dein versuchskaninchen
Ich sehe dich an, voll Missgunst und Abscheu. Und du siehst mich an. Mit diesem selbstgefälligen Grinsen, als ob du denkest du stündest über mir. Als ob du tatsächlich mein Leben erbärmlicher fändest. Aber ich weiß es besser. Ich weiß wer hier das Recht besitzt auf der Welt zu sein und wer nicht. Doch du siehst in mir nur dein Opfer, wie es an der Heizung angekettet ist, mit schmutzigem Gesicht und zerschlissenen Kleidern und diesen hasserfüllten Augen, die nicht aufhören dich an zu funkeln. Und o siehst du in mir das
niederträchtigere Wesen von uns. Du hast dich immer noch nicht gerührt. Stehst nur da, genießt meinen Anblick, genießt die Machtposition die du dir zugesprochen hast. Du bist wirklich ein Sadist! Am liebsten würde ich aufhören in dein dreckiges, vulgäres Gesicht zu blicken aber ich schaffe es nicht mich von deinen Augen loszureißen, die mich verhöhnend und verachtend ansehen. Aber ich weiß d das nur oberflächlich ist. Du liebst mich. Du liebst es wenn ich versuche die Schreie zu unterdrücken, die meine Kehle hinauf klettern und zu entfliehen drohen. Du liebst es wenn sich Tränen in meine Augenwinkel stehlen. Du liebst es wenn
mein Blut deine Finger befleckt und du es genüsslich und voll Entzücken auf lecken kannst. Manchmal denkst du dir etwas Neues für mich aus. Aber die meiste Zeit kettest du mich doch nur an die Heizung und versuchst meine alten Wunden auf zu reißen. Und es bereitet dir jedes Mal aufs Neue Freude sie aufreißen und platzen zu sehen und wie sich mein Gesicht dabei verzerrt. Du hältst die Nadel immer noch zwischen den Fingern fest aber jetzt hebst du sie an, kniest dich übertrieben langsam zu mir runter und nimmst meine Hand mit deiner Rechten. Ich wehre mich nicht, das mache ich schon lange nicht mehr. Ich beiße nur die Zähne zusammen und
warte auf den Schmerz der mir durch den ganzen Körper jagt, wenn du die Nadel unter dem Nagel einführst. Ich versuche nicht zu schreien und dir zu zeigen wie sehr es schmerzt wenn du erneut so tief fährst bis Blut unter meinem Fingernagel hervor sickert und er sich rot färbt. Du grinst verschlagen denn du weißt das es weh tut. Du weißt wie gerne ich weinen würde und wie gerne ich mich lauthals wehren würde. Ich versuche nur noch meine Maske auf zu behalten um meine Würde zu bewahren. Aber, habe ich sie nicht schon längst verloren? Ich weiß es nicht mit Sicherheit. Du bist fertig und widmest dich nun meiner rechten Hand.
