Anshale ist ein Mann auf der Suche nach seiner Vergangenheit. In einem Land, zerrissen von einem Religionskrieg zwischen der Numen-Kirche und den Geisterbeschwörern der Kal’ban bleibt ihm jedoch kaum Zeit, seine verlorenen Erinnerungen aufzuspüren. Lediglich Grauer ,der mysteriöse Anführer der Kal’ban, scheint etwas über ihn zu wissen. Als dieser ihn bittet , ihm dabei zu helfen , einige Gefangene zu befreien findet er sich plötzlich direkt zwischen den verfeindeten Fronten wieder. Und auf dem alles entscheidenden
Schlachtfeld von Ebenwald offenbart sich ihm schließlich eine Wahrheit, die ihn zur Entscheidung zwingt.
Anshale schloss die Augen, als er sich im warmen Wasser zurücklehnte. Staub tanzte in einem Lichtstrahl, der durch eine Lücke in der Decke des Verschlags in dem er sich befand fiel. Einige Schritte von dem Badezuber entfernt lagen neue Sachen auf einem Stuhl. Er wusste, schon allein wegen seiner Erinnerungslücken, nicht mehr wann er sich das letzte Mal auch nur kurz entspannt hatte. Skeptisch musterte er den langen Schnitt an seinem Arm, der mit einem weißen Leinen umwickelt und mit einem Faden
genäht worden war. Die Wunde am Rücken würde wohl etwas länger zum Heilen brauchen, aber wenigstens blutete Anshale nicht mehr. Die letzten Stunden erschienen ihm mehr wie eine verschwommene Abfolge von Sinneseindrücken, als eine Zusammenhängende Erinnerung. Mit einem seufzten stand er aus dem Wasser auf und zog sich an. Ein simples Hemd aus grün gefärbtem Stoff, ein paar erdfarbene Hosen und Stiefel, die wohl passen würden. Er würde nicht barfuß herumlaufen um nach einem neuen Paar zu fragen. Grauer hatte sich außerdem die Freiheit genommen, ihm eine Scheide und einen Gurt für seine Waffe zu geben.
Das Geschirr wurde einfach über seine Schulter und die Hüfte gelegt, so dass die Silberklinge ein Stück über seine Schulter hinausragte und leicht greifbar war. Ein halblanger ebenfalls grüner Umhang, der von blauen Fäden durchzogen wurde verbarg die Waffe teilweise. Als Anshale die Fäden näher begutachtete stellte er fest, dass sie die Umrisse eines Rabens bildeten. Auf dem Gürtel für das Schwertgeschirr befand sich dasselbe Symbol… Anshale tat es mit einem Schulterzucken ab. Er hatte wohl wichtigere Fragen, als die warum Grauer ausgerechnet dieses Symbol für ihn gewählt hatte. Vermutlich bedeutete es nicht und der alte Kal’ban
hatte einfach zufällig Ausrüstung aus den Waffenkammern genommen. Als er ins Freie trat schien ihm die Sonne warm ins Gesicht. Der Burghof war so gut wie verlassen. Lediglich zwei Kal’ban standen am Tor Wache und hielten alles im Blick. Und einige Schritte von ihm entfernt saß El vor dem Eingang zum steinernen Haupthaus und schnippte eine Münze in die Luft. Das funkelnde Metall drehte sich einen Augenblick in der Luft und blitzte in der Sonne, dann fing sie es wieder auf. Die große Eule, Ela, saß auf einem Fenstersims des Gebäudes und sah, offenbar kaum interessiert, zu. Anshale zögerte einen Moment, dann lief
