Romane & Erzählungen
Eine Schattengeschichte

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"Adoption, die Suche nach dem richtigen Weg."
Veröffentlicht am 25. März 2014, 12 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Iaut Pass bin ich 76 Jahre alt. Ich denke aber, da hat sich jemand geirrt. Ich bin verheiratet, habe zwei Adoptivtöchter und vier Enkelkinder, die leider in Südmerika leben, wo wir viele Jahre zu Hause waren. Im Bayerischen Wald genießen wir jetzt eine geruhsame Zeit, die ich zum Schreiben nutze. Aus dem Hobby ist fast schon eine Sucht geworden. Bei myStorys hoffe ich auf Anregung und Gedankenaustausch..
Adoption, die Suche nach dem richtigen Weg.

Eine Schattengeschichte

Eine Schattengeschichte

Klara ist nach einer Vergewaltigung schwanger geworden. Jetzt sucht sie nach ein einem für sie erträglichen Weg. Als Adoptivkind weiß sie um die Brisanz. Eine Abtreibung kommt für Klara nicht in Frage. Auch behalten kann und will sie das Kind nicht. Also muss sie sich darauf vorbereiten, es in andere Hände zu geben.

Klara wandert in Gedanken zurück zu ihrem letzten Geburtstag, als sie  im  Sonnenschein des Lebens erwachte, und  an dem sie, noch bevor er endete,  in einen finsteren Tunnel gestoßen und

gefangen war. Jetzt schimmert ihr ein sanftes Licht entgegen in Form eines Phantasie-Gespinstes, das sie ausmalen und niederschreiben muss, um sich hinausführen zu lassen aus diesem bedrückenden Tal.  

Ohne ihre Gedanken zu bündeln und zu sortieren,  beginnt sie  zunächst zu schreiben, wie es ihr in den Sinn kommt: ‚Uta, meine Adoptivmutter hat  rückblickend erzählt, was sich ereignet hat.  Ich schaue voraus auf eine Schattengeschichte, in der ich Vergangenes und  Zukünftiges von der Wirklichkeit ablöse. Ich tue es als Mutter, die ich für dich, Kind, nie sein kann und will. Du sollst wissen, dass

mir dein Leben aufgezwungen wurde. Zu schildern, wie dies geschah, ist mir zu schmerzvoll und für dich ohne Bedeutung. Wichtig ist, dass du mir verzeihst, und dass dir ein gutes, ein erfülltes Leben beschert werde. Denn eines ist mir bewusst geworden, dein Leben war vorbestimmt, also wartet eine besondere Aufgabe auf dich. Ich spinne ein Netz, dessen Fäden dir  eine sichere  Grundlage schaffen und mich schuldfrei aus der Verantwortung entlässt. Ich werde es fein und verheißungsvoll knüpfen, meine Träume hineinweben und fest daran glauben, dass vieles daraus wahr wird und  Gestalt annimmt.

In diesem Spiel der Fantasie werde ich die Sonne sein und du ein Wölkchen.  Ein Wölkchen hat kein Gesicht, keine feste Form, es ist luftig leicht und zieht dahin, indem es ständig Größe und Gestalt verändert, das nie gleich bleibt und keine Spuren hinterlässt. Dennoch wirst du mir stets als Wölkchen in Erinnerung bleiben.

Für mich soll die Schattengeschichte eine besondere Bedeutung bekommen. Ich vertraue darauf, dass ihr Inhalt sich verselbstständigt und gleich einer Wolke seine Bahn zieht,  sich von mir entfernt, letztlich aus der Aura meiner Seele entschwindet, um mich nicht länger zu berühren. Damit fliege ich der

Gegenwart voraus in der Hoffnung, sie für immer hinter mir zurückzulassen.

Klara hielt inne. Jetzt, da sie hineintauchen musste in die eigentliche Geschichte, zögerte sie vor der ersten Szene. Sie schließt die Augen und lässt sich mitreißen von dem Strudel der Träume,  beginnend mit den Adoptiveltern für ‚Wölkchen, die  sie fest in dieses Netz mit einspinnt.

Ich  sehe mich über eine bunt blühende Sommerwiese laufen, zarte Glockenblumen, kräftig gelbe Butterblumen, hoch gewachsene Margeriten und Gräser  streifen meine

nackten Beine. Aus  der Ferne nähern sich ein Mann und eine Frau, Theo und Fee. Sie halten sich bei den Händen, lachend winken sie mir zu. Wie von unsichtbaren Fäden geleitet, bilden wir drei einen Kreis, so wie Kinder Ringelreihen spielen, umschlungen von einem festen Band. Gemeinsam fiebern wir Wölkchens Geburt entgegen.  Fee verstrickt feste Bänder für eine gesicherte Zukunft, während  ich  bunte Blüten in unsere Träume sticke.

Der ersehnte Tag rückt heran. Wölkchens Ankunft erfolgt wie ein  Gewittersturm, in dem alles um mich herum zu versinken droht.  

Noch stehen Fee und Theo im  Schatten,

‚Wölkchen ruht in den Strahlenarmen der Sonne, es soll nicht gleich in eine ihm fremde Welt gestoßen werden. Eine Weile noch darf es die vertrauten Bewegungen, die Stimme und den Herzschlag seiner Sonne spüren und zugleich von Fee und Theo berührt werden, sich von ihnen wiegen und liebkosen lassen. Von Tag zu Tag hält Fee ‚Wölkchen etwas länger  in den Armen, trägt es umher, bringt ihm mit jedem Schritt ein kleines Stück weiter von seiner Sonne weg, auf dass diese kleiner werde, unscheinbarer und langsam aus dem Bild schwindet. Stumm schaue ich dem Abschied zu. Mir, der Sonne, bleibt die Erinnerung an

die Berührung und den Duft seiner Haut. Diese verbindet sich dem Bild von Fees dunkelgrauen, ruhigen Augen und ihren feinen Händen, mit denen sie das Kind wohl geborgen hält. Aus der Ferne winke ich und lasse es gerne ziehen mit seinen Adoptiveltern, denn ich weiß, Wölkchen werde ich nie wieder sehen.   

