Prolog
Man sollte sich nach fünfhundert Jahren daran gewöhnt haben, dennoch erschreckte es mich jedes mal wenn es wieder passierte. Ich ging durch die Straßen wie jeder Mensch, aber etwas war anders. Keiner konnte mich sehen oder hören. Weder bemerken, noch spüren. Nur ich verspürte ein Kribbeln wenn jemand ohne es zu wissen durch mich durch ging. Wie angewurzelt blieb ich stehen. Ich würde gerne weinen, oder vor Wut schreien. Aber ich hatte keinen Körper. Ich hatte keine Seele. Ich war einfach nur da. Jemand der geflohen war, aus dem was die
Menschen wohl Hölle nannten. Demnach würde man mich wohl als Dämon bezeichnen. Ich reise seid ich denken kann in Städten umher in der Hoffnung einen Seelenlosen Körper zu finden. Dann wäre ich endlich frei. Und nichts anderes wollte ich.
~1~
„Um eines mal klar zu stellen, ich glaube nicht daran, Jack. Ich höre dir nur zu, damit du dich besser fühlst.“ erklärte ich ihm. Er kam mir grade schon wieder mit einer seiner Verschwörungstheorien. Er glaubte an alles, was man ihm als Kind vorgelesen hatte und er im Fernseh sah. Ich glaube nicht das das der Sinn ist, aber wenn man sich Jack anschaute musste man nicht lange überlegen. Er hatte seine schwarzen Haare immer zurück gebürstet, trug eine hässlich Nerdbrille und immer, grundsätzlich Hemden. Klar, als seine beste Freundin hatte ich ihn
schon darauf angesprochen, aber wollte einfach nichts anderes anziehen. Er wurde nur nicht von allem gemobbt weil er mit mir befreundet war. Was keiner Nachvollziehen wollte, oder konnte. Selbst er nicht. Er fragte oft genug, ob ich nicht lieber einen besten Freund hatte, der cool war und gut genug aussah. Aber ehrlich, es kam doch nicht nur aufs Aussehen an. Dann müsste ich nämlich eine Oberschlampe sein. Meine Haare waren tiefschwarze lange Wellen, bis zur Taille, und sie betonten meine lila Augenfarbe. Die meisten denken, das ich Kontaktlinsen trug, das war aber nicht so. Meine Augen waren wirklich Lila und umrahmt von dichten, nicht
weniger schwarzen Wimpern, noch dunkler als meine Haare, sodass ich keine Schminke brauchte.
„Aber überleg doch mal Melodie. Es gibt so viel was man sich nicht erklären kann! Das würde voll passen!“ Er fuhr mal wieder aus der Haut, weil ich nicht an Geister, Werwölfe und so einen Quatsch glaubte.
„Ich weiß nicht Jack. Letzte Woche wolltest du mich noch von der Exestens von Geister und Vampiren überzeugen und jetzt kommst du mir mit Dämonen? Was ist es denn nächste Woche? Vielleicht der schwarze Mann im Schrank? Das ist doch Quatsch.“ Jack runzelte die Stirn und kniff die Augen
zusammen.
„Nie glaubst du mir. Das find ich echt scheiße von dir.“ meckerte er rum. Ich stöhnte genervt auf und ließ mich rückwärts auf mein Bett fallen und starrte die Decke an. Als ich die Tür zufallen hörte sah ich auf. Jack war gegangen. Ich sprang auf und rannte ihm hinter her. Dumm wie ich war, drückte ich die Türklinke nicht ganz runter und knallte voll gegen die Tür. Ich schüttelte mich und riss die Tür auf und rannte die Wendetreppe nach unten runter. Jack schloss grade die Haustür. Ich fluchte leise.
„Stress?“ fragte Mum aus der Küche. Ich ging zu ihr. Sie stand an der
Kücheninsel und schnitt Gemüse. Bah, Tomaten. Ich schüttelte den Kopf und setzte mich auf einen Barhocker.
„Nein, eine neue Theorie.“ seufzte ich. Mum sah mich abwartend an. Als sie bemerkte, das ich nicht mehr sagen würde fragte sie nach. „Weißt du, du könntest wenigsten so tun als würde es dich interessieren. Das tut man so als beste Freundin.“ Ich unterbrach sie.
„Das weiß ich auch, aber es ist so...so bescheuert. Ich mag Jack wirklich, aber ich glaube er hat zu viele Filme geguckt und gelesen.“ Ich sah Mum an. Von ihr hatte ich meine Haare, aber die Augen nicht. Die hatte ich wohl von meinen Dad, aber ich wusste es nicht. Dad war
seid fünfzehn Jahren tod. Also seid ich zwei war. Ich konnte mich nicht an ihn erinnern. Zum Glück eigentlich. Er hatte mich und Mum immer geschlagen, wenn er besoffen von der Arbeit kam und immer was Geistern gebabbelt, noch ein Grund wieso mir das Thema nicht geheuer war. Er kam in die Klapse und dort hatte er sich mit einem Gürtel erhangen. Nicht schön. Meine Mum hatte es mir auch nicht erzählen wollen, bis vor einem Jahr hatte ich noch geglaubt es war ein Autounfall gewesen. Aber dann hatte ich die Sterbeurkunde gefunden und Mum danach gefragt. Ich runzelte die Stirn und stand auf. Der Fliesenboden war schön warm. Ich
schaute meine nackten Füße an und beschloss, sie zu lackieren. In Rot. Meiner Lieblingsfarbe. Ich ging nach oben, zurück in mein Zimmer. Das Haus war viel zu groß für zwei Personen. Geschwister hatte ich keine. Aber Jack wohnte praktisch hier. Er war so oft hier das er sogar sein eigenes Zimmer hatte. Zuhause ging es bei ihm immer drauf und drüber. Er hatte noch sieben Geschwister,sechs jüngere, einen älteren. Der war in meiner Klasse. Aleks. Er war aber ein Arsch. Ich setze mich auf mein Bett und nahm den Nagellack vom Nachttisch. Dann hörte ich etwas im Bad fallen. Ich stand auf und ließ den Nagellack offen liegen. In
meinem eigenem Bad, mit Badewanne und Klo, war nicht mehr viel. Nur noch ein Spiegel und meine Sachen für die Haare und ein bisschen Make-up. Es war ein Foto von der Wald gefallen. Dort konnte man mich und Jack am Strand sehen, letzten Sommer. Das Glas war gerissen. Ich hob es auf und ging zurück ins Zimmer. Erschrocken ließ ich das Bild fallen und das Glas zersprang nun endgültig. Auf meinen Spiegel über der Kommode war mit roten Nagellack geschrieben: Melodie.