Romane & Erzählungen
Das Glück, hier geboren zu sein

0
" Die Freundschaft zwischen Tomislav Mutic und Andreas Schieber nimmt bereits im Kindergarten ihren A"
Veröffentlicht am 09. Februar 2014, 134 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Geboren wurde ich 1968 in Wien, wo ich auch bis zu meinem 35. Lebensjahr lebte und gedeihte. Immer mehr, trieb es mich in das Grüne, zuerst in die Außenbezirke der österreichischen Großstadt, danach bis dato nach Niederösterreich, welches an Wien grenzt. Mit meiner Familie, 2 Kindern (Michael 5 Jahre alt, Milos 14 Jahre alt), einem Katzenbaby und meiner Frau Marijana, lebe ich nun seit 6 Jahren in einem kleinen, idyllischen Ort am ...
Die Freundschaft zwischen Tomislav Mutic und Andreas Schieber nimmt bereits im Kindergarten ihren A

Das Glück, hier geboren zu sein

1 Die Sekunden fallen vom Himmel, die Zeit vergeht wie im Fluge. Draußen, auf der anderen Seite der Glasscheibe, bewegt sich die Welt, als wäre sie im Zeitraffer. Man kennt es von den Filmen, meist die Szenen, wo die Nacht beginnt, und die Autos, die Menschen, eigentlich alles was sich bewegt, erscheint in extremer Geschwindigkeit. Meist versucht der Produzent die stille Zeit tot zu schlagen, Der oder Die wartet auf den Morgen, der Zuseher kann es nicht erwarten und somit wird die Nacht in wenigen Sekunden herunter gespult. Ach, wäre das nicht wahnsinnig vorteilhaft für das reale Leben. All jene Momente, Gedanken und

Erlebnisse, welche wir schnell vergessen möchten, lassen wir einfach im Zeitraffer dahingleiten und alles ist wieder gut; schön nicht? Da ja bekanntlich die Zeit alle Wunde heilt, wäre das doch die ideale Gelegenheit. Man spult sein Leben solange nach vor, bis man eben nicht mehr den Schmerz fühlt. Aber könnten wir dann noch empfinden, wüssten wir dann noch, was Liebe ist? Menschen die fast Schmerz unempfindlich sind, können bekanntlich auch sehr wenig Liebe zulassen, also vielleicht doch nicht des Rätsels Lösung? Nein, nein, so leicht soll es keinem gemacht werden, Schmerz und Trauer gehören einfach zu unserem Leben dazu, wie die Freude und die

Liebe. Das einzig Ungerechte ist nur, dass es Menschen gibt, die sehr viel mehr Leid ertragen müssen. Da kann das gefühlte Glück und die Freude es nicht mehr aufwiegen, welches jedoch sehr wichtig für unser Wohlbefinden wäre. Weiss man oder besser gesagt, kann man sich als Mitteleuropäer überhaupt vorstellen, welches Leid Hungernde oder Menschen in Kriegsgebieten ertragen müssen? Man sieht die Nachrichten, denkt, oh wie schrecklich, beisst in sein gefülltes Semmerl oder schleckt genüsslich den Löffel, des eben Gegessenen. Aber was soll man tun? Spenden, Mitleid empfinden, nichts mehr Essen, weil die auch nichts haben.

Vielleicht den Kindern das Spielen verbieten, denn jene in den Krisengebieten haben nicht einmal den Kopf einer Puppe, um damit zu spielen? Spielzeugpistolen, selbstgebastelter Pfeil und Bogen, weil Kriegsspielzeug, gleich gar nicht kaufen, das geht bitte gar nicht! Also was tun, verbieten oder einfach ignorieren? Die richtige Antwort weiß niemand, auch wenn es so manche behaupten. Miteinander Reden, den Kindern zum Beispiel erklären, dass es vielen Menschen sehr viel schlechter geht, als uns in Mitteleuropa. Probieren, den Kapitalismus hintan zustellen, unseren Nachkommen vermitteln, dass es nicht selbstverständlich ist, in den Apfel zu beißen, wenn man Lust danach

hat. Das was man hat, auch schätzen zu lernen, und vielleicht manchmal darüber nachdenken. Reden, reden und nochmals reden, unseren Kindern versuchen zu erklären, dass eben nicht alles selbstverständlich erscheint, das soziale Denken weitergeben, so fern man eines hat. Aber eines können wir hier jedenfalls; Froh sein, hier geboren zu sein! Noch immer sitzt er vor seinem großen Fenster, den Ausblick direkt auf die Hauptstrasse gerichtet. Wären nur Teile meines Lebens auch so schnell vergangen, wie im Moment die Sekunden dahinfließen, als seien sie auf der Flucht, waren seine Gedanken, als er seinen Blick wieder seinem alten Laptop zuwendet. Sein

Schreibtisch, welches vermutlich sein edelstes Einrichtungsstück ist, scheint perfekt ausgerichtet zu sein, das kleinste Tageslicht reicht für eine naturelle Beleuchtung. Die Gardinen meist weit aufgezogen, so dass der Aussicht in die weite Welt nichts im Wege steht. Die Ideen und genialen Momente sollen so ungehindert zu ihm vordringen können, welches er dann aufs Papier bringt. Natürlich nur im gedachten Sinne, denn welcher Spezies seiner Berufsgruppe, bringt noch Ideen zu Papier. Jeder sitzt, liegt oder steht vor seinem Personalcomputer oder Laptop und tippt in die meist schwarze Tasten, welche augenblicklich am Bildschirm dann auch so

erscheinen. Vermutlich gibt es auch einige, welche in einen Rekorder sprechen und es dann selbst abtippen oder auch schreiben lassen. Eines hat sich sicherlich nicht geändert! Schreiben, reden, tippen oder wie oder was auch immer, kann man nur, wenn man die Ideen dazu hat. Ja, und genau die hat er im Moment nicht. Seine Blicke schweifen herum, meist beobachtet er Schatten am gegenüberliegenden Haus oder verfolgt Menschen, die sich am Alltagsleben unten auf der Strasse beteiligen. Er lässt sich ablenken, aber nur deswegen, weil ihm die Schreibblockade dazu zwingt. Seit fast sechs Monaten sitzt er nun schon an diesem Buch. Anfangs lief es gut, die

Finger liefen wie geschmiert über die Tasten und er war stolz auf seine Idee, diese unglaubliche reale Geschichte nieder zu schreiben. Die ersten Kapitel waren so einfach und hell erleuchtend; oft dachte er, die Buchstaben schimmern in den ersten Kapiteln heller als in den Nachfolgenden. Es war ihm klar, dass das nur er so sehen konnte, aber vielleicht sieht es der Leser ähnlich. Ist es nicht das Ziel eines Autors, dass seine Leser merken, welche mentale Momente er durchlebt. Das Geschriebene muss so rüberkommen, dass die Gefühle spürbar werden, die Identifikation mit den Figuren im Buch muss möglich sein. Und in den ersten Kapiteln war es eben so, dass seine Buchstaben funkelten, als sässe er am

Rande der Milchstrasse und höre REM. Jedes Mal fühlte er sich um Tonnen leichter, wenn er ein Kapitel abgeschlossen hatte. Stolz las er es sich zwei bis dreimal durch, nippte an seinem Leitungswasser, gespritzten Fruchtsaft, oder dem Tage neigend auch schon mal an einem schweren, trockenen Rotwein mit natürlichem Abgang, so wie er ihn liebt und war stolz auf Getanes. Später, in den darauffolgenden Kapitel berührten ihn manche Szenen so sehr, dass er hie und da während dem Schreiben Tränen in den Augen hatte. Oft erzürnten ihn Momente und er schlug mit der Faust auf den vorhin erwähnten Tisch, welcher aus schweren Eichenholz erbaut wurde. Der Tisch gab

keinen Millimeter nach und die volle Wucht traf nur seine Faust, der Schmerz drang bis in die Knochen und trotzdem tat es ihm gut. Er beruhigte sich wieder, stand auf, spazierte in seiner kleinen Wohnung herum und schrieb weiter. Jedoch hat er seit Wochen Probleme, das Gedankengut aufs Papier zu Bringen, irgend etwas bremst ihn. Vielleicht ist es auch die Angst, es nicht so rüber zu bringen, dem Leser es nicht so vermitteln zu können, wie er empfindet. Eigentlich nicht ganz richtig, denn die Geschichte ist ja nicht seine, also sein Erlebtes. Er stellte sich in den Dienst der Freundschaft und verbürgte sich, es so wieder zu geben, wie es tatsächlich gewesen sein soll. Die

Geschichte ist aber so untragbar, zu verletzend und zynisch, dass es wirklich schwer ist, sich so hineinzuversetzen um es für real zu halten. Lange hat er mit seinem Ego gekämpft, ob er sich das überhaupt antun kann, soll ich schreiben oder soll ich nicht, werde ich das verkraften können, mich seelisch damit abfinden können; das Ergebnis des Kampfes und der letzten sechs Monate steht Schwarz auf Weiss, gespeichert als Datei, nicht einmal 3 MB groß. * Wien; Bergsteiggasse, Ecke Ottakringerstrasse ist sein zuhause, wenn man das so nennen kann, zumindest wohnt er dort. Übrigens, gibt es die

Bergsteiggasse seit ca. 1864 (vorher: Obere und Untere Bergsteiggasse), sie war früher ein steiler Hauersteig durch Weingärten, wenn man heute deren Lage kennt, unvorstellbar. Aber wo kann man als Sohn eines Migranten sich zuhause fühlen. Er ist zwar in Wien geboren, ist hier zur Schule gegangen, hat seine Lehre absolviert und hat auch in Wien die vielen berühmten „Ersten Male“ nur hier erlebt, aber ein echter Wiener, oder gar ein Österreicher, nein, das ist er nicht. Seine Eltern stammen aus Kroatien, leben seit 1960 in Wien und sind vom echten Österreicher noch ein Stückchen mehr entfernt. Doch Tomislav, ihren Sohn, sind sie sehr nahe, zumindest was den

Wohnort angeht, denn sie leben seit ihres Daseins in der Blumberggasse. Wer sich auskennt weiß, nur einige Gehminuten entfernt. Das Haus Nummer 12 war und ist in gutem Zustand, dank einer Verwaltung und einem Hausherrn, dem seine Mieter noch etwas wert sind, findet man in der Gegend so viele, wie vermutlich Kühlschränke am Nordpol. Die Wohnung selbst erreicht man, indem man mühelos oder mühselig, je nach körperlicher Ertüchtigung, drei Stockwerke empor steigt. Aufzug ist keiner vorhanden. So alte Häuser haben ihren eigenen Flair, da kann man Meinungen über die damalige Zeit haben, welch immer man will. Die Bauherrn waren, wie einige Künstler um

diese Zeit, einzigartig. Nach dem Öffnen des riesigen, schweren Eingangstores kommt ein breiter Flur zum Vorschein, die Wände haben einen Gelbstich, die Decken lassen Fresken erahnen. Das Licht verhindert die genaue Betrachtung, denke aber, dass es unter Tage besser zum Vorschein kommen würde, denn die großen Fenster lassen Unmengen von Licht herein. Das Stiegengeländer weist eine perfekte Mischung von gedrehtem Guss und Holz auf, die Hände gleiten angenehm daran. In jedem Halbstock und Stockwerk sind Ablagehalterungen für den damaligen Kohlelieferanten noch erhalten. Hinaufgeklappt, damit sie keine Behinderung darstellen oder gar Kinder

sich daran stossen, gefertigt sind sie ebenfalls aus Guss. Viele Menschen nehmen diese kleinen Erinnerungen an die gute alte Zeit nicht wahr, und jene die mit offenen Augen durch die Welt gehen, sind dann oft erstaunt, wenn sie erfahren, welchen Zweck diese Vorrichtungen hatten. Das Haus wurde um 1930 errichtet, welches einen riesigen Vorteil hat, jede Wohneinheit hat ein eigenes WC. Als seine Eltern nach Wien zogen, war dies eine Seltenheit, denn all jene Häuser, die in der Gründerzeit (auf jeden Fall vor 1873) erbaut wurden, sogenannte Zinskasernen, hatten die sanitären Bereiche, also Toilette und Bassena am Gang und mussten sich dies mit drei bis fünf Parteien teilen. Wenn da einer

nur ein kleines Schweinderl war, na gut, den Rest kann man sich denken. In diesem Haus waren zwar zusätzlich in jedem Stockwerk Bassenas installiert, jedoch ist ein derzeitiges Trinken des guten Wiener Wassers nicht möglich, da die Leitungen wegen Frostschutz abgedreht sind. Im Elternhaus von Tomislav war es glücklicherweise nicht so kalt, dank einer Gas Kombi Therme. Die Wohnung hat 55 Quadratmeter, beinhaltend ein Wohnzimmer, ein kleines Kabinett, sowie einer Küche und einem Bad, natürlich nicht das eben beschriebene WC zu vergessen. Als ihr einziger Sohn noch bei Ihnen lebte, schliefen sie im Wohnzimmer, die ausziehbare Couch ermöglichte es, dass es

unter Tags, doch aufgeräumt erschien. Heute können sie sich Besitzer eines Schlafzimmers nennen, auch wenn die Mietwohnung ja im eigentlichen Sinne nicht ihnen gehört. Die Wohnung ist jetzt nicht modern eingerichtet, keine Ledercouchen heben den Gesamtwert, von Großbildfernseher und Kachelöfen keine Spur, aber es erscheint gemütlich, auch auf den zweiten Blick. Die Küche, der unbestrittene Platz von Mama Vesna, hat einen Grundkorpus aus soliden Holz, die Vorderfronten werden je nach Bedarf ausgetauscht. Der Gasherd ist in täglicher Verwendung, der Geschirrspüler ist günstig wie noch nie, die braven Hände von Mama erledigen das. Eine kleine Sitzecke peppt

das ganze als gemütliche, warme Stube auf. Auch ein Fenster hat die Küche zu bieten, stets offen oder gekippt, die Lage ist einen sogenannten Lichthof gerichtet, den außer Tauben niemand bewohnt. In der Küche befindet sich eine kleine Nische, die durch einen Perlenvorhang verdeckt ist. Heutzutage könnte man meinen, dahinter verbirgt sich das Vorratslager der Lebensmittel, wie es oft Sitte ist oder gebaut wird. Falsch gedacht, ein kleines Badezimmer erscheint, wenn man den bunten Vorhang zur Seite schiebt. Jeder Quadratzentimeter ist ausgenützt, welches notwendig erscheint, wenn man so an die sechs Quadratmeter zur Verfügung hat und Waschmaschine, kleine Badewanne und

