Kapitel 34
Jonas
Langsam nahm der Schmerz wieder ab und ich wachte wieder auf, nur um festzustellen, das ich in einer Zelle steckte. Unser Vater hatte uns immer verboten nach hier unten zu kommen. Na gut nicht immer. Sondern erst seid knapp achtzehn Jahren. Ich drehte mich auf eine Seite und hörte jemanden leise reden, aber meine Ohren waren wie unter Wasser. Das Geräusch hörte ich, verstand aber kein Wort. Ich öffnete die Lippen, um etwas zu sagen, aber sie waren fast genau so trocken, wie mein Hals. Wollten die mich hier unten etwa
austrocknen lassen?
Man hörte ein quietschendes Geräusch, als ob jemand eine große Eisentür öffnen würde. Ich sah zum Gitter und entdeckte Stefan. Wenn ich es nicht besser wüsste, hätte ich gesagt er sähe traurig und mitleidig aus. Er stellte eine Flasche Blut vor das Gitter und schob sie vorsichtig rein, wohl darauf bedacht nicht das Gitter zu berühren. Die Flasche fiel um und rollte bis zu meinen Fuß. Ich sah Stefan misstrauisch an.
„Ich werde dich nicht vergiften, Jonas. Trink das.“ Als ich ihn nur weiter ansah, sagte er leise. „Bitte.“ Ich überlegte kurz wann er dieses Wort das letzte Mal gesagt hatte. Es musste eine
Ewigkeit her sein. Mühsam hob ich die Hand und griff nach der Flasche. Sie war schon einmal geöffnet worden, sonst hätte ich sie nicht aufbekommen. Ich leerte die Flasche in drei großen Schlücken und spürte erleichtert, wie der Schmerz im Hals nachließ und mein Körper sich wieder stärkte. Ich setze mich auf und rieb mir über die Stirn. Stefan war wieder weg. Ich verstand diesen Kerl echt nicht.
„Jacy?“ fragte ich leise.
„Ich bin hier, Jonas.“ hörte ich ihre Stimme, aus der Zelle neben an.
„Hast du eben mit jemanden geredet?“ fragte ich leise. Ich spürte ihr zögern. Schließlich antwortete sie leise. „Ja
schon.“ Ich runzelte die Stirn. Sie wollte mir etwas nicht erzählen. Das spürte ich. Und es kränkte mich. Ich dachte sie vertraute mir mittlerweile.
„Leila? Darf ich?“ hörte ich Jacy fragen.
„ Ja von mir aus.“ antwortete eine Stimme aus der Zelle gegenüber. Sie klang der von Jacy sehr ähnlich. Ein bisschen zu ähnlich. Dann sah ich warum und ich spannte den Rücken an. Sie sah so gesehen aus wie Jacy, bis auf ein paar Unterschiede. Sie war sehr viel dünner als Jacy, man sah jeden einzelnen Knochen. Ihre Haare waren ebenfalls schwarz, aber waren sehr viel länger, bis über die Taille. Sie trug ein
bodenlanges, rotes Kleid. Es war dreckig und teilweise voller Blut.
„Wie lange bist du schon hier?“ fragte ich leise.
„Mein ganzes Leben. Als unsere Mum uns bekommen hat, war sie in der Menschenwelt. Ich wurde von den Wächter geschnappt, Jacy konnte von dieser Maja gerettet werden. Was eigentlich gut ist, weil hätten sie Jacy erwischt wäre das Hexendorf längst Geschichte.“
„Wieso benutzen sie nicht deine Macht dafür?“ fragte Jacy. Ich holte tief Luft. Was würde ich dafür geben, sie jetzt in die Arme nehmen zu können.
„Weil ich keine Mondhexe bin. Unser
Vater, und frag mich nicht wer das ist ich hab keine Ahnung, war ein Hexer der Nacht. Darum bin ich eine Nachthexe. Aber nur eine Mondhexe kann den Zauber brechen, der von einer Mondhexe erschaffen wurde.“
„Und was ist Stefan für eine Laus über die Leber gelaufen?“
„Naja, also das ist kompliziert, er..“ Sie wurde unterbrochen.
„Nö, ist eigentlich ganz einfach.“ Stefan hatte wieder lautlos den Raum betreten. In der Hand hielt er einen Ordner.
„Dann erklärs uns, Stefan.“ meldete sich Jacy zu Wort. Sie klang wie kurz vorm platzen.
„Vater hat mich angelogen. Es hat einen
guten Grund, warum du den Thron bekommen solltest und nicht ich. Ich will Rache.“
„Was für einen Grund? Spucks aus Stefan!“ Langsam wurde es mir echt zu bunt. Stefan warf mir den Ordner zu. Ich öffnete ihn. Darin war meine Geburtsurkunde und der Familienstammbaum. Aber nirgends irgendwas über Stefan. Ich sah ihn an.
