Anshale ist ein Mann auf der Suche nach seiner Vergangenheit. In einem Land, zerrissen von einem Religionskrieg zwischen der Numen-Kirche und den Geisterbeschwörern der Kal’ban bleibt ihm jedoch kaum Zeit, seine verlorenen Erinnerungen aufzuspüren. Lediglich Grauer ,der mysteriöse Anführer der Kal’ban, scheint etwas über ihn zu wissen. Als dieser ihn bittet , ihm dabei zu helfen , einige Gefangene zu befreien findet er sich plötzlich direkt zwischen den verfeindeten Fronten wieder. Und auf dem alles entscheidenden
Schlachtfeld von Ebenwald offenbart sich ihm schließlich eine Wahrheit, die ihn zur Entscheidung zwingt.
Der Schnee stand ihm fast bis zur Hüfte, als Anshale sich einen weiteren Schritt vorankämpfte. Wie lange war er schon unterwegs? Er wusste es nicht. Die Kälte war schneidend trotz des schweren Pelzmantels, der ihm über die Schultern fiel und sein Atem gefror vor ihm in der Luft. Schnee peitschte um ihn herum, als versuchten die Naturgewalten ihn zu Boden zu drücken.
Celcine hingegen schien die Kälte kaum zu spüren, auch wenn der Schnee dem Fuchs natürlich noch mehr zu schaffen machte. Die Spur, welche die Beiden
Reisenden in der weißen Landschaft hinterließen blieb kaum eine Minute erhalten. Langsam begann Anshale zu fürchten, dass sie sich hoffnungslos verirrt hatten. Ein weiterer Schritt und sein Bein knickten ohne Vorwarnung unter ihm weg. Der gesamte Hang, den er sich eben noch heraufgekämpft hatte geriet in Bewegung, als die Schneemassen unter ihm wegrutschten. Er schlug auf dem Boden auf, und wurde von dem losgelösten Brett aus Eis und Schnee mitgerissen. Rasch versuchte Anshale sich wieder aufzurichten, nur um mit dem Kopf hart gegen den gefrorenen Grund zu schlagen. Ihm wurde kurz schwarz vor
Augen. Als Anshale die Augen wieder öffnete, war er allein. Der Schnee war erneut zur Ruhe gekommen. UM ihn herum ragten dutzende von Eiskristallen aus dem gefrorenen Boden. Eine Meilenweite Hochebene aus Eis. Sonst war nichts zu sehen. Langsam stand er auf und klopfte sich den Schnee aus den Kleidern. Irgendetwas an diesem Ort beunruhigte ihn, ob es nun die Leere oder die Stille war. Wo war bloß Celcine geblieben? Er hatte ohnehin nicht Verstanden, wieso sie darauf Bestand ihn zu begleiten. Was immer er hier finden mochte und im Moment standen die Chancen gut das es der Tod war, dachte er bitter, es würde
weder ihr noch grauer nützen. Oder ? Wieder hatte er das Gefühl nur eine Schachfigur für den alten Kal’ban zu sein. Aber diesmal eine Freiwillige. Was immer ihn erwartete… Er zog das Schwert, nur um sich sicherer zu Fühlen. Die Klinge war in der Mitte durchgebrochen… Einfach großartig, dachte er frustriert. Die Waffe hatte seien gesamte Reise bis zu diesem Augenblick überstanden. Und nun hatte sie ausgerechnet en Geist aufgegeben… Er warf das zerbrochene Stück Metall weg, während er sich weiter durch die gefrorene Landschaft schleppte. Seltsam… Einer der großen Eiskristalle
erinnerte ihn entfernt an die Umrisse eines Menschen und als er näher trat… Das gefrorene Wasser war klar, wie der Kristall, den Grauer ihm gegeben hatte und unter seiner Oberfläche ruhte die Gestalt eines Mannes in Inquisitions-Panzerung. Rasch ging Anshale zum nächsten. Das gleiche Bild. Genauso bei dem Eiszacken danach. Eine ganze Armee der Inquisition eingefroren in der Bewegung wie es schien… ,, Wer wagt es meine Berge zu betreten ?“ Die donnernde Stimme schien aus keiner bestimmten Richtung zu kommen, sondern von überall her. ,, Noch ein verfluchter Inquisitor ? Oder seid ihr einer der wenigen Narren, die zu dumm
