Die nächsten Tage vergingen in Stille. Sera schien nicht zu wissen, wie sie mit mir umgehen sollte, mit Castiel wollte ich nicht reden, weshalb er sich in seine Nische auf ein Kissen zurückzog, und Xaron bemerkte augenscheinlich auch die dicke Luft und schwieg deshalb. Schließlich hieß es nach der Woche "zurück zum Alltag". Meine Wohnung war fertig repariert, was für Sera und mich Schule bedeutete. Die Wohnung selbst sah fast genauso aus wie früher, außer dass Sera's Zimmer größer war und nicht mehr am Ende des Flurs stand sondern die Tür direkt neben meiner hinter der Küche war. Ansonsten war alles gleich und doch irgendwie ganz anders. Ich überlegte lange was mir so fremd an der Wohnung vorkam. Wie ein Blitz traf es mich schließlich. Sie war aufgeräumt! Sonst lagen Chipstüten,
Flaschen, Klamotten und anderes überall verteilt herum, doch hier war alles sauber. Ich musste kichern, fest zu stellen dass Müll mein Zuhause für mich erst gemütlich macht. Meine gute Laune wurde natürlich von meiner Freundin bemerkt, die mich augenblicklich mit Angeboten beschwatzte, um diese Stimmung weiter zu heben. Der morgige Tag war dann wieder Unterricht. Besondere Vorfreude zeigten wir beide nicht. Sera hatte bereits ihr Kapuzen-Sweater bereitgelegt und ich strich mir die Haare so gut es ging ins Gesicht. Gemeinsam steuerten wir beide dann auf das Unterrichtsgebäude zu. Cess- Geschichte stand als erstes auf der Tagesordnung. Eigentlich perfekt, wir könnten uns ganz hinten verschanzen und würden keine Aufmerksamkeit auf uns ziehen. Doch leider war der Lehrer scharfsinnig genug uns sofort beim Eintritt
des Klassenzimmers zu bemerken. "Wart ihr auch an der Findung dieses einen Mädchens beteiligt?" Wir hielten beide, als hätte man uns bei einem Verbrechen ertappt, an und drehten die Köpfe langsam in seine Richtung. Fast synchron kam dann die Frage: "Findung?" "Ja. Das eine Mädchen, dass man suchte. Die Belohnung war ja eine Woche Urlaub. Wart ihr denn nicht in dieser Gruppe, die das Mädchen gefunden hat?" Wie aus der Pistole geschossen, nickten wir mit wiederholten "Ja!" und setzten uns dann hinten auf unsere Plätze. Doch nicht lange und der Professor holte mich vor. "Nun, da sie die Woche ja frei hatten, haben sie doch sicher ihr Wissen, von vor zwei Wochen, sicher aufgefrischt und können mir deshalb etwas über den Gründungsvater der Cess erzählen." Verdammt! Was sollte ich jetzt tun? Ich wusste nichts! Nicht einmal das kleinste
bisschen! Gott hilf. Ich stotterte eigentlich nur seine Fragestellung nach, während ich scharf nachdachte. Konzentration hin oder her, etwas über das ich nichts weiß, kann ich auch nicht nachdenken. Plötzlich ertönte eine Stimme in meinem Kopf. "Die ersten aufgeführte Cess sind wohl die Götter der griechischen und ägyptischen Mythologie. Da man sie jedoch nicht an einen realen Ort situiert hat, gelten sie nicht als die Gründungsväter. Der wahre Vater, welcher als solches gilt, ist Alexander der Große. Ungefähr 1oo vor Chr. eroberte er Länder, und gewann Schlachten, die eigentlich zu gewinnen unmöglich schienen. Er war Autodidakt und brachte sich somit die einmalige Gabe, der Telepathie bei. Auch nach zwei Jahrtausenden, ist kein Fall aufgetaucht, welcher Merkmale dieser Gabe aufweist.