er zu ihr herüber. ,, Ich wollte mich nur noch einmal fürs herbringen bedanken.“ , meinte er. ,, Und das ihr euch um die Flüchtlinge kümmert. Ich weiß das ist nicht…“ Er hörte auf zu reden. El schien ihn vollkommen zu ignorieren, sondern schnippte lediglich erneut die Goldmünze in die Luft. ,, Hallo ?“ ,, Ihr werdet Probleme machen. Ich weiß es jetzt schon.“ ,, Grauer scheint nicht dieser Meinung zu sein.“ El lachte. ,, Grauer ist ein verdammter Idealist.“ ,, Auch wenn du ihm das niemals ins Gesicht sagen würdest.“ , ergänzte Ela
und landete mit wenigen Flügelschlägen auf ihrer Schulter. ,, Nein…“ ,, Habe ich so einen schlechten Eindruck gemacht ?“ ,, Ihr habt dreißig völlig fremde Leute hier angeschleppt, die hier alle Zuflucht suchen wollen. Und alle sind momentan nicht in der Lage zu arbeiten. Habt ihr eine Ahnung, wie schwer es werden wird, die alle mit durchzufüttern?“ ,, Soll das heißen ihr würdet sie wegschicken ?“ Statt zu antworten warf Sie lediglich erneut die Münze. ,, Nein.“ , sagte sie, sobald das Goldstück wieder in ihrer handruhte. ,,
Es wird nur… schwierig. Verzeiht, ich kann euch keine Vorwürfe machen. Ich habe die Pflicht, diesen Ort zu schützen. Manchmal ist es eine Belastung, aber was ist ein Erwählter Wert, der nicht einmal seine eigenen Leue schützen kann.“ ,, Wenn ich helfen kann, helfe ich.“ El lachte. ,, Ihr seht nicht grade wie jemand aus, der sich lange mit Feldarbeit zufrieden gibt. Und das ist momentan auch das einzige, wofür wir mehr Leute brauchen.“ Die Münze sprang erneut in die Luft. ,, Ich glaube langsam ich verstehe wieso Kor das Einsiedlerleben vorzieht…“ Den letzten Teil sagte sie mehr zu sich
selbst, aber Anshale hörte es trotzdem. ,, Was? “ ,, Nichts.“ Sie fing das Geldstück wieder auf. Einen Augenblick besah sie sich das Gold. . ,, Ich habe diese Münze jetzt fünfzig Mal geworfen. Jedes Mal Kopf. Wie stehen die Chancen, was meint ihr?“ ,,Ist das ein Test?“ , fragte Anshale. Es schien keinen Sinn zu machen, wenn er darüber nachdachte. Es sei denn, es gab einen Trick dabei. ,, Vielleicht und vielleicht auch nur ein Rätsel, das mich eine Weile beschäftigt. Ist das Schicksal oder Zufall? “ Sie warf die Münze erneut, diesmal fing Anshale sie jedoch aus der Luft. Wie er gedacht
hatte. ,,Wenn es Schicksal ist, so fälscht ihr es.“ , erwiderte er und drehte das Goldstück in der Hand. Beide Seiten zeigten das gleiche Symbol, ein Dreieckiges Symbol mit dem Schriftzug,, Madrea“ darunter. Seltsamerweise kam ihm das Zeichen bekannt vor. ,, Vielleicht ist unser aller Schicksal nur eine Fälschung. Ein Fehler, der irgendwo gemacht wurde und uns auf unsere jetzige Bahn geschleudert hat.“ , erwiderte Ela. ,, Ich glaube, das könnte die Lösung sein.“ ,, Du glaubst es ?“ , fragte El. ,, Du hast mir dieses blöde Rätsel doch aufgegeben.
