Eigentlich wollte ich täglich schreiben. Eigentlich.
Es wurde immer weniger, das Schreiben.
Stattdessen nahm ich Häkel- oder Stricknadeln in die Hand,
sichtete den Vorratsbestand an Wolle und häkelte Muster
zu Schals, Loops oder sonst was.
Der Kopf wird so schön leer beim Häkeln oder Stricken.
20 Luftmaschen....zwei Wendeluftmaschen...ein Stäbchen in die
erste Luftmasche...zwei Luftmaschen...drei Stäbchen in die dritte
Luftmasche...
Da bleibt wenig Raum für andere Gedanken. Schaffen es doch welche
sich in Tarnkleidung einzunisten, wird das sehr schnell sichtbar am
Häkelwerkstück. Da passt plötzlich die Häkelschrift nicht mehr zum Gehäkelten. Handarbeit und Meditation haben vieles gemeinsam.
Da ist die Ausrichtung auf ein Objekt Bei der Meditation beobachtet man z. B. den Atem, beim Häkeln die Häkelnadel.
Seltsamerweise mag ich den Fernseher gerne als Begleiter für meine
Handarbeitszeit. Ich schaue fast nie hin, doch hören, das geht durchaus.
Warum ich nie eine CD einlege, frage ich mich gerade.
Anfangs hatte ich die Vorstellung meine Handarbeiten zu verschenken.
Ein paar wenige Teilchen kamen so auch an Mann oder Frau.
Doch viele landeten einfach im Schrank..
Zu allen Teilen habe ich eine sehr persönliche Beziehung. Schließlich habe ich ja einige Zeit mit Ihnen verbracht.
Interessant ist auch der Moment des Beginnens und der Augenblick der Vollendung.
Wird da z.B. ein neues kompliziertes Muster ausprobiert, stellt sich eine erhöhte Konzentration ein. Manchmal fällt die Entscheidung, alles nochmal aufribbeln und neu beginnen. Je nachdem wie weit man schon war, fällt diese Entscheidung mehr oder weniger leicht. Manchmal wird auch getrickst, wenn da der Gedanke erscheint:“
Fällt ja eh keinem auf.“ Man muss auch Tricksen können und zwar so, dass es danach gut aussieht. Es gibt Muster, die häkle ich gerne und welche, die mir schnell langweilig werden. Meist vollende ich das Stück dennoch. Es gab aber auch schon Angefangenes, das im Müll landete. Wann die letzte Masche gehäkelt wird entscheidet normalerweise die Anleitung. Manchmal ist es die Wolle, nämlich dann, wenn keine mehr da ist.
Es gibt auch Freestyle-Häkeln. Das ist ein Bereich, den ich sehr spannend finde, jedoch noch nie ausprobiert habe.
Es ist ja noch Wolle da!
Die Wolle habe ich geerbt, eine ganze Kiste voll. Ich kann also was das Material betrifft
aus dem Vollen schöpfen. Mit Sicherheit wäre das Handarbeiten nicht so ausgeufert, hätte ich immer wieder Wolle kaufen müssen.
Ich hätte die Wolle ja auch wegwerfen oder verschenken können. Ich kannte niemanden der Wolle brauchte und wegwerfen kam nicht in Frage. So begann das Ganze.
Wie mit allem, mit dem man sich längere Zeit beschäftigt, entwickelt man eine gewisse Routine, eignet sich Wissen an. Waren Anfangs Strick- und Häkelanleitungen, wie Texte in einer Sprache, die ich nicht sehr gut beherrsche, so ist das nun ein Bereich, für den ich mir ein recht gutes Verständnis angeeignet habe.
So erweitert auch das Handarbeiten das Bewusstsein.
Doch was viel wichtiger ist meines Erachtens, es macht sehr viel Freude und schenkt Ruhe.