Kurzgeschichte
Wer bin ich denn, wenn ich nicht älter werde?

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"Wer bin ich denn, wenn ich nicht älter werde?"
Veröffentlicht am 25. Februar 2014, 6 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Wer bin ich denn, wenn ich nicht älter werde?

Wer bin ich denn, wenn ich nicht älter werde?

Wer Bin Ich denn, wenn ich nicht Älter werde?

Ich ziehe meine Sonnenbrille an, auch wenn es Februar ist, denn es ist cool. Ich laufe durch die Menschen auf der Einkaufsstraße. Aber vorallem will ich nicht gesehen werden und die Dinge nicht sehen, wie sie sind. Ich hatte heute Dr. Oetkers Brownies mitgebracht, was nicht meine Art ist. Sonst backe ich immer selber. "From scratch" sagen die Amerikaner. Ich habe das Gefühl, ein Teil von mir ist tot. Ich gehöre nirgendwo hin. Ich war Kaffeetrinken mit alten Freunden, was auch unüblich ist, denn ich hatte noch nie alte Freunde, Freunde, die ich

vermisse, mit denen ich nichts mehr zu tun habe, mit denen ich dann Kaffee trinken will. Entweder habe ich meine Freunde um mich herum oder ich habe mit ihnen nichts mehr zu tun. Wie auf einer Packung Milch hat jede Freundschaft ein Ablaufdatum irgendwo versteck darauf gestempelt. Aber jetzt habe ich Milchkaffee getrunken, haltbare Milch also wahrscheinlich, und irgendwie war ich nicht mehr ich und sie nicht mehr sie und ach was sollte das? Es hat mich gefreut, aber nicht glücklich gemacht, nicht wirklich, eher ziemlich traurig. Ich habe gemerkt, wie viel ich verpasst habe, wie viel ich nicht gemacht, wo ich

gefehlt habe, wo ich vielleicht nicht reingepasst hätte. Vielleicht hätte ich nicht reingepasst. Aber wer war ich denn. Ich überlege, wo ich sein will. Ich will nirgendwo sein. Sie hatte mir gesagt, ich habe mich nicht verändert, hat gelacht, als sei nichts dabei, aber sie hat nicht recht. Zwei Jahre, wer bin ich denn, wenn ich mich nicht verändere! Es stimmt nicht. Sie sieht das nicht, aber sie sah heute sonst alles. Sie hatte mit allem, was sie sonst heute gesagt hat, recht. Und A. hat gelacht für alle, aber für mich lacht sich nicht mehr. Sie hat überhaupt nicht mehr viel übrig. Es fühlt sich an, als wäre mein Herz drei

Mal gebrochen, doch das Schlimme: es ist nicht die Wahrheit. Ich habe noch nicht einmal eine Zeit, um die ich trauern könnte. Nur den Schmerz, kalt und undurchsichtig. Er hat die E-mail an die falsche Adresse geschickt, an die alte, wie geht das Passwort nochmal? Das bin nicht mehr ich, aber er weiß es nicht. Ich laufe keine Umwege mehr, um das schöne Haus zu sehen. Bleib nicht mehr stehen, um die Menschen tanzen zu sehen. Ich kaufe die Zeitschrift, um sie nicht zu lesen. Wie kann so viel passieren, ohne dass viel passiert? Mama hat mich gerade angerufen. Kinder spielen allein, was ist das für eine Welt? Sie kann mich nicht

abholen, aber das ist okay. Bin gleich zu Hause!

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