Waschtisch unterbringen möchte. Die beiden anderen Fenster befinden sich je im Wohnzimmer und Kabinett, würde man hinausschauen, könnte man das Geschehen auf der Blumberggasse beobachten. Da die Thaliastrasse in Sichtnähe ist, kann man bei geöffnetem Fenster die Straßenbahn hören, aber das stört niemand der Anwesenden. Auch Wohnzimmer und Kabinett zeigen keinen Luxus, aber komfortable, gemütliche Einrichtung. Die alten Parkettböden wurden geschliffen und eingelassen, das Fischgrätenmuster erinnert einfach an die niemals aussterbenden echten Holzböden. Immer wieder wurde im Laufe der Zeit ein Mobiliar, wenn ein

wenig Geld übrig war, mit großem Stolz gegen ein Neueres ausgetauscht. Das Alte mit nach Kroatien genommen, wo es ärmeren Leuten geschenkt wurde. Damals, als sie einzogen, waren Bett, Kasten und Truhen das einzige Mobiliar, aber es ging ihnen stets so gut, dass sie für ihren Sohn und auch für sich selbst genügend zu Essen hatten. Blieb manchmal sogar ein wenig Geld über, um es nach „unten“ zu schicken, so taten sie es, ohne viel nachzudenken. Kein Gedanke, sich vielleicht um dieses Geld, etwas selbst zu leisten, ja so sind sie. Sie gehören noch zur Generation, welche sich in ihrer Pension, in ihrer Heimat zur Ruhe setzen möchten. Der letzte Satz sagt vieles, zumindest darüber, als was oder wen

sich seine Eltern fühlen. Sie haben ein Zuhause, eine Heimat, die Glücklichen, oder? Jetzt könnte man sagen, du musst ja keinem auf die Nase binden, dass deine Eltern ... Bitte wie? Ich soll mich schämen, dass meine Eltern Ivica und Vesna heißen, das sie gebrochenes Deutsch sprechen, auch wenn sie schon ewige Zeit und ein bisschen länger hier leben und eben auch in gewissen Belangen und Meinungen von dem der echten Österreicher abweichen? Und das ein ganzes Leben lang, a bisserl viel verlangt, wie der Wiener sagen würde, oder? Das traurige ist aber, dass er manchmal wirklich überlegt, wem er seine Geschichte

erzählt. Seht ihr mich dann mit anderen Augen, bin ich dann nur mehr Mensch zweiter Klasse? Ja, das fragte sich Tomislav Suker schon des Öfteren. „Wie heisst du denn?“, ist die einfache Frage seiner Kindergärtnerin. Eigentlich heißen sie ja Kindergartenpädagogin, und nicht Tantchen, Frau Hanna oder Du da! Vollkommen zurecht, denn was die leisten, ein Wahnsinn und dann noch bei dem Gehalt, kein Wunder das sie entfliehen, wie der Teufel dem Weihwasser. Der Staat und die einzelnen Gemeinden loben sich zwar ständig und klopfen sich gegenseitig stolz auf die Schulter, was sie nicht geleistet haben und wie sie den Arbeitsplatz der Kindergartenpädagogen und deren

HelferInnen, auch bitte die nicht verschmähen, verbessert haben. Aber geändert hat sich fast gar nichts. Die Probleme mit den Kindern, die der deutschen Muttersprache nicht mächtig sind, ergeben enormen Zeitaufwand, dessen natürlich die anderen Kinder verlieren. Die Einführung des Pflichtjahres, alles schön und gut, in den Zeitungen ergibt das Schwarze auf dem Weißen ein herrliches Bild, aber die Realität sieht leider anders aus, die Kinderanzahl steigt, die gute Pädagogenanzahl sinkt. Einfachste Lösung wäre, den Lohn soweit zu erhöhen, dass der Beruf attraktiv wird. Dadurch würden es wieder mehr versuchen, vor allem jene die für den Beruf geeignet sind und die es

gerne machen, bei dem Job wichtiger, als alles andere. Allerdings, wenn man dort mehr Geld benötigt, muss man es wo anders nehmen, und wer gibt schon was her von seinem Kuchen. Den Topverdienern ist es nur wichtig, dass ihre Kinder perfekt betreut werden, dass sie gleichzeitig ein gutes Pappi, also Essen haben, ihre Kinder Freude am intelligenten Spiel finden und dass sie auch ein wenig Gehorsam lernen, wie es dabei den Azubis ergeht, das interessiert die Wenigsten. Gut, eine andere Geschichte, bleiben wir bei der, von Tomislav: „Wie heisst du denn?“, ist die einfache Frage seiner Kindergartenpädagogin. „Tom, Tom heisse

ich“. „Also Thomas?“ „Nein, nein Tom, nur Tom!“, die schnelle Antwort. Diese Wortspiele wiederholten sich natürlich, und oft wurde er dann gefragt, warum er eigentlich nicht mit der Wahrheit antwortet oder geantwortet hat. In den Jahren wo er noch Kindergarten und Volksschule besuchte, ist er noch rot angelaufen und hat meist nichts gesagt. In den späteren Jahren hat er jenen Menschen, von denen er glaubte, sie könne ihn verstehen, erklärt, dass es oft gescheiter wäre nichts zu sagen. Weil mich dann viele anders sehen, weil sie denken, sie müssen mit mir nach der Schreibe sprechen, sie müssen mit mir sehr

langsam reden, damit ich auch alles verstehe. Sie vermuteten, dass ich diesen Vorgang, diese Experiment, diesen Spass oder sie einfach überhaupt nicht verstehe oder verstanden habe. Aber er hat auch in den Jahren gelernt, dass das eigentlich nur Seines gleiche verstehen, aber denen braucht er das ganze Übel eh nicht erklären, die mussten ebenfalls damit hadern. Also, das Einfachste ist, sofern es sich nicht um Behörden oder dergleichen handelt, und man keine innige Verbindung mit dem Menschen hat oder sucht, so zu antworten: “Ich heisse Tom, und du?“. Natürlich spricht er auch kroatisch, aber eigentlich nur in den vier Wänden seines Elternhauses, auch wenn es nur eine

Wohnung in der Blumberggasse ist. Selbst mit anderen Jugoslawen, wenn der Begriff gestattet ist, unterhält er sich in Deutsch. Faktisch es ist schon einige Male vorkommen, vor allem in seiner Tätigkeit als Tischler, dass mal der Chef gerufen hat: “Tom, komm mal her und hilf mir, der versteht mi net!“. Natürlich egal, ob er Slowene, Montenegriner, Serbe oder Kroate ist, verstehen tust du sie alle, aber der Tiroler kann sich ja auch mit dem Burgenländer verständigen. Tomislav hat auch nie die Freundschaften mit „echten“ Österreichern vermieden, im Gegenteil, sein Bester ist ein Echter. Aber wie es eben so spielt das Leben, hat man als kleiner Junge sehr viel mit seines Gleichen zu tun.

Aber Schluss jetzt mit den Wortspielen! Wer gibt schon einem das Recht Seines Gleichen zu sein, vielleicht der österreichisch, abstammende Pädophile mit dem slowenischen Vergewaltiger? Aber zurück zu dem kleinen Jungen; die Eltern von Tomislav hatten und haben hauptsächlich Freunde, klarerweise auch Verwandte, aus Exjugoslawien, wo sie viele Wochenende, Werksabende und auch Urlaube und Ausflüge verbrachten. Selbstverständlich wird dort nur ihre Muttersprache gesprochen, jedoch die Kinder untereinander sprechen total unterschiedlich, entweder Muttersprache, Deutsch oder aber auch ein Gemisch davon, stören tut es von den Kindern niemand.

Irgendwie ergibt sich dadurch, dass man in seiner Zeit vor dem Kindergartenleben hauptsächlich auch Freunde mit Emigrantenstatus hat, gut, auch nicht schlimm. Bei Tomislav war es genau so, und so entwickelte sich seine Muttersprache, wie dies sich eben gehört, Deutsch blieb zwar nicht auf der Strecke, aber es wurde vernachlässigt. Beide Eltern arbeiteten zu dieser Zeit wie die Brotkäfer. Kennt die jemand, man die fressen und nagen alles was ihnen unter die Fühler kommt. Vater Ivica im Lager als Mann für alles Fälle, Mama Vesna wurde dem Image der damals nach Österreich einreisenden Migranten gerecht und bekam einen Job als Putzkraft,

den sie heute noch ausübt. Dadurch musste Tomislav recht früh in den Kindergarten und wenn es seiner Kinderzeit nicht geschadet hat, dem Deutsch keinesfalls. Er hatte auch das Glück, das er solche bekommen hat, die ihren Beruf wirklich mit Überzeugung und Engagement ausführten, die Kindergartenpädagoginnen sind damit gemeint. Schicksal, Fügung, Zufall, Vorhersehung, nennen kann man es wie man möchte. Jedenfalls lernte Tomislav einen Jungen im Kindergarten kennen, deren Freundschaft bis heute hält. Sie kann und konnte bis dato nichts trennen, kein Keil konnte in ihre innige Freundschaft je hineingepresst werden. Nicht unterschiedlicher könnten

die beiden Jungen sein, das Elternhaus, die Herkunft, die mitgegebene Charaktere, sowie ihr Umfeld und Freundeskreis. Aber vielleicht genau deswegen, weil eben die Eltern nie begeistert über die Freundschaft waren. Eventuell auch deshalb, weil die anderen Freunde stets den jeweils Anderen mit Missgunst beachtet haben und so sind sie die unzertrennlichen Haberer, die dicken Kumpels geworden. Andreas Schieber, blaue Augen, blondes, leicht lockiges Haar, Nachnameendung mit „er“, der Adolf hätte seine Freude gehabt. Weniger Begeisterung damit, dass ausgerechnet ein Tschusch sein bester Freund ist. In der Kindergartenzeit, beschränkte sich ihr

Zusammensein nur auf den Vormittag, oder zumindest solange, bis einer der Beiden abgeholt wurde, denn der Andi wohnte doch einige Kilometer weit weg vom Kindergarten. Sein Vater erlaubt es so gut wie nie, dass Tomislav mal nachher zu Ihnen mit nachhause fahren durfte. „Du hast in deiner Strasse genügend Kinder zum Spielen und überhaupt ...“ So und ähnlich waren stets die Aussagen und somit das Ende der wöchentlichen Bettelei, endlich mal nachmittags gemeinsam zu spielen. Anders herum wäre es ja erlaubt gewesen, also dass Andi bei Tom spielen kann, aber auch das wurde nicht oder so gut wie nie von Vater Hubert erlaubt. Einzige Ausnahmen waren die

Tage, wo Andi ́s Vater Seminartermine wahrnehmen musste, denn Andrea Schieber, die Mutter von Andi, war da um vieles nachsichtiger. In den gesamten drei Jahren ihrer Kindergartenzeit, konnte man an einer Hand abzählen, wie oft Tomislav die Ehre hatte, in der Braungasse 14 zu spielen. Und bitte, der Tomislav war nicht deswegen dort ungern gesehen, weil die Braungasse vielleicht nach der Eva Braun benannt wurde, weit verfehlt, sie wurde nach dem Gynäkologen Braun benannt. Das war schon der Vater, der dieses Vorurteil in seinem Kopfe trug und es unbedingt seinem Sohne vererben wollte. Ob es nun der geringe Einfluss der Mutter oder sein eigener starke Wille war, diese

