Vorwort
Dies ist ein Versuch ...
... und da probieren nun mal über studieren geht, habe ich mich also entschieden, dies hier zu schreiben
Viel Spass!
hellstern
Aufzeichnungen 22/13 - 22/16
Log 22/13:
Zweiundsiebzig Stunden sind inzwischen vergangen, seit ich das letzte mal draus-sen gewesen bin.
Heute oder morgen werde ich es wieder einmal machen.
Es ist still draussen.
Log22/14:
Heute ist einer der anderen
Hausbewohn-er gestorben, ich glaube ich werde erst morgen wieder rausgehen.
Die Stille draussen ist nach wie vor herrschend; selbst die Explosionen sind auf ein erheblich kleineres Mass gesunken. Es ist zu still.
Die Schreie von anderen Menschen hingegen; solchen die entweder draussen unterwegs gewesen sind, oder die über gar keine Bleibe mehr verfügen, sind vor allem in der Nacht halt einfach nur verstörend.
Man kann machen, was man will; die Fenster abdichten, sich Watte in die Ohren stecken, doch irgendwie finden die angsterfüllten Schmerzensschreie
immer wieder einen Weg ins Gehör von Uns wenigen Überlebenden.
Ich frage mich, weshalb ich das hier überhaubt alles aufzeichne.
Log 22/14:
Ich muss rausgehen. Ich weiss zwar, dass der Tod des anderen (Tom Mark-stein war sein Name) in direktem Zusammenhang damit steht, dass auch er draussen gewesen ist. Die Seuche ist es zwar nicht gewesen, doch hat er dort draussen irgendwo einen Zusammenstoss
mit den Truppen gehabt, darum liegt die Annahme nahe, dass man ihm irgend einen Giftcocktail verpasst hat.
Schade, dass Wir aufgrund der unbe-kannten Ansteckungsgefahr keine weiteren Untersuchungen an der Leiche vornehmen konnten; es wäre bestimmt interessant gewesen, herauszufinden, was den nun eigentlich verantwortlich für Marks Tod gewesen ist.
So haben Wir seine Leiche dann unten im grossen Ofen gleich verbrannt.
Log
22/15:
Die Entscheidung ist gefallen: Ich muss heute rausgehen.
Die Abstimmung ist klar und eindeutig ausgefallen; ich muss raus gehen, um etwas Proviant und Medikamente für Uns hier aufzutreiben.
So kann ich mich denn nun nicht mehr weiter davor drücken.
Ich bin bereit; der Schutzanzug wiegt von mir aus einfach zu viel. Doch tragen müssen wir ihn alle, wenn wir rausgehen wollen.
Habe ich schon erwähnt, dass die alte
Welt nicht mehr existiert?
Log 22/16: (Sprachmemo)
Ich bin draussen unterwegs. Es ist nach wie vor zu still. Obschon ab und zu ein Gebäude explodiert in der Ferne und ich auch hie und da das rattern von automa-tischen Waffen höre, ist es doch zu still.
Die Medikamente wie auch den Proviant habe ich aufgetrieben und nun heisst es „heim gehen“!
Ich bin gleich vor Unserer Bleibe; ein
altes Wohnhaus das im Prinzip einer der Aussenposten der Rebellion ist.
Die oftmals sehr entstellten Leichen, die ich heute sah, habe ich nach der fünften aufgehört zu zählen.
Aufzeichnungen 22/17 - 22/20
Log 22/17
Wieder zurück. Ich brauche jetzt erst mal ein Bad!
Zum Glück bin ich der stolze Besitzer eines riesigen Vorrats an Gras ...
Log 22/18
Gestern ist das Haus, welches gleich
links neben dem Unserem steht, in die Luft geflogen. In Unserem Haus haben die Wände gewackelt, doch ansonsten ist es brav und still stehen geblieben.
Das pfeifen jedoch, das sich zeitgleich mit dieser scheisslauten Explosion zwischen Unsere Ohren gequetscht hat, ist nach wie vor konstant; das ganze hat sich vor cirka dreieinhalb Stunden ereignet. Hoffentlich wird sich das bald wieder legen.
