Ich rannte...
So schnell wie meine Beine mich trugen. Es dämmerte bereits, doch ich konnte jetzt noch nicht anhalten.
Denn dann würde er mich kriegen. Ich sprang über Baumstämme und duckte mich durch tiefhängende Äste hin durch. An meinen Armen hatte ich schon Kratzer davon getragen und meine Sachen waren aufgerissen. Mein Atem ging immer schneller und ich spürte wie ich langsamer wurde. Eine kleine Pause würde mir sicher gut tun. Doch konnte ich jetzt schon Pause machen? Meine Beine wurden immer langsamer, jeder Schritt tat weh. Hinter einen großem Gebüsch versteckte ich mich vor ihm. Der Wald war eine gute Idee gewesen, auch wenn ich bald nichts mehr sehen würde. Ich öffnete meine Haare und schüttelte sie auf, danach machte ich mir wieder den Haargummi herein.
Irgendwo knackte ein Ast, erschrocken fuhr ich
zusammen und schaute mich um. Doch ich sah niemanden. Leise stand ich auf und rannte wieder los. Da hörte ich seine Schritte im Laub. Hätte ich doch nur nicht diese Pause gemacht. Fluchend sprang ich weiter durch den Wald.
„Bleib stehen“, brüllte er mit seiner tiefen Stimme. Sie jagte mir Angst ein.
Während ich lief, drehte ich mich zu ihm herum. Er war mir ganz schön nah gekommen. Meine Angst wurde immer größer und ich passte nicht auf wo ich hintrat.
Ich verlor den halt unter meinen Beinen und stürzte einen Abhang herab. Kleine Äste bohrten sich in meine Haut. Unten schlug ich mit den Kopf gegen einen Baumstamm und verlor das Bewusstsein. Das war seine Chance war mein letzter Gedanke.
Später wachte ich auf und mein Kopf schmerzte. Ich wusste nicht gleich was passiert war, aber nach einer Weile fiel es mir wieder
ein. Die Blätter raschelten im Wind, ich fühlte die Blätter in meinen Händen. Noch immer war ich im Wald. Hatte er denn gar nicht gesehen, das ich hier herunter gestürzt bin? Ich atmete tief ein und stand langsam auf. Das war meine Chance vor ihm zu fliehen. Doch welcher Weg führte jetzt zurück in die Stadt? Ich beschloss gerade aus zu gehen, denn vielleicht war es der richtige Weg. So leise wie möglich versuchte ich durch den Wald zu laufen. Überall knackte es und ich wurde immer vorsichtiger. Denn ich konnte nie wissen wo er war. Der Mond schien durch die Baumkronen und so sah ich wenigstens ein bisschen. In weiter Ferne jaulte ein Wolf.
Ich kam zu einer Lichtung und sah ein Haus. Vorsichtig näherte ich mich ihm. Dann sah ich das in dem Haus Licht brannte. Was sollte ich jetzt tun? In geduckter Haltung nährte ich mich weiter dem Haus und schaute durch ein Fenster. Aber ich sah niemanden. War das eine Falle?
Es roch so lecker nach Essen und ich hatte seit einem Tag schon nichts mehr gegessen. Ich suchte den Eingang und klopfte. Mit einem mulmigen Gefühl wartete ich darauf das die Tür geöffnet wurde. Es war nichts zu hören. Ich versuchte vorsichtig die Tür zu öffnen und sie war nicht abgeschlossen. Ich stieß sie ein bisschen auf und rief: „Hallo?“
Keine Antwort. Leise betrat ich die Hütte, „Hallo“, rief ich etwas lauter. Aber anscheinend war keiner da. Ich schaute mich in der Hütte um, überall waren Spinnweben und hohe Staubschichten, als wäre hier seit Jahren keiner mehr gewesen. Aber wer hatte das Licht eingeschaltet? Ich folgte dem Essensgeruch, die Küche sah auch nicht besser aus. Der beißende Schimmel Geruch schlug mir auf den Magen. Wer weiß was hier noch alles so war, mir verging der Appetit. Danach suchte ich das Bad auf, denn ich wollte mir wenigstens mein
Gesicht waschen. Im Bad angekommen, fiel mir auf, das dieses sauberer war, als das restliche Haus.
In meinen langen blonden Haaren, waren überall Blätter. Ich öffnete sie und sammelte die Blätter heraus. Vorsichtig drehte ich den Wasserhahn auf. Erstaunlicher weise kam sauberes Wasser heraus. Ich hielt meine Hände unter das kühle Wasser und wusch mir mein Gesicht. So fühlte ich mich wenigstens etwas sauberer. Meine Augen sahen müde aus, ich weiß gar nicht mehr wann ich das letzte Mal richtig geschlafen hatte.
