Die Folgen einer Hochzeit
Vor langer, langer Zeit lebte in einem fernen, fernen Land eine wunderschöne Prinzessin, Prinzessin. Ihre Schönheit war weit über die Grenzen von ihres Vaters kleinem Königreich bekannt und so verwundert es nicht, dass von überall her Prinzen geritten kamen und baten um ihre Hand.
Die Auswahl war groß, aber des Vaters Kriterien recht einfach und so entschied er sich für einen Mann, der sehr viel älter war, als die junge Prinzessin, was dieser ganz und gar nicht gefallen wollte.
Doch der Vater kannte seine Tochter nur
zu gut und wusste, dass sie, als Einzelkind im königlichen Haushalt
aufgewachsen, reichlich verwöhnt und zu einer ziemlich anstrengenden kleinen Person herangewachsen war, bei der die Schönheit nur begrenzte Zeit über die charakterlichen Schwächen hinweg täuschen konnte. So ergriff der König, dankbar für diese äußerlichen Vorzüge seiner Tochter, die Gelegenheit, sie recht früh und Gewinn bringend an den Mann zu bringen.Das Gezeter seine Tochter entging ihm nicht, aber nichts desto trotz kam es zur großen königlichen Hochzeit , denn die Mitgift des mittelalterlichen Prinzen war beträchtlich und machten den König
ausgesprochen blind für den wachsende Unmut seiner Tochter.
Der auserwählte Prinz hingegen, der von alledem nichts ahnte, war sichtlich berauscht vom Anblick seiner Zukünftigen und sah der Hochzeit hoch erfreut entgegen. Besonders die auf den Festakt folgende Hochzeitsnacht beschäftigte seine rege Fantasie in einem Maße, dass er schon beim bloßen Gedanken daran eine unwesentliche Erregung verspürte.
Und so geschah es, dass, nach einem überschwänglich gefeierten und in jeder Hinsicht üppig ausgestatteten Fest am königlichen Hofe, der Prinz auffällig frühzeitig am Abend mit seiner
Angetrauten dem ausgelassenen Getümmel zu entfliehen versuchte, was ihm schließlich, später als erwünscht, aber immer noch früher als von allen erwartet, auch gelang. Schier fiebrig vor Erregung und Vorfreude nährte er sich seiner jungen Braut und wollte sie, als Gentleman durchaus auf ihr geringes Alter und die ihm schriftlich zugesicherte Jungfräulichkeit Rücksicht nehmend, zu jenem Akte zu verführen, nach dem sich jede Faser seines Leibes sehnte. Jedoch, er wusste nicht, ob es an der Unerfahrenheit ganz allgemein oder am doch sehr zarten Alter seiner Liebsten lag, nichts konnte sie dazu bewegen, ihn näher an sich heran zu
lassen, als gerade mal für einen kleinen Kuss von Nöten war und dieser höchstens auf die Rouge gefärbten Wangen, nicht etwas auf den so grenzenlos anziehend aus ihn wirkenden süßen Mund.
Nun, wie schon erwähnt, der Gute war ein Gentleman und sicher, er würde es mit Hilfe seiner nicht ganz unerheblichen Erfahrung im Umgang mit dem weiblichen Geschlecht alsbald fertig bringen, der teuer bezahlten Frau erheblich näher zu kommen, als nur zu einem brüderlichen Kuss.
So ließ er sich vorerst nichts anmerken, der feine Herr, und lebte mit diesem kleinen Geheimnis, vielleicht auch, weil
er fürchtete, sein Ruf als über die Grenzen hinaus bekannter Frauenheld und sinnenfroher Haudegen könne unter Umständen darunter leiden.
Nur wurde seine Geduld in diesem ganz speziellen Falle auf eine harte Probe gestellt, denn seine junge Frau zeigte keinerlei Anzeichen, auf sein hartnäckiges Begehren auch nur ein klitzekleines Stückchen zu zu gehen.
Der Ärmste fand kaum noch Schlaf, getrieben von seinen lebhaften Fantasien und einem ganz handfesten Problem in der Leistengegend, ging er des nachts unruhig in den ehelichen Räumen auf und ab, fühlte sich unverstanden und allein gelassen, mit seinem doch so
einfach nicht nur erkennbaren, doch auch zu behebenden Notstand.
Blass wurde er, ganz fahl die Haut und dicke Ringe unter den Augen ließen diese aussehen, als stünden sie nun auf einmal ein wenig vor, als litt er an der Basedowschen Krankheit. Gefragt, was ihm denn fehle, schob er stets ein hartnäckiges Magenleiden vor und alle Welt gab sich vorerst damit zufrieden. Es schien auch logisch, denn jeder konnte sehen, dass auch sein ehemals recht großer Appetit auf all die Köstlichkeiten, die die königliche Küche alltäglich bei den gemeinsam eingenommenen Tafeln darbot, deutlich gelitten hatte unter seinem Leiden,
weshalb er auch beträchtlich an Gewicht verlor, bis hin zu erstenZeichen eines Wasserbauches, den man doch nur von wirklich Hunger Leidenden Geschöpfen kannte, doch nie und nimmer hier, am königlichen Hof.