Nach einer Lagesbesprechung mit den anderen von hier, beschlossen Wir zuerst mal abzuwarten. Obschon es auch in diesem Viertel der Stadt immer wieder zu Mord und Totschlag kommt, gehen Wir
davon aus, dass diesmal etwas anderes dafür verantwortlich gewesen ist, als die Gegen – Rebellions – Einheit.
Log 22/19
Es war Selbstmord.
Der einzige Bewohner des Hauses nebenan; das, welches jetzt dem Erdboden gleichgemacht worden ist, hat beschlossen, seinem Leben ein Ende zu setzen, indem er alle Gasleitungen des Hauses aufgedreht und dann mithilfe eines kleinen Funkens seinem Leben ein Ende bereitet
hat.
Eklige Sache.
Habe ich schon erwähnt, dass ich vorgestern, als ich das letzte mal draussen gewesen bin, den Geist eines kleinen Mädchens gesehen habe?
Log 22/20
Das Mädchen lässt mir keine Ruhe; irgendwie habe ich es geschafft sie in meine Träume mitzunehmen. Ich bin bereits zum dritten Mal erwacht, diese
Nacht. Schweissgebadet und im ersten Augenblick völlig oriertierungslos.
Nun will ich versuchen, das, was ich geträumt habe, niederzuschreiben. Ich denke mal, dass es mir anschliessend dann wieder besser gehen wird.
Das Mädchen hat schwarze Haare, wel-che Sie zu zwei Zöpfen zusammengebun-den hat, die Ihr von beiden Seiten des Kopfes bis runter zu ihren kleinen Brüs-ten reichen. Das ist übrigens etwas, was ich erst im Traum festgestellt habe. Vorgestern draussen, als ich Sie das erste Mal gesehen habe, war Sie nur als Schemen erkennbar. Und trotzdem war
es mehr als eine einfache Luftspiegelung oder sonst ein Irrtum was mir meine Augen da gezeigt haben. Das konnte ich sofort spüren.
Und nun bin also bereits schon zum dritten Mal erwacht und die Träume, die ich bisher in dieser Nacht gehabt habe, machen mich einfach fertig.
So gesehen sind es also weniger Träume, als Alpträume.
Das Mädchen hat mich jedesmal in meiner Traumwelt an der Hand genom-men und mir etwas gezeigt. Doch ist das, was ich dabei gesehen habe, einfach zu grässlich und so unvorstellbar fremd,
dass ich lediglich fähig bin, nur Ein-drücke dieser Alpträume aufzuschreiben, die mich in dieser Nacht aufs heftigste malträtieren.
Es sind Träume voller Absurditäten und obendrein sind sie noch randgefüllt mit einem bestialischem Verhalten, dass ich fast unmöglich als menschlich bezeich-nen kann.
Blut habe ich in jedem der drei Träume gesehen.
Meere voller Blut. Blut das aus offenen Halswunden sprudelte.
Blut, das zwischen den Beinen von Frau-en haltlos herausfloss, ähnlich kleinen roten Flüssen. Hallen, die einen roten
Teppich hatten; eine Handbreit Blut be-deckte den gesamten Boden.
Doch ich verliere mich in Details.
Aufzeichnungen 22/21 - 22/23
Log 22/21
Der erste Traum
Das Mädchen hat scheinbar auf mich gewartet. Gleich am Rande von meiner Traumwelt; hat auf das Kommen meines Traumbewusstseins gewartet. Als mein Traumbewusstsein danach mehr aktiv war, als mein Wachbewusstsein ist es los gegangen.
Wehren konnte ich mich nicht. Doch hatte ich zumindest das erste Mal nicht
das Bedürfnis dazu.
„Ich will dir etwas zeigen!“ waren Ihre Worte und dann schritten wir zusammen durch einen seltsam anmutenden Tor-bogen, welcher übersät war von alten Schriftzeichen, wovon ich aber kein einziges gekannt habe.
Und dann sah ich die Grausamkeiten.
Ich sah, wie das Blut aus den eben zu-gefügten Wunden aus Armen, Beinen, Bäuchen und Köpfen floss.
Und erst die Schreie der sterbenden; heilige Scheisse! Noch immer dröhnt mir der Kopf davon. (...)
