Unerwartetes
Es war eine laue Sommernacht.Sainabou saß mit ihrer Mutter und ihrer kleinen Schwester am Tisch und spielte Karten. Sie war inzwischen 14 Jahre alt und hatte sehr viel Fantasie. Manchmal,wenn sie sich langweilte,fing sie an zu träumen. Ihre eigene Traumwelt,wie würde die wohl aussehen? Was würde dort passieren? Im Moment stellte sie sich ihren Traumtypen vor. Aber ob es ihn wirklich gab? Es donnerte. Sainabou zuckte zusammen. Sie seufzte. Es war wohl mal wieder Zeit für Gewitter. Doch es schien nah zu sein und viel schlimmer als sonst. Warum wurde keine
Warnmeldung rausgegeben? "Wawa,was ist das?" Felicitas,ihre kleine Schwester,fing an zu weinen und zu schreien. "Hey!Alles ist gut Fee! Das ist doch nur ein harmloses Gewitter!"Ihre Mom nahm sie auf den Arm. "Es scheint schlimm zu sein da draußen.Hoffentlich steht Gott uns bei.",flüsterte ihre Mutter mit großen Augen zu Sainabou. Es donnerte schon wieder. "Wir sind hier doch sicher?!",fragte Sainabou.Sie hasste Gewitter.Vorallem die besonders schlimmen.Helles Licht strömte ins Zimmer.Sainabou erschrak.Das Gewitter war so nah.Sie zählte die Sekunden,doch plötzlich war alles dunkel und Sainabou regte sich nicht mehr.
Wo bin ich?
Sainabou blinzelte. Sie richtete sich auf und sah eine riesengroße, saftig grüne Wiese auf der viele bunte Blumen wuchsen. Über ihr war ein schön, klar blauer Himmel. Doch wo waren ihre Mutter und ihre Schwester? Und warum lag sie auf dieser Wiese? Was ging hier vor sich? Das ist doch bestimmt nur ein böser Traum. "Mama? Fee?" Sainabou schrie schon vor lauter Panik. "Wo seid ihr? Kommt schon das ist nicht mehr witzig!" Sie zitterte. Alles blieb still. Man hörte und spürte nur eine kleine Windbrise. Nichts regte sich.
Erschrocken stand Sainabou auf. Sie rannte einfach drauf los. Sie wusste noch nicht mal wohin sie lief oder wie lange, aber als sie schon ziemlich kapputt war hielt sie an. Sie ging in die Hocke und atmete tief durch. Als sie gerade ihren Blick hob, war sie wie festgefroren. Vor ihr stand ein wunderschönes Haus. Es war aus Holz und der Garten war voller schöner, großer Bäumen. Plötzlich öffnete sich die Tür und vor ihr stand ein... Das konnte doch nicht sein! "Papa? Papa! Bist du das?",rief Sainabou verwirrt. "Ja, ich bin es!" Er lächelte. "Warum bist du hier, Papa?" "Ich bin tot, mein Kind! Das hier ist
der Himmel. Und man lebt in einer Art Wunschwelt. Ich habe mir gewünscht, nach dem Tod euch wiedersehen zu können. Ich wollte ein schönes, altes Holzhaus - und ich habe es.", meinte ihr Vater. "Ich habe mir gewünscht dich wiederzusehen Papa! Ich wollte nur dich wiedersehen!" Sainabou fing vor Freude an zu weinen. Sie rannte auf ihren Vater zu und fiel in seine Arme. "Wie bist du... Also... Wo bist du denn gestorben? Du musst es mir nicht erzählen, mein Engel!", sagte ihr Vater behutsam. Sainabou hörte auf zu weinen. "Ehrlich gesagt weiß ich das gar nicht! Ich weiß nur noch das
so ein schlimmes Gewitter war! Fee hat geweint und Mama sah auch ziemlich besorgt aus. Und dann kam dieses Licht... Naja! Dann hab ich mich auf einer Wiese wiedergefunden.", erklärte Sainabou es ihm. "Ich weiß es natürlich nicht, aber kann es sein, dass du durch den Blitz gestorben bist?" "Das kann gut sein! Aber wo ist denn mein Körper jetzt? Der verschwindet doch nicht einfach! Also in der realen Welt, meine ich.",fragte Sainabou. "Er liegt noch dort. Ich habe hier auch schon viele andere getroffen. Es ist interessant zu erfahren wie andere gestorben sind. Ich weiß ja wie ich
gestorben bin. Ich bin an einer spanischen Grippe gestorben. Einige sind an Krebs oder bei einem Unfall gestorben. Ich habe erst ein anderes Kind getroffen, das schon über 23 Jahre hier ist und auch an der spanischen Grippe gestorben ist. Ziemlich tragisch! Vorallem als Kind! Man hat ja noch das ganze Leben vor sich! Aber jetzt komm erst mal rein! Ich zeige dir das Haus, den Garten und das Dorf. Es ist hier ganz in der Nähe. Unser Haus ist etwas abgeschieden, aber du hast dein eigenes Zimmer und kannst es dir so herrichten, wie du es dir wünschst. Hier wird auch noch genug Platz für
Fee und deine Mutter sein. Hoffentlich aber erst in mehr als 20 Jahren. Das Haus wird dir aber gefallen!", erklärte er ihr. "Du, Papa?" "Ja mein Engel?", erwiderte ihr Vater lächelnd. "Wird man hier nicht älter? Ich meine, du siehst noch genauso aus wie vor 7 Jahren.", fragte Sainabou schüchtern. "Das du das noch weißt! Der Uhrzeiger bewegt sich, die Zeit die man hier ist wird auch länger. Nur man sieht das Ganze einem nicht an. Man stirbt hier nicht. Man geht, wenn man es sich wünscht. Jeder sieht so aus wie nach seinem Tod.", meinte ihr Vater. "Achso! Kann ich die Anderen hier
auch mal sehen?" "Natürlich! Aber jetzt komm endlich rein." Lächelnd gingen beide in das Haus hinein.
