Prolog
Wer war sie eigentlich?
Alle nannten sie Rosa, doch keiner wusste, wer sie war und wer hinter dieser Frau steckte.
Keiner kannte ihre Geschichte, doch ich wollte es wissen.
Ich wollte wissen, was diese Frau erlebt hatte und was ihre Vergangenheit war.
Und ganz besonders wollte ich wissen, wie ihre Geschichte mit meiner eigenen zusammenhing.
ROSEMARIE
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Ich sollte eine Menge in meinem Leben erleben, das Schicksal, was mir zuteil wurde, war etwas ganz Besonderes.
Mein Leben begann an einem ziemlich unscheinbaren, regnerisch-trüben Tag im Jahre 1901, am 17. März, um 11:39 Uhr vormittags, um genau zu sein.
Damals konnte noch keiner ahnen, wie turbulent mein Leben noch werden würde.
Wenn ich mein Leben aufschreiben würde, hätte ich in etwa so
begonnen.
Doch niemals würde ich meine Geschichte aufschreiben, für Jedermann lesbar. Überhaupt sollte keiner meine wirkliche Geschichte kennen, niemand sollte die ganze Geschichte der Rosemarie Schöller kennen. Abgesehen davon, dass das Schicksal immer großzügig zu mir war, würde mir kaum jemand meine Geschichte glauben, und höchstens eine Menge Aasgeier auf mich los jagen, um möglichst jedes Detail der Geschichte aus mir heraus zu bekommen und die Erkenntnis erlangen, dass das geschichtliche Wissen umgedacht werden müsste.
Denn ich verfügte über Wissen, welches nicht immer in Dokumenten und anderen Zeugnissen auftauchte.
Gewiss spielte auch eine Menge Angst davor, dass meine Vergangenheit mich doch noch einholen würde, egal, wie sehr ich mich bemühte, vor ihr weg zu laufen und mich zu verstecken.
Doch erneut bekam ich zu spüren, dass das Schicksal seine ganz eigenen Pläne mit mir hatte und ich denen auch nicht ausweichen konnte, so sehr ich mich auch bemühte.
Suche
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Es war eine lange Reise gewesen in die tiefste Provinz Frankreichs und ich war müde von der langen Reise. Doch ich wusste, dass ich kurz vor meinem Ziel war, es würde nicht mehr allzu lange dauern können, bis ich es endlich erreicht hatte. Im kleinen Dorf angekommen, musste ich nur noch herausfinden, wo genau ich hin musste, aber das stellte ich mir nicht allzu schwierig vor. Natürlich war es ärgerlich, dass ich keinen genauen
Aufenthaltsort kannte und mich schon allein die Suche nach diesen einen Anhaltspunkt schon so viel Zeit und Mühe gekostet hatte und ich trotzdem nicht viel mehr hatte als eben einen Anhaltspunkt. Verstecken konnte sie sich gut, es hatte mich eine Ewigkeit gekostet. Eine Menge schlaflos Nächte, die ich über irgendwelchen historischen Dokumenten gebrütet hatte und beinahe fanatisch auf der Jagd nach einer Adresse gewesen war, waren ins Land gezogen. Nach relativ kurzer Zeit fand ich einen Namen, was mir das trügerische Gefühl von Sicherheit und Zuversicht gab. Doch allerdings geriet die Suche im Anschluss ins Stocken,
nachdem ich die Einträge des Meldeamtes aus den Jahren 1900-1912 durchforstet hatte. Bis dahin war die Geburt im März zwischen 1900 und 1912 mein einziger Anhaltspunkt, doch mit einer relativ genauen Beschreibung der Eltern - Anna Schöller, Sekretärin und Klaus Schöller Eisenbahndirektor, gelang es schließlich. Die einzige Frauenperson auf die dies zutraf, war Rosemarie Anna Sophia Schöller, geboren am 17. März 1901, unbekannt verzogen. Dieses Unbekannt verzogen ließ zwar wenig Raum für Hoffnung, aber dennoch stützte ich mich auf den bloßen Fund eines Namens. Ihres Namens nämlich. Der Name der Frau,
welcher wohl eng mit der Geschichte unseres Landes zu tun hatte und die, nach der Meinung einiger eher unbekannten Verschwörungstheoretiker die Geschichte umschreiben könnte. Immerhin schienen die Finger einer gewissen Frau immer im Spiel gewesen zu sein, wenn es um wichtige Ereignisse ging, welche in die Weltgeschichte eingehen sollten. Doch keiner konnte die Identität, geschweige denn Existenz dieser Frau im Laufe der Zeit nachweisen, und jene Theoretiker, welche auf ihrer Idee beharrten, wurden von den Historikern milde belächelt und nicht ernst genommen. Bis vor Kurzem hielt ich es auch nur für ein dummes
Märchen, welches sich ein paar Amateurhistoriker zusammengebastelt haben. Und ehrlich gesagt verstand ich mich selbst nicht, wieso ich einer Legende so fieberhaft hinterherjagte, eigentlich war dies gar nicht meine Art, ich beschäftigte mich lieber mit Dingen, die auf Fakten beruhten.