Freundschaft schon in der Kindheit durchzusetzen, man weiß es nicht so genau, aber man kann`s sich denken. Großindustrieller, sagte immer der Andi, wenn er nach dem Beruf seines Vaters gefragt wurde. Unnahbar, stets völlig korrekt in Kleidung und Benehmen, kalt wie ein Eiswürferl und a ́n Schmäh, wie der Totengräber am Hernalser Friedhof. Die grau melierten Haare zu einem perfekten Scheitel gekämmt, der protzige Ring am kleinen rechten Finger sprang so richtig ins Auge. Aber so müssen sie sein, die das viele Geld nachhause bringen, die die dicken Autos fahren und auf der Spendenliste stets an erster Stelle stehen, meist noch namentlich genannt werden,

zumindest dachte das der Kindergartenjunge Tomislav. Es war schon was Tolles, so ein eigener Garten, ein kleines Pool und erst das Baumhaus in der geschätzten 100 jährigen Eiche. „Hast du das mit deinem Papi gebaut?“, war die damalige sofortige Frage, als Tom es begeisternd emporklomm. Andi nickte nur und schweifte sofort zum Themenwechsel, in dem er ihm ein kleines Messer zeigte, welches er in einer Nische im Baumhaus versteckt hatte. „Das darfst du niemanden sagen, dass ich ein Messer habe, versprich es mir!“. „Auch deine Eltern wissen nichts davon?“, war der prompte Kontra von Tom. Nur ein

Kopfschütteln beendete kurzfristig die Konversation der Beiden. Später erfuhr Tom, dass er es im Garten fand, als Bauarbeiter in einer Pause Äpfel schälten und es liegen ließen; übrigens jene, die das Baumhaus bauten. Der Ausblick war sehenswert, die Nachbargärten konnte man ungehindert einsehen, das spartane Treiben auf der Strasse ungehindert beobachten und auch das eigene Haus der Familie Schieber konnte man begutachten. Ein einstöckiges Haus mit einer bebauten Fläche von etwa hundert Quadratmetern, die Fassade in hellblau, die Fenster im dazu passenden Weiss. Ein leicht kurviger Kieselweg führt durch den gepflegten Vorgarten, Blumen vieler Gattungen begleiten liebevoll. Bei

der Gabelung muss man sich entscheiden, möchte man zum Haupteingang, dann links, oder in den Hintergarten, dann eben das andere Links. Hinter dem Haus gehören etwa noch zweihundert Quadratmeter zum Grundstück, ein kleines Pool, eine Sonnenterrasse und ein Pavillon seien noch erwähnenswert. Auch wenn die Mühe sichtbar war, eine spürbare Kälte umgab den Garten und das Innere des Hauses. Die gefühlte Stimmung war stets so, dass es einem die Nackenhaare, hätte man welche, hochstehen ließe. War es die Gemütlichkeit, oder die Wärme die fehlte, die so ein Haus ausstrahlen sollte, wenn einfach alles passt? War in dieser Zeit, wo meist nur ein Elternteil arbeiten ging, nicht die Frau, die

Hausherrin für dies verantwortlich gewesen. Dem Vater, wenn er vom langen Tage nachhause kam, alles recht zu machen? Lag es nicht in ihrer Verantwortung, dass sie für ein zuhause zu sorgen hatte, wo sich die Familie wohlfühlt. Die Filme aus dieser Zeit belegten es: der männliche Part kam müde von der Arbeit, das Kind spielend am Boden, die Mutter mit Schürze in der Küche bemühend. Die Pantoffel standen bereits so, dass der arme Mann nur noch hineinschlüpfen musste, der Duft der frischgemachten Speise stand im Raume und der Tisch war gedeckt. Mit anderen Worten, die Frau hatte dafür zu sorgen, dass es den anderen Familienmitgliedern

gut ging, sie selbst durfte die wenigsten Ansprüche stellen. Waren die Kinder frech oder ungehorsam, so lag es an der Mutter. Der Haushalt nicht perfekt, die Rosen im Garten verwelkten oder gar das Bierchen war nicht gekühlt, nur eine Person war dafür verantwortlich. Niemand in Mitteleuropa fand in den Siebzigern und Achtzigern an dieser Art des Lebens etwas schlechtes. Der Mann brachte das Geld nachhause, die Frau war für den Rest verantwortlich, heute unvorstellbar, oder? So oder so ähnlich war es auch bei Familie Schieber in der Braungasse. Und doch war es nicht so, irgend etwas lief falsch oder anders. Da es fast keine Besuche gab, blieb alles Geschehene innerhalb der vier Wände

lange Zeit verborgen. Doch eindeutige Worte zu Andrea Schieber dürfen nicht fehlen. Ja, sie war Mutter und Hausfrau von Berufs wegen. Die Gartenpflege und die empfohlene Reinlichkeit im Haushalt schupfte sie nicht alleine, so ehrlich muss man sein, Dragoslav kam zwei mal die Woche. Andrea gab sich Mühe, dem Haus einen persönlichen Tatsch zu geben, welches aber misslang. Es erweckte den Eindruck, dass sie unter etwas litt. Durch nettes Auftreten, solide, unauffällige Markenkleidung und überrationaler Freundlichkeit versuchte sie zu kaschieren, was es zu verbergen galt, aber viele merkten, sie war nicht sie selbst. Böse ausgedrückt, verhielt sie sich so, als würde

an ihren Händen, Beinen und dem Kopf, nicht sichtbare Fäden hängen, wodurch sie gesteuert wird, anders ausgedruckt, eine Marionette eben. Von wem? Drei mal darf man raten! Das Zimmer von Andi und erst die Spielsachen waren für Tomislav so, als würde er in Toy`s “r“ us wohnen, was der alles hatte. Aber irgendetwas war eben anders, Tom konnte es anfangs nicht begründen und was soll sich ein fünfjähriger Knirps auch darüber Gedanken machen, der Andi wird’s ihm schon erzählen, wenn es wichtig ist. Bei der elektrischen Eisenbahn sind solche nebulosen Dinge schnell vergessen, und der Vater ist ja eh nicht da. Und doch, auch

wenn die Carrera Autobahn den jungen Suker, übrigens der Nachname von Tomislav, in den Bann zog, wenn die roten und blauen Flitzer um die Kurven schossen, das seltsame Gefühl blieb nie verborgen. 2 Das Vorzimmer könnte man wirklich als Korridor bezeichnen, es wird schon so an die zehn Meter Länge haben. Bei den meisten Wohnungen, außer natürlich jene, wo schon das Klosett 25 Quadratmeter misst, sind ja diese Räume meist so ausgelegt, dass es bei zwei in diesem Raum befindlichen Personen schon eng wird. Ein Schuhkasten oder Garderobenständer ist da meist schon so zu planen, dass Maßanfertigung fast angebrachter wäre.

Wenn dann die beiden Türen, also die Eingangstüre und jene in die weiteren Räume der Wohnung auch noch nach Innen gehen, würde sich so mancher wünschen, das ein oder andere Schnitzel nicht gegessen zu haben. Hier ist das eben nicht so. Der Kleiderständer ist üppig, sternförmig ragen Holzknöpfe in allen Richtungen, darunter befinden sich noch kreisförmige Ablagerungsmöglichkeiten. Ein alter, grauer Mantel befindet sich so am Ständer , als hätte man ihn von acht Meter Entfernung hinaufgeschleudert, auf den darunter liegenden Fächern, wo normalerweise Handschuhe, Schale oder Hüte vorgesehen sind, liegen Socken und ein leerer Joghurtbecher. Ein Truhen -

ähnliches Mobiliar dürfte die Schuhverstauung übernehmen, jedenfalls ragen mehrere Schnürsenkel vom Deckel hervor. Sogar ein kleines Tischchen mit zwei Sesseln hat genügend Platz, so dass man ohne weiters noch ungehindert daran vorbeigehen kann. Ein großes dreiteiliges Kunststofffenster lässt ungehindert Licht einströmen, der Parkettboden zeigt Schattenbilder. Vom Fenster aus, kann man uralte, mammut- artige Eichenbäume begutachten, sie zieren den Beginn eines Parks in Wien Währing. Die Scheiben der erst kürzlich neu eingesetzten Fenster zeigen deutlich, dass sich auf der anderen Seite der Glasscheibe enorme Staub- und Schmutzbelastungen infolge Verkehr

befinden. Da sich Putzfrauen in dieser Wohnung noch nie befanden, zumindest nicht beruflicher Absicht und er selbst schon gar nicht Hand am Fensterputzen anlegt, wird man bald denken, der November reagiert das ganze Jahr über. Die Peter Jordan Strasse ist eine Hauptverbindungsstrecke, welche die Bezirke 16 bis 19 verbindet, auch die Buslinie tut ihriges dazu. Da es aber die einzigen Fenster sind, welche strassenseitig liegen, ist es zu verkraften, dass sie eigentlich ausnahmslos geschlossen sind. Die Eigentumswohnung liegt im dritten Stock, die Wohnküche und das Schlafzimmer haben ihre Fenster hofseitig, wenn man das so abwertend bezeichnen

darf. Der Ausblick zeigt keine gegenüberliegenden Häuser, gestattet viel Grün, einige alten Bäume, wo darunter Sitzgelegenheiten nur darauf warten, um sich hier zu entspannen. Immer wieder benützen Studenten der Universität von Boden und Kultur diese wirklich ruhige Gegend, um abzuschalten und Energie zu tanken. Der erste Anschein trügt nicht, die Wohnung präsentiert sich in den weiteren Räumen ebenso, schlicht, einfach, und unaufgeräumt. Der wunderschöne, alte Parkettboden mit Fischgrätenmuster hechelt direkt nach Reinigung und abschleifen. Die Wände, welche die letzten zehn Jahre sicherlich keine neue Farbe bekommen haben, waren vermutlich mal weiß, das

Nikotin hat so seine Spuren hinterlassen. Das Schlafzimmer lässt sich schnell beschreiben; ein altes Doppelbett aus Holz, wobei nur eine Matratze der beiden befindlichen überzogen ist, ein antiker Sessel, wo haufenweise Klamotten sich darauf befinden. Wenn man weiß, dass sich auch im Wohnzimmer kein Kasten befindet, so denkt man sich berechtigt, wo hat der Bewohner seine Kleidungsstücke aufbewahrt. Die Lösung des Rätsels ist ein kleiner begehbarer Raum, wie alle anderen Räume, vom Vorzimmer aus erreichbar, den darin befindlichen Zustand ersparen wir uns. Man kennt die berüchtigt berühmte Bombe, die irgendwo eingeschlagen haben muss, wenn man gewisse Räume betritt.

Hier ist es die Küche. Tassen, Teller und Reindl ́n türmen sich in der Abwasch, obwohl es sicherlich nicht an Einstellmöglichkeiten für Geschirr liegt, denn im Grunde ist es eine alte Einbauküche aus Holz, mit vielen Facetten und Ideen. Im selben Raum, nur durch ein Bücherregal getrennt, befindet sich das Wohnzimmer. Gleich zu erkennen, das Einzige in welches in letzter Zeit investiert wurde, ist in Mediageräten. Gegenüber der abgenutzten, braunen Ledercouch steht ein riesiger Flatscreen, der muss eine Diagonale über 100 cm haben, die 7.1 Surroundanlage schaut mächtig aus und der Klang lässt Cineasten Herzen höher

schlagen. Müsste man den Zustand der Wohnung und der darin befindlichen Person in kurzen Worten fassen, würde man meinen, eine Schande diese Wohnung so versauen zu lassen. Damit ist jetzt aber nicht gemeint, dass alles glänzen muss, die Hemden und T-Shirts mit der perfekten Bügelkante ausgerichtet sein müssen. Auch die Küche muss nicht wie in einer Fernsehküche zusammengeräumt sein. Nein, auch ordnungsliebend kann krank artig wirken, im Kopf von Andreas Schieber herrscht aber Chaos, welches sich mitunter auch auf den Zustand seiner Wohnung widerspiegeln lässt. Nur kann man dies leicht entfernen, in ein, zwei Tagen würde

man die Wohnung nicht wieder erkennen, aber das ist nicht der Punkt. Der seelische Zustand von Andi ist beunruhigend, er lässt sich hängen und hätte er nicht das Wichtigste, welches man im Leben haben kann, so würde es ihn vermutlich auf dieser Welt gar nicht mehr geben. Gott sei dank oder vielmehr glücklicherweise hat er einen Menschen, auf den er zählen kann, der ihm zuhört, der sich die Zeit nimmt und wenn ́s eng wird, für ihn da ist. Begonnen hat das alles vor etwa fünf Jahren, als sein Vater starb und seine Mutter krankheitshalber ins Spital gebracht wurde. Andrea Schieber ist seit dem Tage noch immer nicht in häusliche Pflege entlassen worden und so wird es auch in

