Zu aller Erst möchte ich mich dafür bedanken, dass du meine Geschichte angeklickt hast. Wenn du sie nun auch lesen wirst, worüber ich mich sehr freuen würde ;-), wird dir auffallen, dass sie noch nicht beendet ist. Ich bin dabei, diese Geschichte zu schreiben und versuche wöchentlich ein neues Kapitel zu Veröffentlichen. Da es meine erste Geschichte ist würde ich mich sehr über Kritik, Verbesserungsvorschläge oder andere Anmerkungen freuen.
Und jetzt: Viel Spaß beim lesen,
Deine Jassie :-)
Fünf Jahre ist es jetzt her. Vor Fünf Jahren hatte ich alles aufgegeben um von vorne anzufangen. Manchmal, wenn ich auf dem Weg von der Arbeit nach Hause in der Straßenbahn sitze, und die verschiedensten Leute mit ihren Gangs am Straßenrand sitzen sehe, bereue ich diese Entscheidung. Für Außenstehende wirken sie befremdend, vielleicht sogar abstoßen. Den meisten sieht man an, wie ihr Leben bis jetzt verlaufen ist. Alkohol, Drogen, tausende Nächte die durchgefeiert wurden, Schlägereien und Verluste, das alles spiegelt sich in ihren Gesichtern wieder und hinterlässt Spuren auf ihren Körpern. Doch was andere nicht sehen, ist die leidenschaftliche Verbundenheit zueinander. Sie sind eine Familie und jeder würde für den anderen durch ein Feuer gehen, ihre Loyalität ist größer und stärker als alles, was ich bisher gesehen hatte. Früher war ich ein kleiner Teil davon. Nichts bedeutendes, aber doch bedeutend genug. An den
meisten Tagen verdränge ich die Sehnsucht und bin froh, dass alles so gekommen ist, wie es nun war. Jetzt sehe ich vieles anders. Ich hätte nicht mehr lange so weiter machen können, wie ich mein Leben bis zu diesem Zeitpunkt gelebt hatte. Meistens denke ich, es ist besser so. Nun habe ich ich eine Ausbildung, und habe einen geordneten Tagesablauf. Doch an manchen, besonderen Tagen, wird der Schmerz und das Verlangen zurück zu rennen fast unerträglich, dass ich kurz davor bin, alles hinzuschmeißen und mein altes Leben wieder aufzunehmen. Doch ist dort überhaupt jemand, der auf mich wartet? Es gibt nichts und niemanden mehr, der meinen Schmerz hätte lindern können. Meine Maske habe ich perfektioniert, und niemand, wirklich niemand kann einen Blick auf mein wahres Ich dahinter werfen. Ich habe es tief in mir vergraben, und in manchen Momenten im Jahr vergesse selbst ich, wer ich einmal war. Es hätte alles so weitergehen können, wäre ich nicht am falschen Tag, zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen. Oder war es gar nicht falsch gewesen, sondern in Wirklichkeit genau richtig? Jedenfalls wurde ich so
gezwungen, der Wahrheit ins Auge zu schauen und zu meiner Vergangenheit zurückzukehren. So veränderte sich alles. Erst langsam, kaum spürbar, doch dann immer schneller, bis ich nicht mehr zurück konnte. Doch nun war alles noch komplizierter als je zuvor. Oft frage ich mich, ob es von Anfang an mein Schicksal gewesen war, das es so bestimmt war, das ich wiederkommen würde. Ob ich nicht innerlich die ganze Zeit gewusst und sogar gehofft hatte das alles so kommen würde. Doch dann schaue ich auf die letzten fünf Jahre zurück. Ich hatte mir ein neues Leben aufgebaut und jeder würde mein neues Leben bevorzugen. Doch bei alldem was ich tat, stand ich mir immer selbst im Weg, weil mein Herz genau wusste, wo es hingehörte, und letztendlich lies es mich Dinge tun, die dorthin zurück führten. Ob ich diese Dinge bereue?
Ich bereue nicht was ich in den letzten Wochen und Monaten getan habe.
Ich bereue nur, dass ich nicht eher damit angefangen
habe.
„Flo, hörst du mir überhaupt zu?“ Janina riss ihre Arbeitskollegin Florence aus deren Tagträumen. Mühsam versuchte sich diese daran zu erinnern, was Janina gerade gesagt hatte. „Sorry Süße, was hast du gesagt? Ich habe nicht ganz zugehört.“ Gestand sie schließlich. Ihre beste Freundin seufzte theatralisch, bevor sie sie eindringlich mit ihren klaren, blauen Augen musterte: „Was ist nur los mit dir? In einer Woche haben wir den Firmenball, du hast immer noch kein Kleid und auch generell bist du schon seit Tagen ständig abwesend! Wobei es heute besonders schlimm ist!
Ich rede schon seit 10 Minuten mit dir, und du merkst es einfach nicht! Manchmal versteh ich dich wirklich nicht.“ Richtig. Der Ball. Janina war ganz besessen von diesem Firmenball und hatte sich selbst und Flo voller Euphorie sogar bei einem Tanzkurs angemeldet um dort zu glänzen. Damals klang es nach einiger lustigen Idee, welche Florence heute bereute. Janina war dort nie sehr gesprächig gewesen da sie sich lieber mit ihrem Freund beschäftigte und die meisten Männer dort waren einsame Jungesellen die sich erhofften endlich eine Freundin zu finden. Doch Flo war keinesfalls daran interessiert einen dieser Männer kennen
zulernen. Und was sollte den los sein? Er hatte heute Geburtstag. Er wurde heute 24. Nichts, was Sie so sehr aus dem Konzept bringen sollte. Doch davon wusste Janina nichts. „Tut mir Leid, dieses ganze gerede über den Firmenball stresst mich im Moment einfach total und ich habe Kopfschmerzen. Was machst du heute Nachmittag? Ich glaube du hast recht und ich sollte mich wirklich mal um ein Kleid kümmern.“ Janina verdrehte mit einem lächeln die Augen: „Klar habe ich Zeit um mit dir shoppen zu gehen!“, dann drehte sie sich wieder ihrem Computer zu. Florence strich sich gedankenverloren
über ihr rotes Blümchenkleid. Kaum zu glauben wie viel sich in 5 Jahren alles verändert hatte. Damals, als sie gegangen war, war er 19 gewesen. Und sie, sie war noch minderjährig. Ein kleines braunhaariges Mädchen mit großen blauen Kulleraugen und zerschlissenen Hosen. Irgendwann hatten es die älteren aufgegeben ihr neue Hosen zu besorgen oder die alten zu flicken, keine zwei Tage später waren sowieso neue Löcher da, weil sie wiedereinmal irgendwo hängen geblieben oder von einer Mauer gefallen war. Flo schmunzelte wehmütig. Sie hatte den anderen oft Kummer bereitet, und besonders ihm. Aber egal was sie
angestellt hatte, er war immer für sie da gewesen. Und sie, sie hatte ihn verlassen. Doch das ganze hatte auch viel Positives mit sich gebracht. Florence hatte ihren Schulabschluss nachgeholt und hatte jetzt sogar eine Ausbildung. Ganz zu schweigen davon, dass sie sich optisch sehr verändert hatte. Als ihr Chef herein kam vertrieb Flo die Gedanken und arbeitete weiter. Doch kaum war der Tag vorbei und sie auf dem Weg nach Hause begonnen ihre Gedanken wieder zu ihm zurück zu schweifen. Ob er glücklich war? Schluss jetzt! Sagte sie sich als sie in den Linienbus umstieg. Keine weiteren
Gedanken mehr. Es ist schon lang vorbei! Beim Mittagessen konnte sie sich gut an diesen Vorsatz halten. Ihre Mutter fragte sie über die Arbeit aus und redete danach mit ihr über irgendetwas belangloses. Dabei dachte Florence über den heutigen Tag nach. Sie musste Janina mehr Aufmerksamkeit schenken, wäre sie nicht so eine gute Freundin, wäre sie vielleicht schon längst wieder in ihrem Loch verschwunden. Janina hatte mehr verdient als das man ihr nicht zuhörte. Damals, als sie neu in der Stadt war, niemanden kannte und in der Schule hinterher hinkte war Janina für sie da gewesen. Sie hatte immer akzeptiert, dass Flo nicht über ihre Vergangenheit