Und kennst die Antwort nicht?“ ,, Auf manche Fragen gibt s mehrere Antwortmöglichkeiten.“ El drehte sich wieder zu ihm um und zuckte die Schultern. ,, Sie liebt Rätsel und ich muss mich mittlerweile schon fünfzig Jahre damit herumschlagen…“ Fünfzig… Anshale musste sich erst wieder ins Gedächtnis rufen, wie lange Erwählte lebten. Gwenth hatte ihm zwar erzählt, was er von grauer erfahren hatte, aber wirklich Glauben konnte er es nicht. Es schien einfach so unglaublich viel Zeit. Offenbar war ihm aber anzusehen, was er dachte. ,, Schaut nicht so, nur weil ich mindestens zwanzig Jahre jünger aussehe
.Grauer ist weit über hundert. Und wenn die anderen hier eintreffen… Einer von uns ist älter als die Numen-Kirche.“ ,, Ich kann mir nur nicht vorstellen, so lange zu Leben.“ ,, Ich mir auch noch nicht. Aber damit habe ich wenigstens genug Zeit, mir um die seltsamen Rätsel einer Eule Gedanken zu machen.“ , erwiderte sie und warf die Münze erneut. ,, Das eben war eure Lösung. Jetzt muss ich meine finden. Als Ela zu mir kam war der Krieg mit den Numen schon im vollen Gange. Ich habe nicht einmal damit gerechnet, die ersten Monate zu Überleben. Aber…“ Sie streckte eine Hand aus und ein kleiner Wirbelsturm aus Blättern und
Staub erhob sich vor ihren Füßen. ,, Wir können uns verteidigen. Und das haben wir.“ ,, Und was haltet ihr von Grauers Plan ?“ ,, Wenn es schief geht, wenn wir die übrigen Erwählten nicht dazu bringen, Seite an Seite zu kämpfen, dann fürchte ich, werden wir uns alle sehr bald an den Seelengestaden wiederfinden.“ ,, Wieso sollte sie das nicht tun ? Auch ihr Leben hängt davon ab.“ ,, Vielleicht versteht ihr es nicht, aber wir sind nicht so geeint, wie ihr euch das vorstellt Anshale. Die meisten Erwählten die ich kennenlernen durfte sind tot und die die übrig sind haben
schon genug Mühe, nur unsere verbliebenen Rückzugsorte gegen die Numen zu verteidigen. Und jetzt will grauer sie dazu auffordern, ihm Truppen für einen Feldzug zu geben… ich weiß ja nicht mal selbst, ob mir der Gedanke gefällt, von den wenigen Kriegern die mir hier geblieben sind auch noch welche Fort zu schicken.“ , Also bezweifelt ihr, das ein Gegenangriff noch etwas nützen würde.“ EL schüttelte den Kopf und ließ die Münze in einer Tasche verschwinden. ,, Nicht, wenn wir nicht sehr viel Glück haben. Die letzte Schlacht, wenn man das so nenne kann ist jetzt ein Jahr her und hat uns fast unsere ganzen Reserven
gekostet. Aber ich habe es statt hier herumzusitzen.“ ,, Ich verstehe es nicht. Ich habe Grauer kämpfen gesehen. Wie konnte die Inquisition euch jemals so weit zurück drängen?“ ,, Auf der einen Seite wohl ebenfalls Glück... Das und zahlenmäßige Überlegenheit. Die meisten Städte in diesem Land sind erst nach der Ankunft der Numen entstanden, wohingegen wir nie besonders viele waren. Die ersten ihrer Priester und Siedler, die hier von Madrea aus ankamen waren schon mehr als in unseren größten Siedlungen lebten. Und ich schätze, der momentane Großmeister der Inquisition hat sein
Übriges getan.“ ,, Anehlas, richtig ? Ich bin ihm in Ekklesia begegnet. Er hätte Lina, da bin ich mir sicher, die kleine, die uns hierher begleitet hat, getötet da bin ich mir fast sicher.“ ,, Ist sie…“ ,, Gwenths Schwester.“ Die Kleine war Grauer gefolgt, aber er musste sich wohl kaum Sorgen um sie machen. El nickte. ,, Der Priester. Wird er Probleme machen?“ Anshale lachte. ,, Ihr kennt ihn noch nicht lange genug, sonst würdet ihr diese Frage nicht stellen. Nein, Gwenth ist harmlos. Aber ziemlich gut mit dem Bogen und er hat einiges im Kopf.“
