Kapitel 18
Jacy
Ich sah wie sich sein Blick verhärtete und ich spürte seine Wut als wäre sie meine eigene.
„Ich habe deine Mutter nicht getötete.“ knurrte Jonas und er sah aus als würde er beinahe die Beherrschung verlieren. Seine Augen bekamen wieder einen rötlichen Schimmer und er hatte die Lippen zusammen gepresst. Aber man sah in seinen Augen auch noch etwas anderes. Schmerz. Als wäre er verletzt. Sofort verflog meine Wut und machte der Verwunderung platz. Ich sah ihn forschend an, bis er schließlich wieder
den Blick abwand und sich zum Wasserfall umdrehte. Er stand total angespannt dort und stützte sich mit einer Hand an der Wand ab. Ich machte einen Schritt nach vorne, aber Schmerz zog sich vom Bauch bis zum Fuß und ich fiel auf alle viere. Ich setzte mich vorsichtig auf und ließ mich auf den Hintern fallen. Jonas stand immer noch mit dem Rücken zu mir, hatte aber das Gesicht in meine Richtung gedreht und sah mich an.
„Tut es noch sehr weh?“ fragte er, aber es klang als würde er nur aus Höflichkeit und nicht aus Interesse fragen.
„Nein, wie kommst du denn da drauf?
Ich falle immer einfach mal so um.“ erwiderte ich bissig. Jetzt drehte er sich doch um und sah mich an. Sein Blick wurde wieder sanft.
„Tut mir Leid. Ich kann mir die Wunde mal ansehen, wenn du es erlaubst.“
„Da ist aber nichts mehr, seid du mir dein Blut gegeben hast. Es tut einfach nur noch weh. Du musst dir das nicht ansehen.“
„Wie du willst. Aber wir müssen weiter, weil deine tolle Freundin uns sonst wieder einholt.“
Er wand sich wieder ab und fing an seine Sachen zusammen zu packen,
„Ich werde nicht mit die gehen Jonas.“ Er erstarrte und drehte sich wieder zu
mir um.
„Was?“ fragte er geschockt. Er hatte doch nicht echt geglaubt ich würde jetzt noch mit ihm gehen, oder? Sein Vater, der König, würde mich töten wenn er mich nicht mehr brauchte.
Jonas schüttelte den Kopf.
„Du musst mitkommen Jacy.“ antwortete er leise.
„Dann wirst du mich zwingen müssen. Und ich werde die ganze Reise über schreien und versuchen abzuhauen und..“
„Verdammt mach es doch nicht komplizierter als es ist! Du musst mitkommen Jacy, sonst tötet mein Vater mich. Das nicht ausführen eines
Auftrags kommt für einen Jäger mit Hochverrat gleich. Und das bedeutet Tod.“
„Du willst mir also sagen, dass du noch nie einen Auftrag, nicht ausführen konntest? Quatsch!“
„Es ist kein Quatsch, Jacy. Ich bin der beste Jäger meines Landes und ich habe noch nie Verloren. Sonst würde ich jetzt nicht hier stehen.“
„Und du tust alles was dein Vater dir sagt? Was wenn er dir befehlt mich zu töten. Würdest du es tun?“ Ich sah wie er zögerte.
„Das ist nicht wichtig. Wenn ich es tun würde, würde es schnell gehen. Wenn ich mich aber weigern würde, würde es
jemand anderes tun und das wäre dann sehr qualvoll für dich.“
„Als würde dir das etwas ausmachen. Du würdest wahrscheinlich mit einer Tüte Popcorn in der Hand zusehen!“ Er schnaufte.
„Wohl kaum, Jacy.“
„Und warum nicht?“
„Ganz einfach, wenn du stirbst, tue ich das auch.“
Ich sah ihn geschockt in die Augen. Was sollte das denn schon wieder heißen?
Kapitel 19
Jonas
Wäre die Situation eine andere gewesen, hätte ich über ihren Gesichtsausdruck gelacht. Es war eine Mischung aus Unglaube, Verwirrtheit und Schock.