Unter jedem Nagel meiner Finger stecken nun je fünf Nadeln. Sie fügen mir keinen weiteren Schmerz mehr zu aber der, der meinen Körper durchfuhr als du sie mir einführtest, pulsiert immer noch in mir. Was ist das denn? Was hast du vor? Du hast einen neuen Plan, nicht wahr? Du hast nicht vor die selbe Tortur an meiner Rechten aus zu führen. Vor Panik zitternd warte ich darauf was du diesmal vor hast. Behutsam nimmst du meine Hand und streichelst, ja, liebkost, du sie. Du lächelst mir noch einmal zu ehe du beginnst die erste Nadel an meinem Handrücken an zu setzen. Langsam durchfährst du die Haut und fährst oben
wieder raus. Als währe ich ein Stück Stoff, das du mit den Nadeln zusammen hältst, ist mein Handrücken nun mit weiteren fünf Nadeln bestückt. Ich keuche, der Schmerz ist für die kleinen Waffen die du benutzt, unvorstellbar intensiv und du merkst schnell dass das mehr bringt als sie nur unter meine Nägel ein zu führen. Wie ein kleines Kind will ich nach Mama rufen. Aber sie ist nicht da. Sie ist nie da und lässt ihre beiden Kinder allein zurück, wenn sie am Wochenende arbeiten muss und wenn sie am Sonntagabend zurück kommt, habe ich wieder neue Wunden von denen sie lieber nicht wissen will wo sie her kommen. Du warst schon immer ihr
Lieblingssohn, das wusste ich seid ich erfahren hab das ich ungewollt war. Eines Tages, als Mama wieder zu viel getrunken hatte, hat sie mir erzählt das wir nur wegen mir so hoch verschuldet waren. Seid dem dachte ich immer darum hasst und quälst du mich so aber mittlerweile habe ich gemerkt dass du es nur tust weil du es liebst Dinge auf zu schneiden. Manchmal hast du keine Lust auf meine Wenigkeit und du beginnst kleine Tiere auf zu schneiden, ihre Körper zu erkunden und zu lernen. Ja, so lernst du. Nur bei mir lernst du nicht. Du amüsierst dich. Plötzlich beugst du dich zu mir vor, so das sich unsere Nasen fast berühren und ich jedes
einzelne Muttermal in deinem Gesicht ausmachen kann. Deine dunklen Augen sehen mich verzückt und erwartungsvoll an. Deine Haut ist kreidebleich, wie immer. Nur deine Augenringe sind ganz dunkel und tief in dein Gesicht geritzt. Ich spüre wie ich angewidert von dir die Oberlippe hoch ziehe doch das verzückt dich noch mehr. Grob nimmst du mein Gesicht in deine Hände und wiegst es hin und her, als würdest du es zum ersten Mal sehen und gründlich begutachten. Und erst da sehe ich das Küchenmesser, das neben dir am Boden liegt. Du nimmst es behutsam und ziehst damit hauchfeine Linien unterhalb meiner Augen nach. Ich spüre wie sich
mein Körper verkrampft. Nein. Nein! Nein Nein Nein! Ich will nicht! Ich bin nicht so stark wie ich tue! Ich will keine Schmerzen mehr spüren! Bitte, bitte, Bruder, bitte hab Erbarmen und lass mich gehen! Ja es stimmt, ich bin ein Schwächling. Ich will nur vor dir fliehen. Aber nicht wohin wo du weißt dort werde ich mich vor Angst vor dir anpissen. Ich will nur noch sterben. Es gibt nichts mehr was ich hier soll außer dein Versuchskaninchen zu sein. Plötzlich übst du Druck aus und das Messer schneidet sich eiskalt in mein Fleisch das das Blut warm und wallend über meine Wange fließt. Ich schreie und mit dem Blut fließen salzige, heiße
Tränen. So heiß das ich denke ich musste verdampfen. Du lachst über meinen Schmerz aber du bist immer noch hoch konzentriert und ziehst es bis zum Ende durch. Ich spüre wie du Kreise unterhalb meiner Augenziehst, wie du die Messerspitze hier und da in die haut bohrst, sie drehst und das aufklaffende Loch vergrößerst. Ich spüre wie du meine Augenbrauen und meine Stirn bearbeitest. Ich spüre wie du meine Unterlippe zwischen die Finger nimmst und einen Teil abschneidest. Ich spüre wie du das Messer an meiner Haut abwischst. Irgendwann stehst du auf, hast es eilig von mir los zu kommen, als hättest du das Interesse an mir verloren,
lässt das Blut verschmierte Messer fallen und gehst. Ich hocke auf den Knien an der Heizung, die sich mir in den Rücken bohrt und schlucke die bleiernen Tränen. Ich kann hinter dem Tränenschleier nichts mehr sehen außer eine scharlachrote Pfütze die sich unter mir sammelt.
dein spiegelbild
Ich habe seid Tagen nicht mehr in den Spiegel gesehen. Aber eines Tages sagt mir eine innere Stimme, ich soll. Und ich schaue in den alten verdreckten Wandspiegel von Grandma und sehe Jemanden vor dem ich immer Angst hatte. Dich.