Mit dieser Fähigkeit gelang es ihm weitere seiner Art ausfindig zu machen und zu rekrutieren. Somit gründete er die erste Cess- Organisation. Eine geheime Elite von Soldaten, welche seine Schlachten schlugen. Heutzutage nutzen wir als Ersatz seiner Findungskräfte eine Säure, die Cess ein Mal erscheinen lässt, wo die Injektion eingespritzt wird. Doch sie auszusuchen liegt eher zurück auf ihr Erbgut. So nutzen wir die Säure nur bei Kindern oder Angehörigen von bereits gefunden Cess. Trotzdem liegt die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung von Elternteil auf Kind nur bei nur 20%, wachsend mit dem Potential des Erbträgers.” Mit leichtem Nicken huschte ich auf meinen Platz zurück. Dabei versuchte ich die Blicke der gesamten Klasse und des Lehrers zu ignorieren. Ich selber würde mich anglotzen, da ich nur das wiederholte, was die Stimme meiner Schwester mir flüsterte. Ich war mir zu 1oo% sicher, dass
es ihre Stimme war. Ich könnte sie niemals verwechseln. Innerlich sagte ich nur "Danke" und hoffte sie könne mich auch hören. Nach einer längeren Pause, räusperte sich der peinlich berührte Professor und vermerkte mir eine 1+ für Mitarbeit. Die nächste Stunde, Physik, ging eigentlich recht ruhig zu. In Levitation übten wir das Schweben von Glas und das vorsichtige Landen. Die Hälfte der Klasse bekam es nicht hin den Glasklotz zu landen, ohne das er Risse bekam oder gar brach. Ich war die Einzige die es geschafft hat ihn vor der Landungsübung noch zu zerstören. Ich wollte ihn nur einige Zentimeter hoch schweben lassen, dabei rauschte er in die Höhe und zerbarste an der Decke. Natürlich geschah niemandem etwas, da der Lehrer die Splitter in die Tonne leitete. Auch sonst verging der Tag gänzlich
ereignislos. Am Abend war ich nur froh, dass der Unterricht endlich herum war. Sera ging es genauso und so setzten wir uns noch in den Park, um alles ausklingen zu lassen. Erst nach einer Weile merkte ich das meine Freundin neben mir, verkrampft auf ihre Füsse starrte. Auf die Frage was los sei, stotterte sie erst unklar, dann platzte sie aber damit heraus. "Wie schaffst du das nur? Du hast mir von allem erzählt. Deiner Schwester, Xaron, deiner Situation, die Umstände, wie du hierher kamst. An deiner Stelle würde ich nur heulen. Weinen und schreien. Ich wäre von Anfang an nicht darauf eingestiegen. Und schon gar nicht würde ich Tatenlos zusehen, wie meine Schwester hier leidet. Ich würde sie nehmen und abhauen. Wieso du nicht?", sie brach abrupt ab und blickte wieder schuldbewusst auf ihre Füße. Was sie sagte fand in mir eine Wiederklang. Wieso nicht? Sera hatte recht?
Eigentlich muss ich verrückt sein, all das hinzunehmen. Wieso rannte ich nicht fort? Wieso sagte ich damals vor dem Tribunal "Ja" auf eine Frage, dessen Folgen ich nicht kannte. Da traf mich die Erkenntnis wie ein Blitz. "Ich bin in ihn verliebt", dachte ich unabsichtlich laut. "Wen?", kam sofort die Gegenfrage, "Xaron?" Ich schaute ihr nur in die Augen, während der Schmerz der letzten Monate in mir aufkam. Der Schmerz, den ich die ganze Zeit erfolgreich zu unterdrück geglaubt hatte. Tränen flossen über mein Gesicht während mir das Wort wie ein Klos im Hals fest steckte. "Ja" Sofort liefen auch Sera einige Tränen über ihre rot angelaufenen Wangen und sofort zog sie mich an ihre Brust und streichelte umarmend meinen Kopf. "Ich muss heute zu meiner Schwester. Bitte
decke mich und gib mir ein Alibi." Sie nickte stumm und ich rannte wieder einmal zum Strand. Mittlerweile fand ich den Eingang recht schnell. Auch im Jungle kannte ich mich so halb aus und fand auch den Pavillon auf Anhieb. Meine Schwester war jedoch nicht zu sehen. Langsam näherte ich mich dem hölzernen Kleingebäude. Da erblickte ich plötzlich Minara, die am Ufer des Baches saß und ihre Füße darin baumeln ließ. Ein Teil ihres weißen Kleides schwamm auch mit dem Strom. "Wenn du weiter da sitzt, wird dein schönes Kleid vollends ruiniert" Sie hob den Kopf und drehte sich in meine Richtung. Ihre Augen funkelten ein wenig, während sie sich aufreckte und ihr Kleid abklopfte. "Alexena, Schwester!", konstatierte sie überrascht. Ich ging auf sie zu und schloß sie in meine Arme. Nach dem ganzen Trouble, tat es gut endlich zur Ruhe zu kommen.
