Kurzgeschichte
drachenfeuer - Forumsbattle 30

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"Dinge zu planen liegt beim Menschen, Dinge zu vollenden beim Himmel. Chines. Sprichwort"
Veröffentlicht am 11. Februar 2014, 16 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
© Umschlag Bildmaterial: fleur de la coeur
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

"Der Lyriker bringt seine Gefühle zum Markt wie der Bauer seine Ferkeln." Wilhelm Busch Habe hier 2010 mit Gedichten begonnen, aber das meiste davon ist für mich inzwischen passé. Man lernt auch als Großmutter nicht aus ;-) Bin in der DDR aufgewachsen, immer berufstätig gewesen, links orientiert. In zweiter Ehe verheiratet, gehören zu meiner Familie drei Enkelinnen. Den Nick "Fleur de la coeur" hat seinerzeit meine Freundin Seelenblume ...
Dinge zu planen liegt beim Menschen, Dinge zu vollenden beim Himmel. Chines. Sprichwort

drachenfeuer - Forumsbattle 30

Drachenfeuer

Beitrag zum Forumsbattle 30

Kurzgeschichte,
Thema: Mobbing
Cover: eigenes Foto
Autor: fleur 11.02.2014

Pflichtwörter:
Katzenauge, Läufer
Fingerhut, Schmutz
Nähmaschine, Luft
Geld, Egoismus
Tafel, Computer
hinterhältig
(Joker)

Vorbemerkung

Der Bär Grischa ist eigentlich Gregor, ein Mensch, der von der „Herrin der Tiere“ des Zwischenreiches zum Schamanen auserkoren und mit einer tiermenschlichen Doppelnatur ausgestattet worden war… Um den sich häufenden Verwandlungen in einen Bären ein Ende zu bereiten, hatte er den sibirischen Schamanen Awdeijitsch in der Region Burjatien, am Baikalsee, um Hilfe aufgesucht und sich in dessen Tochter Daarsuren verliebt. Obwohl diese seine Liebe zutiefst erwiderte, hatte Awdeijitsch in seinem Zorn das Liebespaar als Sternbilder Großer und Kleiner Bär in den Himmel geschossen …

Drachenfeuer

Auf der Nordhalbkugel der Erde lag der Winter in den letzten Zügen, in Europa war gerade Nacht. Still für sich hing Grischa seinen Gedanken nach. Wie gern würde er mit seiner Taigablume, wie er Daarsuren liebevoll nannte, wieder auf der Erde weilen, ihr sein Heimatland und auch andere schöne Orte zeigen. Mit ihren 27 Jahren war sie noch nie aus Sibirien herausgekommen...
Bevor er sich allzu sehr in seinen Erinnerungen an die weiche Frühlingsluft der Provence, das Licht der Toskana und Spaniens wilde Mittelmeerküste verlor, wandte er sich ihr, seiner kleinen Bärin,

wieder zu. Das früher so fröhliche, anmutige Burjatenmädchen wirkte in letzter Zeit oft traurig und in sich gekehrt, so dass er mit ihr litt. Bisweilen spürte er in ihr auch eine Ängstlichkeit und Unruhe, die er sich nicht erklären konnte.
„Liebster, siehst du diesen leuchtenden Fleck in der Nähe des Drachenkopfes? Mir scheint, er wechselt seine Farbe“, schaltete sich Daarsuren in diesem Moment in seine Gedanken ein. So war es ihnen möglich, sich ohne zu sprechen miteinander zu verständigen. „Bei einem Sternennebel ist das vielleicht normal. Möglicherweise haucht dort ein Stern sein Leben aus?“ versuchte er sie zu beruhigen.

„Das ist der berühmte Katzenaugennebel“, erklärte sie, „er gehört zum Sternbild Drache. Früher habe ich mir im Computer einmal Bilder von ihm angeschaut.“

„Er sieht eigentlich wunderschön aus“, sinnierte er, „obwohl ich diesen Drachen insgesamt hasse, weil er genau zwischen uns steht!“ „Ja, mein Vater hat trotz des Wodkas gut gezielt, als er uns hier herauf schoss! Anfangs schien mir der Drache tot zu sein, er störte mich nicht. Doch seit Weihnachten hat er sich verändert. Manchmal habe ich das Gefühl, er bewegt sich, flackert mit den Augen und würde am liebsten Feuer gegen mich speien, Schmutz nach mir werfen …“ „Wieso gerade seit Weihnachten?“ wollte er

wissen.
„Weil da die ganzen Hexen, Teufel und Drachen von der Erde verbannt wurden. Erinnerst du dich nicht, wie sie hier vorbeigeflogen sind und verglühten? Da habe ich ihn laut fauchen gehört und sah Flammen aus seinem Maul schlagen. Er muss mit den anderen von der Erde gekommen sein und macht mir Angst.“ „Aber nein, er war doch schon hier, als wir kamen“, gab er zu bedenken. „Das spielt keine Rolle, die Sternbilder Großer und Kleiner Bär waren ja auch schon vor uns hier …“ „Das stimmt allerdings. Mag sein, er ist wirklich von der Erde gekommen. Aber was soll er dir tun? Er kann aus seinem Sternbild