sind eine klare Warnung zu verstehen ?“ Anshale wich zurück, bis er mit dem Rücken an eine der Eissäulen stieß. Hecktisch suchte er mit den Augen die Umgebung ab. Ein einzelner Mann trat aus dem Schneegestöber heraus. Weiße Haare, in denen Schnee glitzerte umwehten seinen Kopf. Eine weiße Robe fiel ihm über die Schultern, besetzt mit Kristallen, die nur Eis sein konnten. Ein gewaltiger, weißer Wolf trat an seine Seite. ,,Also ? Wer seid ihr, das ihr es wagt hier zu erscheinen? Ich bin der Älteste der noch lebenden Erwählten. Ich habe an der Seite eurer legenden gefochten und mit euren Märtyrern
gerungen.“ Anshale tastete unter seinem Pelzmantel nach dem Eiskristall, den Grauer ihm gegeben hatte. Langsam hielt der das Amulett hoch. ,, Ich bin hier, weil ich Antworten suchte.“ Die eisblauen Augen seines Gegenübers blieben kalt, während er den Kristall in Anshales Hand musterte. ,, Mutig Junge. Ich weiß wer ihr seid. Aber ihr scheint euch noch nicht entschieden zu haben? Also, verratet mir euren Namen, Lautet er Anehlas oder Anshale?“ ,, Ich suche noch danach.“ , erwiderte Anshale. ,, Dann sucht dort.“ Kor deutete auf einem freien Pfad zwischen den
gefrorenen Toten hindurch. ,, Aber seit gewarnt. Was immer ihr findet, es ist gefährlich.“ ,, Was genau ist dort ?“ , fragte Anshale, während er Kors Blick folgte. In der Richtung, die der Erwählte wies, hob sich eine steile Felswand in den Himmel, welche die Hochebene begrenzte. Kor antwortete jedoch nicht. ,, Also ich soll es selbst rausfinden, richtig ? Na schön.“ Er setzte sich langsam auf die Felswand zu in Bewegung. Der Kristall in seiner Hand schien wärmer zu werden, während er sich der Bergflanke näherte. In den Felsen waren überall Symbole geritzt
worden. Zechen, wie er sie bisher nicht einmal bei den Kal’ban gesehen hatte. Was war das für ein Ort? Er ging an der natürlichen Mauer entlang. Die Symbole umrundeten eine etwa drei Meter große Lücke, in der der Fels blank belassen worden war. Der Stein den grauer ihm gegeben hatte glühte mittlerweile regelrecht und er musste sich zwingen, ihn nicht fallen zu lassen. Ohne Vorwarnung schnellte der Kristall aus seiner Handfläche und hinterließ dabei einen langen Schnitt. Er prallte gegen den blanken Felsen und…. Schlug direkt durch diesen hindurch. Langsam breiteten sich Risse im Stein aus, die breiter wurden, bis ein Teil des
unbearbeiteten Steins in sich zusammenfiel. Die schweren Felsbrocken schlugen mit Getöse auf den vereisten Grund. Dahinter lag ein in Dunkelheit gehüllter Durchgang. Anshale trat unsicher darauf zu. Weiter als ein paar Meter konnte er nicht in die Finsternis des entstandenen Eingangs sehen. Und Kor war ebenfalls verschwunden. Er war vollkommen allein. In den grob behauenen Wänden des Tunnels steckten zwei Fackeln. Rasch durchsuchte er seine Taschen nach einem Feuerstein und Stahl und entzündete diese. Das Licht brannte unstet, gab aber genug Helligkeit ab, dass er sich orientieren konnte.
Vorsichtig trat Anshale weiter in die Höhle hinein. Der Boden verlief leicht abschüssig und ging bald in eine aus dem Fels gearbeitete, gewundene Treppe über. War der Weg anfangs noch weit und bot mehr als genug Platz, rückten die steinernen Wände immer näher, so das ihm am Ende kaum noch Raum blieb um überhaupt vorwärts zu kommen. Schließlich jedoch wichen die Wände erneut zurück und die Treppe endete in einer weiteren Höhle. Oder zumindest glaubte Anshale, das es sich um eine handelte. Das Licht der Fackel reichte nicht aus, alles zu erhellen. UM ihn herum lagen Gesteinsbrocken und Schutt über den
Boden verteilt. Vorsichtig schritt er weiter ins Dunkel. ,, Lasst das Licht.“ , hörte er plötzlich eine leise Stimme. Aber im ewigen Schwiegen des Steins war sie klar zu verstehen. Anshale hob langsam die Fackel in der Hoffnung den kleinen Lichtradius um ihn etwas zu vergrößern. ,, Wer ist da ?“ Er machte ein paar unbeholfene Schritte in die Richtung, dass der die Stimme gekommen sein musste. Ein steinerner Thron erhob sich mitten zwischen den Steintrümmern. Und darauf saß eine einzelne Gestalt. Eine zerschlissene Robe mit der Farbe von Staub umhüllte den eingefallenen Körper. Haare, die von
