Kurzgeschichte
Mutter und der Froschkönig

0
"Mutter und der Froschkönig"
Veröffentlicht am 12. März 2014, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
© Umschlag Bildmaterial: Sandra Cunningham - Fotolia.com
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Ich wohne in der Oberlausitz und schreibe gern über meine schöne Heimat, schon seit der ersten Klasse. Ich liebe meine vier Kinder und bin sehr stolz auf sie. Nun sind sie in die Welt gezogen von Berlin bis Tokio, also besorgten wir, mein Mann und ich uns zwei neue Babies: Katze Nala und Hund Willy. Jeder von uns hält einen im Arm.
Mutter und der Froschkönig

Mutter und der Froschkönig

MUTTER  UND  DER  FROSCHKÖNIG

An den Rand der Kleinstadt grenzten die Schlangenwiesen, ausgedehnte Weideflächen, die sich bis zum nächsten Dorf erstreckten. Unterbrochen wurden sie nur durch ein kleines Kiefernwäldchen. Mitten in den Wiesen lockerte ein von Schwarzerlen umstandener Teich die Grasfläche auf. Rings um ihn bildete sich ein einzigartiges Feuchtbiotop mit vielen bunten Blumen, die es sonst nirgends gab.

Hier in dieser Natur wuchs ich auf,

meine Eltern besaßen kaum 200 Meter vom Wäldchen entfernt ein kleines Häuschen. Ich kannte jeden Baum, jeden Strauch, wusste, wo welche Beeren und Pilze wuchsen, ich beobachtete die Tiere, die im Wald und in den Wiesen lebten.

Ich sammelte Käfer, Raupen, Schmetterlinge, hielt sie in Gläsern und beobachtete ihr Verhalten.

Mit den Schnecken veranstaltete ich Wettrennen oder Schönheitswettbewerbe.

Meine Mutter sah diesem Treiben mit äußerster Skepsis zu. Einerseits vertrat sie die Meinung, die Beschäftigung mit

der Natur verschaffe mir Bildung, und davon könne man nie genug bekommen.

Andererseits ekelte sie sich vor all den Tieren und hätte sie am liebsten auf Nimmerwiedersehen verbannt.

Größer geworden kaufte ich mir vom Taschengeld den Linne`, das große Pflanzenbestimmungsbuch.

Nun bekamen all die Pflanzen einen Namen: Gelbweiderich, Blutweiderich, Großer Froschlöffel, Scharbockskraut, Leberblümchen. Zu meiner besonderen Freude fand ich das Breitblättrige Knabenkraut, eine Orchidee mit zierlichen pinkfarbenen Blüten.

Brachte ich größere Tiere wie junge Vögel, ein kleines Eichhörnchen oder Frösche von meinen Exkursionen mit, durfte ich sie stets sofort wieder an ihren angestammten Platz zurück schaffen. Da kannte Mutter keine Gnade.

Besonders vor Fröschen ekelte sie sich, schien sie doch mit der Königstochter vom Froschkönig mit zu leiden.

Der Teich inmitten der Wiesen war ein Paradies für Laubfrösche, stundenlang konnte ich hier die schönen Tiere beobachten. Die glänzende grasgrüne Haut ließ das Gold ihrer Augen richtig leuchten, die durchsichtigen, fast

goldenen Finger und Zehen, die zierliche Gestalt. Vom Wasserfrosch unterscheiden sie sich erheblich, sicher würde Mutter ihre Scheu überwinden, wenn sie erst die Schönheit dieser Tiere sähe.

Ich fing einen und beschloss, ihn ihr vorzuführen. Ganz vorsichtig nahm ich das Tierchen zwischen beide Hände, nur der Kopf mit den schwarz-goldenen Augen und die Vorderfüße lugten hervor.

„Sieh doch, wie hübsch er ist. Wie der Froschkönig, ihm fehlt nur noch die goldene Krone!“

Kurzsichtig streckte Mutter ihren Kopf vor bis dicht an meine Hände. Die Brille

aufzusetzen, dazu war sie zu eitel.

Der neu ernannte Froschkönig sah indes seine Lage ganz anders. Mit einem Ruck streckte er sich und landete nach einem gewaltigen Satz mitten in Mutters Gesicht!