Es hatte alles damit angefangen, dass ich mich eines Abends mit meiner Mutter unterhalten hatte und wie es bei uns üblich war, kamen wir nach einiger Zeit automatisch zu geschichtlichen Themen. Ich erzählte ihr von der
Legende jener Frau, welche angeblich die Geschichte umschreiben könne und macht mich lustig über diese hirnspinstige Theorie. Doch meine Mutter sah mich nur komisch an und meinte daraufhin ernsthaft, wie ich mir da so sicher sein konnte, dass das alles nur ein Märchen sei, was auf keinerlei Tatsachen beruhen würde. Sie hielt mir eine kleine rede dazu, dass nicht alles zwingend beweisbar sei und trotzdem existiere. Das wohl berühmteste Beispiel für solch eine Diskussion war Gott. Ich war mir nicht sicher, ob ich nun an ihn glauben sollte oder nicht, aber ich wusste, da gab es wirklich eine überirdische
Macht.
Durch ihre Argumentation verunsichert hörte ich ihr nur schweigend zu, wie sie mir eine Geschichte auftischte, die ich zuerst nicht zu glauben wagte und die mein Leben verändern könnte, und nicht nur mein Leben. Sie erzählte von dieser Frau, dass der Mythos um sie schon älter sei als sie selbst und wesentlich älter als jene, die sich auf eine Verschwörungstheorie bezogen. Und es sollte noch besser kommen, denn diese Frau soll wirklich gelebt haben und unmittelbar etwas mit unserer
Familiengeschichte zu tun haben.
beweise
Natürlich wollte ich ihr nicht glauben. Es war wie früher, als ich noch ein Kind war und meine Mutter mir gerne Geschichten und Märchen erzählt hatte. Diese reichten von den Märchen nach der Vorlage von Grimm, Andersen und Disney zu den Legenden über verschollene Zarentöchter wie Anastasia, und ähnliches bis hin zu eigens ausgedachten Geschichten über die Herkunft unserer Familie. Dieses Ammenmärchen zu hören, war mir jedoch neu aus ihrem Munde, zu neu, als dass ich ernsthaft an einen belegbaren historischen Hintergrund glauben konnte,
sondern vielmehr daran, dass meine schon etwas ältere Mutter sich über mich lustig machte. Ich beschloss, ihr ihren Spaß nicht zu gönnen und spielte mit, spann mir die verrückteste Geschichte aus, dass es sich bei dieser mysteriösen Frau um die Zarentochter Maria, eine Schwester der Anastasia handeln müsse und dass nicht Anastasia, sondern in Wirklichkeit die Großfürstin Maria das Attentat auf die Zarenfamilie damals überlebt hatte und bei allen möglichen historischen Ereignissen des 20. Jahrhunderts dabei gewesen sein soll, am Besten noch bei mehreren Ereignissen gleichzeitig. Auf Bemerkungen wie diese reagierte meine
Mutter ernsthaft und wies mich darauf hin, dass ich maßlos übertreiben würde und ging aus dem Zimmer.