sprechen wollte und hatte ihr Halt gegeben. Und nun, fünf Jahre später, war die große Blondine ihre beste Freundin. Am Nachmittag hatten die beiden jungen Frauen dann auch viel Spaß. Janina schleppte Florence von einem Geschäft zum nächsten da es wirklich schwer war für sie ein Kleid zu finden das passte. Schon oft hatte sich Flo gewünscht nur ansatzweise so groß wie ihre Freundin zu sein, doch leider wurde ihr dieser Wunsch nie erfüllt und so viel es ihr immer wieder aufs Neue schwer Anziehsachen zu finden die ihr nicht zu groß waren. Janina hatte sie immer damit aufgeheitert, dass Männer kleine Frauen süß fanden, weil so ihr
beschützerinstinkt geweckt wurde. Doch Flo wollte nicht beschützt werden. Das hatte sie auch ihm damals all zu oft gesagt. Doch sie war immer seine kleine gewesen. Schnell zwang sich Flo wieder über die Kleider nachzudenken. „Oh Gott das Kleid ist perfekt Flo! Du wirst hinreisend aussehen! Das ist ja so süß!“ Rief Janina begeistert während sie mit einem Rosafarbenem etwas wedelte. Flo musterte das Kleid genauer, es würde bis unter der Brust eng anliegen und dann bis zu den Knien weit abstehen, war voller Rüschen und glitzerte am Saum. Sie hasste es. Nicht nur weil sie die Farbe Rosa nicht schön fand, oder weil sie es einfach viel zu kurz fand. Oder
aber weil es wie ein Weihnachtsbaum glitzerte. Nein, schon als Janina gesagt hatte es wäre süß, wusste Flo dass sie es hassen würde. Süß. Welche Frau wollte süß sein? Früher hatte er sie auch immer als süß bezeichnet. Jeder hatte sie Süß genannt. Süß aber frech. Der Teufel im Engelskostüm. Und so weiter. Aber jetzt? Flo wusste dass sie durch ihre Größe durchaus noch etwas „süßes“ an sich hatte, doch im vergleich zu damals? Nein sie war lange nicht mehr die süße 14 Jährige von früher. Auch wenn sie kaum noch gewachsen war hatte ihr Körper wohl proportionierte Formen angenommen, sie war nicht mehr das schlacksige Mädchen von damals. Und
das wollte sie auch nicht mehr sein. Schon damals hatte sie gehofft, er würde sie irgendwann anders als die süße kleine betrachten, und auch wenn das nie passiert ist, war sie es nun nicht mehr. Oft stellte sie sich vor wie er reagieren würde wenn er sie heute treffen würde. Ob er sie überhaupt noch erkennen würde? „Also Flo, was ist nun mit dem Kleid, ja oder nein?“ drängelte Janina. Mist, Flo war schon wieder abgelenkt gewesen. Abgelenkt von ihm. „Janina... wir kennen uns schon seit 5 Jahren. Ganz ehrlich, denkst du das Kleid gefällt mir?“ erwiderte sie spitz um ihre geistige Abwesenheit zu überspielen.
Janina betrachtete das Kleid genauer: „Es ist dir zu Rosa!?“ „Jap unter anderem“. Janina überlegte weiter: „und es glitzert zu viel“ „Du scheinst mich ja doch zu kennen“ neckte Flo weiter „was noch?“. Nun dachte Janina ernsthaft nach bevor sie anfing zu grinsen: „Es ist dir zu süß. Ich kenne dich, du willst lieber etwas heißeres. Auch wenn ich das nicht verstehe, schließlich lässt du eh keinen Typen an dich ran“. Flo lachte nun auch und betrachtete die nächsten Kleiderständer „Ja du kennst mich wirklich“. Also schaute sich auch Janina weiter um, doch Flo merkte schnell dass Janina etwas auf der Zunge brannte: „Na los sag schon. Du bist nicht die einzige
von uns die den anderen kennt. Was ist los?“ Janina schaute weiter durch die Kleider und Flo war klar dass nun eine Frage kommen würde welche Janina unangenhem war. Sie schaute immer weg wenn ihr etwas schwer viel da sie kein Mensch der großen Konfrontationen war. „Nuna ja“ druckste sie herum „nun ja. Ach ich weiß nicht ich verstehe dich einfach nicht so recht. Mark aus der Abteilung über uns ist zum Beispiel echt nett und jeder weiß das er gefallen an dir gefunden hat, und du ignorierst das komplett. Aber gleichzeitig willst du dich trotzdem sexy anziehen. Da Frage ich mich einfach wieso und ob es nicht doch vielleicht einen anderen gibt?!“ Flo
seufzte. Ihr war klar gewesen, dass diese Frage früher oder später auftreten würde. Allerdings hatte sie gehofft sie hätte noch ein wenig mehr Zeit gehabt um sich eine passende Antwort zu überlegen. „ Naja also zum einen, welche Frau zieht sich nicht gerne sexy an? Egal ob für einen Mann oder nur für sich selbst. Und wegen Mark, ja er ist echt nett und witzig, aber er ist juniorchef und somit ein enger Vertrauter Henrys. Wenn Henry herausfinden würde das seine Tochter etwas mit seinem Juniorchef hat..“ Janina unterbrach sie mit einem vehementen Kopfschütteln „das ist doch quatsch! Also zum einen“ äffte sie Flo nach „zieht sich jeden Frau
mit hintergedanken sexy an. Entweder weil sie einen Mann mit ihrem Aussehen beeindrucken will, oder weil sie mit ihrem Selbstvertrauen, welches sie sich durch die Sexy Anziehsachen angeeignet hat, trumpfen möchte. Und wegen Mark: Henry ist nur dein Adoptivvater, ich glaube er würde sich freuen wenn seine Tochter so einen tollen Mann mit nach Hause bringen würde.“ Flo zog ein wunderschönes, dunkelrotes Kleid vom Ständer und betrachtete es zufrieden ehe sie antwortete: „Ja du hast recht, dass Henry nur mein Adoptivvater ist, aber er und Marissa haben in den letzten fünf Jahren so viel für mich gemacht, da möchte ich sie nicht noch
mit meinen Liebesbeziehungen belasten. Was hältst du von dem Kleid?“ Flo wusste genau das sie schon einmal bessere Themenwechsel geschafft hatte, aber wie sollte sie ihrer Freundin sagen, dass sie jedes Mal wenn sie sich schick machte an ihn dachte und überlegte, ob sie ihm so gefallen würde. Janina wusste schließlich nicht einmal, das er existierte. Da Janina die Frage allerdings von Anfang an unangenehm gewesen war griff sie das Thema Kleider nur zu gern wieder auf und widmete ihre Aufmerksamkeit dem Kleid in Flos arm. „Ja das könnte wirklich schön sein mit dem richtigen Schmuck und so! Probier
es an!“ Also verschwand Florence in der Umkleidekabine und zog das Kleid an. Es war sehr schlicht gehalten, am Oberkörper etwas weiter und ab der Taille wurde es eng. Es betonte angenehm ihre Beine, ohne billig zu wirken, und auch der Ausschnitt am Rücken wirkte alles andere als billig. Flo betrachtete sich eingehend im Spiegel. Ihre Hellbraunen Haare fielen in sanften Wellen über ihre Schultern und das Rot brachte einen guten Kontrast zu ihren strahlend blauen Augen. Sie wusste genau, dass sie sich selbst etwas vormachte. Sie hatte sich ihre Haare heller gefärbte, von dem dunklen wilden
Braun zu einem sanften, helleren Ton und auch ihren Kleidungsstil hatte sie von Grund auf verändert. Letzteres war nicht schwer gewesen da sie zuvor keinen richtigen Stil hatte, da sie eine der kleinsten war hatte sie einfach immer die alten Anziehsachen der Größeren bekommen um Geld zu sparen. Doch das alles hatte sie gemacht um sich zu verstecken. Sie versteckte sich vor ihrer Vergangenheit, falls durch Zufall doch jemand ihrer alten Freunde in die Stadt kommen würde, aber vielmehr versteckte sie sich vor sich selbst. Am Anfang hatte sie sich geweigert irgendetwas an sich verändern zu lassen. Nicht einmal einen richtigen Friseur
