Einleitung
Anshale ist ein Mann auf der Suche nach seiner Vergangenheit. In einem Land, zerrissen von einem Religionskrieg zwischen der Numen-Kirche und den Geisterbeschwörern der Kal’ban bleibt ihm jedoch kaum Zeit, seine verlorenen Erinnerungen aufzuspüren. Lediglich Grauer ,der mysteriöse Anführer der Kal’ban, scheint etwas über ihn zu wissen. Als dieser ihn bittet , ihm dabei zu helfen , einige Gefangene zu befreien findet er sich plötzlich direkt zwischen den verfeindeten Fronten wieder. Und auf dem alles entscheidenden
Schlachtfeld von Ebenwald offenbart sich ihm schließlich eine Wahrheit, die ihn zur Entscheidung zwingt.
Kapitel 29 Anehlas Fall
Dralyn brannte als Anshale sich dem Ort näherte. Zwischen den umliegenden Bergen eingekeilt wurde die letzte Bastion der Kal’ban nun Opfer des Feuers.
Die Flammen schlugen hoch in den rauchverhangenen Himmel. Anshale setzte über eine zusammengefallene Barrikade hinweg. Der Inquisitoren in voller Panzerung saßen vor den Stufen eines geplünderten Hauses, als sie ihn jedoch bemerkten, stand einer der Männer auf. ,, Anehlas ? Was macht
ihr…“
Anshale ging einfach an ihm vorbei. Sollte jemand versuchen, ihn aufzuhalten. Der Mann war zum Glück nicht so dumm, es zu versuchen. Er starrte ihm lediglich mit einer Mischung aus Unverständnis und Angst nach.
Er kam vielleicht zu spät…. Der Gedanke brachte Anshale dazu, seine Schritte zu beschleunigen. Und auch Celcine wurde unruhig.
,, Was ist los ?“ , fragte er, während sie an weiteren ausgebrannten Gebäuden und provisorischen Verteidigungswerken vorbeihasteten.
,, Grauer.“
Am Ende der Siedlung befand sich ein
einzelner, noch intakter, Steinbau. Und davor…
Grauer stand mit dem Rücken zu ihnen, ruhig auf den griff seines Schwerts gestützt. Anehlas hingegen trat grade aus den zerschmetterten Türen des Gebäudes und musterte Grauer mit einer Mischung aus Hass und Misstrauen.
,, Genug.“ , rief er und stürzte sich, die Klinge erhoben auf den Kal’ban. Dieser parierte den Schlag und führte dann seine eigene Waffe in einer Aufwärtsbewegung gegen Anehlas Kiefer. Das Schwert verfing sich im Helm des Großmeisters der Inquisition, der sich dadurch jedoch nicht beirren ließ. Er nutzte den kurzen Augenblick um
Grauer die Klinge in die Brust zu stoßen. Eine Welle aus Licht fegte über den Platz, als der Kal’ban zusammenbrach. Anehlas wurde von der plötzlichen Druckwelle zurückgeschleudert, während Anshale an die Seite des gefallenen Magiers stürzte.
Celcine kauerte sich neben den Kopf des tödlich Verwundeten.
,, Und wer bist du ?“ , fragte Grauer matt und zog sein Schwert zu sich heran.
,, Ich bin Anshale.“ , antwortete er.
,, Dann weißt du… was du zu tun hast.“ Mit einer letzten kraftvollen Bewegung drückte ihn der Kal’ban die Klinge in die Hand. Dann wurde er
still…
Anshale sah langsam zu Celcine. Grauer war grade gestorben. Warum…
,, Ich wusste immer du bist eigentlich ganz in Ordnung.“ , meinte der Fuchsgeist und trat neben ihn.
Er spürte das Feuer, das plötzlich durch seine Adern zu strömen schien. Neue Kraft, die ihn die letzten Tage des Herumirrens im Schnee und der Flucht durch die Berge vergessen ließ. Celcine löste sich in einer Flamme auf, die seinen Arm hinauf wanderte und dann verschwand. Aber nicht endgültig. Es war fast, als könnte er ihre Gedanken hören. ,, Willst du hier noch lange herumsitzen oder es zu Ende bringen
?“
Er lachte und erhob sich.
,,Du schon wieder.“ Anehlas rappelte sich grade im Schnee wieder auf. ,, Was immer der alte vorhatte, es ist gescheitert.“
Wieder musste Anshale lachen. Das alles hierfür ? ,, Ich bin hier oder ? Es ist nicht gescheitert. Es endet hier Anehlas.“
,,Dein Leben sicherlich.“ , erwiderte dieser wütend.