"Ich fürchtete du kämst gar nicht mehr. Fünf Tage sind vergangen seit du hier warst. Ich wartete immer hier darauf, dass du kommst." "Tut mir Leid, dass ich nicht kommen konnte. Es war irgendwie zu viel auf einmal." "Weil Castiel dir verschwiegen hat mich zu kennen?" "Minara? Woher...? "Wir sind Zwillingsschwestern. Seit dem Augenblick in dem ich dich berührt habe, sind wir emphatisch verbunden." Sofort kam mir der Geschichtsunterricht von heute Morgen in den Sinn. "In der Früh, das warst also wirklich du. Aber woher wusstest DU das alles?" Sie zögerte, bevor sie mir von ihren Privatlehrern und ihrem Leben hier erzählte. Wir redeten über unsere unterschiedlichen Kindheitserinnerungen, unsere Eltern, wir philosophierten und diskutierten über die Welt.
Es war so natürlich mit ihr zu reden, als wären wir schon ewig zusammen. Viel zu schnell hetzte sie mich wieder aus der Höhle raus und erst als ich sie wieder verließ merkte ich, dass die Nacht bereits über die Insel gefallen war. Ich eilte so schnell ich konnte in das Hauptgebäude und versuchte heimlich in meine Wohnung zu schleichen. Im oberen Stockwerk schaute ich noch weiter um mich, als ich plötzlich gegen etwas Hartem knallte. Es war Xilias.
"Wo warst du?", seine eiskalte Stimme ließ mich erstarren, während ich seinen festen Griff an meinen Oberarmen fühlte. Ich wagte kaum aufzusehen, doch als ich es tat, blickte ich durch die Dunkelheit in die Augen eines Kaltblüters. Wenn Blicke töten könnten, dachte ich nur. Da ging auf einmal eine Tür auf, die den Flur ein wenig erhellte. "Alexena?", Xarons Stimme kam mir in diesem Augenblick wie ein Rettungsreif vor,
der mich aus einem Sturm zog. "Ich wollte zu Xaron!", tönte ich als hätte ich die alles entscheidende Frage bei einem Quiz erraten. Xilias beäugte mich noch einige Sekunden fraglich, ließ mich aber schließlich mit einem leisen Zischen aus und wandte sich dann in Richtung seiner Wohnung ab. Ich verharrte noch ein wenig schockiert, drehte mich aber schließlich auch in die Richtung aus der das Licht strahlte. "Was ist denn los?", fragte nun der in der Tür stehende Mann, mal wieder mit freiem Oberkörper. Der Kerl hatte wohl ein Allergie auf T-Shirts! Bevor ich zu sabbern begann antwortete ich schnell: "Nichts. Ich wollte dich bloß besuchen". Er deutete mir einzutreten, und ich folgte der Geste hinein. Auch hier hatte Sera einen Saustall verursacht, der wie durch Zauberhand nun verschwunden war. "Also? Was brauchst du?", demonstrativ kreuzte er seine Arme und starrte mich
inspizierend an. Wie anders dieser Blick von dem von Xilias war. "Darf man heutzutage nicht einmal seine Freunde besuchen?", gab ich neckisch zurück.
Augenblicklich schlang er seine Arme um meine Hüfte und zog mich an sich. "Also ich hoffte wir seien mehr als nur Freunde", dieser perverse Kerl wagte es, mir verschmitzt ins Gesicht zu lächeln. Automatisch wandte ich meinen Blick ab, um die Röte, welche in meine Wangen schoss, hinter meinen schwarzen Haaren zu verstecken. Gleich darauf fühlte ich Xarons warme Hände durch die Wellen fahren, wobei er mir die Stirnfransen aus dem Gesicht, hinter meine Ohren, strich. Ich wollte mich schon aus seiner Umarmung lösen, doch er griff an mein Kinn und zog meinen Blick zurück in seine tief grünen Augen, die mich nun gänzlich in ihren Bann gezogen hatten.
