In dieser Straße
oder
Glücklich und zufrieden?
Gestern, ja gestern noch, ging ich auf dieser Straße entlang. Auch gestern noch sah ich diese Häuser. Alle mit demselben Eindruck der gepriesenen heilen Welt des Kleinbürgertums.
Häuser, wie anderenorts auch. Der Spielplatz, nichts besonderes, eine Schaukel mit Sitzkorb und eine nur mit Sitzbrett, eine eiserne uralte Wippe, ein verdreckter Sandkasten und Drumherum
ein Rasen, der eher einem Acker gleichkommt, weil aufgewühlt von den Hunden. Eine Sitzbank, für die Mütter und Väter, ein Papierkorb, eine Tischtennisplatte, eine Torwand.
Dort, das ist es. Das Haus in dem ich aufgewachsen und von dort aus auch zur Schule gegangen bin. Eher sind es zwei Häuser. Nebeneinander gelegen wie Zwillinge, die sich wie ein Ei dem anderen gleichen. Hausnummer 9 und Hausnummer 11. je 6 Parteien mit Erdgeschoss, Obergeschoss und Dachgeschoss. Küche, Diele, Wohnzimmer, Schlafzimmer und Bad. Eben das Übliche. Kein Kinderzimmer.
Eine Wiese davor und dahinter und wieder ein Doppelhaus.
Solche Wohnungen und Häuser gibt es wie Sand am Meer. Gleich bei der Wohnungstüre links das Bad und rechts das Schlafzimmer oder auch spiegelverkehrt. Aber immer gleich. Egal in welcher Stadt, egal wer der Bauherr war. Immer monoton. Hier der Schrank und dort die Betten. Dort der Fernsehapparat und dort das Sofa. Nur nicht aus der Reihe tanzen und Platz für eigene Ideen lassen. Eingepfercht wie das liebe Vieh in den schmucklosen Boxen der Ställe. Mit dem einzigen Unterschied: Für die Reinlichkeit der Behausung hat man selbst zu sorgen, das
liebe Vieh eben nicht.
Der Traum aller Menschen:
Ein eigenes Häuschen. Gebaut nach eigenen Wünschen und Vorstellungen. Nun ja, gilt es die Genehmigungen einzuholen. Auch hier gilt wieder: Nicht über das Norm hinaus bauen, angepasst an die Nachbarschaftshäuser, keine Extravaganzen. Genormt und geschachtelt wie gehabt.
Ausweg:
Man pflanze sich hier ein Blümchen auf der Fensterbank in kleinen Töpfchen oder genormten schmalen Blumenkästen
und dort ein Bäumchen vielleicht im Vorgarten. Oder man säe einen Rasen im genormten Grundstück und setze einige Lieblingssträucher, Blumenrabatte und Hecken - und was passiert? Ein verstohlener Blick in Nachbars Fenster oder Garten. Was hat der denn so? Und schon haben wir wieder den Einheitsgarten oder die geschmückte Fensterbank, die sich, wie sollte es anders sein, dem des Nachbarn gleicht.
Was wird sich in dieser Straße wohl verändert haben? Ich befürchte nichts. Nichts was dem Auge gefallen würde. Noch immer die gleichen Häuser, die
gleichen Vorgärten und Haustüren und Fenster. Wenn doch Veränderungen stattgefunden haben, so wird es sein wie immer: Genormt und geschachtelt, bloß nicht aus dem Rahmen fallen. Monotones Einerlei gestern, heute und in Zukunft.
- Einheit über alles auf Kosten der Individualität-.
Schade, man könnte den Faden weiter spinnen - in alle Bereiche des Lebens und was kommt heraus?
Ein Knäuel wie das Andere - genormtes
Glück?
© 2009 pepsi55 / P. Agnes Ruthsatz