In den ersten Tagen quälten mich immer ein und dieselben Fragen. Sie waren immer in meinem Kopf und schrien laut. Oft saß ich in der Ecke meines kleinen, finsteren Raumes, die Knie an die Brust gezogen und mit den Armen fest umschlungen. So saß ich da, dachte an nichts Bestimmtes während die Fragen im Hintergrund umherflogen und nach einer Antwort verlangten. Wieso ich? Wo bin ich? Was ist passiert? Was habe ich verbrochen? Eines Nachts(ich weiß nicht ob es Nacht war. Es gibt keine natürliche Lichtquelle in meinem Raum die mir hätte sagen können wie spät es
war) würgte ich und übergab mich weil ich so viel geweint hatte. Die Verzweiflung in mir, in den ersten Tagen war zu blanker Panik geworden, ich hatte das Gefühl die Wände würden immer weiter auf mich zu kommen, Stück für Stück und die Luft immer stickiger und erdrückender wurde. Ich japste als bekäme ich keine Luft und schlug und kratzte gegen die Metallwände bis sie blutig und zerschunden waren. Ich denke es ist nun der 8. Tag den ich hier bin, in meinem Raum aus Metallwänden, verrostet und verschmutzt, an der Wand mir gegenüber ein blutiger Handabdruck meinerseits. Diese Ecke, von der aus ich einen guten
Blick auf den ganzen Raum habe, ist mein Zuhause geworden. Ich fühle mich, wenn ich mich so zusammenziehe, sicherer. Nicht beschützt(das Wort hat für mich schon an Bedeutung verloren) sondern nicht mehr gefangen in einem fremden Raum, sondern Zuhause, in meinem kleinen Bereich aus zwei Wänden die mich umschließen und an die ich mich lehnen kann wenn ich müde werde. Ob ich schlafe wenn es draußen tatsächlich Nacht ist oder ob ich bloß vor Müdigkeit einschlafe? Ebenfalls eine Frage die mich seid längerem beschäftigt. Würde ich nun in meinem richtigen Haus sitzen, könnte ich mir nicht vorstellen was man in einem
metallenen Raum macht, ohne Bücher, Fenster, wenigstens einem Fusselball den man durch die Gegend rollen könnte. Ich hätte nicht gewusst wie ich die Zeit totschlagen sollte. Sie würde so ewig lang an mir vorbeiziehen bis ich wahnsinnig würde. Doch jetzt wo ich hier bin, in dieser Situation der Ausweglosigkeit und Einsamkeit, kommt es mir weder so vor als würde die Zeit langsam oder schnell vergehen. Ich sitze in meiner Ecke, starre vor mich hin und gehe jedem Gedanken nach den ich aufschnappe. Die ersten davon waren allerdings, wie ich hier raus kommen würde und so verleiteten mich diese Gedanken in den ersten 2 Tagen dazu wie
ein gehetztes Beutetier zu versuchen aus zu brechen, so unmöglich dies auch war. Ich habe so laut und gell geschrien und mit den Fäusten gegen das Metall geschlagen, bis diese ganz taub und blau waren und mein Hals schmerzte und mir die Tränen in die Augen stiegen, bis ich mich schluchzend in eine Ecke verkroch. Ich habe versucht mit demjenigen zu reden der mich hier eingesperrt hat, in der Hoffnung er sei ein Sadist der mich die ganze Zeit über mit einer Kamera beobachtete. Aus diesen von Bitten und Flehen erfüllten Gesprächen waren Unterhaltungen mit mir selbst geworden. Ich hatte begonnen mit ihm über mein Leben, mein Zuhause und meine Freunde
zu reden, in der Hoffnung er würde mich aus Mitleid frei lassen doch später sah ich ein dass mich diese täglichen Gespräche davor abhielten endgültig den Verstand zu verlieren. Irgendwann hatte ich es aufgegeben und saß nur mehr stillschweigend auf dem Boden und vegetierte vor mich hin. Wie gesagt, gibt es keine Lichtquelle in diesem Raum bis auf eine Neonlampe die jedoch so schwach leuchtet und hin und wieder ausfällt dass entweder eine Ecke des Raumes oder der ganze Raum in Finsternis liegt. Am 4. Tag, an dem ich mich einigermaßen gefangen hatte, war plötzlich das Licht ausgefallen und der Schock und die Panik waren aus mir in