Vermutlich, die halbe Bibliothek der Kirche, dachte Anshale, bevor er sich verabschiedete. Die Sonne stand mittlerweile nur noch eine Handbreit über dem Horizont und er wollte die Gelegenheit nutzen, sich in der Siedlung umzusehen. Sein erster Eindruck bestätigte sich nur. Die Gebäude die hier standen waren alle unterschiedlich alt. Manche bestanden aus dem gleichen verwitterten Stein wie die Burg, die das Tal trotz ihres verfallenen Zustands beherrschte. Die meisten Gebäude befanden sich in einem Bogen vor der nördlichen Flanke des kleinen Bergs und sammelten sich dort um einen kleinen Platz, in dessen Mitte
ein Baum stand. Allerdings keiner der dunklen Riesen, die das Tal in einem weiten Kreis umschlossen. Das hier war eine ganz normale Birke unter der sich die Bewohner der kleinen Stadt sammelten. Einige unterhielten sich, andere warfen dem neuen Gesicht, das sie passierte neugierige Blicke nach. Das einzige, was die meisten der Leute von denen in irgendeiner beliebigen anderen Stadt unterschied, waren die Holzamulette, die viele trugen. Filigrane Figuren innerhalb eines geschnitzten Rahmens, die scheinbar nur von Luft zusammengehalten wurden. Er fragte sich, wer wohl für das Anfertigen dieser Talismane verantwortlich war. Es musste
unendliche Geduld erfordern, die fast lebensechten Figuren in das dünne Holz zu schnitzen, ohne es dabei zerbrechen. ,, Anshale.“ Er drehte sich zu der Stimme um und entdeckte Gwenth, der mit Grauer und Celcine im Schatten einer halb zu gewucherten Hauswand saß. Lina stand ein Stück Abseits und musterte offenbar fasziniert einen simplen Stein… Allerdings wusste er ja, dass offenbar Lina etwas mehr sah als normale Menschen. Als sie ihn allerdings ebenfalls bemerkte, ließ sie den Stein fallen und gesellte sich zu den anderen. Grauer trat derweil aus den Schatten heraus auf die Straße. ,, Ich habe mir die
Freiheit genommen, eine Unterkunft für euch zu finden. Das Haus ist etwas älter und schon eine Weile verlassen. Wundert euch also nicht, wenn es durchs Dach regnet.“ , meinte er scherzhaft. ,, Das heißt, wenn ihr uns nicht doch verlassen wollt Anshale ?“ Er schüttelte sofort den Kopf. ,, Nein.“ Er hatte vielleicht kurz darüber Nachgedacht aber wenn er irgendwo antworten bekam, dann immer noch eher hier. Er wüsste nicht, wo er sonst hin sollte, ganz ohne jede Spur. ,, Ich wird wohl erst einmal hier bleiben. Vielleicht erinnere ich mich ja an etwas, das mir weiterhilft.“ ,, Das bleibt zu hoffen.“ , erwiderte
Grauer, ,, Ich muss zurück zur Burg. Es wird noch ein paar Tage dauern, bis die ersten unserer Gäste hier eintreffen, bis dahin habe ich einiges zu tun.“ ,, Und ihr glaubt wirklich, das euch ein Feldzug etwas bringt ?“ , fragte Anshale. Grauer lachte, bevor er zwischen den Leuten auf dem Platz verschwand. ,, Ihr habt mit El gesprochen richtig ?“ Celcine folgte ihm jedoch nicht, sondern blieb an ihrem Platz. ,, Tja… hier wären wir.“ , meinte Gwenth, allerdings klang er unsicherer, als Anshale das gewohnt war, während er sich zu dem Haus umdrehte. ,, Sieht von außen eigentlich ganz nett aus.“ ,, Was habt ihr jetzt vor ?“ , fragte
Celcine derweil. ,, Ich für meinen Teil bin glücklich damit aus dem ganzen hier fortan rauszuhalten.“ , erwiderte Gwenth wütend. ,, Ich sollte lernen, meine Nase nicht mehr in Dinge zu stecken, die mich nichts angehen.“ Celcine zuckte lediglich mit den Ohren anstatt etwas zu erwidern. Anshale konnte einen Augenblick nur zwischen dem Numenpriester mit dem Bogen auf der Schulter und dem Fuchsgeist hin und her zu sehen. Warum hatte er das Gefühl, irgendetwas Wichtiges verpasst zu haben? Er würde Gwenth später fragen. Für den Anfang wusste er jedoch, was er
vorhatte. ,, Ich für meinen Teil werde Alron besuchen.“
EagleWriter Mal sehen. Also eigentlich sind 3 Kapitel pro Woche schon das Maximum, das ohne schädliche Nebenwirkungen wie Schlafmangel möglich ist. ^^ lg E:W |