Log 22/22
Der zweite Traum
- Anzufügen ist dem ganzen, dass ich zwischen dem ersten und dem zweiten Traum gar nicht richtig wach gewesen bin; es mir gar nicht so richtig bewusst gewesen.
Dass es sich dabei aber um einen weiteren neuen Traum handelte, habe ich erst später in dieser Nacht begriffen.
Wieder stand das Mädchen aufs Mal an
meiner Seite und nahm mich anschlies-send bei der Hand, um mich wieder durch den Torbogen zu führen.
Doch diesmal gab es nicht so viel Blut zu sehen.
Dafür aber Feuer.
Alles verzehrendes Feuer.
Das eine Mal wurde es durch Bomben entfacht, die vom Himmel gefallen sind und dann auf diese Weise ihr lebensver-nichtendes Werk vollbracht haben. Menschen, die von einem auf den anderen Augenblick zu Asche erstarrt sind; mitten in der Bewegung.
Denn egal, wie schnell jemand lief; die Welle aus Hitze und Tod erreichte
schlussendlich jeden.
Und da gab es noch diesen Gestank nach verbranntem Fleisch, der mir selbst nach dem aufwachen noch irgendwie in der Nase hängen geblieben ist. Ekliger geht es wohl kaum.
An einem anderen Ort sah ich Menschen, die maschinengleich, mit Flammenwer-fern auf dem Rücken, vorwärts mar-schierten; um diejenigen, die sie mit ihren tödlichen Zungen erreichten, im wahrsten Sinne des Wortes zu rösten.
Und wieder diese verdammten Schreie derer, die dem Tod geweit waren! -
Schreie voller Schmerz und Pein, und voller Erkenntis darüber, dass dies das letze ist, was sie in ihrem Leben tun.
Die Welt schien lediglich noch aus Feuer zu bestehen; die meisten Menschen, die ich sehen konnte, hatten eine schreckliche Wandlung durchgemacht: Sie waren lebende Fackeln, die jedoch immer ganz schnell runtergebrannt waren. (...)
Der Gestank von verbranntem und verkohltem Fleisch hat mich, nachdem ich aufgewacht war, etwa eine halbe Stunde im Griff gehalten, bevor ich dann wieder einschlafen
konnte.
Wo es dann prompt wieder weiter ging.
Log 22/23
Komischerweise kann ich mich was den Inhalt anbelangt, kaum noch an diesen Traum erinnern.
- Der Ablauf war genau derselbe wie in den beiden vorderen Träumen.
Das Mädchen, dass mich bei der Hand nahm, um dann mit mir zusammen, anschliessend wieder durch den seltsam anmutenden Torbogen zu
schreiten.
- Etwas ist aber ohne Frage äusserst stark gewesen: die Präsenz von Gevatter Tod.
Er war überall, wo ich hinsah. Das weiss ich noch ganz genau. Allgegenwärtig.
Und doch war der Schmerz hierbei etwas gewichen, dass ich so eigentlich nur als Erlösung beschreiben kann.
Auch das konnte ich genau spüren.
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Aufzeichnungen 22/24 - 22/27
Log 22/24
Bevor ich mit der Rekapitulation dieser drei Träume beginne, ist es erwähnenswert, dass ich inzwischen den Namen des kleinen Mädchens kenne; Sie heisst Sofia.
Und inzwischen weiss ich auch nicht mehr so ganz genau, ob es sich denn dabei wirklich lediglich „nur“ um ein kleines Mädchen handelt.
(...)
Doch mehr dazu später.
Log 22/25
Es spielt keine Rolle, wie stark ich mich konzentriere und mich zusammenreisse: Ich komme einfach auf keinen grünen Zweig.
Was auch immer (Neben dem Tod, der stets allgegenwärtig war) Sofia mir zeigen wollte, ist für mich, zumindest momentan noch, nicht
ersichtlich.
Log 22/26
Ich war heute nochmal draussen.
Wir brauchten eine neue Sicherung für Unsere Funkanlage, da die alte durchgeschmorrt war.
Schwierig war es nicht, diese aufzutreiben und wohlbehalten wieder zurückzukehren.
Schwieriger war es aber, Sofia aus meinen Gedanken zu vertreiben, was mir trotz allem irgendwie nicht gelungen ist.