hatte sie aufsuchen wollen, doch jeden Tag wenn sie in den Spiegel schaute zerbrach sie an der Sehnsucht. Also hatte sie ihren alten Krempel in Kisten gepackt und sie auf dem Dachboden verstaut, sich die Haare gefärbt und sich ihrem neuen Leben gestellt. Und doch dachte sie immer daran ob sie ihm gefallen würde. Sie tat so viel um nicht aufzufallen und doch wollte sie ihm gefallen. Fo wusste, dass dieser Gedanke komplett absurd war. Sie würde ihn schließlich nie wieder sehen. Als Flo endlich aus der Umkleide kam flippte Janina regelrecht aus, so begeistert war sie von dem Kleid. Schnell war es gekauft und sie verließen
den Laden um noch einen Schmuckladen aufzusuchen. Schweigend liefen die beiden Frauen nebeneinander her. Flo wusste genau das Janina nicht verstand wieso sie es nicht mit Mark versuchte, und eigentlich hatte Janina auch recht, sie war jetzt seit fünf Jahren Single, wenn man das vorher als Beziehung bezeichnen konnte, und versuchte mit allen Mitteln ihre Vergangenheit zu vergessen. Also wieso sollte sie es nicht auch mit einem neuen Mann versuchen? „Vielleicht hast du Recht, Henry würde es sicherlich nichts ausmachen. Ich sollte es mit Mark probieren!“ Janina war so überrascht das sie mitten auf der Straße stehen blieb und ein Autofahrer eine
Vollbremsung machen musste um sie nicht zu überfahren. Schnell zog Flo sie weiter. „Oh Flo freut mich das du so denkst, und Mark ist wirklich toll. Er sieht gut aus, er hat einen ordentlichen Job, was könnte man sich da noch mehr wünschen?“ Flo begann zu lachen „wenn du so von ihm schwärmst, wieso versuchst du es nicht bei ihm?“ neckte sie ihre Freundin. Diese schaute sie allerdings empört an: „Süße du weißt ganz genau das ich überglücklich mit Manuel bin. Ich wollte ihn dir nur Schmackhaft reden!“ Flo nickte wissend. Seit Janina und Manuel zusammen waren schwebte sie tatsächlich auf Wolke sieben. Während sie so durch die Straßen
liefen, kam eine Gruppe Männer auf sie zu. Auf den ersten Blick wirkten sie gefährlich, ihr Gang, ihre Haltung und auch die Art wie sie miteinander redeten. Doch Florence merkte schnell, dass diese Männer keiner Gang angehörten sondern nur Eindruck schinden wollten. Sie sah es ihnen an. Ihre Gesichter waren zu Makellos, keine Narben, keine kleinen Kratzer, kein Dreck, und auch ihre Kleidung war zu ordentlich, alles aufeinander abgestimmt und frisch gewaschen. Nirgends ein einziges Loch oder ein Schmutzfleck. Das Tatoo, welches einer der drei auf dem Oberarm hatte war perfekt. Der Drachen hätte bei einem echten
Gangmitglied sofort bedrohlich gewirkt. Wahrscheinlich wäre er nicht ganz gerade auf dem oberarm und ein wenig mit Dreck beschmutzt. Doch dieser wirkte eher niedlich, als alles andere. Wie sie so etwas hasste. Männer oder Jungs die sich für etwas besseres hielten, wenn sie mit einem Messer in der Hosentasche herumliefen und vor ihren Freunden große Sprüche rissen. Diese Art von Menschen, hatte keine Ahnung wie das Leben, welches sie versuchten nachzuahmen, wirklich war. Sie hatten noch nie gebrauch von ihrem Messer genommen und wenn man sie alleine in einer Gasse treffen würde hätten sie noch nicht einmal den Mut einem
anderen Mann in die Augen zu schauen. Sie dachten wenn sie erzählen würden, dass sie besoffen von einer Party kamen, dass ihnen das eine besonderes Statussymbol vermachte. Oder wenn sie über Drogen redeten. Dabei hatten sie keine Ahnung davon, dass Alkohol und Drogen in den Gangs ein Mittel zum vergessen war. Um für einen kleinen Augenblick das miese Leben zu vergessen und in eine bessere Welt einzutauchen. Sie wussten auch nicht, dass viel zu viele an den Drogen und dem Alkohol zugrunde gingen, weil sie sich immer mehr dem Traumzustand hingaben und ihn nicht verlieren wollte. Das sie dann abhängig wurden,
gewalttätig, wenn sie den Stoff nicht mehr bezahlen konnten und letztendlich an einer Überdosis starben. Oder durch Angstzustände Selbstmord begangen. Oder dass sie von Schuldeneintreibern getötet wurden. Die Jungs kamen näher und grinsten selbstsicher. „Hey ihr zwei hübschen!“ begann der Tatoo-Mann seinen ersten Flirtversuch. Janina schmiss gekonnt ihre Blonde Mähne zurück und lächelte den Mann strahlend an. Man hätte meinen können, dass sie auf seine Annäherungsversuche einging. Doch Flo kannte sie gut genug um zu wissen, dass sie niemals ihrem Manuel fremdgehen würde und überhaupt nicht auf derart
billige Anmachen stand. Außerdem kannte Janina sie auch, sodass diese wiederum wusste, dass Florence keinerlei Interesse an diesen Typen hatte. Oder an irgendeinem anderem, außer eventuell Mark. Schon zu oft hatte Janina sie zu einem Date geschleppt, ganz sicher das dieser Junge Flo aus den Reserven locken würde. Doch nie geschah es. Sie lies keinen Jungen an sich heran, hielt alle auf Abstand. Oft wunderte sich Janina darüber, es gab genug Mädchen und Jungen die Flo nett fanden und zu ihr aufschauten. Sie bewunderten ihren Kampfgeist in der Schule und auch ihre Teamfähigkeit. Florence war eine gute Zuhörerin und gab gerne Ratschläge,
welche allerdings nie etwas über ihre eigenen Gefühle verrieten. Doch daran gewöhnte man sich schnell und so gab es genug die gerne mit ihr befreundet oder zusammen wären. Doch nur die wenigsten Menschen lies Florence richtig an sich heran. Vielen gab sie das Gefühl, sie zu kennen, doch eigentlich wusste niemand etwas genaues über sie. Janina war froh darüber, eine der wenigen zu sei, die wirklich etwas über sie wussten. Flo hatte ihr in den beiden Jahren, die sie sich nun kannten bereits oft mit Rat und Tat zur Seite gestanden, und auch vor einigen Monaten, als es öfter Streit mit Manuel gab war sie immer für sie da gewesen. Aber trotzdem hatte sie das
Gefühl das etwas in ihrer Freundschaft fehlte. Janina vertraute ihr so viel an, und auch Florence kam bei Problemen zu Janina, und dennoch hatte Janina das Gefühl, dass sich diese immer ganz genau überlegte was sie sagte und somit bestimmte, was Janina über sie wusste. Es war wie bei einem Puzzlespiel, Janina versuchte oft neue Teile zu finden, und sie hatte auch schon einiges geschafft, doch immer noch fehlten ein paar Teile. Das Gesamt Bild war zwar schön anzusehen, aber es war eben nicht komplett. Umso mehr freute sie sich, dass Flo einem Date mit Mark mehr oder weniger zugestimmt hatte. Janina musste über den plumpen Spruch
des Mannes lächeln, wäre ihr Freund in der nähe wäre es längst zu einer kleinen Schlägerei gekommen. Manuel hasste diese Art von Casanovas. Und auch Flo schien nicht gerade begeistert zu sein. „Lass uns gehen, unsere Bahn kommt auch gleich!“ sagte diese während sie am Arm ihrer Freundin zupfte. Wieder etwas was Janina nicht verstand. Sie wurden öfter von irgendwelchen Männern angesprochen, und egal wie gut sie aussahen, Flo wollte immer so schnell wie möglich weg. Was war denn daran so schlimm, mal ein bisschen zu quatschen? Der Tatoo-Mann musterte Flo nun und kam schließlich näher, bis er vor ihr stehen blieb: „Was hast du denn kleine?