naher Zukunft, Skeptiker würden nie sagen, nicht geschehen. Ein kleiner Anker war sie anfangs für Andi, aber als ihr Zustand zunehmend schlechter wurde, konnte man richtig beobachten, wie sich der Anker immer mehr aus dem losen Meeresgrund löste und das Schiff kapitänslos auf den offenen Ozean zusteuerte. Mittlerweile erkennt sie ihren eigenen Sohn nicht mehr, ihre Augen sind leer und suchen ständig Anhaltspunkte, die aber nie zu finden sind. An manchen Tagen, wenn er sich mal wieder für einen Besuch überwinden kann, umarmt sie ihn, auch wenn sie ihn nicht erkennt. Gleich beim nächsten Besuch, wo die Hoffnung auf Besserung zumindest spürbar ist, beschimpft sie ihn und

schmeisst ihn Sachen an den Kopf, was er nicht alles Getan haben soll. Diese ganzen Geschichten sind aber so realitätsfern, dass es wirklich weh tut. Andreas Schieber, selbst ein seelisches Mäuschen im Schlangenkäfig, würde jedes Mal am liebsten im Boden versinken, wenn er seine Mutter so dahin vegetieren sieht. Diese Machtlosigkeit, dieses Nichts tun können und nur zusehen, wie ein Mensch unglücklichst dem Ende zusteuert, einfach zum Kotzen, welches er auch manchmal durchleben muss. Es mag hart klingen, selbstgerecht und egozentrisch, aber für Andreas Schieber wäre es im momentanen Zustand besser, er würde die, eh schon auf das mindeste beschränkten Besuche,

komplett auslassen. Seine Mutter war immer sein sicheres Ufer, jener Hafen, der stets anzusteuern war, wenn es ihm nicht gut ging und jetzt soll er sie vergessen, so tun, als ob sie nicht mehr da wäre, na geht denn das überhaupt? Pfeift man da nicht auf sein eigenes Wohlbefinden und gibt dem kleinen Tropfen Zuversicht Hoffnung, es doch noch zu schaffen? Anfangs haben ihm die Ärzte versucht, es in irgendeiner Weise beizubringen, dass es im Moment für beide besser wäre, sich nicht zu sehen. Mit verständlicher Abneigung, leichten Wutausbrüchen und manchen Beschimpfungen gingen die Gespräche meist zu Ende. Auch wenn die weißen Götter es nur gut meinten, wie konnten sie

es wagen? Tomislav bestärkte ihn anfangs in seiner These, weiterhin seine Mutter zu besuchen. Aber, er bemerkte auch, wie sein Freund zunehmend eine Mauer um sich herum aufbaute. Er vergaß anfangs noch einige Steine und somit war ein durchdringen zu ihm anfangs noch möglich. Tom konnte mit Andi über seine Mutter und den eben vergangen Besuch im Krankenhaus noch reden, aber die virtuelle Wand wurde dichter und lückenloser. Der einmalige Vorschlag, selbst einen Psychiater aufzusuchen, wurde schnellstens verdrängt, denn die Angst, dass er dann selbst ihn nicht mehr in seine Wohnung ließ, war groß. Die Gespräche gingen über Monate,

der Zustand von Andi wurde manchmal besser, aber gleich wieder so beunruhigend, dass Tomislav oft mit der Situation überfordert war. Er wusste, dass er behutsam vorgehen musste. Oft begann Andi von sich selbst aus zu erzählen, und Tom lernte immer besser, ihn reden zu lassen, nur derjenige zu sein, der ihm zuhört, das brauchte er und das tat ihm gut. Bis spät in die Nachtstunden dauerten diese Gespräche, aber man merkte auch wie gut es Andi während und für kurze Zeit auch danach ging. Als sich dann der Zustand von Andrea Schieber rapide verschlechterte, merkte Tomislav, dass er so seinem Freund nicht mehr helfen konnte und er wusste, es müsse was

geschehen. Aber er wusste auch, dass es nicht nur der gesundheitliche Zustand seiner Mutter war, der ihn seelisch so belastete. Es gibt vermutlich viele Menschen, die geistig Kranke oder pflegebedürftige Freunde, Verwandte oder Familienangehörige haben, die sie pflegen müssen, mitunter auch unter einem Dach mit ihnen wohnen. Wenn jedoch das eigene Selbstbewusstsein einiger maßen aufrecht erscheint, ist diese prekäre Situation zu meistern, dass es nicht leicht ist, dagegen sagt ja niemand etwas. Tomislav saß oft allein zuhause, vor allem nach den anstrengenden Gespräche mit Andi und ließ sein bisheriges Leben an ihm

vorbei ziehen. Die Kindergartenzeit, wo er Andi kennen lernte, die Volksschulzeit, wo sie meist neben einander saßen. In der Hauptschulzeit, wo er Andi weniger zu sehen bekam, da sie nicht die gleiche Schule besuchten. Ja, so immer weiter, eben noch die Lehrzeit und die wenigen Jährchen danach, bis eben zum heutigen Tage. Es wurde zur Gewohnheit, Andi rief an und bat ihn zu kommen, Tom wusste, ok, er war wieder im Krankenhaus und es geht ihm beschissen. Ohne zu zögern packte er sich zusammen und begab sich zu ihm. Bei Andi wurden meist einige Flaschen Rotwein getrunken, auch wenn der größere Prozentanteil klar auf Andi Seite lag. Dennoch musste Tomislav doch auch etwas

kalorienreicheres zu sich nehmen und so besorgte er meist noch Pizzen oder Ähnliches, denn im Haushalte Schieber war Nahrung meist dünn besät. Irgendwann in späten Nachtstunden oder auch Morgenstunden torkelte Tom nach Hause, übersättigt mit Problemen, Rotwein und Pizza und brachte keine Auge zu. Nicht täglich, aber jedes mal wenn dieses Prozedere mit Andi los brach, grüßte das Murmeltier und Tomislav hatte Schlafprobleme. So wurde es eben zur Gewohnheit, dass er sich meist in seinen Drehrollstuhl niederließ und über das Leben von Andi und ihm nachdachte. Sicherlich unüblich, so oft und regelmäßig über das Leben einer anderen Person zu

achten. Wahre Freundschaft wäre da eine Möglichkeit, die dies bewerkstelligen ließe, Sorge wäre ebenfalls ein Part. Die Gedanken, die einem da widerfahren, erscheinen dann meist kurios und unabdingbar, man verwirft sie gleich wieder und will sich zusammenreißen. He, was bist du für ein Vollidiot, was denkst du eigentlich, das ist dein bester Freund! Gedanken sind keine Lichtschalter, welche man einfach abschalten kann, verdrängen wäre eine Option, das Gelingen eine andere Geschichte. Ehrlich, welcher fünf Jährige macht sich über seine Freunde Gedanken, ja vielleicht, wenn einer ständig heult oder riesige blaue Flecken mit sich trägt, da fragt man dann

auch schon. Aber wenn einer ruhig ist, dann ist es eben so, aus, Schluss, Pasta! Und die Volksschulzeit, na nicht viel anders, man unterhält sich über den gestrigen Tag, Sport, vielleicht mal auch schon über Mädchen, je nach dem, wie die Pubertät voranschreitet. Kinder in diesem Alter sind einfach ehrlich, aber die wirklich. Sie leben wunderschön in den Tag hinein, genießen das Beisammensein, die Freizeit und strahlen nur so die Unbekümmertheit aus. Bei Andi und Tom war es nicht anders. Tom brauchte Abwechslung, Andi, machte ihm große Sorgen, aber er investierte bereits so viel von seinen Gedanken an ihm, dass es ihm manchmal reichte, verständlich. Er schenkte sich noch einen

Rotwein ein, schwenkte das Glas gekonnt im Kreise und ließ dem Aroma seine Chance sich zu entfalten. Dabei drehte er sich von seinem Schreibtisch um 180 Grade und beobachte, wie die Welt, vor allem der 16. Wiener Gemeindebezirk, so sein Nachtleben gestaltete. Die jungen Migrantenkinder, und ohne zu übertreiben, trifft dies auf mindestens 80 Prozent der unten auf der Strasse Anwesenden, wissen die Feste zu feiern. Heute ist Samstag Nacht und das ist eben einer der Gründe zu feiern. Sie zeigen sich, schlendern die Ottakringerstrasse auf und ab und bleiben dann irgendwo in einer der vielen Gassenlokale hängen, um zu Trinken und zu Essen. Eigentlich wäre Tomislav genau im

richtigen Alter, um dort unten mitzumischen. Stattdessen drückte er seine Nase über den Glasrand und atmet tief durch; Brombeere und Flieder kann er eindeutig erkennen, ein fruchtiger, blumiger Wein aus dem Mittelburgenland. Snob, Einzelgänger, introvertiert, nein, nein, nichts von dem. Er hat auch schon seine Zeiten, wo er quasi unter seinem Fenster mit Freunden flaniert, die momentanen, angesagten Getränke zu sich nimmt und seine Fühler nach interessanten, schönen Frauen ausstreckt. Aber er kennt auch die andere Seite, die ihm sein Vater angelernt hat, wenn man das so über Weintrinken sagen darf, er hat ihn eben auf den Geschmack

gebracht. Ivica Suker hatte als Junge oft bei den Weinlesen in seiner Heimat mitgeholfen, sein Onkel mütterlicherseits hatte einige Hektar Reben. Da gewinnt man vermutlich die Liebe zum Wein und das hat er seinem Sohne eben verpachtet. Ein, zwei mal im Monat sitzen sie gemeinsam, wo auch immer und präsentieren sich gegenseitig Errungenschaften von Rotweinen. Ivica bleibt da eher seinem Lande treu und bringt eine Flasche aus Kroatien mit, Tomislav ist der Internationale, wobei sein Trend immer mehr zum Mittelburgenland tendiert. Aber wenn er jetzt so an dem wunderbaren Aroma roch, den ersten Schluck nahm, wobei er ihn vor dem Hinunterschlucken

kurzweilig noch im Gaumen beließ um den Wein auch zu schmecken, kamen ihm dann doch einige Erinnerungen hoch, die merkwürdig erschienen. Wie bereits erwähnt, die ersten sechs Jahre, die sie sich kannten, also vom Kindergarten weg bis zum Ende der Volksschule, gab es jetzt nur einige Fälle und Situationen, die Tom kurzzeitig seltsam vorkamen. Seine Besuche waren ja nur äußert sporadisch bei Andi zuhause, aber genau da, war er eben anders, als wie wenn sie zum Beispiel im Kindergarten herumtollten oder in der Schule so ihre Streiche produzierten. Nun, das war ́s dann aber auch schon. Der zweite und dritte Schluck war eher nur ein Trinken, kein Genießen, denn die Gedanken

hatten auch keinen Platz dafür. Verdammt, jetzt bin ich schon wieder bei den Problemen Anderer, kann ich nicht abschalten? Wie der Sog einer Spülung, egal an was oder wen er dachte, die Ergebnisse waren die Jugendzeit seines Freundes, beziehungsweise die Ursache für sein jetziges Verhalten. Tom musste wieder mal an die Lehrzeit denken, und schon wieder kamen Sorgen, eigenartige Gedanken in ihm hoch. Er konnte nicht sagen, was es ist, aber das beklemmende Gefühl nahm kein Ende, er leerte das Glas in einem Zuge und schloss die Augen. Wie vom Teufel gejagt, erhob er sich aus seinem Sessel, griff zum Handy und wählte die Nummer von Andi. Vor der letzten Ziffer

hielt er inne, jedoch ließ ihn nicht die Uhrzeit, es war bereits fünfzehn Minuten nach drei Uhr morgens, zögern, sondern der Umstand, wie und was er ihn eigentlich fragen sollte. Andi hatte genug Probleme, das mit seiner Mutter nahm ihn stark her, und auch sonst hatte er sein Leben absolut nicht in Griff. Er hatte keine Freunde, außer eben Tomislav, er hat keine Freundin, bei der er die Zeit vergessen konnte und sein Chef machte ihm ebenfalls seit einiger Zeit Stress, da er so manches vernachlässigte, auch das vertraute er Tomislav an. Tomislav legte sein Smartphone wieder auf seinen Schreibtisch, zog sich an und begab sich nach unten in das Nachtleben, er

brauchte jetzt Ablenkung. Aber eines war ihm jetzt klar geworden. Nicht der jetzige Umstand, auch nicht die letzten vier bis fünf Jahre sind die Auslöser der derzeitigen Verfassung von Andi, da muss schon etwas während der Lehrzeit vorgefallen sein. Eventuell auch früher, aber da war Tomislav ́s Kinderwelt noch heil und unberührt, aber wer kann es ihm verdenken. Wenn er Andi wirklich helfen möchte, und das will er auch, er ist und bleibt sein bester Freund, dann muss er der Sache lückenlos auf dem Grund gehen. Ja, das ist ihm eben klar geworden, auch wenn sich riesige Gräben auftun werden, er muss beim nächsten Anruf von Andi, wenn er ihn eben mal wieder zum Reden braucht, beginnen

nachzuhaken, vorsichtig und einfühlsam. Ja, das nahm sich Tomislav jetzt fest vor, als er sein Haustor unten erreichte und ins Freie trat. Er war nicht einmal fünf Schritte auf der Bergsteiggasse Richtung Ottakringerstrasse gelaufen, hörte er eine bekannte Stimme krächzen, so als, hätte er vor kurzem fünf Stunden auf einem ACDC Konzert mitgesungen: „Zdravo Tomislav!“ „Zdravo Miro!“, schrie er zurück, da die Musik aus dem Lokal, wovor sich sein Freund befand, bedenklich laut war. „Dodi da popijemo nesto!“. Tomislav war froh über die Ablenkung, nickte und verschwand ins Innere der