alter und Steinstaub grau gefärbt waren rahmten ein ausgezehrtes Gesicht fast wie ein Schleier ein. Lediglich zwei paar Wache, intelligente Augen blickten darunter hervor. ,, ich sagte kein Lich.“ Der Mann machte eine einzige Handbewegung. Ein plötzlicher Luftstrom ließ die Fackel in Anshales Hand erlöschen. Aber die kleine Demonstration hatte ihm gezeigt, was der Mann vor ihm war. Seltsamerweise konnte er dessen Magie nicht spüren… Er fragte sich kurz ob das gut oder schlecht war. Aber wenn er hier unten war… Eingesperrt, denn das war der Fall, dann konnte Anshale gar nicht vorsichtig genug
sein. ,, Das Feuer brennt in meinen Augen nach all der Zeit.“ , erklärte der Alte, als ein sanfteres, bläuliches Licht aus seiner Handfläche auftauchte. Es war nicht besonders grell, leuchtete aber die komplette Höhle aus. Bis auf den Steinthron auf dem der Mann saß war alles leer. ,, Wer seit ihr ?“ , fragte Anshale. Er wusste nach wie vor nicht, was das alles zu bedeuten hatte ,, Ich kenne euch.“ , sagte der Mann lediglich, ohne seine Frage zu beantworten. ,, Denn wenn ich euch sehe, dann sehe ich mich. Vor langer
Zeit.“ ,, Das ist so was von keine Antwort.“ ,, Würde es euch helfen zu wissen, wer ich bin ? Ihr seid hier um eine Frage zu stellen. Ihr seid hier, weil ihr Antworten sucht. Seit ihr Anshale… oder Anehlas oder am Ende beide ?“ Der Mann sah nicht so aus, als hätte er diesen Ort vor einiger Zeit verlassen. Wie konnte er das wissen? Anshale beschloss es fürs erste dabei zu belassen. ,, Ich hatte lange Zeit über das geschehene Nachzudenken. Ich beneide euch Anshale… oder Anehlas, wie ihr auch genannt werden möchtet ist noch offen. Ihr habt eine zweite Chance.“ ,
sagte er. Anshale schüttelte entschieden den Kopf. ,, Es gibt nichts zu beneiden. Glaubt mir.“ ,, Nicht ?“ , fragte der Alte interessiert. ,, Ich würde sagen, diejenigen die heute noch unter meiner Stimme leiden, dem Flüstern, das diese Hallen verlässt würden euch da nicht zustimmen.“ ,, Von wem redet ihr ?“ ,, Jene auf ihrer Insel. Die ihr Madrekai nennt.“ Anshale wich instinktiv zurück. Der Alte stand jedoch blitzschnell auf. ,, Jene Wahnsinnigen sind das einzige Fenster in die Welt das mir blieb. Seit Kor es nicht über sich gebracht hat mich zu töten. Ich bin Keldrian .Ich bin der
Prophet der Numen.“ Anshale wollte wegrennen. Entweder war der Mann vor ihm völlig Wahnsinnig… oder er sagte die Wahrheit. Er wusste nicht welche Möglichkeit erschreckender war. Er war jedoch unfähig sich auch nur zu bewegen. ,, Anshale… lernt aus meinen Fehlern, macht nicht die gleichen Fehler wie ich. Ich habe zugelassen, das Machtgier meine Taten bestimmte. Für mich gibt es kein zurück. Aber für euch.“ Der Prophet stand jetzt direkt vor ihm, eine Hand erhoben. ,, Ihr werdet vielleicht sterben, aber es muss sein.“ Mit diesen Worten legte er ihm eine Hand
auf die Stirn. Anshale glaubte ihm sofort. Im selben Moment, wo ihn der seltsame Alte berührte strömte Schmerz in jeden Winkel seines Körpers. Als würde jede Faser einzeln darin zerrissen…. Anshale stürzte zu Boden. Dort jedoch, wo er gewesen war blieb ein Schatten zurück, der in sich zusammenzufließen schien, bis er die Gestalt eines großen Raben annahm. Nur um sich dann in einem Funkenregen aufzulösen. Schwer atmend setzte er sich wieder auf. ,, Was habt ihr getan ?“ Keldrian schwieg als er auf seinem Thron zusammensackte. Anshale trat vorsichtig und nach wie vor zitternd an
den Propheten heran. Er atmete nicht mehr… Statt Antworten schein es, hatte er nur ein weiteres Rätsel gefunden…
,, Anshale, bist du hier ?“
Und gleich noch eines.
,, Ich bin hier Celcine.“ , rief er nur. Mochten andere Geister wissen, wie der Fuchsgeist ihn wiedergefunden hatte…
Kapitel 28 Kor
EagleWriter Mhm, ich plane ein zweites Buch mal sehen ^^ lg E:W |