Form eines lauten Geschrei heraus gekommen. Ich hatte so laut geschrien dass meine Stimme von den kalten Metallwänden zurück geworfen wurde und sich wie Gestalten aus der Dunkelheit auf mich warfen und tausendmal lauter an meine Trommelfelle drangen. Die Handflächen auf die Ohren gepresst saß ich zusammen gekauert, reglos in der Finsternis, die mir wie ein Feind von hinten im Rücken kribbelte und schluchzte leise in mich hinein. Irgendwann hatte ich mich wohl in den Schlaf geweint, wo mir tausende Ängste in Albträumen begegneten, in Formen von Schlangen die mich bei lebendigem
Leib verschlangen bis hin zu meiner besten Freundin Jane die mich mit einem Messer in einem kleinen stickigen Raum gegenüber stand und jede endlose Minute näher zu kommen schien. Als ich wieder aufgewacht war, war das schwache flackernde Licht der Neonlampe wieder an und zeigte mir die unbarmherzigen kalten, von Rost zerfressenen Metallwände. Manchmal bestimmte diese Lampe über Tag und Nacht. Vor sich hin vegetieren und von Albträumen gehetzt werden. Gestern erst war sie wieder ausgefallen und ich hatte es nicht mal richtig mitbekommen, da mich meine Gedanken, an die ich mich nicht mal mehr erinnern kann, so gepackt
hatten. Nach ein paar Minuten hatte ich mich an die eisige Wand hinter mir gelehnt und war eingeschlafen. Ihr Licht hatte mich dann wieder geweckt, wer weiß wie lange ich also geschlafen habe. Vielleicht tatsächlich eine Nacht, vielleicht nur einige Minuten. Demnach kann ich also nicht genau sagen den wievielten Tag ich bereits hier bin. Doch ich klammere mich an die Zahl 8, des 8. Tages um wenigstens etwas zu haben das mir Halt gibt. Diese Wände, die mich jeden Tag an meine Gefangenschaft erinnern, scheinen sich nie zu erwärmen, egal wie lange ich in meiner Ecke sitze. Immerzu fröstelt es mich und ich reibe mir die Arme. Ich
trage immer noch die Sachen die ich anhatte als ich, aus meiner letzten Erinnerung, auf der Straße auf dem Weg zu meinem Haus war. Ein blass rotes T-Shirt, einen weißen Rock und meine Socken, die mir geblieben waren. Meine Schuhe sind weg. Wahrscheinlich hat sie mein Entführer. Ein lautes Geräusch lässt mich aufschrecken. Es ist ein kaltes Rattern und kurz darauf erspähe ich ein Eisentablett, dass durch den Spalt in der Wand, die einzige Verbindung zwischen mir und der Außenwelt, geschoben wurde. Ich richte mich vorsichtig auf, als könnte ich das Tablett voll Essen aufschrecken und verscheuchen. Heute ist es farbloses
Gemüse, zwei Scheiben Brot und ein großes Glas Wasser in dem wieder eine seltsame Tablette schwimmt, wie jeden Tag. Ohne mir mehr Gedanken darüber zu machen was diese Tablette wohl mit mir anstellt, nippe ich etwas an dem trüben Wasser und nehme einen Bissen vom Brot nachdem ich mich wieder in meine Ecke verkrochen habe. Ja, dieser Spalt, der dafür sorgt dass ich nicht verhungere, ist das einzige sichtbare Verbindungsstück zwischen mir und dem was außerhalb der Metallwände liegt. Die Tür mir gegenüber bleibt mir unsichtbar, nirgendwo ein verräterischer Spalt der mir sagen könnte wie groß sie ist oder ob sie doch nur ein Wunsch
meiner Selbst ist. Ich habe keinen Appetit und lege das angeknabberte Brot zurück aufs Tablett und lehne mich an die kühle Wand. Meine Lider flackern und ich sinke ganz langsam in den Schlaf. Halb in der Realität gefangen höre ich schon das Scharben der Messer meiner Träume doch ich sehe noch verschwommen vor mir, die rostigen Metallwände. Irgendwann gleite ich ganz rüber in den Lärm meines Traumes der mich in Dunkelheit hüllt und mich gefangen hält
