Kapitel 1
Vlad Tepesh war sein Leben leid.
Seit Jahrhunderten war er es leid, immer das Gleiche zu tun. Töten um zu überleben.
Diese schwachen Menschen, die nur Nahrung für ihn waren, die sich kontrollieren ließen.
Nichts waren sie wert. Was er brauchte, wäre etwas Neues, etwas Interessantes.
Etwas, dass ihn dazu verleitet, weiterzuleben und zu kämpfen.
Ein süßlicher Geruch ließ ihn seine Gedanken vergessen und er schaute auf.
Auf dem Friedhof war keiner zu sehen. Vlad lauschte. Ein Schrei setzte ihn
sofort in Bewegung. Wie hypnotisiert folgte er dem Duft.
Das Erste, das er sah, war Feuer.
Feuerrote Haare, die auf dem weißen Schnee wie Flammen aussahen. Und dunkelrotes Blut, dass sich mit dem Schnee verschmolzen hatte.
Die Frau, eine Schönheit, die er ihresgleichen suchte, lag ohnmächtig auf dem Schnee und rührte sich nicht. Der Angreifer hielt immer noch das blutverschmierte Messer in der einen Hand und war gerade dabei, ihr die Jacke auszuziehen.
Mit einer übermenschlichen Geschwindigkeit griff Vlad den Typen an und riss ihm den Kopf mit nur einer
Bewegung ab.
Mit wutverzogenem Gesicht sah er, wie der Körper auf dem Boden fiel und das restliche Leben des Angreifers erlosch.
Noch eine Weile stand er still und beobachtete die blutrote Spur, die sich auf dem Boden verbreitete. Dann schaute er wieder zu der hübschen Unbekannten.
Ihre Augen waren geschlossen und man konnte meinen, dass sie am Schlafen würde. Ihr Geruch war so süß wie geschmolzenes Karamell und streichelte seine Sinne. Schon sehr lange war es her, dass er einen solchen Drang empfand, einen Menschen als Lebewesen zu sehen, nicht als Nahrung, wie er es sonst
immer tat. Reflexartig beugte er sich vor und hob sie hoch.
Wie eine zerbrechliche Porzellanpuppe lag sie in seinen Armen. Ihr Körper war warm im Vergleich zu seinem. Ohne nachzudenken verschwand er in der Dunkelheit mit Ihr.
Panik. Das war das Erste, was ich fühlte, als ich merkte, dass der Verfolger schneller wurde. Mit jeder Sekunde kam er mir näher. Ich rannte so schnell wie ich konnte, aber vergeblich. Von einem Moment auf den anderen war er bei mir und schlug zu. Ein eisiger Schmerz durchflutete mich. Ich sah Sterne vor meinen Augen und fiel auf
dem harten und kalten Boden. Ein schriller Schrei entfuhr mir, als ich einen stechenden Schmerz im Bauchbereich spürte. Ich roch mein eigenes Blut in der Luft, wollte weglaufen, aber ich war zu müde. Meine Lider wurden plötzlich so schwer.
Ich spürte, wie der Kerl an meiner Jacke zog und plötzlich sah ich einen Schatten hinter ihm. Alles verschwamm vor meinen Augen. Und dann sah ich nur Dunkelheit.
Es war still. Mein Körper war warm und ich spürte keine Schmerzen. Vielleicht war ich tot? So schlimm fühlt sich das nicht an, war mein Gedanke. Ich
versuchte, mich zu bewegen. Der Untergrund, auf dem ich lag, war warm und angenehm. Ich fühlte, wie Seide meine Wangen berührte. Es war nur ein kurzer Moment, aber ich wünschte mir, dass es ewig so blieb. Ich spürte Licht und Wärme auf meinem Gesicht. Mit einem Mal war ich wieder bei Sinnen und machte die Augen auf.
Das Erste, was ich sah, war ich selber. Oben an der Decke befand sich ein Spiegel, so groß wie mein Zimmer und zeigte mir mein müdes und verwirrtes Gesicht. Ich lag auf einem großen Bett. Die kirschrote Bettwäsche war aus Seide und fühlte sich an wie eine Berührung des Himmels. Ich setzte mich vorsichtig
auf. Meine langen Haare fielen auf meine Schultern und erst jetzt merkte ich, dass nur die Bettdecke allein meinen Körper umgab.
Rasch zog ich die gesamte Bettdecke höher und entblößte einen fremden, nackten Körper.
Ein breiter und muskulöser Rücken kam zur Schau. So vollkommen. Wie gespannte Seide umgab die elfenbeinfarbene Haut die Muskeln. Schulterlange blonde Haare lagen teils auf seinem Rücken und dem Kissen. Alles, was ich gerade sah, war so perfekt. Unter der Decke konnte man erkennen, dass auch der Rest genauso vollkommen gebaut war.
Wie hypnotisiert starrte ich den Fremden an und auf einmal erinnerte ich mich daran, dass ich angegriffen wurde. Ich stand langsam auf. „Ich muss hier weg“ - hörte ich meine Gedanken schreien.
Plötzlich wurde meine Hand gegriffen. Erschrocken drehte ich mich um und blickte genau in seine Augen. Sein Gesicht war genauso schön wie sein Körper. Er hatte hohe Wangenknochen und volle Lippen. Auf der unteren Lippe trug er einen Piercing. Seine Augen hatten etwas Magisches an sich. Haselnussbraune Farbe, die leicht golden schimmerte.
Sein Blick war kalt, aber nicht unangenehm. Er war eher vorsichtig und es schien mir, als durchdrang er meine Seele.
Unaufhörlich verharrte sein Blick auf mir und ertastete jeden Zentimeter meines Körpers. Seine Hand war kühl und der Griff so stark, dass es zwar nicht wehtat, aber ich auch keine Chance hatte, abzuhauen.
„Wo willst du hin?“
Seine Stimme war rau und tief. Wie flüssige Zartbitterschokolade, die sich auf meinem Körper ausbreitete. Ich stutzte und versuchte, meine Hand loszubekommen. Er lockerte seinen
Griff und setzte sich auf das Bett. Mein Blick folgte automatisch seiner Bewegung. Seine Brust war genauso gut gebaut wie sein Rücken. Ich leckte mir unwillkürlich die Unterlippe. Etwas in seinem Blick spannte sich. Peinlich berührt schaute ich mich im Zimmer um. Neben dem Bett stand ein kleiner Tisch mit meinen Sachen drauf. Zügig schnappte ich mir meine Klamotten und lief durch die erste Tür, die ich sah.
Ich staunte. Ein Badezimmer, genauso groß wie das vorherige Schlafzimmer und vollkommen aus Marmor. Alles war perlweiß und sah teuer aus. Die Badewanne, die mich eher an ein Schwimmbad erinnerte, bestand aus
schwarzem Marmor und schrie nur vor Luxus und Geld.
Es gab in dem Raum keine Fenster, was meinen Fluchtweg erschwerte. Immer noch geblendet von dem Luxus, zog ich mich an und kehrte zurück. Zu meinem Bedauern war das Bett leer und der geheimnisvolle Typ war verschwunden. Panik breitete sich wieder in mir aus und ich ging vorsichtig zu der anderen Tür hin.
Sie war verschlossen.