Ich bin immer für Dich da
Diana musste sehr oft an Vergangenes und ganz besonders an Iris denken. Oft schon wurde sie deshalb verlacht, denn es gab sehr viele Menschen, die sie und ihre Denkweise einfach nicht verstehen konnten.
Diana wurde schon als kleines Kind häufig verprügelt, aber sie schlug niemals zurück. Sie lag schon damals einfach da und ließ es sich über sich ergehen. Alle sagten ihr immer, sie solle sich doch wehren und zurück schlagen, doch sie konnte es nicht. Sie war der
Überzeugung, dass es auch nicht richtig sein konnte, jemanden zu schlagen, von dem man geschlagen wurde. Dies ging über viele Jahre so und natürlich nutzten viele es aus, dass Diana sich nicht wehrte, doch sie blieb standhaft, denn wenn jemand für seine Überzeugung eintreten konnte, dann war es Diana. Allerdings blieb dieses ständige verprügelt werden nicht ohne Folgen. Diana entwickelte große Ängste. Es gab eine Zeit, da konnte sie nicht einmal mehr auf die Straße, weil sie immer Angst hatte, dass gleich wieder jemand um die Ecke kommen könnte, nur um sie aus Spaß zu verprügeln.
Irgendwann trat eine ganz besondere Frau in das Leben von Diana, und sie fragt sich bis heute noch, ob diese Frau ein Mensch war, eine Hexe oder ein Engel. Denn diese Frau, die Iris hieß, verschwand ebenso schnell aus Dianas Leben wie sie gekommen war.
Doch in der Zwischenzeit brachte sie Diana bei, wie man ohne Ängste und dennoch friedlich durch die Welt gehen konnte. Iris hatte seltsame Begabungen. Diana war sich sicher, Iris könne ein wenig in die Zukunft sehen, und irgendetwas war anders an ihr. Einmal wollte Diana ein Foto von Iris machen, woraufhin Iris derart sauer wurde, dass
die Freundschaft auf der Kippe stand. Wegen einem Foto. Schon damals dachte Diana: „Hmm, irgendwas stimmt mit dieser Frau nicht“, doch es wurde noch viel seltsamer. Einmal kam Diana zufällig ins Zimmer, und Iris war sichtlich erschrocken. Diana meinte gesehen zu haben, dass Iris einen Bleistift zwischen ihren Händen schweben gelassen hatte ohne diesen zu berühren. Sicher war sich Diana allerdings nicht, und als Diana Iris darauf ansprach, bekam sie nur zur Antwort: “Du wirst es verstehen, wenn es an der Zeit ist.“ Was ohnehin der Lieblingssatz von Iris war. Die Wege von Iris und Diana trennten sich auf sehr seltsame Weise, so seltsam, wie sie
zusammen gekommen waren. Kennengelernt hatten Sie sich vor vielen Jahren als Iris sich einmal verwählt hatte. Diana legte aber nicht auf, sondern sie unterhielten sich stundenlang, da sie beide gerade Zeit hatten. Aus diesem Telefonat entstand eine jahrelange Freundschaft. Der Kontakt brach leider sehr plötzlich ab, und so ganz konnte man das nicht erklären. Plötzlich hatte Diana keine Zeit mehr, und alles nur wegen einem Mann. Jahrelang hatten die beiden keinen Kontakt mehr. Diana konnte Iris niemals vergessen, und so suchte sie viele Jahre später noch überall nach Iris, bis, ja bis sie sie eines Tages fand, nur leider auf
dem Friedhof.
Diana konnte es nicht fassen. Wie war das möglich? Ihre beste Freundin tot? Sie recherchierte und bekam heraus, dass sie sich genau wegen dem Mann umgebracht hatte, der schuld daran war dass der Kontakt abbrach. Sie recherchierte und fand heraus dass dieser Mann Drogen genommen hatte, und Iris offensichtlich gezwungen hatte Drogen zu nehmen. Diana war verzweifelt.