Ich strample mit aller Kraft gegen den Traum als ich aufwache. Doch seine Hände greifen immer wieder nach mir und versuchen mich zurück in sein dunkles Maul zu zerren wo all meine Vertrauten auf mich warten, um mir die Haut vom Leib zu ziehen. Schweißgebadet schaffe ich es mich von ihm los zu reißen und schlage die Augen auf. Das flackernde Licht der Neonlampe und die blaugrau Silberfarbe der Metallwände, vermischt mit braunem Rost, verschwimmen vor mir zu einem wankendem Bild, verzerrt und
unerkennbar. Bin ich immer noch in jenem Raum oder wurde mein Flehen erhört und ich bin frei? Oder habe ich mir dieses Gefängnis nur eingebildet? Etwas scheint anders zu sein, als sich nicht mehr alles um mich dreht und ich halbwegs klar sehen kann. Misstrauisch schaue ich mich um. Ich scheine noch immer in diesem Raum gefangen zu sein, ich erkenne seine Wände und die flackernde Neonlampe die über mir prangt. Doch es scheint mehr Licht im Raum zu liegen. Aber es kommt nicht von der Lampe. Etwas passt nicht ins Bild und ich versuche zu erkennen was es ist. Vor mir liegt keine Wand mehr. Jene vertraute Farbe dieser Mauer ist
weg und anstelle sehe ich Schwärze, erleuchtet durch violetten Schein. Es dauert einige Minuten bis ich verstehe dass die Tür sperrangel weit offen steht, die mich jeden Tag mit Nahrung durch einen dünnen Spalt versorgt hatte. Einladend steht sie weit offen, so dass das Licht der violetten Lampen in den Raum fällt. Mein Kopf schwirrt und viele Stimmen rufen mir zu ich solle raus laufen und fliehen, ich solle stehen bleiben es könnte eine Falle sein, das ist nur Einbildung…. Ich versuche auf eine der Stimmen zu hören bis die, die mich zwingt nach draußen zu gehen, so laut wird dass ich gehorche. Langsam setze ich einen Fuß vor den anderen und wanke
zur Tür. Ich fühle mich taub, als sei dies alles tatsächlich nur Einbildung. Vorsichtig strecke ich den Kopf langsam raus und spähe in einen langen Flur der links und rechts von meinem Gefängnis wegführt. Eine Zeit lang bleibe ich stehen und warte bis jemand die Tür zu knallt und mich höhnisch auslacht, wie ich nur auf so einen dummen Witz herein fallen konnte. Doch es passiert nichts und ich wage mich etwas weiter raus. Der lange Flur ist ebenso mit Metallplatten ausgekleidet. Der Rost sitzt nur in den Ritzen und Kanten. Mit immer zwei Metern Abstand hängen kleine Neonlampen an den Wänden die diesen violetten Schein verbreiten und
den Flur ausleuchten. Ich stoße die Tür leicht an, dass sie so weit auf geht dass sie mir nicht mehr die Sicht zum rechten Teil des Flurs versperrt. Zögerlich trete ich ganz aus dem Türrahmen und entscheide mich dem Flur nach links zu folgen. Ich gehe dicht an der Wand und lehne mich an ihr an, mein Kopf ist noch nicht ganz schwindelfrei. Immer wenn mein Gesicht nah an einer der Lampen liegt, merke ich wie sehr ihr Licht blendet, obwohl das Licht der gesamten Lampen nicht ausreicht um jede Ritze und Ecke des Flurs zu beleuchten. Über mir hängt die Decke in Dunkelheit. Ich taste mich immer weiter voran und langsam beginnen meine Instinkte wieder
auf zu tauen. Nur noch die Stimme die mich dazu brachte mein Gefängnis hinter mir zu lassen, war übrig geblieben und bestimmte über mich. Ihr Ton war schärfer geworden. Wer treibt hier so ein krankes Spiel mit mir? Was soll dass, was erhofft sich dieser Sadist von meiner Gefangennahme? Und jetzt will er mich frei lassen? Nein, plötzlich verstand ich. Er lässt mich nicht frei. Ich spürte Zorn und Verachtung in mir aufsteigen, die die Angst überlappten. Es geht immer noch weiter. Wer weiß wie lange noch? Irgendwann bin ich so weit gegangen dass ich an einer Biegung stehe. Der Flur ändert seine Richtung und ich folge ihm, immer noch hellwach