Clubbar. * „Sag mal, hast du dich jetzt komplett aufgegeben? Hast du den Verstand verloren, wie siehst du denn aus?, waren die einzigen Worte, die Tomislav einfielen, als er Andreas Schieber beim Öffnen seiner Wohnungstüre gegenüber stand. Dass die Haare zu Berge standen, gut, dieser Zustand war in den letzten Monaten fast alltäglich geworden. Eigentlich undenklich, dass Haare mit einer Länge von etwa zehn Zentimetern so unfrisiert aussehen können. Kamm, Spiegel und ein wenig Selbstachtung waren jedenfalls Fremdwörter für Andi. Unrasiert, ok warum eigentlich nicht, ein Dreitagesbart, wie man

so schön sagt, kann oder soll sexy wirken. Traf bei Andi aber nicht zu, muss man auch gleich erwähnen. Wer kann sich noch auf die Krimireihe „Derrick“ erinnern? Der Hauptkommissar, ein gewisser Horst Tappert, hatte Augenringe, so als würde er nur herumlungern, saufen und jede nacht keine Auge zu tun, welches aber komischer Weise bei dieser Filmfigur gar nicht zutraf, aber das ist eine andere Geschichte. Jedenfalls waren Andi Schieber ́s Augenringe um nichts besser, und vermutlich trafen bei ihm die Kriterien aber zu. Seine blonden Haare standen also zu Berge, er war unrasiert, tiefste Augenringe, seine blauen Augen waren leer und müde. Keiner erwartet, dass man im Frack oder

Anzug zuhause öffnet, aber dieses Leiberl und diese Hose, abgesehen das sie vermutlich die letzten drei Wochen keine Waschmaschine gesehen haben, so was von abgefuckt, unbeschreiblich. Uringeruch war ab sofort in seiner Nase, er hatte das Gefühl, er würde Urinsteine lutschen. Und zuletzt noch die Körperausdünstung, eine Duftwelle stieß Tomislav entgegen, so als würde eine Herde Schafe in seiner Wohnung verweilen. „Wieso, was ist?“, war die wirklich ernst gemeinte, entsetzte Gegenfrage. „Ich sag dir jetzt was Sache ist. Du duscht dich, ziehst dir frisches Gewand an, schmeisst dieses (dabei zeigte er abwertend auf Andi`s Klamotten) in die

Waschmaschine oder in den Müll, vielleicht die restlichen Kleidungssachen, die da so herumliegen gleich dazu und dann habe ich wieder ein Ohr für dich“. Tomislav drängte dabei Andi in die Wohnung, öffnete luftanhaltend das nächst gelegene Fenster und schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht was du hast, seit wann bist du so dünn angemacht und lass dieses scheiß, provozierende Kopfschütteln, sonst kannst gleich wieder gehen!“. Andreas Schieber war zu tiefst verletzt, er konnte ihn, nein er konnte die ganze Welt nicht mehr verstehen, alles hakten nur mehr auf ihn rum. „Andi, ich bin dein Freund und als solcher spreche ich mit dir. Ich mein es nicht böse,

ich bin nicht dünn angemacht und ....“ „Wenn du mein Freund wärest, dann würdest du mich akzeptieren, so wie ich bin. Mir geht’s mal scheisse oder glaubst ich ruf dich als Spass einmal in der Woche an! Ist dir lieber, ich dreh mir einen Strick oder ich mix mir einen Cocktail, denn so fühl ich mich momentan, verstehst du! Mir wachst alles über den Kopf, meine Mutter, mein Dasein, meine Arbeit und mein verdammtes Leben einfach. Aber was ..“ Tomislav merkte, dass er auf der aggressiven Schiene nicht weiter kam, er drehte einen Gang zurück, umarmte ihn, welches wirklich einer Meisterleistung gleichkam, denn der Geruch war wirklich ekelerregend und meinte wortabschneidend:

„Aber nichts Andi! Ich versteh dich zum Teil, sonst wäre ich nicht hier. Ich schätze es auch an dir, dass du nicht so ein feiges Arschloch bist und dich umbringst, sondern das Gespräch suchst. Ja, genau der richtige Ansatz, und das wird auch wieder, wir schaffen das. Ich muss dir auch sagen, dass ich die letzten Tage sehr viel nachgedacht habe. Über uns, über unsere gemeinsame Kindheit und über dich insbesondere und dabei ist mir aufgefallen, dass ...“. Tom kam ein wenig ins Stottern, er wußte, dass er jetzt die richtige Wortwahl treffen musste, denn sonst geht das Ganze nach Hinten los und dann wird der weg holprig und steil. Er drückte seinen Arm ein wenig fester um seine Schulter,

hatte das Gefühl, dass man sich an alles gewöhnen kann, der Geruch von Urin und Schweiß war nicht mehr so unerträglich und führte ihn Richtung Badezimmer. „ ist dir aufgefallen, was?“, fragte Andi ein wenig überrascht. „Andi, ich mach uns einen guten, starken Kaffee und du duscht dich einstweilen, danach erzähl ich dir alles nach der Reihe. Ha, was hältst du davon?“ „Ganz gute Idee, aber ich glaube ich hab keinen Kaffee, abgesehen von Filter, Milch, Zuck ...“ „Scheisse Andi, was hast du eigentlich zuhause, von was lebst du! Ok, ok, entschuldige, hast du noch deine

Kaffeemaschine? „Haha, sehr witzig , deinen Sarkasmus kannst du dir ...!“ „Entschuldige! Gut Plan B, ich geh einkaufen und du nimmst eine Dusche, ok?“ „He, du machst mich unsicher! Warum machst du so ein Geheimnis daraus, was ist dir aufgefallen, sag ́s einfach!“. Jetzt wusste Tomislav, dass er genau ins Schwarze getroffen hatte, solch eine Unsicherheit hatte er bei Andi noch nie bemerkt. Es ist etwas vorgefallen, nur den genauen Zeitpunkt, den konnte er nicht einordnen. Tomislav Suker dachte stets, dass es mit dem Beginn der Krankheit und dem Unfall seines Vaters zu tun haben musste. Hier begann sich Andi zumindest

einzukapseln, sich aufzugeben und seinen Freundeskreis, der sowieso immer auf ́s mindeste beschränkt war, nur mehr auf Andi zu limitieren. Abgesehen davon bestand oder besteht sein Freundeskreis nur aus Männern. Gut, nicht jeder Mann hat jetzt drei Freundinnen. Eben eine zum Quatschen, eine fürs Bügeln und eine für ́s Andere. Gut zugegeben ist Sexistisch und wir vergessen den letzten Satz. Aber Andi hat gar keine und hatte auch nie eine, auch nicht nur zum Plauschen. Es war Tomislav nie aufgefallen, aber in der damaligen Nacht, wo er den Beschluss fasste, es ist an der Zeit, das Leben von Andi grundlegend zu durchforsten und ihn kräftigst unter die Schultern zu greifen, ja da schoss ihn

komischerweise ...... 7 Die Gegend war furchteinflößend, vermutlich trug das Wetter ihriges dazu bei, nebelig, nass und die Luftfeuchtigkeit war den hundert Prozent sehr nahe. Eigentlich hätte ich mir ja diese Anti Statik Bürsten auch im Fachhandel besorgen können, aber die Angst es mir nachzuweisen, war dann doch zu groß. Das World Wide Web findet ja bekanntlich alles und so fand ich jemanden, der eben diese Bürsten vertreibt. Meine Recherchen haben ergeben, dass ich zumindest acht Stück benötige, um die erforderliche Menge zu bekommen. So wie der Typ puncto Sicherheitsvorkehrungen

vorging, könnte ich mir vorstellen, das er Panzerfäuste oder Granatwerfer auch vertreibt. Seine einzige Antwort, die er mir per Mail zukommen ließ, war jene, dass ich mir ein Free Paid Handy besorgen soll und die dazugehörige Nummer an der Postschließfachnummer 33, Adresse war natürlich auch dabei, hinterlegen soll. Das Postfach ist für drei Tage dafür in Verwendung, sollte ich bis dahin nichts von mir, beziehungsweise meinem Handy etwas hören oder sehen lassen, ist der Käse gegessen. Mir kam die Sache ein wenig überzogen vor, immerhin handelte es sich nur um Anti Statik Bürsten. Entweder, er wusste, welche teuflische Substanz diese Bürsten enthalten oder er hat ein Schema,

und von dem weicht er einfach nicht ab, egal um welche Produkte es sich handelt. Ich tat also alles so, wie er es verlangte, auch die Anweisungen, die er mir per Telefon gab, befolgte ich peinlichst genau. Die Tatsache, dass der Typ, leider muss ich ihn stets so bezeichnen, denn Namen gab es überhaupt keine, auch Alias gab es keine, wienerisch sprach, verdutzte mich allemal. Ja, und so stehe ich hier, wie es mir erläutert wurde: „Kommen sie am Samstag um 22 Uhr auf den Mexikoplatz in den zweiten Bezirk. Nummer weiß ich keine, aber auf einer kleinen Grünfläche, viele davon werden sie nicht finden, befindet sich ein Marmorblock, also eine Gedenkstafel oder weiß der Teufel wofür

die dort steht.“ „Wie erkenne ich sie?“, traute ich mich kurz zu fragen, bereute es aber gleich wieder. Seine Stimme war stets so bevormundend, dass er mir irgendwie Gänsehaut bereitete. „Nicht sie mich, sondern ich erkenne sie, tragen sie eine Tageszeitung zusammengerollt unter dem linken Arm!“. Mein kurzer Gedanke, dem Ganzen ein Erheiterung beizusteuern, ging ebenfalls voll in die Hose. „Krone oder Kurier?“ „Was!“ „Vergessen Sie ́s! Hätte ein Scherz sein sollen“. Klick, aufgelegt, ja so war er, kurz und bündig. Also so ein kleines angeregtes Gespräch zwischendurch wäre mit ihm

undenkbar gewesen, aber gut, für das suchte ich ihm ja nicht im Internet. Pünktlich auf die Sekunde, natürlich mit Zeitung unter dem Arm, einer Kronenzeitung nur so nebenbei, stand ich vor dem Gedenkstein. Der Stein übrigens wurde 1985 aufgestellt, und ließ erahnen, warum der jetzige Platz auch so hieß. Die Inschrift lautete: „Mexiko war im März 1938 das einzige Land, das vor dem Völkerbund offiziellen Protest gegen den gewaltsamen Anschluss Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich einlegte. Zum Gedenken an diesen Akt hat die Stadt Wien diesem Platz den Namen Mexiko-Platz verliehen“. Gut, würde er nicht kommen, so wußte ich

jetzt wenigstens, woher der Mexioplatz seinen Namen hat. Andererseits, wieso sollte er nicht kommen, ich habe ja keinen Cent im Vorhinein bezahlt, also was hätte er davon. Meine Gedanken spielten all mögliche Szenerien durch, auch jene, dass plötzlich Kriminalpolizei vor mir stand und mich fragte, was ich eigentlich mit den Bürsten vorhätte. Die Angst davor ließ mich schleunigst eine Ausrede dafür suchen, blieb aber erfolglos, denn kurz darauf sprach mich eine mir bekannte Männerstimme an. Ich sah ihn nicht kommen, was mich so was von ärgerte, meine Leichtsinn war so was von dämlich. „Wie ausgemacht, 15 Euro pro Bürste, also 120 Euro!“. Er hielt beide Hände

ausgestreckt in meine Richtung, wobei er in der linken einen Leinensack hielt, wo vermutlich die Bürsten verpackt waren, die Rechte hielt er geldfordernd mit offener flacher Hand. Sein Kopf war stets leicht senkend, so dass ich nie sein Gesicht sehen konnte, abgesehen davon war es bei dem Denkmal so dunkel, das es mir doppelt schwer viel, mir einen Eindruck zu verschaffen. Seine Kleidung war schlampig, die Hose reichte weit über die Schuhe, so dass man sie nicht sehen konnte. Der graue lange Lodenmantel war schmuddelig und verfilzt, ich hatte auch den Eindruck, dass ein übler Geruch von ihm ausging. Eine Art Baseballkappe hatte er tief in die Stirn gezogen, sie war verwaschen und alt.