Von dort floh er schnurstracks in unsere Blumenbeete.

Ich hatte meine Mutter noch nie so kreischen hören, dann schien sie um ihr Leben zu rennen.

Mich indes ereilte ein Lachanfall, dem sich meine Mutter, zurückgekehrt von ihrer Gartenumrundung, letztendlich doch nicht entziehen konnte.

Dem Fröschlein begegnete ich in unserem Garten nicht mehr. Nun, nicht jeder geküsste Frosch wird eben zum Königssohn, was eigentlich schade ist.

0

Hörbuch

Über den Autor

Albatros99
Ich wohne in der Oberlausitz und schreibe gern über meine schöne Heimat, schon seit der ersten Klasse.
Ich liebe meine vier Kinder und bin sehr stolz auf sie.
Nun sind sie in die Welt gezogen von Berlin bis Tokio, also besorgten wir, mein Mann und ich uns zwei neue Babies: Katze Nala und Hund Willy. Jeder von uns hält einen im Arm.

Leser-Statistik
13

Leser
Quelle
Veröffentlicht am

Kommentare
Kommentar schreiben

Senden
GertraudW Grüß Dich, Natur- und Tierfreundin. Wunderschön geschrieben - hab`s gerne gelesen. In der zerbombten Stadt München hatte ich nie die Möglichkeit Tiere (außer Ratten - brrrr) zu finden. Uns hat sie immer der Papa gekauft, zuerst zwei Hamster, die haben sich aber gegenseitig gebissen - weg damit - dann Schildkröten - und das war`s.
Liebe Frühlingsgrüße und eine schöne Zeit
Gertraud
Vor langer Zeit - Antworten
Albatros99 Vielen Dank für die Grüße, ja naturschön ist es hier immer noch, ansonsten aber leider nichts zum Leben, wie meine Kinder feststellten. deshalb sind sie alle weg in die großen Städte wie Hamburg, Berlin, eine schwirrt im April nach San Francisco ab. Bei euch kann man sich nur herrlich ausruhen, ansonsten ist tote Hose, heißt es. Ja, stimmt leider. Aber in Bayern gibt es mittlerweile ja auch schon solche ausgestorbenen Regionen, wo nur die Alten übrig sind,
LG Christine
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Du bist eine echte Naturliebhaberin, wie man Deiner schönen Geschichte entnehmen kann. Pflanzen, auch Kräuter und überhaupt die Tierwelt haben mich auch immer fasziniert und ich habe auch viele Tiere mit nach Hause gebracht, sehr zum Leidwesen meiner Mutter, die zwar die Tier auch liebte, aber nicht unbedingt in der Wohnung haben wollte. Du hast mich an vieles aus meiner Kindheit erinnert.

Liebe Grüße
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
Rehkitz Sehr schön geschrieben. Ich erinnere mich an meine Kindheit. Auch meine Enkel sammeln im Garten immer einen Kleintierzoo. Von Asseln bis Armeise alles vorhanden. lach Einzige Bedingung am Abend wird alles freigelassen.
Mit lieben Grüßen Theresia
Vor langer Zeit - Antworten
GerLINDE 
Das hast Du aber sehr schön geschrieben. Ein Leberblümchen habe auch ich mal hier im Wald entdeckt. Klein, blau, unscheinbar. Wer es nicht kennt, läuft daran verbei. Auch Orchideen gibt es an ganz bestimmten Stellen, die am besten niemand wissen sollte, damit es nicht heimlich ausgegraben und mit nach Hause genommen wird. Denn dort geht die geschützte Pflanze meistens ein.
Favo!
Lieben Gruß
Gerlinde
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR 
Eine sehr schöne Geschichte und sicher sehr nette Erinnerung für dich!
Wenn ich als Kind Frösche nach Hause brachte, sagte meine Oma immer, wenn sie einem ins Auge pinkeln, wird man blind! ;-))
Nun war ich sehr vorsichtig mit ihnen ... lach .... es ist nichts derartiges passiert.

Liebe Grüße
fleur
Vor langer Zeit - Antworten
Zeige mehr Kommentare
10
6
0
Senden

108664
Impressum / Nutzungsbedingungen / Datenschutzerklärung