und die Sinne angespannt. Ich sehe wie der Flur nach hinten hin aufgeht und in einen Raum mündet wo sich das violette Licht verstärkt. Meine Beine haben es auf einmal etwas eiliger und ich gehe immer schneller auf diese Lichtquelle zu. Endlich stehe ich am Ende des Flurs und sehe vor mir einen Raum. Größer als meiner und man hatte den Rost befreit. Die violetten Neonlämpchen hängen in größeren Abstanden an der hohen Wand und lassen schwarze Schatten zwischen sich. Die Decke liegt ebenfalls in Schwärze und der ganze Raum strahlt eine unbehagliche Aura aus, dass ich im Nacken zu schwitzen beginne. Meine Stirn läuft heiß an und
ich spüre wie sich jede Faser meines Körpers gegen diese Unbehaglichkeit sträubt. Hinten sehe ich wie der Flur weitergeht. Im Raum steht ein großer, quadratischer Tisch, aus ähnlichem Material gemacht wie der Raum doch etwas schwerer und fester. Schwer zu sagen aus was er gemacht ist. Er fühlt sich viel eisiger an als die Metallwände der letzten Tage. Ein violettes, dünnes Tischtuch liegt auf dem Tisch, dass sie Ecke über die Kanten hängen. Der Rand ist mit Mustern und kleinen Schleifen verziert. Es sieht aus wie von Großmutter persönlich genäht. An einem Ende des Tisches steht ein ebenso schwarzer und eisiger Stuhl mit
eingelassenen blass violetten Pölstern. Diese zwei Farben, scheinen hier vor zu herrschen und sorgen für diese Aura die meinen Körper dazu verleiten will, sofort kehrt zu machen und zurück in meine vertrauten vier Wände zu fliehen. Doch gerade als ich umkehren will und diesem Instinkt nachgeben will, entdecke ich einen zusammengefalteten Zettel auf der Seite des Tisches an der der Stuhl steht. Ich nehme ihn und falte ihn auf. Zu meiner Verwunderung steht dort mit
großen, überschwänglich gezogenen Buchstaben: Willkommen mein Gast, werde Teil meines Heims, trete ein und nimm wonach dir steht Sei ganz daheim. Ich lese die Zeilen laut vor als ich plötzlich ein Knirschen höre dass aus dem Flur mir gegenüber kommt und hallend in den Raum bricht. Es klingt wie das Schieben einer rostigen Tür und wieder verspüre ich den Drang so schnell wie möglich weg zu laufen, mich in meine Ecke zu verkriechen und mir ein zu reden, dies sei alles nicht wahr.
Das Geräusch verklingt und ich lege den Zettel wieder zurück an seinen Platz. Laut protestierend bewegen sich meine Beine weiter vorwärts bis ich den Raum hinter mir lasse und in den nächsten Flur trete, der genauso aussieht wie der aus dem ich gekommen bin. Dieser ist kürzer und biegt sich bald wieder zu einer Ecke. Ich folge dem Flur bis ich plötzlich auf einen kleinen Vorraum stoße. An ihm grenzt eine Metalltür an, die weit offen steht und mir den Weg zu einem noch größeren Raum wie den letzteren weist. Ich linse vorsichtig in den Raum der viel höher und weiter ist als der andere. Auch in ihm steht ein Tisch, doch ist er mehr eine lange Tafel
die mit einem dunkleren Tischtuch überzogen ist. In der Mitte steht ein dreiarmiger Kerzenhalter mit tiefvioletten Kerzen mit angesengten Dochten. Erst jetzt höre ich das stetige Geräusch von einem Messer und einer Gabel, die über einen Teller fahren und leicht quietschen. Ich unterdrücke einen Ausruf der Überraschung und Schrecken und verstecke mich hinter der Tür. Die Person die gerade isst lässt sich nicht stören obwohl ich sicher bin dass sie mich gehört hat. Nach einiger Zeit linse ich wieder vorsichtig hervor. Mein Herz hämmert mir laut und schmerzend gegen die Brust als ich die Person in Augenschein nehme, die am einen langen
Tischende sitzt und aus einem weißen Porzellanteller ist. Sie schneidet ein Stück Fleisch und schiebt sich die mundgerechten Häppchen in den kleinen Mund. An der Art wie sie versucht teilnahmslos auf den Teller zu blicken, erkenne ich dass sie mich gehört hat. Langsam trete ich aus dem Türrahmen. Ich will die Person genau sehen, die mich entführt hat. Auch als ich aus dem Türrahmen getreten bin, schaut die Person nicht auf. Ich gehe etwas weiter auf sie zu bis meine Hände die Lehne des Stuhles vor mir greifen können und ich nun das Kauen hören konnte. Fassungslos aber auch neugierig starre ich in das kreidebleiche Gesicht, das
