Dem Teufel geht das Feuer aus
Sabine saß, wie so oft, auf dem Friedhof in einer kleinen Stadt, direkt am Grab ihrer besten Freundin, die durch einen schweren Unfall ums Leben gekommen war. Auch wenn dies schon fast 20 Jahre her war, so heulte Sabine doch immer noch wenn sie am Grab von Bettina saß. Auch heute konnte sie vor lauter Tränen in den Augen kaum noch etwas erkennen. Sie spürte es nicht einmal als es zu regnen anfing.
Auch das Klopfen auf ihrer Schulter merkte sie erst einmal nicht. Das Klopfen auf ihrer Schulter wurde immer stärker und intensiver, doch es brauchte sehr lange bis sie sich umdrehte.
Was sie dann sah versetzte ihr einen gewaltigen Schrecken. Durch die Dämmerung, die inzwischen eingesetzt hatte, sah sie die Gestalt erst nur ziemlich schemenhaft. Nachdem sie sich die Tränen getrocknet hatte sah sie ein ziemlich abgerissenes Wesen. Diese Gestalt war alles andere als vertrauenserweckend. Schnell wurde Sabine klar, dass es sich hierbei um einen Toten oder eine Tote handeln musste, die aus ihrem Grab aufgestiegen
war. Bisher war sie zu bodenständig gewesen um an Monster, Zombies und ähnliches zu glauben. Doch diese Gestalt ließ sie ihre bisherige Meinung überdenken.
Sabine war sichtlich erschrocken, doch andererseits war sie auch sehr neugierig, daher überlegte sie zwar im ersten Moment ob sie davon rennen sollte, entschied sich aber dafür sich mit der Gestalt zu unterhalten. Sie lud die Gestalt ein, sich neben sie zu setzen, und ihr zu erzählen warum sie auferstanden war, und wie es denn auf der andren Seite so ist. Es dauerte lange, sehr lange, doch irgendwann freundete sich
Sabine mit der Gestalt an, die sich als Otto Graf von Hintertupfingen vorstellte, Otto Graf von Hintertupfingen war schon vor über 150 Jahren gestorben, und daher sah er auch so zerrupft aus. Otto Graf von Hintertupfingen erzählte, dass es im Totenreich ein großes Problem geben würde, denn dem Teufel würde langsam aber sicher das Brennholz für sein Feuer ausgehen, in welchem die bösen Seelen braten würden.
Sabine dachte, dass das doch eigentlich gut sei, denn sie glaubte dass es auf der Welt nichts Böses mehr geben würde, wenn die bösen Seelen nicht mehr in der Hölle schmoren mussten. Otto Graf von
Hintertupfingen erklärte Sabine dass dem nicht so sei, und es sehr wichtig wäre, dass das Gute und das Böse sich die Waage halten. Wenn entweder das Gute oder das Schlechte dauerhaft siegen würde dann würde die Welt, so wie wir sie bisher kennen, auf der Stelle aufhören zu existieren.
Otto Graf von Hintertupfingen überzeugte Sabine dass es sehr wichtig ist dass sie mit ins Reich der Toten kommt, und eine Lösung dafür sucht wie der Teufel an genügend Brennmaterial für seine Hölle kommt. Oder, wenn das nicht möglich sein sollte, dann musste irgendeine andere Lösung her wie die bösen Seelen in der Hölle leiden müssen.
Otto Graf von Hintertupfingen erklärte Sabine wie sie ins Totenreich kommen könnte. Eigentlich war es ganz einfach, sie musste nur in ein frisch ausgehobenes Grab springen in dem noch kein Sarg lag, und schon würde der Boden aufgehen, und sie würde direkt vor dem Thron des Teufels landen.
Natürlich hatte Sabine große Angst, denn der Teufel war bekanntermaßen nicht gerade das liebenswerteste Wesen das man sich so vorstellen konnte. Und doch wollte sie ihm helfen, denn sie wollte auch dass das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse weiterhin so war wie bisher. Nur gutes auf der Welt wäre ihrer Ansicht nach zu langweilig
geworden. Und nur Böses? Darüber brauchte man ja gar nicht erst zu reden. Otto Graf von Hintertupfingen führte Sabine zu einem leeren, frisch ausgehoben Grab, und Otto Graf von Hintertupfingen sprang hinein und schon war er verschwunden.
Sabine hatte eine ziemliche Angst, sie nahm all ihren Mut zusammen und sprang Otto Graf von Hintertupfingen dann hinterher. Kaum dass sie den Boden des Grabs erreicht hatte tat dieser sich auf, und sie stürzte noch einige Meter tiefer. Mit Mühe konnte sie sich abfangen und auf einem sehr warmen Fließen Boden landen, direkt vor einem Thron auf dem eine Gestalt saß, die dem
was sie so vom Teufel gehört hatte ziemlich nahe kam. Diese Gestalt hatte einen langen Schwanz der so lang war dass dieses Wesen es sich doppelt um den eigenen Hals gewickelt hatte. Außerdem trug das Wesen einen Vollbart, hatte merklich schlechte Zähne, keine Haare auf dem Kopf, außer drei goldenen. Und die 2 Hörner die aus der Stirn ragten waren auch alles anderes als Vertrauenserweckend. Diese Gestalt schaute auch äußerst grimmig, und Sabine wusste, dass dieses Wesen, das offensichtlich der Teufel war, ihr nur deswegen nichts antat weil Otto Graf von Hintertupfingen dabei war.
Otto Graf von Hintertupfingen erklärte dem Teufel dass er Sabine mitgebracht hatte damit sie das Problem mit dem Feuer lösen kann. Der Teufel war erst einmal sehr skeptisch, denn er hielt nicht viel von den Menschen. Er hatte mitbekommen dass er bei den Menschen alles andere als beliebt war. In jedem Märchen in welchem er vorkam wurde er als das böse hingestellt, dabei war er doch nur die andere Seite der Waage um ein Ausgleich zu schaffen, und so das Leben für die Menschen interessanter zu gestalten.
Lange unterhielten sich Otto Graf von Hintertupfingen, Sabine, und der Teufel
über das Problem welches der Teufel hatte. Nach menschlicher Zeit dauerte die Unterhaltung mehrere hundert Jahre, und Sabine war froh, dass sie hier unten nicht altern konnte.
Nachdem sie sich sehr lange unterhalten hatten kam Sabine eine Idee und sagte:
„Sehr geehrter Herr Teufel, ich habe eine Idee, was halten Sie davon wenn Sie die bösen Seelen nicht mehr damit quälen, dass Sie sie ins Feuer werfen? Wäre es nicht auch eine Lösung diese Seelen in einen Raum zu sperren und rund um die Uhr mit Volksmusik zu beschallen?“
Das fand der Teufel eine tolle Idee, auch wenn er sich noch etwas überlegen musste was er mit den bösen Seelen
anfangen sollte die Volksmusik mögen. Davon gab es zwar nicht viele, aber die wenigen die die Volksmusik mögen, sollten sich in der Hölle auch nicht fühlen wie im Paradies. Doch das ist eine andere Geschichte. Otto Graf von Hintertupfingen bedankte sich bei Sabine und brachte sie noch zurück auf die Erde. Das nächste was Sabine wusste war dass sie auf der Bank saß und ihre Augen öffnete. War das was sie erlebt hatte nun ein Traum gewesen, oder real? Das würde sie wohl nie erfahren, zumindest nicht solange sie auf der Erde lebte.