„Ich bin adoptiert.“
Kapitel 35
Jacy
Ich konnte weder Jonas noch Stefan sehen. Das Gitter hinderte mich dran. Mir wurde ja von allen geraten, es nicht zu berühren.
„Aber wie kann das sein?“ fragte Jonas grade. Man hörte, das er geschockt war. Ich selber konnte auch nicht glauben, wie sich alles Entwickelt hatte. Wir hatten Luna als Verbündete verloren, naja eigentlich war sie nie eine gewesen, aber jetzt hatten wir dafür Stefan. Irgendwas machte der König echt falsch in der Erziehung, wenn ihm alle Söhne flöten gingen.
„Ich weiß es nicht. Ist auch nicht weiter wichtig. Wichtig ist das es jetzt Nachts ist, aber Vollmond ist erst morgen. Vater weiß das und hat für morgen alle Wachen verdoppelt. Ihr müsst jetzt abhauen. Luna und der König sind in einer Kriegsberatung. Und Maja müsste grade auch irgendwo hier herumlaufen und auf uns warten. Ich hab sie von deinem Handy angerufen, Jacy. Hat echt lange gedauert sie davon zu überzeugen, das das keine Falle ist. Aber jetzt wartet sie auf uns und..“ Leila unterbrach ihn aufgebracht.
„Warte, uns? Du kommst mit?“ Stefan sah verwirrt
aus.
„Äh, hatte ich vor ja. Ist das ein Problem?“
„Naja eigentlich schon, weil im Moment wimmelt es hier nur so von irgendwelchen Verschwörungen. Wir können dich jetzt nicht mitnehmen, nur weil du in der Nacht Besuch von Geistern hattest, die deinen Kopf reingewaschen haben. Dafür steht zu viel auf dem Spiel.“
Stefan sah ernsthaft verletzt aus. Er drehte den Kopf und sah mich an.
„Du musst das entscheiden Jacy. Wenn du es sagst, bleib ich hier. Ich weiß das wir nicht den Besten Start hatten und du wahrscheinlich nur schlimmes über mich
denken musst, aber du musst bedenken, was ich alles tun könnte. Ich bin ein guter Kämpfer und ich kenne jeden Winkel in diesem Königreich. Ich kann euch helfen. Du musst mir nicht vertrauen, aber lass mich helfen.“ Er bettelte ja schon fast. Ich hatte nicht vor nein zu sagen, aber wollte ihn noch ein bisschen zappeln lassen.
„Du hast recht. Ich vertraue dir nicht. Sag mir, woher kommt dieser Sinneswandel?“ Er sah wirklich traurig aus. Ich hätte mir nicht mal vorstellen können, das etwas Stefan traurig machte.
„Wie gesagt. Ich wurde adoptiert, mein ganzes Leben nur angelogen. Der König
hat mich immer schlechter behandelt. Ich dachte es lag daran, das Jonas der bessere Jäger war und ich nicht wirklich Talent dafür hatte. Tja war aber nicht so. Ich verstand warum er Jonas den Thron geben wollte. Aber jetzt, weil ich die Wahrheit kenne, will ich eigentlich nur wissen wer ich wirklich bin. Und das kann ich hier nicht. Ich werde dich nicht weiter anbetteln. Darf ich mitkommen oder nicht? Entscheide es jetzt, Jacy.“
Ich sah in an. Er sah wirklich fertig aus. Wäre ich auch wenn ich erfahren würde das ich adoptiert wäre. Auch wenn das nicht dagegen war zu erfahren, das man eine Hexe ist, seine
beste eine Hexe und und die Eltern ebenfalls welche waren. Aber Stefan hatte es bestimmt getroffen. Ich glaubte nicht, das er so Emotionslos war wie er vorgab. Jonas hatte auch so getan, aber er in Wirklichkeit war er sehr Sensibel.
„Na schön, Stefan du darfst mitkommen. Aber machst du nur eine falsche Bewegung wird Jonas dich in Fetzen reißen, verstanden?“ Ich glaubte schon das Jonas das tun wurde, auch wenn es ihm nicht leichtfallen würde. Aber ich spürte, das er einverstanden war. Stefan nickte. Er sah erleichtert aus.
„Dann hol uns mal raus.“ sagte ich leise. Stefan trat einmal gegen das Gitter
meiner Zelle und sie öffnete sie langsam. Ich sah ihn geschockt an.
„Von außen total leicht zu öffnen, aber versuchs mal von innen. Da könntest du mit einem Panzer gegen fahren und sie hätten nicht mal einen Kratzer.“ Ich sprintete aus der Zelle und riss das Gitter von Jonas auf. Er kam raus und ich vergrub mein Gesicht an seiner Schulter. Und für diesen kurzen Moment konnte mir der König nichts anhaben.