„Warum nur hat sich Iris nicht bei mir gemeldet?“
„Bin ich schuld an Iris tot?“
„Wie konnte Iris Dorgen nehmen, als sie
noch lebte lehnte sie alle Arten von Drogen ganz entschieden ab. Nicht einmal Medikamente wollte sie einnehmen“
Das war nur ein Teil der Fragen, die Diana mit sich herumtrug. Diana weinte sich die Augen aus am Friedhof, so sehr, dass die Blumen auf dem Friedhof für einige Zeit nicht mehr gegossen werden mussten. Als Diana ging, meinte sie noch, dass sie eine schemenhafte Gestalt über dem Grab von Iris gesehen hatte, doch das konnte ja nicht sein, oder vielleicht doch? Immerhin war es die letzte Nacht im Oktober, und da werden ja die Türen zwischen der spirituellen
und der materiellen Welt durchlässiger, was auch Diana wusste.
Diana ging nach Hause und irgendwie wurde sie das Gefühl nicht los, dass Iris bei ihr wäre. Zuhause legte sich Diana ins Bett und hörte genau die Musik, die sie früher immer mit Iris zusammen angehört hatte, und sie wurde das Gefühl nicht los, als würde Iris selbst singen, obwohl das ja nicht sein konnte, oder etwa doch?
Diana schlief ein in dieser letzten Oktobernacht, draußen pfiff der Wind, und man spürte die Geister förmlich. Diana hatte aber nur noch einen
Gedanken: “Iris wie geht es Dir? Ich will Dir endlich einmal Danke sagen für alles, was Du mir gutes getan hast.“ Aus einem Grund, den Diana nicht verstand, sah sie plötzlich ein schottisches Schloss sehr real vor ihrem Auge. Das Schloss war sehr dunkel, und sehr groß. Am Hoftor waren die Initialen SM zu erkennen. Weder Iris noch Diana hatten zu Lebzeiten auch nur den geringsten Bezug zu Schottland, was das ganze sehr seltsam machte.
Diana hatte gerade große berufliche Probleme, nicht nur, aber auch, wegen der Trauer um Iris und hatte angefangen, Kurzgeschichten zu schreiben, in der
Hoffnung vielleicht so aus ihrem Elend heraus zu kommen. Diana grübelte jeden Tag, was das schottische Schloss wohl bedeuten möge, doch je mehr sie darüber nachdachte, umso weniger fand sie eine Erklärung. Diana hatte es irgendwann fast vergessen, als ein Schreiben kam: „Herzlichen Glückwunsch Frau Knubbeline. Sie haben eine Reise nach Schottland gewonnen.“ Dieses Schreiben kam von einer Agentur S&M, was Diana natürlich sofort an die Initialen am schottischen Schloss erinnerte, dass sie vor sich gesehen hatte.
Eigentlich war ihr gar nicht danach zu verreisen, aber sie dachte: “Nein, das
muss ein Zeichen von Iris gewesen sein“, und sie verreiste. Sie verbrachte eine wundervolle Zeit in Schottland und schrieb dort jede Menge Kurzgeschichten, die sie eigentlich mehr oder weniger aus Langeweile im Internet veröffentlichte. Wie durch ein Wunder wurden diese Geschichten ein Riesenerfolg. Irgendwann hatte sie bei einer Geschichte einen etwas unlogischen Verlauf geschrieben und sah sich im Zimmer um. Da sah sie Iris schemenhaft vor sich stehen, und Diana wusste nicht, ob sie es sich einbildete und es nur der Wind war, oder ob Iris wirklich zu ihr sagte: „Ich habe Dir damals versprochen, auch nach meinem
Tod bei Dir zu sein. Ich halte mein Versprechen, viel Spaß und Erfolg mit Deinen Büchern“, und die schemenhafte Gestalt verschwand. Doch da wusste Diana endlich sicher, dass es Iris gut geht. Und dieses Wissen gab Diana eine derartige Kraft für Ihre Bücher, dass sie ab diesem Moment nur noch Bestseller schrieb.
Und weil sie Iris so sehr dankbar war, vergrub sie immer ein Exemplar ihrer neuen Bücher im Grab von Iris. Und hin und wieder denkt sie auch heute noch dass sie Iris sieht. Und wer weiß? vielleicht sehen sich die beiden Freundinnen ja eines Tages wirklich
wieder. Vergessen jedenfalls konnte weder Iris Diana noch Diana Iris.
In Gedanken waren sie als beste Freundinnen vereint, sind es bis heute, und werden es für immer sein.