Nähte
Fühlst du einer Tag nicht auch dieses Stechen in der Brust? Spürst du nicht das kalte Messer in der Brust, sich bohrt tiefer in dein Fleisch? Fragst du dich nicht auch des Tages mal, welch Ziehen du verspürst im Nacken und im Rücken?
Hast du denn nie bemerkt, welch schlanke Finger, dies Messer umschlingen, bohrt es dir in den Leib, jedoch kein Blut deine Haut befleckt? Hast du nie gefühlt, wie der Faden durch deinen Körper zieht, jeden deiner Muskeln
trifft?
Hast du dich nie gefragt, wer die Fäden zieht, die deinen Körper durch ziehen? Hast du nie gemerkt, nie dir gedacht, was Schmerzen sind? Oder ist dein Kopf gar leer und mitleidlos hörst du die Schmerzensschreie nicht?
Und ja, ich seh, wurdest du blind auf die Welt gebracht. Deine Augen gähnen mich an, glanzlos und seelenlos, als seien sie aus Stein, bunt gefärbt und kugelrund.
Ein Paar Glaskugeln, darunter schlampig genähter Mund, wie eine Narbe prangt er
dir im Gesicht. Aufgequollen, wie es ist. Fettig hängen dir die Haare ins Gesicht, der kleine Körper wie er in ihrer Hand liegt und lässt sich mit dem Messer durchlöchern.
Seh ich gebannt zu, wie eine Fäde, ein Strang, wird gezogen dir durch den Leib und deine Mutter schenkt nur dir, ein Lächeln sanft.
Setzt sie erneut die Nadel an, tötet dich und fährt mitten durchs Herz. Einmal durch die Leber, einmal durch die Lunge, einmal den Rücken hinab. Näht sie dir geschwind ein Kleidchen an, du wirst immer tragen und darin verrotten,
damit du niemals musst frieren.
Und dann setzt sie dich zu deinen Geschwistern, die warten schon sehr lang auf deine Ankunft, dann lächeln sie dich steif an, für die nächsten Jahre lang.