Als ich nach einer Weile dachte, dass sie nicht mehr wiederkommen würde, kam sie wieder in den Raum zurück, in den Armen eine kleine Ansammlung alter Büchlein, allem Anschein nach Tagebücher, welche jedoch mit ziemlicher Sicherheit nicht mehr von ihr selbst stammten. Ich fragte sie, ob sie etwa die Tagebücher der Dame in den Händen hielt, doch sie ging nicht auf meine spöttische Reaktion ein, stattdessen ließ sie mich mit den Büchern wortlos am Tische sitzen und
verschwand.
Natürlich wollte ich ihr nicht glauben. Es war wie früher, als ich noch ein Kind war und meine Mutter mir gerne Geschichten und Märchen erzählt hatte. Diese reichten von den Märchen nach der Vorlage von Grimm, Andersen und Disney zu den Legenden über verschollene Zarentöchter wie Anastasia, und ähnliches bis hin zu eigens ausgedachten Geschichten über die Herkunft unserer Familie. Dieses Ammenmärchen zu hören, war mir jedoch neu aus ihrem Munde, zu neu, als dass ich ernsthaft an einen belegbaren historischen Hintergrund glauben konnte,
sondern vielmehr daran, dass meine schon etwas ältere Mutter sich über mich lustig machte. Ich beschloss, ihr ihren Spaß nicht zu gönnen und spielte mit, spann mir die verrückteste Geschichte aus, dass es sich bei dieser mysteriösen Frau um die Zarentochter Maria, eine Schwester der Anastasia handeln müsse und dass nicht Anastasia, sondern in Wirklichkeit die Großfürstin Maria das Attentat auf die Zarenfamilie damals überlebt hatte und bei allen möglichen historischen Ereignissen des 20. Jahrhunderts dabei gewesen sein soll, am Besten noch bei mehreren Ereignissen gleichzeitig. Auf Bemerkungen wie diese reagierte meine
Mutter ernsthaft und wies mich darauf hin, dass ich maßlos übertreiben würde und ging aus dem Zimmer.
Als ich nach einer Weile dachte, dass sie nicht mehr wiederkommen würde, kam sie wieder in den Raum zurück, in den Armen eine kleine Ansammlung alter Büchlein, allem Anschein nach Tagebücher, welche jedoch mit ziemlicher Sicherheit nicht mehr von ihr selbst stammten. Ich fragte sie, ob sie etwa die Tagebücher der Dame in den Händen hielt, doch sie ging nicht auf meine spöttische Reaktion ein, stattdessen ließ sie mich mit den Büchern wortlos am Tische sitzen und
verschwand.
tagebücher
So saß ich dort, mit einem Stapel kleiner, teilweise in abgegriffenes Leder gebundenen Bücher vor mir, welche einen Hinweis darauf geben sollten, dass diese geheimnisvolle Frau wirklich gelebt hatte und sogar mit mir verwandt sein sollte.
Es hatte keinen Sinn, diese Bücher anzustarren, ich tat es meiner Mutter zuliebe und um ihr zu beweisen, dass sie falsch lag. Ich griff also nach dem ersten Büchlein und schlug es auf. 1941 stand darin. Die Beiträge sahen so aus, als wären sie von einem Kind und in
Altdeutsch verfasst wurden.Mir verging die Lust und so blätterte ich gelangweilt durch die Bücher und überflog ein paar Passagen zwischendurch. Scheinbar handelte es sich um ein Mädchen, welches gerade Schreiben gelernt hatte, was man besonders an der Anzahl der Fehler sehen konnte, und welches von ihrem Leben zu Zeiten des Krieges erzählt. Es war nichts, was mich sonderlich interessierte, Augenzeugenberichte aus dem Weltkrieg kannte ich schon zur Genüge und dieses Gekritzel eines Kindes, welches hauptsächlich davon berichtete, mit wem es was gespielt hatte und so weiter, war nicht gerade eine interessante
Lebensgeschichte, zumindest interessierte sie mich jetzt nicht.
Ich wollte gerade das Zimmer verlassen, als ich beim Aufstehen an den Tisch stieß und der sowieso schon wackelige Turm umkippte und einige Bücher vom Tisch fielen und sich auf dem Fußboden verteilten...