Ich wollte das Haus erkunden gehen, bevor ich mich im Bad etwas ausruhte. Im oberen Stockwerk war bestimmt das Schlafzimmer. Leise ging ich hoch und öffnete die erste Tür. Es war ein Kinderzimmer, überall lagen kaputte Puppen herum. Ihnen fehlten die Augen oder eine Hälfte vom Gesicht. Dennoch war es so eingerichtet, als würde jederzeit ein Kind
hereinkommen und spielen. Mein Weg führte mich weiter in das Elternschlafzimmer. In ihm stank es nach Verwesung und ich sah auch Blut an den Wänden. Was war hier nur passiert. Ich beschloss wieder ins Bad zu gehen, denn in dem fühlte ich mich sicherer.
Im Bad trank ich ein wenig vom Wasser, denn meine Kehle war ausgetrocknet und die Lippen aufgeplatzt. Ich sah einfach schrecklich aus.
Plötzlich hörte ich im Haus ein seltsames Geräusch, es klang als ob jemand hier wäre. Ich schaltete im Bad das Licht aus und versteckte mich in einem riesigen Haufen Wäsche. Diese stank widerlich und ich musste mich anstrengen, damit ich mich nicht übergab. Die Schritte wurden lauter und nährten sich dem Bad. Mein Herz schlug immer schneller und lauter. Ich schielte durch ein kleines Loch hindurch und da sah ich ihn. Er war es, seine schwarzen Springerstiefel würde ich überall wieder erkennen. Ich versuchte mehr zu
erkennen und dann sah ich seine Augen. Er suchte mich, ob er wusste das ich hier war? Er kam dem Wäschehaufen immer näher und ich schloss meine Augen, denn ich musste mich auf meinen Atem konzentrieren.
Dann spürte ich nur noch ein starken Schmerz an meinen Kopf und er hatte sich meinen Pferdeschwanz gegriffen.
„Nein“, schrie ich.
„Halt dein Maul, hier hört dich keiner“ Er zog mich aus der Wäsche heraus.
„Ich wusste das du dich in dem Wald verirrst und irgendwann musstest du zu diesem Haus kommen“, sein lautes und tiefes Lachen ertönte in meinen Ohren.
Mir liefen die Tränen über die Wangen und ich wusste jetzt müsste ich sterben. Das alles passierte nur weil ich den Mord mit ansah. Warum musste ich in diesen Augenblick auch gerade da sein.
„Tja Schätzchen, heulen bringt dir jetzt auch
nichts mehr“, sein grinsen verzog sich zu einer hässlichen Grimasse.
Doch ich wollte noch nicht sterben und trat um mich. Doch das verfestigte nur seinen Griff und ich schrie auf. Er zog mich auf dem Boden heraus in die Küche. Mir kam es wieder fast hoch, dieser Gestank war bestialisch. Er riss mich an meinen Haaren hoch auf die Füße und ich spürte wie er mir dabei Haare herauszog.
Er hielt mein Gesicht fest, damit ich in sein kantiges Gesicht schauen musste. Überall hatte er Narben und tiefe Falten. Seine Glatze sah aus wie frisch poliert und Schweißperlen sammelten sich darauf. Er war mir einfach zu wider und ich schloss meine Augen.
„Öffne gefälligst deine Augen“, dabei bekam ich einige Speicheltropfen ab. Langsam öffnete ich meine Augen und gab ihn einen gezielten Tritt zwischen seine Beine. Er sackte zusammen und das war meine Chance zu fliehen. Ich rannte aus der Hütte heraus und
wieder zurück in den Wald. Beim heraus rennen erhaschte ich einen Blick auf die Uhr, es war kurz vor um zwölf. Noch ungefähr sechs Stunden und es würde wieder hell werden. Ich rannte tiefer in den Wald herein, ob er mir gefolgt war? Selbst der Mond schien nicht mehr durch die Baumkronen, so dicht waren sie. Ich stolperte langsamer vorwärts. Hinter mir knackte es wieder und ich versteckte mich hinter einem Gebüsch. Aber weiter war nichts zu hören, auch war sein lauter Atem nicht zu hören. Flatternde Flügel waren zu hören und eine Eule. In diesem Wald war es wirklich gruslig.
Dann hörte ich jemanden schreien. Es war eine Männerstimme, ob ihm etwas zugestoßen war? Ich hoffte es denn dann konnte ich endlich zurück nach Hause. Ich spürte hinter mir einen Luftzug und wirbelte herum, aber es war nichts zu sehen. Wurde ich Paranoid? Dann war da wieder dieser Schrei. Ich beschloss weiter zu
laufen, denn was auch immer es war, es kam näher. Nach einer Weile rennen, kam ich auf eine kleine Lichtung, aber es war kein Haus zu sehen. Das heißt ich war wenigstens nicht im Kreis gelaufen. Doch was war da vor mir? Ein Friedhof?