Weder seine Haarfarbe, sein Alter und schon gar nicht seine Augenfarbe konnte ich ausmachen, die Größe würde ich auf 1 Meter 70 schätzen. Die Warenübergabe verlief wie bei einem Thriller im Fernsehen oder Kino, wortlos und zügig. Kaum hatte er die Scheine abgezählt, drehte er sich kommentarlos um und verschwand in der Dunkelheit, vermutlich ist er so ähnlich auch erschienen, ein komischer Kauz der Typ. Mein einziges Problem war nun, die tödliche Substanz von den Bürsten zu entfernen, danach war es angeblich ein Kinderspiel. Da beide meiner Freunde, welche Chemiker gelernt hatten, sofort absagten, musste erneut das Internet her. Es

brauchte nicht lange und auch hier wurde ich fündig. Die Kosten waren um einiges höher als der Selbstkostenpreis der Bürsten, jedoch hätte ich es alleine nicht über die Bühne gebracht. Ich übergab ihnen die Bürsten, sie verwiesen mich auf eine Wartebank und verschwanden in einem Nebenraum. Nach etwa, ich glaubte schon, sie kamen gar nicht mehr, also etwa zwei Stunden kamen sie wortlos und das Geschäft ging über die Bühne. Da es auch hier sehr inkognito zuging und Keiner von Niemanden Namen oder ähnliches wollte, zahlte ich zufrieden und begab mich mit einem kleinen Bleibehälter Richtung Heimat. Inhalt des Bleibehälters ein paar Gramm

Polonium-210. Polonium wurde 1898 von Marie Curie entdeckt und zu Ehren ihrer Heimat Polen nannte sie es Polonium (vom lateinischen Wort „Polonia“). Es ist also ein Nuklid und somit radioaktiv, also eigentlich kein Gift, wenn es auch den selben oder gar bessern Effekt aufweist. Da es allerdings nur Alphastrahlen aussendet, muss es oral genommen werden, denn alleine einige Millimeter Luft und somit auch Haut würden ausreichen, um dieses zu absorbieren. Der Staub, welcher mit einem Metallstaub vergleichbar ist, ist in warmen oder gar heissen Getränken, wie zum Beispiel Tee nicht schmeckbar. Die berechtigte Frage, warum jetzt solch ein gefährliches Material in herkömmlichen

ionisierten Anti Statik Bürste vorkommt, ist einfach: Die Alpha-Strahlung des Poloniums ionisiert die Luft in der Umgebung der Quelle - etwa einer Bürste zur Reinigung von Filme, Fotolinsen oder Okulare - und hebt die statische Aufladung der betroffenen Flächen auf, so dass Staub sich leicht entfernen lässt. Ein kleiner Nachteil ist die Halbwertszeit, welche nur fünf Tage beträgt, es sollte also in dieser Zeitspanne verwendet werden, da ja ansonsten die Hälfte der Strahlung bereits verloren gegangen ist. Da ja die Jahreszeit das ihrige dazu betrug, bezüglich „Teetime“ meine ich jetzt, musste ich nur mehr die Gelegenheit abwarten, denn auch wenn es ein

alltägliches Ritual war, dabei war ich selten. Es waren eher die wenigen Minuten, welche meine Eltern für sich haben wollten, meine Anwesenheit wäre das plötzlich auffällig. In den ersten beiden Tagen ergab es sich überhaupt nicht und meine Nervosität stieg allmählich, vermutlich auch da her kommend, da das Wochenende nahte und somit der Ablauf überhaupt anders war. Mir blieb nur mehr der Freitag und ich wußte, wenn nicht heute, dann nie, denn das ganze würde ich mir nicht noch einmal antun, geschweige denn leisten können. Einfacher und sicherer wäre es, wenn ich die tödliche Substanz bereits vorher in den Teekessel geben würde, jedoch wäre da

meine Mutter ebenfalls gefährdet und meine Absicht, den „perfekten Mord“ zu verüben, da ich sie ja hätte warnen müssen, wäre gescheitert. Das Ideale wäre, wenn es gar nicht nach einem Mord aussehen würde. Somit könnte man meinen, dass es den perfekten Mord gar nicht gibt, denn wäre er tatsächlich perfekt, sollte es gar nicht danach aussehen. Gut lassen wir die Wortspiele und konzentrieren wir uns einfach darauf, dass es den erwischen soll, der es verdiente und das es nach einem plötzlichen Versagen eines menschlichen Organes aussieht. Würde es jetzt forensische und obduzierende Untersuchungen geben, wäre es vermutlich nachweisbar, aber da bin ich

überfragt. Vater kam freitags wie immer und pünktlich um 15 Uhr bei der Türe herein, stellte Schuhe ordentlichst, parallel an ihren Platz, hängte seine Jacke peinlichst genau auf den Kleiderhaken und schlüpfte in seine blamablen Pantoffel. Mutter, leider zu unterwürfig, warum auch immer, wartete schon im Wohnzimmer und legte ihm das Kissen für den Fauteuil zu recht. Da die Szenarien einem Ritual glichen, also stets das selbe Bild, wie bei „Täglich grüßt das Murmeltier“, waren sie leicht auszurechnen. Ich musste nur auf den Zeitpunkt warten, wo das Teewasser kochte und Mutter das brühende Wasser in die bereits hergerichteten Teetassen schüttete.

Da mein Vater sich stets bedienen ließ, war die Möglichkeit, dass er ebenfalls in die Küche kam, relativ gering. Und genau in den fünf Minuten, wo der Tee zu ziehen hatte, musste ich meine Chance nützen. Das richtige Teeglas zu erwischen war einfach, da sie immer einen Früchtetee und er einen Grünen trank. Im Normalfall nützt sie die fünf Minuten, während er sich vom Fernseher berieseln lässt, notwendige Tätigkeiten in der Küche oder auch in unmittelbarer Nähe durchzuführen. Das Klingeln der Teeuhr lässt sie jegliche Tätigkeit in den Schatten stellen um in die Küche zu laufen, denn die Zeit des Ziehens war wichtig, zumindest aus der Sicht meines Vaters. Wie wenn Wölfe in die

Nacht heulen, vermutlich wenn sie Beute riechen oder sich in der Brunftzeit befinden, hörte sich der Teekessel an, wenn das Wasser darin die kochende Phase erreichte. Mein Zeitpunkt war gekommen, ich begab mich auf jene Toilette, welche etagengleich mit der Küche und dem Wohnzimmer lag und wartete kurz. Da das WC räumlich der Küche angebaut war, konnte ich durch leises Zurufen etwas erreichen, welches mir eine Vorteil erschuf. Nämlich jenes, dass mich Mutter in der Küche hörte, aber Vater eben nicht. Einerseits durch den laufenden Fernseher, anderseits durch die räumliche Anordnung, dass eben die Küche zwischen der Toilette und dem Wohnzimmer lag. Ich

öffnete eine Spalt die Türe und wartete auf das vertraute Geräusch, wo das Wasser in die Teetassen geleert wird. Auch das Abstellen der Teekanne auf den Herd konnte ich ausmachen. So, jetzt war mein Part an der Reihe. „Mama!“, rief ich so leise, dass mich Vater keinesfalls hören konnte, aber so laut, dass sie mich noch verstehen konnte. „Ja?“, war ihre kurze, etwas erstaunte Antwort. Vermutlich war sie überrascht, warum ich nicht in meinem Zimmer im ersten Stock war. „Wir haben hier kein Klopapier mehr und ich bräuchte eines, könntest ...“ „Ja wieso hast du denn nicht im Vorhinein geschaut?“, eine kurze Atempause folgte,

ich schluckte nervös. „Aber ja, ich hole es dir!“. Ihre schnellen Schritte, wie sie die Treppe in den Keller hinunterlief erleichterten mich. Kurz wartete ich noch, dann schlich ich mit dem kleinen Bleibehälter in die Küche, öffnete ihn akribisch und versuchte beim Hineinschütten der Substanz jegliches daneben leeren zu vermeiden. Die Luft hielt ich ebenfalls an, da ich vor dem Einatmen dieser tödlichen Substanz schweren Respekt zollte. Ich durchrührte die heisse Flüssigkeit mit einem Löffel, ließ ihn in meiner Hose verschwinden und begab mich wieder auf die Toilette. Mutter kam keuchend nach oben, mittlerweile läutete auch die

Teeuhr. „Da hast du Taschentücher, ich kann keines mehr finden, ich hätte schwören können, das wir noch eins hätten!“. Da die Teeuhr sie in Zeitdruck brachte, verbrachte sie keine fünf Sekunden bei mir auf der Toilette. Das sie kein Papier finden konnte, war mir natürlich klar, meine Vorbereitungen ließen dem Zufall keine Chance. Ich wartete noch einige Zeit, wie lange ist schwer zu sagen, mein Herz pochte extrem stark. Ich musste mich beruhigen, aber die Tatsache, dass es jetzt kein zurück mehr gab, erleichterte die Sache nicht im geringsten. Ich versuchte, ob ich hören konnte, dass sie bereits beim Trinken ihres Tees sind, konnte aber keinen

laut ausmachen. Ich beschloss ins Wohnzimmer zu gehen, hoffte, meine Unsicherheit nicht sichtbar werden zu lassen. „Trinkt der Engländer den Tee mit Milch oder Zucker?“, fragte ich lautstark beim Betreten des Raumes. Meine selbstsichere Stimme und mein Auftreten überraschte mich selbst. Vater und Mutter schauten verdutzt und nahmen genüsslich einen Schluck. Da keiner der Beiden antwortete, gab ich sie mir selbst. „Es kommt auf den Tee an, wäre die richtige Antwort gewesen!“, und zwang mich zu einem Lächeln, wobei ich meinen Vater keine Sekunde aus den Augen ließ. In den nächsten Sekunden ging alles sehr

schnell. Er dürfte Krämpfe bekommen, laute brachte er keine heraus, Mutter bekam noch nichts mit, da ja der Fernseher auch lief und sie dem laufenden Bericht folgte. Er saß da und sein gesamter Körper zuckte, die größte Schwierigkeit hatte er, die Teetasse nicht fallen zu lassen. Nach wenigen Sekunden war es vorbei, er kippte nach vorne, die Tasse fiel klirrend auf den Boden und seine Stirn knallte auf den Couchtisch. Mutter erschrak extrem und schrie auf. Wie lange sein Kampf dauerte konnte ich nicht sagen, aber es dürften Höllenqualen gewesen sein. Er verkrampfte am Boden, zuckte ohne Unterbrechungen und eine eigenartige flüssige Substanz kam schäumend aus seinem Munde. Ich stand

wie versteinert, Mutter bekam sich nicht in den Griff und schrie unaufhörlich. In diesem Moment tat er mir das erste Mal in meinem Leben leid. Plötzlich hämmerte es sehr laut an der Türe, es übertraf sogar den Lärmpegel vom Schreien meiner Mutter, die es aber nicht mitbekam. Das Hämmern hörte nicht auf und ich dachte nur, wann hört das Ganze endlich auf. Kann doch nicht sein, dass die Polizei da etwas mitbekommen hat. Hat der Chemiker oder gar der Bürstenverkäufer, also dieser komische Kauz, mich beschattet und mich angezeigt. Meine Gedanken ließen schwere Kopfschmerzen zu und ich versuchte mit meinen Händen die Ohren so fest zu drücken, dass dieses Hämmern

endlich aufhörte, aber im Gegenteil, es wurde stets lauter. In diesem Augenblick fuhr Andreas Schieber in die Höhe, sein Schlafgewand war durchnässt und seine Haare klebten verschwitzt an seiner Stirn, seine Atem war schwer. An der Türe klopfte es immer zu und jetzt war auch eine Stimme hörbar. „Herr Schieber, Herr Schieber, sind sie zuhause!“, dann wieder das Hämmern an der Türe. „Herr Schieber, der Rauchfangkehrer ist da, wir haben einen Termin, Hauptkehrung, öffnen sie bitte!“. Er zwang sich aus dem Bett und schleifte sich förmlich zur Türe, seine einzigen Gedanken waren nur: Erstens, wie bringe ich den Typen bei, dass es jetzt gar nicht

geht und zweitens, was sind das für verdammte Träume, die ich in letzter Zeit stetig habe, so etwas Krankhaftes. * Tomislav Suker ist leer. Die letzten Monate haben ihn schwer mitgenommen, auch wenn er es anfänglich sich nicht eingestehen wollte. Nun war er aber bereits so weit, dass er Angst hatte, sein normales Leben könne außer Kontrolle geraten. Er ertappte sich, dass er anfing Kunden unfreundlich zu bedienen, unwillkürliche Antworten gab und kleinste Abweichungen vom Vertrag brüskierend abwimmelte. Genau das machte ihn so unwiderstehlich bei den Kunden der Tischlerei Kuntner, wo er nun inklusive Lehrzeit fast zehn Jahre arbeitet, sein

Entgegenkommen, seine Freundlichkeit. Nicht einmal geschah es, dass zufriedene Auftraggeber sich später an ihn persönlich wendeten, um zum Beispiel kleine Reparaturen oder gar andere Arbeiten seines Gelernten durchführen zu lassen. Sagen wir ́s demokratisch, ein schöner angenehmer Nebeneffekt, überdies der Chef gerne hinwegsah. Auch sein Freundeskreis schrumpfte auf das Minimum, nur der härteste Kern konnte ihm seine Launen noch verzeihen. Er wußte, es war an der Zeit, sich selbst bei der Nase zu nehmen. Die Freundschaft von Andreas Schieber war ihm viel wert, aber war es das wert? Im Mittelalter gab es eine so genante Feuerprobe, welche allerdings Frauen und