„Was?“ stieß sie atemlos hervor. Okay, es war vielleicht doch keine gute Idee gewesen es ihr zu erzählen. Jetzt konnte ich ihr die Wahrheit sagen oder sie anlügen. Aber das würde sie wahrscheinlich spüren. Ich holte tief Luft.
„Können wir das wann anders besprechen? Wir müssen jetzt echt los.“
„Ich. Werde. Nicht. Mit. Dir. Gehen!“
knurrte sie. Ich verschrenkte die Arme hinter meinem Kopf. So ein stures Ding! Ich sah sie an und überlegte ob es einen Weg gab, wie wir beide lebend aus der Sache kamen. Dann kam mir plötzlich eine Idee. Eine Idee, die vielleicht vollkommen schief gehen konnte, aber es war definitiv eine Idee.
„Was hast du für eine Idee?“ fragte Jacy. Ich runzelte die Stirn und sah sie an.
„Woher wusstest du das ich eine Idee hatte?“ fragte ich leise. Sie wand sich verlegen.
„Naja, ich glaube das ist so ein Hexending. Ich kann auch manchmal deine Gefühle spüren. Das ist echt
komisch.“
Ich war geschockt, ließ mir aber nichts anmerken. Es war eine Sache, wenn ich sie spüren konnte, schließlich war ich der Vampir in der Geschichte. Aber wenn sie mich auch spüren konnte war das etwas ganz anderes. Es bedeutete das meine Gefühle auf Gegenseitigkeit beruhten.
„Jetzt zum Beispiel, bist du geschockt und ich würde gerne wissen, warum? Wenn du nicht willst das ich deine Gefühle lese, kann ich versuchen es abzuschalten. Ich würde das auch nicht wollen.“ Ich wollte sie im Glauben lassen, es wären ihre Kräfte, aber ich hörte mich
sagen:
„Jacy, das hat nichts mit Hexenkräften zu tun.“
„Wie jetzt? Was ist es denn dann bitte?“
Ich zog die Unterlippe zwischen die Zähne und überlegte, was ich jetzt am besten sagte. Vielleicht sollte ich doch besser lügen.
„Du wirst mich nicht anlügen Jonas! Ich spüre das du das vorhattest du wenn du jetzt nicht mit der Sprache rausrückst, schmeiß ich dich mit allem ab, was ich in die Finger bekomme!“ Meine Mundwinkel zuckten.
„Beleidigen lernen wir aber nochmal.“
„Lenk nicht ab! Was ist es Jonas? Warum kann ich dich spüren? Warum
kann ich deine Gefühle lesen und wieso hatte ich verdammt nochmal die gleich Verletzung wie du?!“
Ich holte tief Luft.
„Erinnerst du dich daran, was ich über Vampire mit Herzschlag erzählt habe?“
Sie nickte. „Du hast gesagt nur die Verdammten haben einen. Was bedeutet das?“
„Vampire werden versprochen. Sie verlieben sich nicht, weil sie keinen Herzschlag haben.“ Ich zögerte, aber Jacy deutete an das ich weiter reden sollte.
„Aber manchmal ist etwas so stark, das das Herz anfängt zu schlagen. Das einzige was so stark ist, ist die Liebe zur
der einzig Richtigen. Diese Vampire fühlen was der Erwählte fühlt, spüren was er spürt und haben die gleichen Verletzungen. Und stirbt der deine, tut der andere
das wahrscheinlich auch.“
Jacy sah mich an. Sie war aschfahl im Gesicht und hatte glasige Augen. Etwas in mir wurde kalt. Ich senkte den Blick, sah aber wieder auf, als ich hörte das Jacy auf mich zu kam. Sie blieb dicht vor mir stehen und hob eine Hand. Sie legte sie langsam auf meine Brust, auf die Stelle des Herzen. Ich spürte meinen Herzschlag im ganzen Körper. Jacy sah zu mir hoch.
„Wir sollten gehen.“ sagte sie leise und
zog ihre Hand zurück. Ihre Stimme klang tot. Das versetzte mir einen Stich.