Gesehen habe ich Sie an diesem Tag nicht, draussen. Und doch habe ich Sie
gespürt.
Habe ich schon gesagt, dass die Bevölkerung um ein grosses dezimiert worden ist?
Es ist zwar kein Krieg; der ist schon lange vorüber.
Doch sind die Zustände die heute herrschen, wohl kaum als friedlich zu bezeichnen.
Die Lenkwaffen sind dabei wohl das grausamste, was bis jetzt gegen die Bevölkerung verwendet worden ist.
(...)
Log 22/27
Ja; die Lenkwaffen. Schmutzig und todbringend sind sie.
Gelenkt werden diese schmutzigen Zerstörer durch ein eingebautes elektronisches Hirn. Das heisst also, dass sie sich vollkommen allein und von selbst lenken, bis sie dann schlussendlich ihr Ziel erreicht haben.
Gefüllt sind diese Todesboten mit allerlei vorstellbarem Mühl; neben dem Explosionsmaterial tragen diese auch
noch radioaktive Abfälle und chemische Gifte bei sich mit.
Man will eben auf Nummer sicher gehen.
Das Geräusch, dass diese Raketen dabei während ihrem Flug machen, lässt sich kaum beschreiben; doch hast du es einmal gehört, so wirst du es kaum wieder vergessen.
Es ist ein hohes Sirren, dass ganz und gar böse klingt.
Aufzeichnung 22/28 - 22/29
Log 22/28
Es wird Zeit, dass ich hier, an dieser Stelle, mal über etwas erfreuliches schreibe. - Ich weiss zudem auch nicht, ob das alles jemals von jemandem gelesen wird. Aber was solls? Ansonsten habe ich halt einfach mal meine Gedanken zu Papier gebracht(!).
Über was ich jetzt schreiben werde, ist die neue sexuelle Freiheit, die sich zeitgleich mit dem grossen Knall ergeben hat. Die Zustände, die heute herrschen,
lassen sich schon bald mit den Sitten des damaligen, alten Griechenlands oder denen des alten Roms vergleichen. (...)
Einmal in der Woche finden die sogenannten freizügigen Riten statt. Wer damit angefangen hat, oder von wo diese stammen, lässt sich heute kaum noch sagen. Sie sind einfach da und gemäss der Tatsache, dass Lust eben nun mal Leben bedeutet erfreuen sich die freizügigen Riten grosser Beliebtheit.
Es besteht auch die Wahl, die freizügigen Riten in Gruppen oder zusammen mit einer Partnerin oder einem Partner zu zelebrieren. Ich bin
nicht so der Gruppengänger. - Ich hatte meine Erfahrungen; um dabei nicht zu fest ins Detail zu gehen, diesbezüglich schon gemacht und ich kann sagen, dass die Liebe mit gleich vier Partnerinnen ein besonderes Erlebnis ist, welches ich nicht missen möchte. (...)
Erst gestern war wieder Freizügigkeitstag. Ich hatte mich mit einer junggebliebenen Frau vergnügt. Und Wir hatten Uns zudem darauf geeinigt, dass Wir es möglichst bald wieder machen würden.
Und für das brauchen Wir ja nicht auf den nächsten Freizügigkeitstag zu
warten.
Satan lässt sich ja auch an den anderen Wochentagen ehren!
Falls dies also jemals jemand lesen sollte, so habe ich doch wohl hoffentlich eine etwas mehr, als schwarze Sicht der Dinge präsentiert ...
Log 22/29
Die kleingeistigen und heuchlerischen Kriecher aus der Stadt haben heute zu einem heftigen und grossen Schlag ausgeholt. - Wie diese wohl gedacht
hatten.
Ha ha ha ha! Gar nichts ist passiert! - Wir hatten weder menschliche noch materielle Verluste zu verzeichnen; zumindest bis jetzt. Doch glaube ich, wie auch alle anderen von Uns, dass dies so bleiben wird. Es ist geradezu lächer-lich, was diese kopflosen Arschlöcher sich wieder mal ausgedacht hatten!
Später werde ich vermutlich noch mehr darüber schreiben, doch vorerst werde ich nun an die spontan organisierte Party gehen ...