ebenso wenig heraus, wie wir!“ versuchte er sie endgültig zu beschwichtigen. „Vielleicht sehe ich auch Gespenster“, gab sie zu, „ich muss in letzter Zeit oft an meine Stiefmutter Marfa denken, obwohl mein Vater sich wegen ihrer Bösartigkeit schon vor vielen Jahren von ihr getrennt und sie samt ihrer Tochter Doska aus dem Haus geworfen hat. Ich kenne niemanden, der so hinterhältig ist wie sie!
Mir war neulich so, als hörte ich sie hier nach Doska rufen, habe ihre Stimme sogar noch im Ohr..."
Erstaunt und zutiefst schmerzlich berührt vernahm Grischa nun Daarsurens traurige Geschichte, wie sie jahrelang von ihrer

Stiefmutter und der Stiefschwester regelrecht gemobbt worden war.
Von einer versehentlich abgebrochenen Nähmaschinennadel war die Rede, mit der alles begonnen hatte, von einem Wachsfleck auf dem Tischläufer, von den falschen Bezichtigungen, sie hätte der Stiefmutter fünfzig Rubel sowie einen goldenen Fingerhut gestohlen, den in Wirklichkeit eine diebische Elster von der Veranda stibitzt hatte. Und das Geld war ihr mit Sicherheit von der eigenen Tochter entwendet worden, die in ihrem Egoismus und in ihrer Putzsucht nie genug an schönen Kleidern bekommen konnte, während sie, Daarsuren - der „Burjatentölpel“, kaum mal ein neues Kleidungsstück erhielt und die abgelegten

von der zwei Jahre älteren Doska auftragen musste … Hier unterbrach sie ihren Bericht mit einem schadenfrohen, lautlosen Lachen. „Du weißt sicher, dass Doska auf Russisch Brett oder Tafel heißt. Diesen Namen hat sie ihrer dämlichen Mutter zu verdanken, die sie hochtrabend Tosca nennen wollte, jedoch den Namen nicht mal richtig schreiben konnte!“ Auch Grischa musste grinsen, was ihm jedoch sofort verging, als er von den drakonischen Strafen hörte, mit denen sie immer wieder belegt worden war. „Moment mal, bitte“, unterbrach er sie schließlich zornig, „und wieso ist dein Vater da

nicht eingeschritten?“ „Ach, Lieber, als ich noch klein war, hatte sie mir angedroht, mich zu vergiften, wenn ich ihm was sagen würde … Und außerdem war er viel unterwegs, hat also das meiste tatsächlich nicht mitbekommen. Als er es eines Tages merkte, war er total entsetzt und hat sie beide sofort rausgeschmissen.“
Wie gern hätte Grischa seine Taigablume tröstend in den Arm genommen … Aber wie? Er war von einer unglaublichen Wut erfüllt. Was auch immer die gehässige Stiefmutter seiner Liebsten jahrelang angetan hatte, die grausame Untat des Vaters stand dazu in keinem Vergleich, dafür würde es niemals eine Entschuldigung geben! Wie konnte

Awdeijitsch nur seine eigene Tochter mit ihm in den Himmel schießen!

Die böse Marfa ging ihm nicht aus dem Kopf, so dass er sich um Kontakt zu anderen vertrauenswürdigen Sternbildern bemühte, um Erkundigungen über den Drachen einzuholen. Kurze Zeit später erhielt Grischa eine Botschaft vom Schwan, der Darsurens Vermutung bestätigte. Auch er, der Krebs und der Löwe hatten gehört, wie das böse Weib vom Drachen her nach ihrer missratenen Tochter rief, die in der vielköpfigen Hydra - der Wasserschlange – einem Sternbild in der Nähe von Krebs, Löwe und Jungfrau,

steckte.
Offenbar waren die beiden in der Weihnachtsnacht mit dem Drachengeschwader gekommen und hatten sich heimlich in den Sternbildern eingenistet, anstatt mit den anderen zu verglühen.

Kurzerhand hatten die Sternbilder daraufhin beschlossen, dass In der nächsten Vollmondnacht außerplanmäßige Meteorströme gestartet werden sollten. Die Leoniden, aus dem Sternbild Löwe, hin zur Wasserschlange, und die Draconiden, direkt aus dem Kopf des Drachen, der ihn restlos ausbrennen würde... Damit würde den beiden Ungeheuern endgültig die Macht genommen sein, weiteres Unheil

anzurichten. Diese Nachrichten von der Solidarität der Sterne wärmten Grischa das Herz und würden Daarsuren die Angst nehmen.
***
© fleur 2014


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Über den Autor

FLEURdelaCOEUR
"Der Lyriker bringt seine Gefühle zum Markt wie der Bauer seine Ferkeln."
Wilhelm Busch

Habe hier 2010 mit Gedichten begonnen, aber das meiste davon ist für mich inzwischen passé. Man lernt auch als Großmutter nicht aus ;-)
Bin in der DDR aufgewachsen, immer berufstätig gewesen, links orientiert. In zweiter Ehe verheiratet, gehören zu meiner Familie drei Enkelinnen.