Wir wollen doch nichts böses und sind ganz nett!“ In Florences Kopf begann es zu wummern. Er war ihr zu nah! Sie wusste genau, dass sie ausflippen und die Kontrolle über sich verlieren würde wenn er so weiter machte. Fünf Jahre! Erinnerte sie sich innerlich. Fünf Jahre habe ich es schon geschafft! Das werde ich jetzt nicht alles hinschmeißen. Gleich steigen wir in die Bahn ein und dann ist es vorbei! Sie presste die Lippen fest aufeinander und schaute den Mann trotzig an. Doch keine 2 Sekunden später schmiss sie ihre Gedanken über Bord, als der junge Mann seine großen Hände auf ihre Taille legte und sie näher an sich zog. Sie flippte aus. Alles in ihr
war angespannt. Mit einem Rest Selbstbeherrschung den sie noch hatte riss sie sich von ihm los und stieß ihn mit einer Kraft, welche niemand einer Kleinen zierlichen jungen Frau wie ihr zugetraut hatte, von sich, sodass er gegen seine Freunde stieß, welche ihn auffingen. Doch das bekam Florence gar nicht mehr mit, sie hatte sich bereits umgedreht, krallte ihre Finger in Janinas Arm und ohne das sie einen klaren Gedanken fassen konnte rannte sie durch die Straßen. Sie kannte hier die meisten Wege, jedenfalls jene welche noch wie vor Fünf Jahren waren. Und da sich niemand um diesen Teil der Stadt kümmerte, waren die meisten Straßen
unverändert. In ihrem eigenen Rhythmus rannte sie, blendete das Luftschnappen von Janina hinter ihr aus und genoss das Gefühl. Es war wie eine Droge für sie, es versetzte sie zurück in die Zeit, in der sie die schnellste gewesen war und mit den Jungs über Mauern und Dächer geklettert war. Doch sie musste sich ermahnen. Auch wenn sie seit Fünf Jahren nicht mehr intensiv gerannt war, war ihre Kondition besser als bei den meisten. Und auch wenn Janina eine der besten ihrer Klasse im Ausdauerlauf gewesen war, war es etwas anderes da sie ständig beschleunigte oder verlangsamte. Das hier war kein Dauerlauf, das hier war ihr Leben. Die Stimme ihrer
Freundin holte sie aus ihrer Trance: „Ich kann nicht mehr Flo!“ schnell blieb diese stehen und schaute Janina besorgt an: „tut mir leid, alles okay bei dir?“. Stockend atmend nickte sie: „Ja alles okay. Aber was ist bei dir los?!“ Florence starrte durch sie hindurch. Was sollte sie sagen? Sie hatte mit Janina noch nie über ihr vorheriges Leben geredet. Sie wusste noch nicht einmal das dieses Leben existierte. Und daran wollte sie auch nichts ändern. Janina würde sich von ihr abwenden, wenn sie etwas erfahren würde. „Ich weiß nicht genau. Irgendwie habe ich einfach Panik bekommen. Tut mir leid ich habe ziemlich übertrieben.“ Janina nickte:
„Ging es darum das er dich angefasst hatte? Ich weiß ja das du in den fünf Jahren die wir uns jetzt kennen noch nie einen Freund hattest, aber er hatte dich doch nicht schlimm angefasst, oder habe ich etwas nicht mitbekommen?“ Flo merkte das ihre Freundin nicht wirklich verstand aber das war okay: „Nein du hast nichts verpasst, er hat mich kaum angefasst, aber sein Blick hat mir Angst gemacht. Ach ich weiß auch nicht. Können wir das Thema bitte beenden?“ dann begann sie zu kichern „Hast du mal auf seinen Mund geachtet? Der Typ sah aus wie ein Breitmaulfrosch!“ Janina lachte nun auch: „Ja stimmt, ist mir auch aufgefallen. Im ernst, wer küsst den
bitte freiwillig?“ Florence grinste, aber nicht über den Kommentar der Blondine, sondern über ihren geglückten Ablenkungsversuch. Dabei wusste sie ganz genau, wieso sie so ausgerastet war. Es hatte sich so falsch angefühlt. Es waren eben nicht seine sanften, liebevollen Hände, die auf ihr lagen. Und auch der Geruch war ein anderer gewesen. Zu sauber, zu sehr nach einem null-acht-fünfzehn Deo aus der Drogerie, welches jeder zweite Mann benutzte. Schnell verließen die beiden Mädchen die Gasse und gingen zurück zu der belebten Einkaufsstraße. „Die Bahn haben wir aber jetzt verpasst!“ stellte Janina fest, nachdem sie einen Blick auf
ihr Handy geworfen hatte „aber die nächste Bahn kommt erst in einer Stunde!“ Jetzt hatte Flo ein schlechtes Gewissen, sie wusste dass Janinas Eltern es nicht gerne sahen wenn sie zu spät nach Hause kam, vor allem wenn es bereits dunkel wurde. Fieberhaft dachte sie nach: „Wir könnten Heim laufen? So weit ist es ja nicht, und wenn wir uns nicht verlaufen haben wir die Südstadt schnell hinter uns und über die Felder dauert es keine 10 Minuten!“ Die beiden wohnten in einem kleinen Dorf, nahe der Großstadt. So wie die meisten Familien. Vor Jahren lebten die Menschen in eine Siedlung die Ringförmig um den Stadtkern gebaut worden war, doch dann
begannen die Wohlhabenden Familien in die Dörfer außerhalb zu ziehen um mehr Platz und mehr Ruhe zu haben. Und so kam es das nun niemand mehr in Stadtnähe wohnte. Die Gegend war heruntergekommen und verrufen. Nicht einmal die Straßenbahn hielt dort, da die Fahrer vor Überfällen irgendwelcher Banden Angst hatten. Janina überlegte kurz, um diese Zeit war es noch mal gefährlicher nach Hause zu laufen, aber anderseits wollte sie keinen Ärger bekommen. „Ich glaube Manuel wollte heute mit einem Freund in die Stadt, wenn wir Glück haben ist er noch in der nähe, dann kann er mit uns Heim laufen, er wollte heute sowieso bei mir
übernachten!“ Florence wusste ganz genau, dass ihnen Manuels Beisein nicht wirklich schützen konnte. Er war zwar ein netter Kerl und machte seit zwei Jahren Kampfsport, doch wenn es ärger gab, hätte er gegen die Gangs keine Chance. Aber ihre Freundin würde sich dann sicherer fühlen also nickte sie „Okay du kannst ihn ja mal anrufen!“ Während Janina mit ihrem Freund telefonierte beobachtete Flo die vorbeilaufenden Menschen. Die Meisten waren in Eile, hasteten geradezu die Straße entlang, kamen von der Arbeit oder waren einfach nur Einkaufen gewesen. Man sah ihnen an das sie Geld hatten, wie es die meisten Menschen die
hier außerhalb der Stadt wohnte hatten. Ihr Auftreten war selbstsicher, ihre Frisuren saßen perfekt und ihr Aussehen war gepflegt. Florence konnte die meisten Menschen recht schnell durch ihr Aussehen einschätzen, eine Fähigkeit die sie vor vielen Jahren erlernt hatte. Fast alle Leute liefen Richtung Norden, aus der Stadt raus, oder zumindest zu dem nahen Bahnhofsgebäude. Selten sah man jemanden Richtung Süden laufen, jedenfalls niemand der Geld hatte wagte dies. Zwar lagen recht viele Dörfer hinter der Südstadt, aber um diese zu erreichen nahm jeder dem sein Leben, oder seine Brieftasche, wichtig war die Bahn oder das Auto. Die Innenstadt war
eigentlich jeden Tag stark belebt, doch in den Häusern Richtung Süden lebte man nicht. Dort hausten die Gangs, regierte Gewalt und soweit das Auge reichte sah man Schmutz und Verwahrlosung. Die Menschen aus den Dörfern sahen dort nur Armut und Blut, aber trotzdem tat niemand etwas dagegen. Selbst die Polizei fuhr so gut wie nie durch die Südstadt. Das brauchte sie aber auch nicht, die Gangs regelten ihre Probleme selbst und waren froh wenn sich der Rest der Welt aus ihren Angelegenheiten hielt. Janina, die sich um zu telefonieren, einige Meter entfernt hatte kehrte zu Florence zurück „Manu denkt wir sind
Lebensmüde und total verrückt, aber er kommt mit! Wir sollen auf jedenfall auf ihn warten und uns nicht vom Fleck bewegen. Er ist in ein paar Minuten bei uns!“ Danach verfielen die beiden Frauen in ein angenehmes schweigen, jede hing ihren eigenen Gedanken nach. Als Manuel sich dann nach einiger Zeit durch einen Pfiff bemerkbar machte und auf sie zu kam war sich Flo nicht mehr sicher, ob laufen so eine gute Idee war. Sie hatte die südlichen Häuser nun schon seit 5 Jahren erfolgreich gemieden, aber anderseits, sie liefen ja nur schnell durch die Stadt, hatten nicht vor jemanden zu provozieren oder überhaupt jemanden zu treffen. Außerdem waren 5
Jahre eine lange Zeit, sie sah nun anders aus und es würde sich wahrscheinlich eh niemand an sie erinnern. Ein kleiner Stich durchbohrte ihr Herz als sie zu Manu und Janina schaute und sah, wie er sie liebevoll in den Arm nahm und sie sich sanft küssten. Nicht, weil sie gerne an Janinas Stelle wäre sondern weil sie das vor einigen Jahren auch hätte haben können. „Lasst uns gehen bevor es komplett dunkel wird!“ sagte sie schließlich um ihre Gedanken zu verscheuchen. Das verliebte Pärchen löste sich voneinander und schauten sich noch einmal vertrauensvoll in die Augen, bevor sie zu dritt gegen den Strom an Menschen liefen, Richtung Süden.
