganz wichtig. Fast so, wie das Essen. Es wird eigentlich immer irgendwo gegessen. Sie liessen uns mal kosten, was sie da essen. Und als
wir keine Luft mehr bekamen, weil die Schärfe uns den Hals abschnürte, lachten sie sich kaputt und fragten scheinheilig „Päd?“ Das heisst „Scharf?“
Ja so sind sie ein liebenswertes Völkchen . Für sie sind alle „Farang“ Millionäre, und wenn eine der Freundinnen einen Mann gefunden hat, der sie ins fremde Land mitnimmt, empfinden sie das als übergroßes Glück. Und sie verstehen nicht, dass wir das eigentlich nicht so sehen. Denn aus dieser Kultur rausgerissen zu werden, ist schon ein großer Umbruch.
Heute hatte unsere Kim mal wieder uns was Besonderes an Obst mitgebracht. „Ngo“ werden sie in Thailand genannt.
Kleine runde pflaumengroße rote Früchte, die eine haarige Schale haben, unter der das weiße Fruchtfleisch köstlich schmeckte. Bei uns sind sie unter Rambutan bekannt. Sofort müssen wir probieren. Kim schaute uns gespannt zu . „Gut?“ fragte sie. Und wir nickten begeistert. Meist müssen wir dann noch einen kleinen Thaikurs bei ihr absolvieren. Sie hockt sich dazu hin , deutet auf eine Frucht oder ein Getränk und wir müssen ihr brav nachsprechen, was sie uns lehrt. Das gibt immer Anlass zu großem Gelächter, denn wir machen doch zu viele Fehler.
Sie ist glücklich, wenn sie uns immer etwas Neues zeigen kann, und freut sich
über unsere erstaunten Gesichter.
Nun inspizierte ich ihren Korb und war ziemlich entsetzt, was sie da über den Strand schleppen musste. Sie lachte, zeigte mir die blutunterlaufenen Striemen am Nacken und den Schulterblättern und verzog ihr Gesicht.
Ich schaute Peter an „ Wollen wir ihr erst mal ein paar Flaschen Wasser abkaufen ?“ fragte ich . „Dann hat sie nicht mehr so viel zu schleppen . Und eine Kokosnuss weniger wäre auch schön.“ Natürlich war Peter sofort dabei. Und wir kauften noch andere Obstsorten dazu. Alles für einen Spottpreis. Sie machte mehrmals den Wai, die Geste des Dankes und bedeutete
uns, doch einen Moment auf ihre Körbe aufzupassen. Das machten wir natürlich gerne. Wir dachten, dass sie oben in einem der vielen Restaurants wohl Geld wechseln wollte . Leichtfüßig eilte sie davon.
Als sie nach etwa 10 Minuten wieder kam, glaubten wir unsern Augen nicht zu trauen. Sie hatte 6 große Flaschen Wasser im Arm. Gerade die Menge, die wir ihr abgekauft hatten. Nun brachen wir wirklich in großes Gelächter aus, während uns Kim aus großen Augen unschuldig anschaute. Weil wir uns gar nicht wieder einkriegten fragte sie ängstlich „Gut ?“ und wir nickten ihr immer noch lachend zu.
So war das eigentlich nicht geplant , denn wir wollten ihr, wenn sie den Rückweg machte, wieder ein paar Flaschen zurück geben. Natürlich umsonst.
Na, nun hatten wir uns ja erst mal mit Wasser eingedeckt und mussten es selbst bis zum Bungalow tragen.
Die Massagedamen, die das ganze Spektakel aus 5 Metern Entfernung verfolgten hatten jedenfalls ihren Spass, lachten und sagten „Sanuk“!
Ich bin mir sicher, dass sie später, als wir gegangen waren „Farang ba“ gesagt haben.