Den Nick "Fleur de la coeur" hat seinerzeit meine Freundin Seelenblume für mich ausgesucht. Er hat nichts mit der Gestalt aus den Harry-Potter-Büchern Fleur Delacour zu tun.

Inzwischen bin ich im letzten Lebensquartal angelangt, da küsst mich die Muse nur noch selten. ;-(

mariewolf43@gmail.com

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Nuance ein wunderschönes, kreatives, künstlerisches cover, eine tolle geschichte, sehr originell und gut verpackt, spannend zu lesen und bilddicht zugleich, ich staune, was du aus dieser für mich persönlich gesehen sehr schweren wortvorgabe gezaubert hast und drücke dir die daumen für das battle
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR 
Das Cover zeigt einen chinesischen Drachen auf einer Qigong-Kugel, ließ sich schlecht fotografieren ... Ich freue mich, dass es dir gefällt.
Mit den Wortvorgaben habe ich eigentlich keine Probleme, nur das Thema passte mir nicht so recht in die Bärengeschichte ...
Danke dir herzlich für so viel Lob, den Favo und das Daumendrücken!

Liebe Grüße
fleur
Vor langer Zeit - Antworten
Phil_Humor Sternbilder sinnieren, sind gar nicht so froh über ihren Ehrenplatz. Dass da auch so viel Zoff ist - nur gut, dass es solche Stern-Aufklärungslektüre gibt. Der Große Wagen sollte ruhig was wagen. Dann mischen auch noch die Leoniden mit - wie soll da ein Stern sich entspannen können?

LG
Phil Humor
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR 
Hallo Phil.
dein "Antlitz" entzückt mich!
Die Sterne werden sich bald wieder entspannen können, denn mein Grischa wird wieder auf die Erde zurückkehren. Beim nächsten Battle, wenn es denn stattfindet ...
Ich bin nun mal so verrückt, dass ich seit dem SB 21 (Ein ungewöhnlicher Morgen) den Bären nicht mehr aus den Augen lasse, sondern seine Geschichte weiterspinne. Ist gar nicht so leicht bei den Vorgaben ... Ein paar Mal musste ich pausieren, weil ich selbst Jurorin war oder anderweitig verhindert war. So ist es erst Nr, 7.
Besten Dank und Gruß
fleur
Vor langer Zeit - Antworten
Paeivae Ein Wiedersehen mit Grischa. Schön, dass es ihn noch immer gibt. Und dieses Mal mit einer astronomischen Variante des Märchens vom Aschenputtel . Oder Frau Holle? Auch die könnte Pate zu Deiner Erzählung gestanden haben. Das Lesen Deiner kleinen Geschichte hat mir auf jeden Fall großen Spaß gemacht :o)
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR 
Freue mich sehr, dass du wieder da bist und meine Geschichte gelesen hast, danke! Ich habe sehr lange überlegt, wie ich dieses geforderte Mobbingthema mit der Bärenstory verknüpfe ... Es könnte sogar Schneewittchen tangieren ...
Schön, dass es dir Spaß gemacht hat! :-))

Lieben Gruß
fleur
Vor langer Zeit - Antworten
Gast Schön, dass es Grischa noch immer gibt,
ich hoffe er wird wieder die Erde betreten und uns noch einige Battlefolgen begleiten. Ich bewundere deine Geduld, so gut zu recherchieren benötigt sicher viel Zeit.
Pass gut auf ihn auf
lg
ulla
Vor langer Zeit - Antworten
ulla war gerade nicht eingeloggt.
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FLEURdelaCOEUR Danke, liebe Ulla! Was ich über die Sternbilder recherchiert habe, hat mir Spaß gemacht - als ehemalige Wega grins ... Sonst hätte ich mir sicher ein anderes Thema gesucht. Die Fotos vom Katzenaugennebel haben mich entzückt, bin per Zufall drauf gestoßen ... Und da war dann auch der Drachenkopf ...
Habe auch inzwischen eine Vorstellung, wie Grischa wieder auf die Erde kommen könnte ... Warten wir mal das nächste Battle ab!

LG fleur
Vor langer Zeit - Antworten
Misspelled Ach wie schön, endlich geht die Geschichte der beiden weiter. Ich hab mich so gefreut das zu lesen. Ich mag Grischa sehr auch wenn ich eine R...Allergie habe. Aber dein Grischa und Daarsuren sind so lieb, dass man sie einfach lieben muss.
Die Solitarität der Sterne finde ich echt toll. So etwas müsste es wirklich geben, nicht nur bei den Sternen vor allem bei den Menschen.

Toll geschrieben einfach super... auf die Idee muss man erst einmal kommen. Lg Miss
Vor langer Zeit - Antworten
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