Ich schloss meine Augen und erlaubte ihm einen innigen Kuss. Meine Hände wanderten intuitiv in seine Haare und zerzausten sie ein wenig. Als er von mir abließ, stellte ich mich augenblicklich auf Zehnspitzen und drückte ihn zu mir zurück. Der nächste Kuss enthüllte Leidenschaft und Wildheit in mir, die ich selbst noch nicht kannte. Plötzlich hob er mich mit einem Ruck hoch und setzte mich auf dem Küchentresen ab. Xaron beugte sich, auf der Platte stützend, vor um es mit einen dritten Kuss zu besiegeln. Ich dachte nichts. Mein Kopf war leer. Nur die brodelnde Hitze füllte meine Gedanken, sowie meinen Körper. Während eine Hand immer noch durch seine Haare fuhr, glitt die andere auf seinen Brustkorb, wo sie seinen muskulösen Bau entlang fuhren, bis hinunter zu seinem Sixpack. Ich fühlte förmlich seine Anspannung, welche geradewegs in mich überging. Gott, sein Oberkörper machte
mich wahnsinnig! Das Läuten der Türklingel riss uns je aus diesem Rausch und während Xaron genervt zur Tür stapfte, realisierte ich in dem Augenblick, was ich eigentlich getan hatte. Ich hatte mit meinem Mentor auf dem Küchentresen rumgemacht. Die Scham übermannte mich und in diesem Moment wünschte ich mir nur, dass sich ein großes Loch vor mir auftut, damit ich mich darin verstecken kann. Als Xaron die Tür fast schon auf riss, flüchtete ich in dieser Sekunde aus der Wohnung, an einer ziemlich verdutzten Larxenne vorbei in meine eigene Wohnung. Hinter meiner Eingangstür schnaufte ich noch einmal und streifte mit den Fingern über die Lippen, auf denen ich die Hitze noch zu spüren glaubte. Das Bild von seinem gestählten Rücken und seiner hart trainierten Brust hallte in jeder Faser meines Körpers wieder. Am liebsten wäre
ich sofort zurück gerannt, als plötzlich eine Stimme mich auf den Boden zurückholte. "Was ist mit dir passiert?", Sera blickte mich mit Hundeaugen an, während ich nur mit den Schultern zuckte um meine ohnehin offensichtliche Unruhe zu überspielen. "Was soll mit mir los sein?" Sofort schmälerten sich ihre großen Augen zu durchdringendem, inspizierendem Blick. "Erstens, wolltest du heute zu deiner Schwester. Und zweitens sind deine Haare zerwühlt und deine Bluse ist fast ganz offen." Sofort blickte ich an mir hinab und tatsächlich waren meine Schultern frei und mein Bauch und Dekolletee total frei. Augenblicklich richtete ich die Bluse und schloss die Knöpfe. Mir war das bei dem ganzen Gewirr gar nicht aufgefallen. Zurückblickend, verstehe ich nun den Gesichtsausdruck Larxenne's . Beschämt lief ich in mein Zimmer und warf mich aufs Bett. Meine Gedanken
kreisten bis in die Nacht um Xaron, seinen nackten Oberkörper und die Leidenschaft die in mir aufkeimte, welche mich fast dazu verleitete zu ihm zu stürmen. Schlussendlich schlief ich jedoch nach mir endlos vorkommenden Stunden ein. Am nächsten Morgen schwiegen wir beide. Ich versuchte so gut es nur ging mich auf mein Frühstück zu konzentrieren, wobei ich Sera's ständigen Blicken ausgeliefert war. Als wir dann aus der Wohnung traten, ging wo anders ebenfalls die Tür auf. Larxenne und Xilias verließen gerade seine Wohnung. So unauffällig es nur ging, wollt ich zu den Fahrstühlen, doch Sera musste natürlich sofort ein lautes "Guten Morgen!" ertönen lassen. Sofort gingen die beiden auf uns zu und ich versuchte mal wieder mich hinter meiner Frisur zu verstecken. Wozu sonst waren lange schwarze Haare denn sonst gut? "Na Alexena? Geht es dir besser seit gestern?", fragte sie besorgt. Ich hob fragend den Kopf.