Äußerlich locker aber innerlich zum zerreißen gespannt lief Florence neben dem Pärchen her. Ob sie nicht vielleicht doch erkannt werden würde? Sie hatte sich verändert, aber das hier war eine Stadt für sich, hier verlief die Zeit regelrecht anders.
Es hatte sich wirklich nichts verändert, zu jeder Straße an der sie vorbei kamen hätte Flo etwas erzählen können. Sie wusste genau wohin jede Straße führte und zu welcher Gang sie gehörten. Die Gangs. Das war etwas kompliziertes, was kaum ein Außenstehender verstand. Hier regierten die zwei größten Gangs der Umgebung. Jede hatte sein eigenes Territorium, einen Teil der Südstadt. Da waren die Mobs, sie waren meist auf ärger aus, und jeder von ihnen hatte eine Kette, an dem ein goldener Ring hing, um den Hals hängen. Ihr eigenes Symbol. Viele Gangs hatten ein Symbol,
etwas was jedem zeigte, dass sie zusammengehörten. Teils war es ein Schutzschild, wenn man einer starken Gang angehörte passierte einem weniger, aber Teils war es auch einfach nur eine Verbundenheit die sie damit ausdrückten. Für jedes neue Mitglied war der Tag an dem er oder sie ihr Symbol überreicht bekamen wie eine Hochzeit. Bis das der Tod euch scheidet. Und das war in diesen Zeiten wörtlich gemeint. Die zweite führende Gang waren die Frox. Woher ihr Name stammte war den meisten unklar, einige sagten die Gründer wären einst aus Frankreich übergesiedelt und waren hier als „Frogs“, ein Schimpfwort für
„Franzosen“ bezeichnet worden. Andere munkelten, der Name wäre eine Erinnerung an ein verstorbenes Mitglied der Gang. Florence kannte die Wahrheit. Frox waren bekannt, sie blieben friedlich solange keinem ihrer Mitglieder geschadet wurde. Sie sorgten in der Südstadt für Ordnung und Gleichberechtigung und waren eine geschlossene Gemeinschaft. Natürlich gab es noch viele kleinere Gangs, ohne Stadtbesitz. Diese versuchten meist Streit und Unruhe aus dem Weg zu gehen da sie wussten, dass sich andernfalls die Mobs oder die Frox einmischen würden, oder im schlimmsten Fall sogar
beide. Schnell liefen die drei durch die Straßen, Flo beobachtete beunruhigt die mit craviti besprühten Hauswände, und alles in ihrem inneren schrie sie an, dass sie hier schleunigst verschwinden sollte. Das hier war Land der Mobs. Unauffällig lotste sie Janina und Manuel durch die Südstadt, die beiden sollten nicht merken dass sie sich hier auskannte. Als sie in die nächste Straße einbogen sog Florence erschrocken die Luft ein. Dort hinten, am Ende der Straße, standen fünf Männer. Sie waren ungefähr zwischen 20 und 26 Jahre alt und um ihre Hälse hingen die bekannten Ketten mit dem goldenen Ring. Sie waren teil der
Killers. Auch Manuel hatte die Männer gesehen und zog die beiden Mädchen näher an sich. Florence versuchte klar zu denken. Kannte sie die Männer? Würden sie ohne Probleme an ihnen vorbei laufen können? Würde sie erkannt werden? Sie musterte den anscheinend jüngsten der Männer, er war 20, vielleicht auch erst 19. Er war groß, aber recht schmächtig gebaut und seine blonden Haare fielen ihm zu lang in sein Kindliches Gesicht, dessen Gesichtszüge viel besser zu einem älteren Mann gepasst hätten, so ernst und kalt wie sie waren. Sein Körper und seine Haltung zeigten deutlich, dass das Leben in der Südstadt seine Spuren an ihm
hinterlassen hatten. „He, was starrst du uns so an?“ rief der vermeintlich älteste der Gruppe. Florence hätte sich selbst Ohrfeigen können, die 5 Jahre hatten sie unvorsichtig werden lassen. Wie konnte sie eine so wichtige Regel nur vergessen? Schaue jemanden in die Augen, das zeugt von Stärke und Selbstbewusstsein, aber beachte niemals seinen Körper. Das hatte sie als kleines Kind immer eingetrichtert bekommen. Manuel trat sofort beschützend vor die beiden Mädchen. Ein weiterer Fehler, wie Flo sofort wusste. Nun fühlten sich die Männer eher provoziert und angegriffen. Und tatsächlich bauten sich diese zu ihrer vollen Größe auf und
kamen näher. Janina ergriff ängstlich den Arm ihres Freundes, welcher seine Muskeln ebenfalls anspannte. Diesmal vorsichtiger musterte Florence die Männer. Die vorderen vier, einschließlich des Blonden Jungens, kannte sie sicher nicht. Nun versuchte sie einen Blick auf den letzten Mann zu werfen. Dieser war nicht sonderlich groß, vielleicht 1.75 Meter. Sein Kopf war kahl, außer ein einzelner Streifen brauner Haare, welche seinen Kopf in zwei hälften teilten. Eine kleine Narbe verlief von seinem rechten Ohr, über seinen Wangenknochen bis kurz vor seinen rechten Mundwinkel. Flo kannte ihn, seine Narbe war durch eine kaputte
Bierflasche entstanden. An dem Tag an dem sie ihn hatte kennengelernt. Es war ein verregneter Sommertag und Florence war durch die Totengasse geeilt, welche von den Südstädtlern so genannt wurde da dort durch die nahegelegene Kneipe zu jeder Tages und Nachtzeit betrunkene schliefen oder noch mehr tranken. In jener Gasse hatte Sam, so hieß er, mit seinen Freunden gesessen und getrunken. Einer seiner Freunde war aufgestanden, hatte versucht sie zum bleiben zu überreden, hatte versucht sie anzufassen. Da war ihr Sam zu Hilfe gekommen. Es kam öfter innerhalb einer Gang zu kleinen Schlägereien, da sich
die Männer untereinander behaupten wollten, aber niemals kam es wegen einer fremden zu einer Schlägerei unter Freunden. Außer an diesem Tag. Sam hatte Flo von seinem Freund weggezogen und sich vor sie gestellt. Doch der Freund war so betrunken dass er nichts mehr merkte und keine Kontrolle mehr über sich hatte. Er begann zu brüllen, sie war damals aus Angst die Straße entlang bis zur nächsten Ecke gerannt, hinter der sie sich dann versteckte hatte und die Männer beobachtete. Sam versuchte den Betrunkenen zu beruhigen doch dieser brüllte nur immer Laute und begann um sich zu schlagen. Bevor die anderen Männer eingreifen konnten,
hatte er seine Bierflasche kaputtgeschlagen und dabei Sam getroffen. Florence hatte aufgeschrien als sie das Blut auf dessen Wange sah, dann hatte sie sich umgedreht und war so schnell wie sie konnte nach Hause gerannt. Einige Tage später hatte sie Sam wieder getroffen, seine Wunde verheilte gut, doch es würde eine Narbe zurück bleiben. Dies schien ihn aber wenig zu stören. Auf ihre Frage, wieso er ihr geholfen hatte, antwortete er mit einem verschmitzten er habe ihr Französisches Blut gerochen, und seine Mutter war auch Franzosin gewesen. Also war sie doch seine kleine Schwester, jedenfalls