Jetzt, da die Wolke aus meinem  Leben verschwunden ist, fühle ich mich  erleichtert und befreit, verlassen und  verzweifelt zugleich. Ich schaue zurück, schaue voraus,  drehe mich im Kreis, taumele umher, greife nach den Strahlen der Sonne, um mich von ihr mit Mut und Kraft für die Kehrtwende beschenken zu lassen.

 

Klara lässt den Stift sinken,  als könne sie ihn nicht länger halten. Erschöpft bettet sie den Kopf auf die verschränkten Arme. Langsam nur weicht die Anstrengung aus ihren Gliedern, die Anspannung von der Seele, die sich über den ganzen Körper gebreitet hat. Es kostet sie Überwindung, die großzügig beschriebenen Seiten zu betrachten, die auf Papier gebannten Bilder aus Wortfetzen, gerade ausreichend genug, ihren Sinn festzuhalten. Klara bedeckt die Blätter mit beiden Händen, als fürchte sie, diese würden  wie Schatten davonfliegen.

Die Schattengeschichte ist beendet und Klara wie befreit. Ihr ist, als habe sie eine beengende  Hülle abgestreift, ohne die es leichter fallen wird, den vor ihr liegenden Weg zu beschreiten. Ihr fällt Utas Bild von der gläsernen Mutter ein. Hat das Glas bereits einen Sprung?

(Auszug aus meinem Buchf:

"Liegt es in meinen Händen?")

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Hörbuch

Über den Autor

Evadrossel
Iaut Pass bin ich 76 Jahre alt. Ich denke aber, da hat sich jemand geirrt. Ich bin verheiratet, habe zwei Adoptivtöchter und vier Enkelkinder, die leider in Südmerika leben, wo wir viele Jahre zu Hause waren.
Im Bayerischen Wald genießen wir jetzt eine geruhsame Zeit, die ich zum Schreiben nutze. Aus dem Hobby ist fast schon eine Sucht geworden. Bei myStorys hoffe ich auf Anregung und Gedankenaustausch..

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Ferry Dieser Auszug aus deinem Buch liebe Eva hat mich tief betroffen gemcht, weiß ich doch um die Bedeutung und die Veranrwortung, die Klara ind andere Hände lgen muss, weil sie nicht anders kann. Unglaublich beeindruckend geschrieben. Vielen Dank dafür.
Lieber Gruß Ferry -Marianne
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR 
Die Vorstellung, das Kind eines Vergewaltigers zur Welt zu bringen, fällt mir schwer, so dass ich mich in Klaras Gefühlswelt sehr gut hineindenken kann.
Allerdings weiß ich nicht, wie die Adoptiveltern und so ein Kind später mal mit dieser Wahrheit klar kommen werden.... Oder wird sie ihnen vorenthalten?
Trotz allem wird es für Klara nicht einfach, das Kind aus ihrer mütterlichen Obhut zu entlassen .... Dieses Bild des Wölkchens, das sich von der Sonne entfernt, gefällt mir sehr!

Was ich nicht ganz verstehe, ist der mehrfache Zeitenwechsel auf S. 5 in dem Absatz "Klara hielt inne. ...."
Oder sind das Verschreiber?

Liebe Grüße
fleur
Vor langer Zeit - Antworten
Evadrossel Danke für den Kommentar. Das Thema Adoption hat mein Leben bestimmt. Man könnte viel darüber schreiben.

Ja, der Zeitenwechsel ist aus Unachtsamkeit entstanden. Wenn ich schreibe, geht das Temperament oft mit mir durch, die Zeiten beginnen zu schwimmen. Ich weiß, das darf nicht sein. Aber ob ich es noch schaffe, mich zu bessern?
Liebe Grüße Eva
Vor langer Zeit - Antworten
Gabriele *Liebe Evadrossel* - ich bin sehr beeindruckt von diesem Auszug deines Buches! Die Schilderungen von Klaras inneren Bildern haben mich auf eine "Reise" mitgenommen, die mich ein wenig erinnern ließ..... Ich finde es sehr mutig und auch wichtig, auch solche Gedanken einer ungewollt werdenden Mutter aufzuzeigen. Meine Hochachtung!
Mit lieben Grüßen, Gabriele
Vor langer Zeit - Antworten
MerleSchreiber Ich gestehe, liebe Eva, ich habe jetzt einige Zeit gebraucht, um mich auf Klaras Phantasien einzulassen. Las mehrmals und mir offenbarte sich die ganze Tiefe der "Bilder", die Du für Klaras Empfindungen gefunden hast!! Der letzte Satz, diese Fragestellung macht deutlich, dass es sich hier nicht um eine verklärende Herz-Schmerzgeschichte handelt, sondern um eine komplexe Auseinandersetzung mit einem für viele unverständlichen Entscheidungsprozess.
Ich lasse Dir schon mal meinen FAVO hier. Ein ausführlicher Kommentar folgt später.
Liebe Grüße, Merle
Vor langer Zeit - Antworten
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