Unfreien, also Sklaven, vorbehalten war. Der Beklagte musste nur mit einem Hemd bekleidet durch einen brennenden Stoß Holz gehen. Überstand er das Prozedere (quasi das Gottesurteil), erfolgte der Freispruch. Heutzutage meint man, man geht für diesen Menschen durchs Feuer. Tomislav wurde klar, das man oft Worte einfach so daher sagt, die Wahrheit ist oft grausamer. Die vielen Nächte, die er sich mit der Geschichte von Andreas Schieber ohne und mit ihm um die Ohren schlug. Diese zu Herzen gehende Geschichte von Andi ́s Mutter und natürlich das Schreiben selbst. Es ist ja nicht so, dass man sich einfach hinsetzt und jetzt die Fakten Zeile für Zeile zu Buche führt. Man liest das

Mitgeschriebene, hört sich das Aufgenommene oftmals an und versucht dann zu guter letzt alles auf einen Nenner zu bringen, um eben niederschreiben. Es mag verrückt klingen, aber man erlebt das Ganze mit, die Seele wird belastet, man bekommt Hassszenarien für die Bösen und großes Mitleid mit den Geschädigten oder Guten. Man ist einfach erschöpft, wenn man mehrere Stunden vor dem Laptop oder was auch immer sitzt und das Schwarze aufs Weisse bringt. Der Autor versucht sich in die Geschichte hinein zu versetzen, probiert das Geschriebene Durchzuleben und das tut bei einer realen, tatsächlich geschehenen Geschichte besonders

weh. Um es auf den Punkt zu bringen, Tomislav Suker brauchte eine Auszeit. Eine Woche Urlaub, irgendwo ausspannen und einmal andere Dinge, wie schöne Frauen, warmen Sand oder guten Wein im Kopf zu haben. Zumindest glaubte er, dass es helfe und er dann wieder mit bestärkter Energie weitermachen könne. Er spielte auch kurzzeitig mit dem Gedanken, dem ganzen ein Ende zu bereiten, verwarf das aber wieder sehr schnell. Er wußte, dass er seinem Freund im Worte stand und noch dazu quälte ihn immer wieder kehrend der klitzekleine Gedanke, seinen Spezi in Jugendjahren in Stich gelassen zu haben. Auch der Tatbestand, dass das Grobe, das

Unschöne der Geschichte erst folgt, bestärkte Tomislav, den Antrag auf Urlaub einzubringen. 8 Die zwei Wochen dürften geholfen haben, Tomislav Suker wirkt ausgeruhter und entspannter. Die ersten Tage konzentrierte er sich rein auf seinen Beruf und auf die Wiedergutmachung seiner eventuell beleidigten Freunde. Zuvor, wenn die Tischlerei - Tätigkeiten vollendet waren und die schwarze Luft hereinbrach, setzte er sich meistens an seinen Schreibtisch und versuchte etwas am Buch weiterzubringen. Da er solch eine Schreibblockade hatte, staute sich der Frust so auf, dass sein gesamtes Leben in Bedrängnis kam. Der

Urlaub war notwendig und verlief wider erwarten vollauf zufrieden. Die Eltern von Tomislav sind auf der Insel Rab geboren und da er Onkeln, Tanten und andere Verwandte sehr lange nicht gesehen hatte, entschied er sich zwei Wochen auf der schönen Insel im Mittelmeer zu residieren. Vielleicht auch ein wenig mit einem Hintergedanken. Denn die Unterkunft und auch die Verpflegung war quasi im Benzinpreis, er reiste mit eigenem PKW an, inklusive. Das ließ sich Oma und Opa nicht nehmen, ihren Enkel vorne und hinten zu bedienen. Hätte er alles angenommen was ihm minutiös angeboten wurde, wäre er vermutlich mit zehn Kilo Übergewicht nachhause gekommen. Die Zeit verlief wie

im Fluge und es blieb kaum einmal ein Gedanke bei seinem Freund und dem Buch hängen. Tagsüber verbrachte er meist an einer der vielen, bilderbuchähnlichen Buchten, abends ließ er es sich nicht nehmen und besuchte Bars und ähnliche Lokalitäten. Die Umgebung, die Vorsommerstimmung und das Ambiente ließen in ihn Lust auf guten Wein und Frauen aufkommen. Er flirtete was das Zeug hielt, sowohl Urlauberinnen, als auch Einheimische waren da in seine Repertoire. Tomislav ist in einer Art nicht wählerisch, aber die Frau, die ihn anmacht, sollte schon bestimmte Kriterien erfüllen. Die Figur sollte doch eher dem Schlankheitsbild ähneln, also bummelige oder gar dicke

Frauen findet er nicht so erotisch. Die Körpergröße sollte vielleicht nicht seine arg überschreiten, die Hautfarbe und Haarfarbe ist ihm gänzlich egal. Die Kleidung sollte sich dem Gesamtbild anpassen, wobei er extrem auffälliges oder die graue Maus nicht bevorzugt. Tomislav ist wichtig, dass das Aussehen nicht im Vordergrund steht. Natürlich gefällt es ihm, wenn sie sich so kleidet, dass sie eine Erscheinung ist, aber vor allem sollte man sich auch mit ihr unterhalten können, wobei da die Sprache wieder sekundär ist. Im Großen und Ganzen blieb es bei innigen Unterhaltungen und einigen Streicheleinheiten, eine Liebe wäre ihm jetzt unpassend gekommen, ein One

Night Stand ergab sich nicht und das war auch irgendwie gut so. Erst als ihm das Alltagsleben so wieder richtig im Griff hatte, traute er sich wieder an seinen Schreibtisch zu setzen und über die Geschichte nachzudenken. Die nächsten Abende verbrachte er rein mit Notizen und Recherchen, erst in der drauf folgenden Woche begann er wieder weiter zu schreiben. Er wusste, welche schweren Wochen jetzt folgten, aber er hatte es Andreas Schieber versprochen und er war es ihm auch schuldig. 3. Kapitel Ich verstehe so viele Dinge nicht, aber bei manchen, welche ich nicht verstehe, gibt es zumindest theoretische Antworten. Wie

zum Beispiel, warum haben wir Eigenschaften beider Eltern? Oder, warum entsteht Homosexualität, oder auch mal ein ganz anderes Thema, wieso gibt es so viel Sand am Meeresstrand oder warum halten wir Männer beim Pinkeln stets die Luft an?Aber warum mein Leben so verlaufen musste und ich an diesem Punkt und zu diesem Zeitpunkt geboren wurde, nein das kann mir keiner sagen. Und noch viel mehr würde mich interessieren, weshalb ich dieses Leid ertragen muss und musste? Da hat man das Glück, hier geboren zu sein, wobei ich mit hier jetzt nicht unbedingt die Braungasse in Wien 17 meine. Aber hier in Mitteleuropa, dort wo soziales Verständnis, die tägliche Wurstsemmel mit Apfel und

das berühmte Dach über den Kopf eine Selbstverständlichkeit ist, und dann das. Geht es den Menschen zu gut, um sich Dinge einfallen zu lassen und das Leben dadurch interessanter wird? Andererseits lässt man sich solche Dinge nicht einfallen, die haben sie ebenfalls von Urahnen geerbt oder der Teufel selbst hat es ihnen geimpft. Wäre ich ein Junge in Äthiopien und würde ich mich fragen, warum ich Hunger leide und neben mir die Kinder wie die Fliegen krepieren, es würde Antworten geben. Klingt jetzt sehr empfindungslos, ist aber so. Frage ich, warum mein Vater mir das angetan hat, so gibt es nur Kopfschütteln. Ich werde mir selbst die Frage stellen und wenn es keine Antworten gibt, so werde ich

probieren mir selbst eine zu geben, ich will es einfach verstehen. Kommen wir mal zu jenen Fragen, worauf es eben die theoretischen Antworten gibt. Also, die Eigenschaften beider Eltern haben die Kinder deshalb, weil: Samen- und Eizellen enthalten nur jeweils 23 Chromosomen, halb so viele wie alle anderen Zellen. Wenn sich die Kerne dieser beiden Zellen bei der Befruchtung vereinigen, sind wieder 46 Chromosomen vorhanden. Aus der befruchteten Eizelle gehen alle anderen Zellen des Körpers hervor. Und deshalb stammt die Erbinformation in jeder dieser Zellen zur Hälfte von der Mutter und eben auch vom Vater, wo somit jeder Mensch eine

Mischung von Eigenschaften beider Elternteile in sich trägt, enorme Verunsicherung und Angst kommt dabei in mir hoch. Die Antwort auf die Frage, weshalb Homosexualität entstanden ist, ist da weit komplexer. Schon daran zu erkennen, das es bis heute keine eindeutigen wissenschaftliche Erkenntnisse darüber gibt. Theorien sind selbstredend vorhanden. Manche gehen davon aus, dass Homosexualität genetisch bedingt ist, die Anlagen zur gleichgeschlechtlichen sexuellen Ausrichtung also vererbt werden. Andere wiederum sehen die Ursache für Homosexualität in der individuellen Entwicklungsgeschichte eines Menschen,

besonders in frühen und prägenden Phasen, wie der Pubertät. Sexualwissenschaftler sehen die Homosexualität heute nicht mehr als behandlungsdürftige sexuelle Abweichung. Sie kommt auch sehr häufig in der Natur vor, zum Beispiel bei Säugetieren oder Vögeln und somit eine durchaus natürliche Ausdrucksform der Sexualität. Auch nicht wirklich eine Antwort, die mich beruhigen könnte. Kommen wir zum Kern des Ganzen und fragen wir uns, warum gibt es pädophile Menschen. Menschen deswegen, da es angeblich auch Frauen geben soll, die auf sehr viel Jüngere, böse ausgedrückt auf Kinder, sexuales Verlangen haben, die Anzahl liegt aber sicher im

Promillebereich. Keinesfalls sollte man Homosexualität und Pädosexualität in einen Topf werfen, es wäre unfair gegenüber der gleichgeschlechtlichen Liebe, egal wie man dazu steht. Probieren wir eine Antwort darauf zu finden, vermutlich eine unlösbare Aufgabe. Zuerst muss man einmal sagen, dass zu dem Begriff Pädosexualität ganz unterschiedliche Täter und Taten hineinfallen. Das Spektrum reicht vom jugendlichen Minderbegabten bis hin zum älteren Menschen mit Hirnorganischen Veränderungen. Es gibt zum Beispiel auch Erwachsene, die sich vorwiegend für „ältere Kinder“ in der Pubertätsphase interessieren und sogar versuchen Liebe

und Zärtlichkeit aufzubauen. Und es gibt diejenigen, welche eigentlich an einer normalen Sexualität mit Erwachsnen interessiert sind, jedoch in besonderen Lebenssituationen auf Kinder ausweichen, weil diese unkomplizierter und leichter verfügbar sind. Beide Fälle sind nicht zu tolerieren und gehören weggesperrt, dazu gibt es nichts mehr hinzuzufügen. Ob sie psychologisch heilbar sind, wie groß die Gefahr der Rückfälligkeit ist und ob man es verstehen möchte, vielleicht dazu ein wenig später. Zuerst möchte ich mich den speziellen pädophilen Straftätern widmen, welche noch nicht erwähnt worden sind, jene die auf kleine Jungs stehen, egal jetzt, ob es

die eigenen oder andere sind. Eine Faustregel besagt, desto Jünger die Kinder, umso gestörter der Täter. Da kommen zwei Wörter oder Wendungen ins Gespräch, die einem normal nichts sagen. Chamäleon und hormonell verseucht. In der Natur ist ein Chamäleon in die Familie der Leguane einzuordnen. Sie haben die unglaubliche Eigenschaft, sich ihrer unmittelbaren Umgebung so täuschend echt anzupassen, dass sie vom Feind nicht gesehen werden können. Häufig ähneln sie Blättern oder Äste beispiellos wahrheitsgetreu. Als Synonym werden danach Menschen benannt, welche sich der jeweiligen Lebenssituation so anpassen, dass sie nicht auffallen, es kann positiv oder negativ

angewendet werden, im unseren Falle natürlich das Zweite. Hormonell verseucht, nennt man jene Kinder, an denen diese speziell gemeinten Pädophile kein Interesse mehr haben, da sie quasi zu alt geworden sind, ich spreche da von 13 – 15 Jährigen. Im speziellen spricht man hier von einer pädophilen Störung, also jene Männer, die vorwiegend oder ausschließlich auf vorpubertäre Kinder fixiert sind. Diesen Menschen geht es nur um den Gebrauch des kindlichen Körpers und nicht um eine erotische Beziehung. Kommen wir zum warum? Ich habe es erlebt und möchte einfach wissen warum? Und eine noch viel schlimmere Befürchtung drängt mich zu dieser Antwort. Wie

erwähnt, Kinder haben gewisse Eigenschaften von Eltern übernommen und im weiteren wird als Ursache oder Grund für das pädophile Fehlverhalten die Kindheit erwähnt, womit ich schon beim Thema bin. Wie heisst es so schön: die Sexualentwicklung dieser Menschen ist schief gelaufen. Dies hängt natürlich mit der allgemeinen, kindlichen Entwicklung zusammen: Erfährt oder Bekommt ein Kind Bestätigung? Ist es Gewalt ausgesetzt? Wird es vernachlässigt? Bekommt es übermäßige, erstickende Fürsorge? Viele Täter wurden in ihrer Kindheit selbst missbraucht. Wenn man sich so die Worte im Munde zergehen lässt, kommt man auf den Gedanken, dass diese pädophilen