,, Meine Erinnerungen sind zurück. Ich fühle den gleichen Schmerz, den du fühlst, den gleichen Zorn. Anehlas. Aber du hast zugelassen, dass der Schmerz dich bestimmt. Ich mache nicht
denselben Fehler zweimal. Ich habe etwas, das du nie gekannt hast. Jeder dieser Menschen hier ist besser als du. Sie haben Werte. Sie haben Träume. Sie haben Ziele. Und ich kann dich nur bemitleiden.“
,, Dann bemitleide dich selbst.“ Anehlas stürzte sich mit einer Blitzschnellen Bewegung auf ihn. Lächerlich. Anshale sprang Beiseite und führte einen Hieb gegen den Schädel des Großmeisters. Der Helm wurde seinem Gegner vom Kopf gerissen und landete mehrere Schritte entfernt im Schnee.
Anehlas seinerseits attackierte ihn mit einer schnellen Abfolge von Schlägen. Anshale musste etwas zurückweichen,
wich dabei aber zur Seit weg und ließ die Klinge auf den Hals seines Gegners zurasen.
Anehlas parierte den Hieb im letzten Augenblick und schlug nach seinem Schwertarm, nur um festzustellen, das Anehlas längst ausgewichen war. Keiner konnte die Oberhand gewinnen.
,, Das ist lächerlich.“ , rief der Inquisitor. ,, Du kannst mich nicht besiegen, ich kann dich nicht verletzen. Was soll das werden, du und ich im Zweikampf bis zum Ende der Zeit?“
Anehlas griff ihn erneut an und Anshale wehrte jeden Hieb ab, kurz bevor er ihn erreichte.
Er… ich habe recht, dachte er grimmig.
Selbst wenn ihre Beweggründe jetzt nicht mehr verschiedener sein könnten… Jeder hatte genau die gleiche Kampferfahrung. Das gleiche Training. Die gleichen Schlachten…
Er musste das eine tun, zu dem weder Anehlas noch Grauer je in der Lage gewesen waren. Anshale löste sich aus dem Kampf und ließ sein Schwert sinken.
Anshale grinste lediglich schwach. ,, Bist du völlig verrückt geworden ?“ , fragte er ,, Kämpfe gefälligst.“
Anshale schüttelte den Kopf. ,, Es ist vorbei. Gib jetzt auf und ich erlaube dir und den restlichen deiner Männer einen sicheren
Rückzug.“
Anehlas sah ihn lediglich ohne Verständnis an. ,, Dann stirb eben so.“ Mit einem Aufschrei ging er auf Anshale los, das Schwert auf dessen Brust gerichtet.
Im gleichen Moment jedoch trat Anshale zur Seite und durchbohrte Anehlas. Der Großmeister der Inquisition erstarrte, als der Stahl sich durch seinen Körper fraß. Fast im selben Moment ließ Anshale die Klinge los.
Anehlas hingegen stürzte auf die Knie. ,, Wie ?“ , brachte er hervor.
,, Ich habe das eine getan, zu dem du niemals in der Lage wärst. Das du nicht verstehst. Ich habe mir verziehen. Ich
habe… aufgehört zu kämpfen und es akzeptiert.“
,, Ich begreife nicht…“ Blut lief Anehlas aus dem Mundwinkel
,, Natürlich nicht. Du bist nicht ich.“
,, Und vielleicht hast du damit recht… Aber auf eine Art habe ich mich immer gefragt was wohl geschehen wäre, wenn alles anders gekommen wäre. Belynia wartet im Licht auf mich….“
,, Ich werde euch nicht so schnell folgen. Es gibt viel zu tun.“
,, Aber du würdest es.“ Anehlas lachte laut, bevor er reglos in sich zusammensackte.
Die restlichen Inquisitoren, die sich noch in Dralyn befanden standen regungslos
auf dem Kampfplatz. In der Tür zum Steinbau drängten sich die Überlebenden Kal’ban.
Anshale zog die Klinge aus dem Körper des Toten, der sich im selben Moment in Rauch auflöste. Es gab nur noch ihn.
Er richtete die Waffe auf die wartenden Inquisitoren. ,, Flieht. Und setzt nie wieder einen Fuß auf das Land der Kal’ban. Bleibt an eurer Küste, sagt das auch euren Oberen. Ansonsten werde ich kommen um sie zu holen.“
Die ersten entfernten sich, langsam Rückwärts stolpernd. Anshale suchte die Grüße der auf den Platz strömenden Kal’ban ab und entdeckte Gwenth und
Lina.
Er winkte ihnen halbherzig zu. Aber etwas hatte sich heute geändert. Er drehte sich um und sah über die Reihen der verbrannten Häuser dem Rückzug der Inquisition zu. Es war vorbei….
Und doch hatte er das Gefühl, es könnt grade erst begonnen haben.
,, Anshale ?“ Gwenth trat neben ihm.
,, Das ist mein Name.“ , erwiderte er ruhig. ,, Dessen bin ich mir ganz sicher.“