"Na deine Kopfschmerzen und Übelkeit. Sera hat es mir erzählt." Sofort verstand ich. Das war mein Alibi. Ich nickte fast unkenntlich, dann schaute ich wieder auf den Boden. Schöner Boden. "Ich wollte dir ja etwas Medizin bringen, aber wie ich sah hast du dir die beste Medizin ja schon von Xaron geholt", der sarkastische Unterton war kaum zu überhören. "Ich hab mir rein gar nichts von ihm geholt. Und woher wusstest du gestern eigentlich wo ich war?" Sie deutete auf Xilias. Au weia!, dachte ich bloß. Ich hatte die Begegnung mit ihm letzte Nacht vergessen. Er war mir unheimlich. Irgendwas an ihm verriet, dass er morden könnte. Mit einem beschämten Lächeln tat ich das Thema ab und deutete an, dass wir zum Unterricht müssen. Nach ein wenig Smalltalk und Sticheleien über den gestrigen Abend, trennten sich unsere Wege
und ich war nur dankbar, dass wir uns nun auf unsere Bücher konzentrieren mussten. Aktion und Reaktion waren die ersten drei Stunden, danach kam Ausführung von Spells I dran. Nach der Mittagspause waren die letzten zwei Stunden schließlich wieder Levitation. Ich begann diese Übungen zu hassen. Dieses Mal kam jeder einzeln an die Reihe und ich musste natürlich die erste sein. Verdammter Professor Lyran, er meinte es sei besser für mich, da ich dann konstruktive Kritik bekäme. Er breitete Kieselsteine und auch normal große Steine in der Mitte des Raumes in einem perfekten Kreis aus und gab mir Anweisung mich in die Mitte zu stellen. Alle andere Mittschüler standen an der Wand und blickten teils gelangweilt, teils interessiert auf mich. Stühle, Tische oder Tafeln gab es hier nicht, immer nur das was der Lehrer für uns vorbereitete. "Nun schließen sie bitte die Augen und versuchen ihr Umfeld zu fühlen. Alles was
um sie steht, erspüren sie es und lassen es schweben." Ich tat wie mir gesagt. In meinen Gedanken fühlte ich wage viele Sachen. Als ich alle aufgespürt hatte, ließ ich dann meine Kräfte unter und um sie herum fließen, wie ein Netz im Wasser. Nein gar wie das Wasser selbst. Mental verhärtete ich das Netz und ließ es vorsichtig wenn nicht gar kaum schweben. Dieses Mal sollte es klappen. Ich fühlte die Steine bei meinem Knie schweben und hob das Netz langsamer bis auf die Höhe meiner Schulter. Konzentriert achtete ich darauf alles mit Vorsicht schweben zu lassen, als ich plötzlich mein Umfeld wieder mitbekam, da der Professor mich rief. Ich riss die Augen auf und wollte sie am liebsten sofort wieder schließen. Die gesamte Klasse schwebte vor meinen Augen. Manche auf dem Kopf, andere auf dem Rücken, aber allesamt versuchten vergebens mit Taucher
Bewegungen zurück zum Boden zu schwimmen. Langsam ließ ich das Netz wieder sinken und am Boden angekommen ließ ich es los. Es landeten glücklicherweise alle gut und nur einer haute sich den Schädel an, da er im Unterricht eingeschlafen war. Ich wollte vor Peinlichkeit zerfließen, aber stattdessen stand ich immer noch im Steinhaufen. Enttäuscht trat ich heraus und gesellte mich zu den anderen Mitschülern, welche bereits kicherten oder mir ängstlich aus dem Weg gingen. Gott verdammt!, fluchte ich in Gedanken, wie kommt's, dass immer ich versage? "Fräulein Alexena, ich würde sie gerne am Ende der Stunde zu mir ins Büro bitten", die Stimme von Professor Lyran klang emotionslos, aber drängend. Die nächsten schafften alle die Übung und als der Unterricht beendet war, folgte ich dem älteren, aber noch fit wirkenden Herrn in seine Räume, Sera würde ich später wieder