im Geiste. Und als sie sich dann mit Florence vorstellte, hatte er gelacht und ihr sanft die Haare verwuschelt. Mon Fleur. Hatte er sie genannt. Eine blühende Blume, wie du es bist, darf man doch nicht abbrechen. Diesen Satz hatte sie ihm nie vergessen. Wann immer sie sich sahen hatte er sie liebevoll mit dem Spitznamen Fleur geärgert. Damals war sie 13 gewesen. Das alles war jetzt schon 6 Jahre her, ob er sie, seine kleine Fleur, erkennen würde? Die Männer kamen immer näher und bauten sich schließlich vor ihnen auf. Florence spürte wie das Adrenalin in ihre Venen
schoss und sich ihr Puls beschleunigte. Das alles war nichts unbekanntes für sie, früher war das ihr Alltag. Janina rutschte unauffällig näher an Manuel heran, doch wieder einmal war etwas nicht unauffällig genug. „Schaut mal wie Blondi Angst bekommt!“ höhnte der älteste und trat näher an sie heran. Er wollte den Arm nach ihr ausstrecken, aber Manuel erkannte diese Absicht und hielt dessen Arm fest. Ein weiterer, schwerer, Fehler. Noch bevor er blinzeln konnte hatten ihn 2 der anderen Männer gepackt und hielten ihn fest. Der Blonde schnappte sich Janina und Florence schüttelte innerlich den Kopf. Als ob ihre Freundin eine Bedrohung für die
Männer sein könnte. Sam kam bedrohlich auf sie selbst zu und hielt sie schließlich in eisernem Griff fest. Es tat weh. Nicht, wie er sie festhielt, sondern das sie ihm so nahe war. Früher hatte sie oft auf seinem Schoß gesessen, jetzt war sie ihm wieder so nah wie damals, doch er erkannte sie nicht. Traurig schaute sie zu Boden. Wahrscheinlich sollte sie sich freuen das sie nicht erkannt wurde. Das hatte sie schließlich drei Jahre lang aufgebaut und wenn sie hier Lebend raus kamen, könnte sie genauso weiterleben. Doch die Chancen, dass sie hier unverletzt herauskamen standen schlecht. Manuel versuchte sich gegen den Griff der Männer zu wehren, doch diese waren
größer, stärker als er und geübt in dem, was sie taten. „Süß wie er hier rumhampelt!“ grinste der Mann, der schon die ganze Zeit das Wort geführt hatte. Die anderen begannen zu lachen, doch natürlich lockerten sie ihren Griff nicht. Der Blonde hielt Janina immer noch fest und lachend schaute er seinen Anführer an: „Ey Marc, ich glaub die hier ist die Freudnin von unserem kleinen Helden! Ist sie nicht hübsch?!“ Florence verlor jegliche Zuneigung die sie davor noch für ihn gehegt hatte in diesem Moment. Sie wusste ganz genau das sich der Junge bei den Höherstehenden einschleimen wollte um mehr ansehen zu erreichen. Das war so
armselig. Wie sie ihn nun verabscheute. Schon damals hatte sie den Männern die so versuchten zu ihnen gehörig die Meinung gesagt, und nach und nach hatte jeder verstanden das ER sehr viel Wert auf ihre Meinung legte und das geschleime hörte auf. Marc schaute Janina nun mit einem dreckigen Grinsen an und kam näher. Manuel startete einen erneuten Versuch sich zu befreien und brüllte auf „Du Bastard, fass sie nicht an!“ Florence schrie innerlich. Wie konnte man nur so viele Fehler machen? War Manuel nicht klar das er alles nur verschlimmerte? Wie hatte er diesen Mann nur beleidigen können? Der drehte sich langsam, mit Hass erfülltem Blick
um „wie hast du mich genannt? Bastard? Nun gut ich werde dir beweisen wer ich bin! Bring mir die kleine, Sam!“ Janina schrie erschrocken auf als sie verstand, dass nun Flo in einer schlimmeren Situation steckte, als sie es selbst zuvor war. Manuel presste die Lippen aufeinander und schüttelte sich nur noch. Wenigstens hatte er gemerkt, das er mit seinem Gerede nichts erreichte. Florence ging ihre Möglichkeiten durch, während sie von Sam unsanft zu Marc gezerrt wurde. Sie könnte es schaffen sich zu befreien, und schnell genug um zu verschwinden war sie auch. Doch dann würde sie Manuel und Janina zurück lassen müssen, also kam es nicht
in Frage. Oder aber sie könnte alles über sich ergehen lassen und versuchen dafür zu fordern, dass die anderen beiden freigelassen wurden. Aber was wäre, wenn sie dann trotzdem nicht freikamen? Dann wäre ihr Opfer sinnlos. Im hintersten Teil ihres Kopfes schwirrte noch eine weiter Möglichkeit. Dafür müsste sie mit großer Wahrscheinlichkeit alles opfern, was sie sich in den letzten drei Jahren aufgebaut hatte. Dafür würden sie alle drei heil daheim ankommen. Aber auch nur wahrscheinlich. Doch eigentlich war das ihre einzige, realistische Chance. Marc ergriff ihr Kinn und zwang sie so ihn anzuschauen. „Du bist aber auch eine
süße Maus, sag mir mal bitte was ich mit dir anstellen soll, nachdem dein toller Freund entschieden hat, das ich seine Freundin nicht anfassen darf? Ach und als Bastard hatte er mich ja auch bezeichnet. Eigentlich hatte ich das Bedürfnis, ihm das Gegenteil zu beweisen, aber gerade habe ich eher das Bedürfnis ihn zu bestätigen.“ Mit diesen Worten holte er aus und schlug Florence mit der flachen Hand ins Gesicht. Sie spürte wie seine Hand auf ihre Wange prallte und einer seiner Ringe ihre Hat aufriss. Sie hörte wie Janina panisch schrie und wie auch Manuel brüllte. Es tat weh, aber der Schmerz brachte ihren alten Verstand zurück. Der Schlag war
nicht sonderlich schlimm gewesen, sie hatte schon heftigere einstecken müssen. Früher war sie schließlich eine wahre Meisterin darin gewesen, sich in schwierige Situationen zu bringen. Doch sie hatte es auch immer geschafft sich wieder heraus zu holen, auch wenn das manchmal einige opfer abverlangt hatte. In diesem Moment war ihr klar, dass ihre Vergangenheit sie eingeholt hatte. Doch wenn sie jetzt handelte könnte sie ihnen vielleicht entwischen. Die Zähne fest aufeinander gepresst schaute sie Marc in die Augen. Dieser sah ein wenig überrascht aus, wahrscheinlich hatte er damit gerechnet das sie ohnmächtig wurde oder zumindest zu weinen
anfangen würde. Langsam spürte sie das Pochen in ihrer Wange und wie Blut ihre Wange herab lief, doch daran konnte sie nun nicht denken. „Lass Janina und Manuel gehen, du hast doch jetzt mich!“, Marcs Augen begonnen zu funkeln „sicher nicht! Wenn der Spaß mit dir vorbei ist, geht er mit deiner hübschen Freundin weiter. Und dein toller Freund darf jede Sekunde miterleben. Ist das nicht schön?“ Dann strich er ihr über die Wange. Es tat weh, und sie wusste das er sie für extra quälte, doch davon durfte sie sich nicht ablenken lassen. Sie riss ihre Hand aus Sams Griff los, welcher seit sie in Marcs nähe waren lockerer geworden war, und schlug diesem mit