Realität?
Ihr Vater zeigte ihr das ganze Haus. Alles sah so wunderschön alt aus. Ihr Zimmer war besonders groß. Sofort fing sie an es auch einzurichten. Sainabou überlegte, woher sie wohl Farbe bekam. Da fiel ihr wieder ein, dass ihr Vater ja gesagt hatte, dass man sich das wünschen muss, was man will oder braucht. Sie schloss ihre Augen und dachte an einen sandfarbenen Eimer Farbe. Ja, so eine Farbe hätte sie gerne! Als sie die Augen wieder öffnete, stand der Eimer schon vor ihr! Das war ziemlich nützlich! Man musste ja noch nicht mal einkaufen gehen. "Also
los!", sagte Sainabou sich.
Sie fing an und strich alle Wände sandfarben. Es war ein schön beruhigender Ton. Als nächstes wünschte sie sich schwarze Vögel als Wandtatoo. Es passte gut dazu.
Als Sainabou das Zimmer fertig eingerichtet hatte, rief sie ihren Vater. Er war erstaunt wie schnell sie das schon direkt am Anfang geschafft hatte. "Wollen wir mal ins Dorf gehen?", fragt sie ihr Vater. "Ja klar, gerne!", meinte Sainabou. Zusammen gingen sie ins Dorf runter. Ihr Vater erzählte ihr einiges über die wichtigsten Leute im Dorf. Sainabou lernte eine nette alte
Frau kennen, die einmal im vorigen Leben eine Nachbarin von ihrem Vater war, eine ehemalige gute Freundin von ihm und sie lernte sogar endlich ihren Opa kennen, der schon früh gestorben war. Alle begrüßten sie sehr herzlich und Sainabou musste immer wieder erzählen, wie sie hierher gelang. Alle hörten ihr aufmerksam zu, doch die Zeit verging wie ihm Flug und schon ging die Sonne unter. Da fragte sich Sainabou, ob ihr Vater ihre Mutter und ihre Schwester nicht vermisste oder mal wieder sehen wollte. "Was ist los mein Engel? Ich sehe dir doch an das etwas nicht mit dir stimmt!" "Ich überlege nur, ob du Mama und Fee nicht vermisst.
Ich vermisse sie nämlich jetzt schon." Tränen stand in Sainabou's Augen als sie das sagte. Ihr Vater nahm sie in den Arm. "Komm her Engel!" Eine Weile standen sie da, Arm in Arm, bis ihr Vater anfing zu erzählen. "Es ist so! Einen Menschen den du liebst und der in deinem Herzen ist, der wird es auch hier immer bleiben. Du vergisst nie wie sie aussehen, wie sie riechen oder ihr Lachen. Die Erinnerung bleibt! Das Besondere hier ist, dass du spürst wenn es ihnen schlecht geht oder auch wenn sie bald zu dir kommen." "Also hast du gewusst das ich zu dir kommen würde?", fragt Sainabou erstaunt. "Ja! Ich habe mich zwar auf dich gefreut,
aber ich war natürlich auch erschrocken, da ich mich darauf eingestellt hatte, dass ihr alle erst in einigen Jahren kommen würdet. Jetzt bin ich froh das ich dich endlich wieder habe." Er lächelte. Schweigend gingen sie weiter. Man sah schon ihr Haus da fragte Sainabou: "Papa? Gibt es hier welche in meinem Alter? Oder sind alle schon länger hier?" "Es gibt einen Jungen der erst seit 2 Wochen hier ist und er ist auch in deinem Alter. Er ist aber gerade auf einem Angel-Ausflug mit seinem Bruder, weil sie sich schon so lange nicht mehr gesehen haben. Sein Hobby hat er nicht aufgegeben als er hierher kam, aber er hat genauso viele
Fragen wie du gestellt und er war sehr enttäuscht, dass keiner in seinem Alter hier war. Er wird sich bestimmt freuen." "Wann kommt er denn wieder und wie heißt er eigentlich?", fragte Sainabou ganz aufgeregt. "Morgen früh müsste er zurückkommen. Sein Name ist Louis."