Liebes Brüderchen,
oder soll ich besser sagen „Lieber Bruder“?
Ich nehme an, du hast ebenso wie ich, über die Wintermonate ordentlich zugelangt und kleine Speckröllchen angesetzt. Ist auch das Vernünftigste bei dieser Kälte, ich mag nämlich dieses Schmuddelwetter überhaupt nicht.
Der einzige gemütliche Platz bei uns im Haus ist noch der Kachelofen. Hoch oben auf der letzten Kachelreihe habe ich mir ein behagliches Plätzchen eingerichtet. Weit weg vom täglichen Geschehen, kuschelig warm und eine grandiose Aussicht, wie ich es liebe. Schließlich muss man immer informiert sein, vor allem über den Speiseplan und da ist auf
mein feines Näschen wirklich Verlass. Selbst wenn ich im tiefsten Schlummer bin, ein feiner Lufthauch aus der Küche und schon holt deine Schwester ihr Lätzchen. Man will ja nicht zu spät kommen, das wäre äußerst unhöflich, findest du nicht?
Natürlich ist auch bei uns Betteln strikte verboten. Das weiß ich und ich halte mich auch daran, doch den Kindern fällt immerzu etwas auf den Boden. Sie sind eben etwas ungeschickt, oder ist es am Ende Absicht, schließlich sind wir ja befreundet?
Ordnungsliebend, wie ich nun einmal bin, wird alles sofort entsorgt. Sauberkeit musssein. Ob das Grund für meine Gewichtszunahme ist, ich kann es nicht genau sagen, doch es schmeckt alles
ausgezeichnet.
Leider gibt es so gut, wie nie, Wild. Ich glaube Menschen kennen das nicht, oder haben sie kein Jagdglück. Wenn ich an meinen letzten Mäusebraten denke - himmlisch. Hoffentlich überstehen die lustigen Gesellen gut den Winter und magern mir nicht zu sehr ab.
Neben der Scheune wird jetzt Holz gelagert. Jeden Tag bringen sie mit großen Traktoren unzählige Bäume und schlichten sie zu riesigen Holzbergen. Ich sage dir, das ist aufregend. Ich turne lustig von Baum zu Baum, überall duftet es nach Wald - traumhaft. Hier kann man sich auch wunderbar die Nägel schärfen. Ich habe keinen Kratzbaum nein, ich habe einen
ganzen Kratzwald. Was sagst du nun?
Oh je, was ist denn das?
Ein Blick aus dem Fenster bestätigt mir die letzte Wetterprognose. Es schneit! Grauenhaft!
Wenn ich nur Stiefelchen hätte, wie unser Urahne, der gestiefelte Kater. Sie standen zwar auf meinem weihnachtlichen Wunschzettel, doch was lag unter dem Baum?
Eine graue Gummimaus!
Ich war richtig enttäuscht.
Mach es gut, Brüderchen! Bleibe gesund und melde dich wieder einmal. Ich muss jetzt schleunigst auf meinen Kamin, meine Pfoten werden schon kalt.
Liebe Grüße
deine Schwester Samantha