einer Wucht ,die fast ebenbürtig zu Marcs schlag war, mit der Faust ins Gesicht. Überrascht taumelte er einen Schritt zurück und Sam ergriff ihre Arme sofort wieder fester. Aber Florence wusste das dies ihre einzige und letzte Chance war. „Man soll eine blühende Blume doch nicht abbrechen!“ Einen Moment lang veränderte sich nichts an Sams Griff und Florence bekam die ersten Zweifel, doch dann wirbelte er sie herum und schaute ihr in die Augen. „Fleur“ murmelte er erstickt. Sie nickte leicht doch als er weiter reden wollte schüttelte sie den Kopf „Non“. Sam schaute sie noch einen Moment
bewegungslos an, dann schob er sie mit einem sanften Druck hinter sich „wie verschwinden Leute! Lasst sie los, sofort!“
Marc, der sich wieder gefangen hatte starrte ihn verwirrt an „was soll das?“ Doch Sam schüttelte nur den Kopf „wir gehen!“ Die anderen Männer ließen Janina und Manuel los, welche sich sogleich in die Arme fielen. Verwundert aber glücklich schauten sie Flo an: „Lass uns gehen!“ Doch Sam hielt Florence weiterhin am Arm fest: „Geht ihr zwei schon mal vor, Fleur wird euch schon einholen.“ Janina schüttelte vehement den Kopf aber Flo wusste das sie ihre Freunde vorschicken musste wenn sie nicht wollte, das ihre Vergangenheit auffliegt. Und das wollte sie nicht
riskieren. „Fleur? Was ist hier eigentlich los?! Und wer ist Fleur?“ Flo kniff die Augen zusammen, nein Janina durfte keine Fragen stellen: „Ist schon okay, Sam ist ein.. Bekannter, geht bitte vor!“ Man merkte das Janina nichts davon hielt, dass Flo alleine bei diesen Männern bleiben wollte, aber Manuel zog an ihrem Arm. Auch wenn Florence eine Freundin war wollte er endlich seine Freundin in Sicherheit wissen. Und Florence wollte schließlich freiwillig bleiben. Mit sanftem Druck dirigierte er Janina aus der Gasse und verschwand mit ihr hinter der nächsten Ecke. „Was soll das Sam?“ grummelte Mark ärgerlich. Er war hier der Boss, und Sam
konnte sich nicht so einfach ihm widersetzen. Sonst würde ja Jeder anfangen nur noch an sich selbst zu denken. Doch Sam schaute ihn Selbstbewusst an: „Sie ist eine Freundin von mir, kommt nicht wieder vor.“ Mark nickte nachdenklich. Auch wenn er nichts von Sams Handeln hielt wusste er genau, wie wichtig Freunde waren. „Nagut aber nächstes Mal sagst du das vorher! Dann muss ich mich erst gar nicht mit ihr herum ärgern“ dabei fasste er sich unbewusst an seine Wange welche noch von Flo’s Schlag gerötet war. Sam nickte und sagte ihnen dann ebenfalls, dass sie schon vorgehen sollten. Als die Männer die Gasse verlassen
hatten lies er Florence endlich los und trat ein paar Schritte zurück um sie zu betrachten. „Mein Gott, Fleur. Ich habe dich wirklich nicht erkannt. Es tut mir so leid! Ich, ich habe dich hier einfach nicht erwartet.“ Murmelte er vor sich hin. Flo wusste nicht wie sie mit dieser Situation umgehen sollte. So lange hatte sie sich verdeckt gehalten. Niemand hatte gewusst das sie noch in der Stadt war. Und nun stand sie hier, mit Sam. Andererseits war Sam kein Mitglied der Frox, er war zwar mit einigen von ihnen befreundet, aber wie wahrscheinlich war es, dass er über sie reden würden? Und wieso entschuldigte er sich? Hatte er
nicht bemerkt, dass sie fünf Jahre weg gewesen war? War er nicht sauer auf sie, weil sie ohne sich zu verabschieden über Nacht verschwunden war? „Das.. ist doch kein Problem Sam. Ich, ich habe mich auch sehr verändert und ich war diejenige die weg gegangen ist. Es gibt nichts wofür du dich entschuldigen müsstest.“ Flüsterte sie während sie die Mauer hinter Sam anstarrte. Sie konnte ihm einfach nicht in die Augen sehen. Wollte nicht seine Wut sehen, wollte nicht wissen wie sehr sie ihn damals verletzt hatte. Ohne das sie es gemerkt hatte war Sam jedoch näher gekommen und zog sie auf einmal in eine feste Umarmung. Seine großen
Hände auf ihrem Rücken pressten sie eng an seinen Körper sodass sie seinen Herzschlag spüren konnte. Die ersten Sekunden stand Florence steif wie ein Brett da, doch als sie merkte das Sam nicht vorhatte ihr weh zutun oder eine Standpauke zu halten seufzte sie glücklich und vergrub ihr Gesicht an seiner Brust. Ein schluchzen entrann ihrer Kehle und wie eine Ertrinkende klammerte sie sich an seinem T-shirt fest. Fünf Jahre hatte sie all das vergessen und nun brach alles über ihr zusammen. Und es fühlte sich so gut an. Ihre Schmerzende Wange von Marks Schlag und gleichzeitig die warme Umarmung von Sam. Es fühlte sich so
vertraut an. So richtig. Beruhigend strich Sam über ihren Rücken, während sie sich wieder aufraffte und aufhörte zu zittern. Früher hatte sie nie geweint, zumindest nicht vor anderen. Aber ja, auch in dieser Hinsicht hatte ihr neues Leben sie verändert. „Fleur, mon Fleur“ murmelte Sam immer und immer wieder. Er war immer noch geschockt. Fünf Jahre hatte er nichts von ihr gehört. Fünf Jahre lang hatte er sich Sorgen gemacht, und sich gefragt was passiert war. Und nun lag sie in seinem Arm. Fleur, seine kleine Fleur. Schweren Herzens schob er sie ein wenig von sich weg, ohne sie dabei aber loszulassen und schaute ihr tief in die
Augen: „Was ist nur passiert? Wieso bist du weg gegangen? Ich war Krank vor Sorge! Wie konntest du mir das antun? Und Nick? Wie konntest du Nick alleine lassen?!“ Florence verspürte einen Stich in ihrem Herzen. Nick. Schon den ganzen Tag konnte sie nicht aufhören an IHN zu denken. Und heute, ausgerechnet an seinem Geburtstag lief sie jemandem aus ihrem alten Leben in die Arme. So etwas nennt man wohl Ironie des Schicksal. Sie hatte erwartet, dass Sam sie anschreien würde. Das er wütend war und ihr vorwürfe machen würde. Das er vielleicht sogar nicht mehr mit ihr reden würde. Aber ihn über seine Sorge
sprechen zu hören tat tausendmal mehr weh. Sie schüttelte den Kopf um einen klaren Gedanken fassen zu können und strich sich vorsichtig eine Strähne hinters Ohr „Sam, es tut mir so unglaublich Leid. Es ging damals einfach nicht anders. Ich hatte keine Wahl. Du musst mir glauben das ich euch niemals freiwillig verlassen würde!“ Sam lächelte glücklich. Wie konnte er jetzt glücklich lächeln? Fragte sich Fleur. Doch Sam beantwortete diese Frage „Ich habe nie geglaubt, dass du freiwillig gegangen bist. Die anderen, ja viele dachten du hättest genug von uns, oder hättest ein Angebot für ein besseres Leben bekommen. Aber das habe ich nie