im Park treffen. Die Arbeitszimmer der Lehrer waren immer jeweils am Ende des Flurs ihrer jeweiligen Lehrräume. Beim Eintreten bemerkte ich sofort seine Vorliebe für Grün. Nicht nur hatte er ein ganzes Gewächshaus in diesem Raum, auch seine Möbel strahlten in verschiedenen Grüntönen. Er deutete auf das Sofa und ich folgte seiner Einladung. "Alexena, was du im Unterricht getan hast, zeugt von großem Potenzial. Ich würde dich gerne morgen in die Arena mitnehmen, um dieses Potenzial richtig auszutesten." Wir vereinbarten noch eine Uhrzeit und damit verabschiedete ich mich in den Feierabend. Sera wartete wie immer brav auf unserer Bank im Park, von welcher aus man auf den Strand und das darauf folgende Meer sehen konnte. Bei ihr angekommen warf sie mir eine Pepsi Dose zu und fragte sogleich was denn nun war. Ich erzählte ihr von der Verabredung, während wir den
Rückweg antraten. Wir nahmen den großen Bogen an der Strandpromenade entlang, um die frische Meeresluft einzuatmen bevor wir in das nach Stahl und anderen Metallen riechendes Gebäude zurück mussten. Sera plapperte den ganzen Weg bis zur Wohnung über Lehrer und Männer, die sie scharf fand. Manchmal auch beides zusammen, während ich nur nickte und ihr zulächelte. Plötzlich wurde mir klar, wie froh ich war sie bei mir zu haben. Ich wüsste nicht, wem ich mich sonst anvertrauen könnte. In der Wohnung bereitete ich schnell den Napf für Castiel vor. Dieses Wiesel verkroch sich nun schon seit Tagen auf den Deckenbalken und kommt nur ab und zu runter um sein Essen abzuholen oder sich von Sera streicheln zu lassen. Irgendwie fehlten mir unsere gedanklichen Gespräche, doch ich konnte nicht davon absehen, dass er mir das mit meiner Schwester verschwiegen hatte. Er hätte mir vieles erzählen können und mir helfen können doch er schwieg. Er sollte
sich verkriechen. Nach unserem Abendessen zog ich mich sofort ins Schlafzimmer zurück da ich für die Arena den Morgen freibekam und früh mit ihm anfangen sollte. In der Früh stand ich bereits vor dem Morgengrauen auf, duschte und ging dann Richtung Ausgang, als mich ein Sägen fast zu Tode erschrak. Sera schlief Seelenruhig auf dem Sofa, alle Viere von sich gestreckt. So friedlich und Sorglos wie sie schlief musste ich innerlich lachen. Irgendwie beruhigte mich ihre bloße Präsenz. Zu wissen das sie da ist, gab mir eine Sicherheit, zu der ich zurückzukehren wüsste. In der wenigen Zeit die sie bei mir war, ist sie mir bereits ans Herz gewachsen und zu meiner besten Freundin geworden. Ich schlich zur Tür und draußen kreuzte ich Xaron, der auch gerade auf seinem Weg zur seiner Arbeit war. "Hey, was machst du so früh schon außer Haus?", flüsterte er und doch erreichte mich
die Frage deutlich durch die Halle.
Ich wollte gerade antworten als mein Blick auf die Uhr fiel. In fünf Minuten sollte ich bereits in der Arena seine.
Mit einem "Muss los" brauste ich ohne noch auf die Antwort zu zum Lift und ließ mich herunter geleiten. Auf der Insel Nummer 4 war die Arena kaum zu übersehen, wenn man sich mal umsah. Ihre Leuchter ragten hoch hinter dem Hauptgebäude hervor. Ich lief den Strand entlang dem metalenen Hauptgebäude vorbei. Ich hoffte vom Strand irgendwie zum Eingang zu finden und tatsächlich es gab vom Strand einen Direktweg in die Arena hinein. Leicht nervös betratt ich schließlich die weit offen stehenden Tore und erkannte gleich dahinter meinen Professor