DER BACH
Sein Bett ist meist tief eingegraben,
die Richtung ihm vorherbestimmt.
Nur manchmal wird er es sich wagen,
dass auch Freiheit er sich nimmt.
So oft fließt er ganz sanft und leise,
keine Gefahr dann von ihm droht,
geht friedlich plätschernd auf die Reise,
hält sich an sein Naturgebot.
Doch gibt es auch schroffe Stellen,
voll Wut stürzt er sich steil hinab,
produziert dort Schaum und Wellen,
sein Bachbett ihm den Grund so gab.
So wie ein Bach ist auch das Leben,
mal friedlich leise, mal sehr laut.
Immer wird es beides geben,
so oft wird dein Fluss umgebaut.
Harmonisch, voller Glück hinfließend,
so ist es gern bei dir zu sehen.
Hoffnung und Liebe in dir sprießend,
beides soll niemals vergehen.
Dann aber gibt es die Stromschnellen,
die alles durcheinander bringen,
die laut wie böse Hunde bellen,
die wie Stürme in dir schwingen.
Und wenn das Wetter gar so tobt,
dann tritt das Leben aus dem Bett,
dann wird dein Grundsatz hart erprobt,
denkst: Wenn ich‘s doch getan nicht hätt‘!
Und doch, nach jedem Übertreten,
der Bach kehrt in sein Bett zurück.
Genauso in den deinen Nöten
findest du dich Stück für Stück.
©Sylke Eckensberger
2/14
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