Er litt ganz offensichtlich sehr und auch sein vormals großes Selbstbewusstsein schrumpfte und es entstand der Eindruck, dass er in eben jenem Maße kleiner wurde, wie diese vor nicht gar nicht so langer Zeit noch vortreffliche Selbstsicherheit ihn verließ.
Seine Frau hingegen fühlte sich sichtlich wohl und schien an keinerlei den seinen ähnlichen Erscheinungen zu leiden. Das einzige, was sie hin und
wieder als wenig schön erwähnte war, dass ihr das nächtliche Umherlaufen ihres Mannes gelegentlich den Schlaf stahl, den sie doch zum Erhalt ihrer viel gepriesenen Schönheit so dringend benötigte.
Sobald dies ihrem Mann zu Ohren kam, versuchte er, ihr auch in deiner Angelegenheit entgegen zu kommen und lief fortan die endlos langen Stunden des nachts nur noch barfuß, um sie auch ja nicht zu stören. Ihr näher zu kommen, diesen Gedanken hatte er nun schon vor einiger zeit gänzlich auf gegeben, was seinen Zustand allerdings nicht unbedingt zur Besserung gedieh.
Schon passten seine Füße sich den
scheinbar nicht enden wollenden Wanderungen an, sahen schon aus wie breit getreten, recht lang und breit und flach zu werden hatten sie auch schon begonnen. Seit einer ganzen Weile schon trug der den schönen Ehering an einer Kette um den Hals, weil er am Finger keinen Halt mehr fand und drohte, indem er einfach runter rutschte, ihm unweigerlich abhanden zu kommen.
Er bot ein Bild, ich mag es kaum beschreiben und er selbst wurde nun schon seit einigen Wochen von niemandem am Hofe mehr gesehen. Nur die Prinzessin, inzwischen mit der Zeit etwas gereift, bekam diesen ehemals so stolzen und nun geschundenen Mann
noch zu sehen. Abgemagert und blass; gelblich fahl die ehemals von Wind und Wetter gegerbte und belebte Haut; die Augen, als litte er an Basedow; ein aufgequollener, kleine Kugelbauch; lang und platt gelaufenen Füße und der in seiner ganzen Gestalt so zusammen gesunkene, geschrumpfte Leib, das alles ließ die immer noch, wie schon von Anbeginn, verschlossene königliche Braut im Innersten sich schütteln und sie suchte diesem Anblick so oft und lang wie irgend möglich alltäglich aus dem Weg zu geh´n. Nach garnicht all zu langer Zeit, da konnte der arme Mann den Ehering nicht einmal mehr an einer Kette um den Hals tragen, weil dieser
begann, auf dem Boden zu schleifen und die Mägde sich nach der regelmäßigen gründlichen Pflege der Räume darüber beschwerten, dass sich unerklärliche Kratzspuren im edlen Holz des königlichen Fußbodens mehrten. So trug der Prinz, um ihn nicht gänzlich ablegen zu müssen, den Ring seitdem wie eine Krone auf dem Kopf.
Als dann aber dem bis hierher schon völlig ausgezehrte Gemahl zu Ohren kam, dass seine Angebetete sich ihrem privaten Reitlehrer gegenüber wohl deutlich weniger verschlossen zeigte, als bei ihm, da packte ihn endgültig die Verzweigung. Als erste Reaktion verwandelte sich seine gelblich, fahle
Haut in ein von Neid und Wut genährtes kräftiges Grün, dann, und für diesen Beschluss brauchte er gerade mal ein paar Minuten, beschloss er, seinem elendigen Dasein ein Ende zu bereiten und bewegte sich, so gut er es in seinem Zustand eben vermochte, weniger laufend, als viel eher hopsend, zum königlichen Brunnen, der sich seit Anbeginn der Zeit inmitten des Schlosshofes befand. Die kleine, goldene Krone legte er auf den Rand des Brunnens, hoffend, ein armes Wesen möge sie finden und sich darüber freuen.
Dann, von niemandem gesehen, sprang er, mit einer Entschlossenheit, die er schon lange nicht mehr von sich kannte,
hinab in das Dunkel des tiefen, tiefen Brunnens.
Doch, was dann geschah, das konnte er kaum fassen. Anstatt zu sterben fühlte er sich unerwartet wohl und froh in dieser feuchten, schattigen Umgebung und er genoss schon bald die Ruhe an diesem bisher ungewohnten Ort. Recht schnell gewöhnte er sich ein und ließ sich schließlich gerne ein, auf dieses unvorhergesehene neue Leben. Schon ewig lange, so schien es ihm, hatte er sich nicht so rundum wohl gefühlt und so verging die Zeit für ihn auf einmal wie im Flüge, bis ihm eines Tages diese verfluchte goldene Kugel auf den Kopf
fiel…….