geglaubt!“ Flo konnte nicht anders, auch wenn sie wusste das es besser war , sich so wenig Gedanken wie möglich über Nick zu machen, sie musste einfach wissen wie es ihm ergangen war: „Danke.. das du an mich geglaubt hast. Und .. und was ist mit Nick? Was hat er geglaubt?“ Sam trat unruhig von einem Bein auf das andere, man sah ihm deutlich an, dass es ihm unangenehm war darüber zu reden. Er wusste wie sehr Florence Nick geliebt hatte und er sah diese Liebe immer noch in ihren Augen. Auch wenn sie gerade wie ein Häufchen Elend vor ihm stand hatte er das funkeln in ihren Augen gesehen, als er Nick erwähnt hatte. Und er hatte ihren
Schmerz gefühlt. Nein Fleur war damals definitiv nicht einfach so gegangen. Sie vermisste Nick. Und umso mehr taten ihm seine folgenden Worte leid: „Süße.. Nick hat lange auf dich gewartet. Ein Jahr lang hat er jeden tag darauf gewartet das du zurück kommst. Er hat das ganze viertel auf den Kopf gestellt, so krank war er vor Sorge. Doch als er begriff das du nicht mehr kommen würdest, wurde er wütend. Ich glaube nicht das er wirklich daran geglaubt hat, dass du ihn und uns im Stich gelassen hast, aber es war für ihn einfach einfacher Wütend auf dich zu sein als vor Sorge verrückt zu werden.“ Florence traten zum zweiten Mal an diesem Tag
die Tränen in die Augen „er hasst mich.. Sam sei ehrlich, er hasst mich oder?“ Sam atmete schwer „Du weißt das dich Nick niemals hassen könnte. Du hast früher schon scheiße gebaut, und er hat dir immer verziehen. Du bist seine kleine Schwester und er würde alles für dich tun. Und er wird dir immer verzeihen. Aber fünf Jahre.. sie haben ihn abgestumpft. Es ist viel passiert in dieser Zeit. Allgemein würde ich als Außenstehender zwar sagen das es den Frox besser geht als früher.. aber wie es in ihm aussieht weiß ich nicht. Am besten redest du einfach mit ihm, jetzt wo du zurück bist...“ Florence schnappte hörbar nach Luft und unterbrach Sam
schnell „ Nein nein das geht nicht!!“ Sam verstand ihren Ausbruch nicht. Sie wollte nicht das Nick sauer auf sie war und sie war wieder zuhause, also wieso wollte sie nicht mit ihm reden? Florence zupfte unruhig an ihrem Ärmel „Sam.. ich bin nicht zurück. So sehr ich es mir auch wünsche ich kann nicht. Alle hassen mich und haben sich ein neues Leben ohne mich aufgebaut. Das ich dich heute getroffen habe und war ein unglücklicher Zufall. Bitte, du darfst niemandem von mir erzählen!“ Sam zog die Augenbrauen nach oben. „Fleur war ist hier los? Erst verschwindest du grundlos und jetzt wo du nach fünf Jahren endlich wieder da bist möchtest du nicht mit deinen
Freunden sprechen?“ Verzweifelt rang sie nach Luft „Ich, ich kann dir nicht erklären wieso ich damals gegangen bin, aber wenn ich jetzt zu Nick zurück gehe, war mein Opfer von damals Sinnlos. Bitte, du musst mir glauben. Ich wollte niemals jemanden verletzen, ich wollte euch immer nur schützen. Und das kann ich nur wenn ich hier weiterhin unentdeckt bleibe“ Sam erstarrte: „weiterhin unentdeckt? Du warst niemals weg? Du warst die ganze Zeit hier in der Stadt? Wie konnten wir dich nicht bemerken?“. Florence schaute unangenehm berührt zur Seite. Wenn sie Sam von ihrem neuen Leben erzählen würde, währe die Wahrscheinlichkeit
höher das er sie wiederfinden könnte. Und das durfte sie nicht riskieren. Außerdem würde er sonst denken, dass sie damals doch ein Angebot für ein besseres Leben, wie er es vorhin genannt hatte, bekomme hatte. Doch Sam kannte sie zu gut und wusste ganz genau, dass sie sich gerade eine Lüge zurecht legte. Er seufzte. Lieber wusste er nicht alles, als das sie ihn anlügen musste „ist okay Fleur. Sag einfach nichts. Ich bin froh zu wissen das es dir gut geht, das ist alles was zählt“. Florence lächelte, Sam konnte sie noch immer durchschauen. Schon früher hatte er immer ganz genau gewusst wenn sie ihm eine Lüge auftischte.“
Als ihr Handy klingelte zuckte sie zusammen. Es war eine sms von Janina: „Wir sind sicher zuhause angekommen, ist alles okay bei dir? Ich mache mir Sorgen, melde dich bitte sobald du daheim bist!“ Die Zeit war einfach viel zu schnell vergangen und Flo wusste, dass sie sich jetzt auch beeilen musste um zuhause keinen ärger zu bekommen. „Sam es tut mir Leid, ich finde es wirklich schön dich wiederzusehen aber ich muss los!“ Traurig schaute Sam sie mit seinen grünen Schlitzaugen an „bitte Fleur, sag
mir, dass wir uns wieder sehen!“ Doch Florence schüttelte den Kopf. Sie konnte das Risiko nicht eingehen und zulassen, dass ihre Vergangenheit in ihr neues Leben platzt. „Du weißt ja jetzt, dass es mir gut geht, mehr kann ich leider nicht tun. Glaub mir Sam, mir tut es genauso Leid, aber es geht nicht anders. Und bitte versprich mir, dass du mit niemandem über mich redest.“ Sam runzelte die Stirn, was war vor fünf Jahren passiert, dass Fleur nun solche Angst davor hatte nach Hause zu kommen? Aber er konnte sie nicht zwingen, also nickte er „Okay, ich verspreche es. Aber du weißt, ich bin immer für dich da, du kannst dich jeder
Zeit bei mir melde.“ Erleichtert lächelte Florence: „Danke Sam. Ich weiß das wirklich zu schätzen.“ Sam zog sie in eine lange Umarmung und küsste ihren Scheitel „Pass auf dich auf meine Süße. Und bitte säubere zuhause deine Wunde, Mark hat dich ganz schön hart getroffen, nicht das es sich entzündet.“ Florence hatte ihre Wange schon längst vergessen und als sie mit ihrer Hand darüber strich merkte sie, dass das Blut bereits getrocknet war. Aber Sam hatte recht also nickte sie „Versprochen“ Das stellte sie sich auf die Zehenspitzen und drückte Sam einen Kuss auf die Wange „Machs gut!“ Mit diesen Worten drehte sie sich um und
lief los. Sam schaute ihr hinter her bevor er sich ebenfalls in Bewegung setzte, allerdings in die entgegen gesetzte Richtung. Doch dann drehte er sich noch einmal um und rief ihr hinter her: „Fleur?“ Sie blieb stehen und schaute ebenfalls zu ihm zurück „Du hast dich wirklich verändert. Du siehst unglaublich heiß aus“ rief er ihr zwinkernd zu bevor er sich endgültig umdrehte und ging. Flo lachte glücklich, in diesem Augenblick war zwischen ihnen alles wie früher.
LunaBielle Hallo!! Hab die ersten paar Seiten gelesen und ich finde deinen Schreibstil echt toll!! Bin schon gespannt wie es weitergeht. Vielleicht schaust du auch bei meiner Geschichte einmal rein!! :) *Luna |
JassieLafleur Vielen lieben Dank für dein Kommentar! :) Freut mich sehr wenn du immer mal wieder reinschauen würdest! Liebe Grüße Jassie |