mich immer noch keines Blickes würdigt. Die schwarzen, glänzenden Lippen bewegen sich gleichmäßig auf und ab als sie sich etwas Kartoffelbrei in den Mund schiebt. Nach einiger Zeit legt sie das Silberbesteck quer auf den Teller, tupft sich die Mundwinkel vornehm mit einer Serviette ab und wendet sich mir zu. Das Gesicht lächelt mich an. Es ist ein schwaches Lächeln, nur so dass es die Wangen anhebt aber es strahlt große Freude und Entzücken aus. Mir bleibt der Mund offen stehen, als ob ich etwas sagen wollte doch ich wüsste nicht was. „ Ich freu mich dass du zu mir gefunden hast.“ Hebt sie plötzlich mit samten, Träller Ton an. Das
Mädchen sieht mich mit großen Augen an, die von langen schwarzen Wimpern und schwarzem Liedschatten umrahmt sind. Ich merke erst jetzt dass sie mit mir spricht und stottere etwas. Irgendwie scheint auf einmal jegliche Angst von mir gewichen zu sein. Sie lächelt, als warte sie darauf dass ich etwas sage. Als ich immer noch schweige deutet sie auf den Stuhl, in den ich mich kralle und sagt mit süßer Stimme: „ Bitte, setz dich doch.“ Zögerlich schiebe ich den Stuhl nach hinten, setze mich auf den weichen Polster und lege die Hände in den Schoß. Vor mir steht ein Teller, Randvoll mit dem zarten Fleisch und
Kartoffelbrei. Meine Kehle ist auf einmal ganz trocken, als ich merke wie hungrig ich auf einmal bin. Das Mädchen lächelt wieder und sagt: „ Greif ruhig zu. Du hast sicher Hunger.“ Rasch schnappe ich mir Messer und Gabel und schneide ein grobes Stück Fleisch runter und stopfe es mir in den Mund. Sie wartet geduldig lächelnd bis ich fertig gegessen habe und das Besteck nieder lege. Mit bedauerndem Ton säuselt sie: „ Es tut mir wirklich leid dass ich dir die letzten Tage so eine magere Kost zumuten musste, du hast besseres verdient.“ Und ihre Augen werden matt vor ernsthaftem Bedauern. „ Wie.“ Stottere ich und meine Stimme
versagt beim letzten Buchstaben. „ Wie lange bin ich schon hier?“ und starre beklommen auf meinen leeren Teller. Meine Instinkte wurden plötzlich wieder wach und Vorsicht lag mir im Nacken. Überrascht verzieht das Mädchen das Gesicht: „ Sind dir 12 Tage in diesem schrecklichen Raum etwa nicht genug?“ und ihr Lächeln verschwand. Sie redet so von meiner Gefangenschaft, als sei nicht sie es gewesen doch etwas sagt mir dass sie tatsächlich hinter all dem steckt. Vorsichtig fragte ich sie: „ Wieso bin ich hier? Was hast du mit mir vor?“ Ich klinge so als müsse ich gleich weinen. Das Mädchen lächelt wieder und zieht mitleidig die Augenbraun
zusammen. Anstelle einer Antwort steht sie auf und macht eine Geste, dass ich ihr folgen sollte. Ich erhebe mich und folge ihr in den angrenzenden Flur. Heimlich nehme ich das Messer vom Tisch und verstecke es hinter meinem Rücken. Sie geht vor mir her durch den Flur, mit aufrechter Haltung und kleinen Schritten. Sie sieht so aus wie ein kleines Kind. Ihre schlanken Beine schauen zierlich unter dem tiefschwarzen Kleid hervor dass sie trägt. Die Arme hängen links und rechts herab, die Hände in Gitterhandschuhe gehüllt. Ihre schwarz lackierten Nägel umfassen leicht den Rüschensaum ihres Kleides. Ihr Haar ist hinten zu zwei