Vorsichtig lief ich näher heran und sah mir die Grabsteine an. Hier war eine ganze Generation begraben. Gänsehaut überfuhr meinen ganzen Körper und es fröstelte mich.
„Wo bist du“, flüsterte er, dennoch konnte ich es hören. Das heißt er war ganz nah. Ich schaute mich nach einem Versteck um und beschloss auf einen geeigneten Baum zu klettern. Schnell war ich oben und hielt mich geduckt.
Er kam wacklig auf den Beinen, zu dem Friedhof gelaufen. Er sah gar nicht gut aus, aber das war doch nicht durch mich. Er hatte am Kopf eine große Platzwunde und ihm lief das Blut nur so
herunter.
„Glaube mir Mädchen, du möchtest lieber von mir getötet werden. Denn was hier im Wald ist, tut dir noch viel langsamer weh“ Ich hörte ein leises Geräusch über mir und schaute hoch. Jemand saß über mir und wollte gerade nach mir greifen, als er oder sie einfach wieder verschwand. Was ging hier nur vor …
„Was ist hier im Wald“, schrie ich aus meinem Versteck.
„Das willst du nicht wissen“, er lachte danach.
„Aber anscheinend kann es sie auch nicht leiden. Sonst würden sie nicht so bluten. Also sagen sie mir was ist das und was es will“
Wieder lachte er laut und grollend: „Stimmt sie mag mich nicht, denn ich habe sie umgebracht. Hier in diesem Wald mit ihrer Familie zusammen. Wenn du noch nie an Geister geglaubt hast, wirst du deine Meinung ganz schnell ändern“
„Geister? Sie spinnen doch“, flüsterte ich. Doch
da erschien ein Mädchen vor mir. Ich schrie auf und verlor meinen Halt. Doch ich konnte mich an einem untersten Ast noch festhalten. Das war seine Chance er griff nach meinem Bein und riss mich von Baum herunter.
„Na hast du sie gesehen“, er grinste mich an.
Er boxte mir in den Bauch und ich brach zusammen.
„Das war für vorhin. Jetzt komm mit ich habe noch einiges vor mit dir“
Er schleppte mich zurück in sein Haus und band mich an einem Stuhl fest.
Immer wenn er mal an mir vorbei lief bekam ich eine kräftige Ohrfeige.
„Können sie mich nicht einfach umbringen?“, flehte ich ihn an.
„Nein, denn so macht mir das viel mehr Spaß. Ich liebe es wenn Frauen um ihr Leben betteln“, er grinste mich widerlich an.
Plötzlich ging das Licht aus und überall klapperte es. Der große Mann, der immer so
stark war, schaute sich aufgeregt um. Eine Spieluhr ertönte und spielte ein bekanntes Lied, doch es fiel mir nicht ein wie es hieß.
Dann erschien ein Mädchen in einem schwarzen Kleid, dort wo ihre Augen seien sollten, waren nur schwarze Löcher. Ihr Mund war grotesk weit aufgerissen und überall klebte Blut.
„Oh Gott, was haben sie mit ihr getan?“, schrie ich ihn an.
„Das wüsstest du wohl gerne“, er versteckte sich hinter mir und schrie: „Verschwinde gefälligst. Du hast in meinem Haus nichts verloren“
Das war sein Haus? Wie konnte er es nur so herunterkommen lassen.
Das Mädchen öffnete ihren Mund noch weiter und ihr lief das Blut heraus.
„Dein Haus? Du hast es meinen Eltern gestohlen“, schrie sie mit ihrer verzerrten Stimme. Dann verschwand sie und das Licht ging wieder
an.
„Okay mir reicht es, ich werde gehen. Lange wirst du sowieso nicht mehr Leben und hier hört dich auch keiner“ Doch bevor er ging schlug er mir wieder und wieder ins Gesicht und zum Schluss stach er mir mit dem Messer in meinen Bauch. Lachend verließ er das Haus.
Ich schaute auf meine klaffende Wunde und wusste es würde nicht lange dauern, bis ich verblutet war. Kurz bevor ich in eine Ohnmacht fiel, hörte ich ihn wieder schreien und ich wusste das er tot war. Jetzt war ich bereit zu sterben, denn ich wusste er konnte nie wieder jemanden etwas antun.
Das Mädchen erschien mir noch einmal und flüsterte: „Du brauchst keine Angst haben. Bei uns wirst du es gut haben.“
Ich schloss meine Augen …