Straftäter eigentlich geprägt wurden und ihre Neigung nicht veranlagt ist. Sie kommen also in den meisten Fällen selbst aus hochgradig gestörten Familien und haben somit nie eine erwachsene Sexualität entwickelt. Sie fühlen sich in der Erwachsenenwelt unzulänglich und wünschen sich nichts mehr, als in eine kindliche Welt zurückzukehren. Die Statistik besagt, dass nur etwa fünf Prozent den sexuellen Kontakt notwendig haben, allen anderen genügt die Nähe der Kinder. Kinderbetreuungen, freiwillige Kinder- und Jugendarbeit, katholische Einrichtungen oder eben das Eigenheim. Bevor ich tatsächlich zu meinen

Erfahrungen und Vorkommnissen komme, möchte ich noch kurz das Schuldbewusstsein und die Therapiemöglichkeiten ansprechen. Sogar bei Scheusalen und Unmenschen kann es zwei Arten geben. Viele Täter, welche eine eher partnerschaftliche Beziehung mit dem Kind anstreben, finden ihr Handeln völlig in Ordnung. Sie berufen sich sogar auf andere Kulturen, wie etwa im antiken Griechenland, wo es Gang und Gebe war, wenn Männer ihre Lustknaben hatten. Die tatsächliche Krankheit dieser Menschen sieht man auch in ihrer Erkenntnis, dass sie die Auffassung haben, nur unsere verklemmte Gesellschaft sehe ein Problem darin, auch die Gesetzgebung

zweifeln sie an. Andere wiederum nehmen sehr wohl das Krankhafte ihrer Neigung wahr und kämpfen dagegen an, Zweifel und Schwierigkeiten bewegen sie dann zu einer Therapie, hoffentlich bevor es zu einer Straftat kommt. Bei der Therapie ist es bei der zweiten Art, also jener die sich ihrer Krankheit bewusst sind, sicherlich einfacher, positive Ergebnisse zu erzielen. Soll jetzt nicht gesagt sein, dass sie auch heilbar sind und nicht rückfällig werden. Die Frage warum bei den Pädophilen die Psychotherapie so schwer ist, wird meist mit der Tatsache belegt, dass die Wurzel der Störung so tief liegt. Ein Beispiel, das häufig vorkommt:

Eine gestörte Mutterbindung führt dazu, dass der Betroffene mit erwachsenen Frauen nichts anfangen kann. Er weicht auf Kinder aus, nimmt dann bei der sexuellen Straftat wechselnde Rollen ein. Zärtlicher Umgang schlägt abrupt um in Gewalt. Einmal sieht er in dem Kind sich selber, dann nimmt er wieder die Rolle der bösen Mutter ein, wird gewalttätig und straft das Kind. Mit vereinfachten Worten gesagt, die Abnormalität ist vermutlich nicht heilbar, aber man kann versuchen sie zu kontrollieren. Es muss den Pädophilen klar werden, Risikosituationen, wie zum Beispiel den Spaziergang zum Spielplatz, zu erkennen und eben zu vermeiden. Natürlich sind auch Medikamente eine

Möglichkeit, vor allem bei jenen, welche unter Triebhaftigkeit leiden. Hier könnte medikamentös die Libido und Erektionsfähigkeit reduziert werden. Im Prinzip ist es aber ein Trugschluss, solchen Straftätern mit Medikamenten Herr zu werden. Den meisten dieser Täter geht es um die Lust, die sie gewinnen, wenn sie ihre Opfer demütigen und beherrschen. Es regt sie an, wenn sich die Angst der Kinder in ihren Augen widerspiegelt, und somit wäre das Medikament wirkungslos, abgesehen davon, wirken Arzneimittel nur dann, wenn man sie auch einnimmt. Zwei Antworten bin ich noch schuldig. Der Grund, warum es soviel Sand am Meeresstrand gibt, ist jener, dass einerseits

das Wasser mit ungemeiner Kraft gegen Felsen rollt und den Sand auslöst. Der meisten Anteil des Sandes entsteht aber im Gebirge. Regenwasser dringt in Spalten und Ritzen von Felsen ein, welche dann bei Frost durch Ausdehnung gesprengt werden, Schmelzwasser schwemmt die Steine in Bäche und Flüsse. Durch Millionen von Jahren werden die Steine dort immer kleiner zerrieben und da alle Bäche und Flüsse im Meer münden, landen die Felsstücke nach einer langen Reise irgendwann als Sand am Meeresstrand. Die zweite eher witzige Frage war ja, warum Männer beim Pinkeln die Luft anhalten. Die heutige Medizin gibt die Antwort. Da wir männlichen Wesen das Wasser förmlich aus

dem Körper drücken müssen, benötigen wir ein Organ, welches auch zur Atmung verwendet wird. Da es an beiden Stellen nicht gleichzeitig werken kann, setzen wir für kurze Zeit die Atmung aus und sobald der Schließmuskel überwunden ist und das Wasser läuft, kann sich das Zwerchfell wieder seiner ursprünglichen Tätigkeit widmen. * Ob es die Gesellschaft merkte, konnte ich nie wirklich erkennen, ich versuchte jedenfalls, es so gut wie möglich zu verbergen. Darüber sprechen wäre undenkbar gewesen, mich an jemanden anvertrauen, nicht einmal im Traume. Wer wäre diese Person gewesen, meine

Lehrerin, welche mit ihren 25 Kindern täglich heilvoll überfordert wirkte. Meine Horttante, der es schon zuviel war, wenn mal ein Schuljunge Hilfe auf der Toilette brauchte. Die einzige Person, an die ich in diesen Jahren dachte, war meine Mutter. Jedoch war sie immer mehr geistig abwesend und mit sich selbst so beschäftigt, ich wollte sie nicht mit meinen Problemen belasten. Die einzige Frage, welche ich mir manchmal stellte, war : Wieso lässt Gott, wenn es tatsächlich einen gibt, solch etwas zu? Was will er mir, oder eben der Gesellschaft damit sagen? Das es Menschen gibt, die auch Leid erfahren müssen, damit andere wissen, wie gut es ihnen geht? So in etwa wie, Tausende

Kinder müssen den Hungertod sterben, damit der Rest der Welt in Überfluss leben kann, oder wie soll ich mir diese Ungerechtigkeiten erklären. Es ist schon eigenartig, warum schreit man es nicht heraus, brüllt auf einer stark frequentierten Strasse um Hilfe oder läuft zur Polizei. Die Frage wäre nur, was soll man sagen. Als achtjähriger Junge denkt man ja, dass es völlig normal sei und andere Buben das auch zuhause erleben. Irgendwie fühlt man schon, das es abartig ist, aber es ist doch Papi, der will doch nichts böses, oder? Ich kann mich noch relativ genau erinnern, wie ich versuchte, andere Schulkollegen, Hortmitinsassen oder gar Freunde, viel hatte ich ja nicht, zu befragen, was sie so

jeden Abend taten. Es war so viel dabei, wie eben Fernsehen, mit Mama und Papa Karten spielen, mit Oma oder Opa Geschichten lesen und so weiter. Jenes, welches ich mit Papa machte, das erzählte niemand. Ein Eremit ist ja ursprünglich ein Wüsteneinwohner, also ein Einsiedler gewesen. Er lebte also mehr oder weniger abgeschieden von der übrigen Gesellschaft. Genauso fühlte ich mich mit acht Jahren, nur das ich eben mitten in einer Stadt lebte und trotzdem allein war. Bereits einige Monate vor meinem achten Geburtstag änderten sich die abendlichen Rituale meines Vaters. Bis dato, wenn Vater zuhause war, kam er abends ins Zimmer, setzte sich zu mir und las mir eine

Geschichte vor, gleichzeitig streichelte er meine Wangen, meine Haare und auch meistens meine Oberschenkel. Als er zum ersten Mal meinen Penis anfasste, erschrak ich und fuhr zurück. Er benahm sich seltsam und tat so, als wäre es unabsichtlich passiert. An den darauffolgenden Abenden tat er dies aber immer öfters. Zuerst stets in kurzen Abständen, sein Lächeln dabei war anders, ich kann es schwer beschreiben, aber es stieß mich ab. Es ging so in etwa zwei bis drei Wochen, komischerweise waren die Abstände seiner Besuche viel kürzer, als in den letzten Monaten und Jahre. Bis er eines Tages mit einer Überraschung aufwartete, die mich

natürlich kurzzeitig glücklich sein ließ. Ich kam vom Hort, wie eben immer gegen 15 Uhr nachhause und begab mich in mein Zimmer. Die Worte, die ich mit Mutter wechselte, waren wie zuletzt sehr kurz und eintönig. Zu meiner Überraschung war mein Vater in meinem Zimmer, er grinste über das ganze Gesicht, hätte er keine Ohren, hätte er vermutlich im Kreise gelacht. Mit seinem Körper verdeckte er mir fast die gesamte Einsicht auf mein Zimmer, als er beiseite trat, merkte ich es sofort. Ein kleiner Fernseher war auf einem Hängeregal, welches auf der Decke montiert wurde, fix fertig angeschlossen. Unter dem Fernseher war noch ein kleines Fach, indem sich ein Videorekorder befand,

mein Erstaunen war groß. Nach ein paar Tagen wusste ich, warum mein Vater mir diesen gefallen tat. Die Abstände seiner Besuche waren noch immer sehr kurz, so als würde er nicht mehr so viel arbeiten. An jenem Tage kam er mit einer Kassette ins Zimmer und legte sie nach kurzen Streicheleinheiten auch ein. Ich sah , wie ein Mann einem Jungen seinen Penis streichelte. Danach zog er den Jungen aus und legte ihn Bauch über auf das Bett, er begann seinen Penis in den Anus des Jungen einzuführen. Ich musste mir also einen Porno mit meinen Vater anschauen, es wiederholte sich und es ekelte mich .....

0

Hörbuch

Über den Autor

hjelinek
Geboren wurde ich 1968 in Wien, wo ich auch bis zu meinem 35. Lebensjahr lebte und gedeihte. Immer mehr, trieb es mich in das Grüne, zuerst in die Außenbezirke der österreichischen Großstadt, danach bis dato nach Niederösterreich, welches an Wien grenzt. Mit meiner Familie, 2 Kindern (Michael 5 Jahre alt, Milos 14 Jahre alt), einem Katzenbaby und meiner Frau Marijana, lebe ich nun seit 6 Jahren in einem kleinen, idyllischen Ort am Waldesrand.
Berufsfeuerwehrmann ist man nicht des Geldes wegen, sondern dem Sozialen gerecht zu werden, sagte man mir vor 22 Jahren, als ich anfing; ich kann dem nur beistimmen. Man erlebt viel tragische und traurige Situationen, es prägt einem und man beginnt darüber nachzudenken. Irgendwie muss man das wieder loswerden und ich tat und tue es in der Form des Schreibens.
Mein erstes Buch, welches ich 2006 durch einen österreichischen Verlag verlegte, ist ein Sachbuch und eine Biografie in einem, es beschreibt meinen Werdegang, meine Einsatzerlebnisse und auch Erfahrungen, die ich sammelte.
Mein zweites Buch ist total antonym, wo ich versuchte mich in die Gedanken eines behinderten Jungen zu versetzen. Gelungen? Bildet euch eure Meinung auf www.haraldjelinek.at
Die Meinungen gehen auseinander, wer dieses Lebensideal schrieb, Martin Luther, Nietzsche oder gar aus der Bibel. Auch wenn es nicht wirklich das Lebenswichtigste ist, aber auf jeden Fall jedes Einzelne für sich allein ein Erlebnis: ein Haus bauen, einen Baum pflanzen, ein Kind erzeugen und ein Buch schreiben; alle vier Dinge tat ich bereits, den letzten beiden möchte ich mich in meinem Lebensalter besonders widmen, wobei ich natürlich bei dem Kind nicht mehr das Erzeugen meine (-:

Leser-Statistik
9

Leser
Quelle
Veröffentlicht am

Kommentare
Kommentar schreiben

Senden
Zeige mehr Kommentare
10
0
0
Senden

106168
Impressum / Nutzungsbedingungen / Datenschutzerklärung