Knödeln hoch gesteckt und unter einer Art Schleier verborgen. Alles an ihr lässt mich an eine Gothicbraut denken die mit finsterer Miene durch die schmutzigen Gassen der Stadt streift nur mit dem Unterschied dass das Mädchen etwas püppchenhaftes, elegantes hat. Vielleicht ist sie nicht viel älter als ich. Sie ist ungefähr so groß wie ich aber ihre Gesichtszüge sind so weich und voll wie die eines kleinen Kindes. Die schwarzen Lippen sind zu einem kleinen Kussmund geformt. Ihre Wangen sind weiche, schwungvolle Hügel unter ihren großen, dunklen Augen und die Nase hell und spitz. Ihre blasse Haut steht zu hohem Kontrast mit ihrem schwarzen
Kleid an dem hier und da eine violette Schleife hängt. Erst jetzt merke ich wie weit wir schon gegangen sind. Wir halten an einer kleinen Tür. Sie öffnet sie und betätigt einen Lichtschalter von außen. Plötzlich wird der Raum erhellt und ich kann seine Einrichtung erkennen. Die Wände sind hellrosa gestrichen, an der Wand stehen ein dunkler Kleiderschrank und ein altmodischer Spiegel mit fein verziertem Muster um das Spiegelglas herum. Doch den eigentlichen Platz nimmt das Himmelbett ein, dass sich vor uns erhebt. Die dicke Mattratze ist mit einer dunkel violetten dünnen und einer weißen dicken Decke bedeckt. An
schwarzen Metallstangen hängen violette Vorhänge herab und werden mit Bändern zusammen gebunden die in einer kleinen Schleife enden. Das Himmelbett sah aus wie aus einem Märchenschloss. Aus dem Gemach einer jungen Prinzessin. Das Mädchen tritt näher ans Bett heran und streicht sanft über die Decke: „ Gefällt es dir? Ich hoffe du hast es bequem.“ Sagt sie leicht amüsiert und winkt mich heran. Ich setze mich behutsam auf das Bett und sinke in die weiche Mattratze. Sie steht dicht vor mir und schenkt mir ein strahlendes, kindliches Lächeln. Jetzt ist der perfekte Moment! Schießt es mir plötzlich durch den Kopf und meine
Finger klammern sich krampfhaft um das Messer. Das Herz schlägt mir bis zum Hals als ich meinen Arm anspanne und auf sie einstechen will. Plötzlich wirft sie sich auf mich und ich zucke zusammen. Sie liegt auf mir, die Hand auf meinen Arm gepresst, in dessen Hand das Messer ruht. Eine schwarze Strähne rutscht ihr heraus und kitzelt meinen Hals. Ihr Gesicht schwebt dicht über meinem, das Lächeln ist nicht verschwunden doch ihre Augen lächeln nicht mehr. Sie blitzen jetzt kalt. Langsam beugt sie sich zu mir runter und haucht mir ins Ohr das mir ein Schauer über den Rücken läuft: „ Das-war-sehr-dumm.“ Mit einer geübten
Drehung reißt sie mir das Messer aus der Hand, drückt mich tiefer in die Mattratze und huscht aus dem Raum. Ich schaffe es nicht mich rechtzeitig auf zu raffen, da ist die Tür schon krachend ins Schloss gefallen und das Licht erlöscht dass mich nur mehr Finsternis umschließt. Ich presse die Hände an den Kopf und schreie so laut ich kann bis meine Stimme zu einem hohen Schluchzen übergeht und ich mich in den Schlaf weine.
JeanneDarc Interessante Geschichte, die Beschreibung der einzelnen Situationen und Gegenstände ist sehr detalliert. Dadurch kann man sich sehr genau vorstellen wie das worüber Du schreibst in Deinem Kopf aussieht. Ich lasse meinen Lesern mehr "Freiheit" zur Vorstellung. Aber das hat beides vor und Nachteile. So oder so, Dein Buch ist klasse. |
Schattenpuppe ich habe jetzt das 2. kapitel hinzugefügt, die nächsten 2 werde ich in einem neuen buch hochladen damit alles nicht zu lang wird :) LG |
Hofdichter Bin gespannt in wieweit sie gefährlich für ihre Außenwelt ist. LG Ephraim |
Schattenpuppe wow danke o.o gleich nach dem 1. kapitel lob zu kriegen.....dankeschön ^^ (ich bin jetzt eigentlich bei seite 95 aber ich stell halt jedes kapitel stück für stück rein :) ) LG |
Wolfspfote Oh Mann, bitte schreib schnell weiter!! Das ist echt so unfassbar gut und spannend geschrieben, dass ich die Welt um mich völlig vergessen hab und richtig gefühlt habe, wie 'du' dort zwischen den Metallwänden sitzt und zitterst. Mehr kann ich auch dazu nicht sagen ;) außer: WOW!!! Lg Wolfspfote |