MEINE SCHWESTER
Aufgewachsen gemeinsam, versöhnt und gestritten,
so manches Mal auch miteinander gelitten.
Fünf Jahre älter, als Kind schon recht viel.
Für mich als Kleine war es nicht nur leichtes Spiel.
In so vielen zeitigen Morgenstunden
hab ich riesengroße Ängste empfunden.
Mein Bruder wurde vom „Geist Schango“ entführt,
den sollte ich heiraten, doch ich hab mich gewehrt.
Lebte er doch in einem unterirdischen Reich,
ging ich zur Schranktür, dann weinte ich gleich.
Dort war der Eingang, traute mich nicht hin,
dem Geist zu folgen war gar nicht mein Sinn.
Schulanfang, ich meine Schultüte bekam,
da war meine Schwester komplett ohne Scham:
Sylke, bring mir was aus der Zuckertüte,
sonst muss ich sterben, ich bin schon ganz müde!
Und ich bin gelaufen, brachte ihr Sachen,
wollte doch wieder gesund sie machen.
Schlagartig stellte sich Besserung ein,
ich merkte es nicht, war wohl zu klein.
Der Abwasch wurde von uns beiden erledigt,
taten wir’s nicht, hielt Mutti ‘ne Predigt.
Doch kam an die Reihe dann das Besteck,
war meine Schwester ganz plötzlich weg.
Ich muss mal auf’s Klo! Dort blieb sie so lang,
bis kein Klappern mehr aus der Küche drang.
Hat Jahre gedauert, bis ich es begriff,
dass sie sich deswegen immer verpfiff.
Meine Schwester hat mir gerettet mein Leben,
es würde mich sonst wohl gar nicht mehr geben.
Im Silo war ich eingebrochen im Eis,
trotz Kälte lief mir vor Angst der Schweiß.
Das rettende Fenster, viel zu weit oben.
Sie zog mich raus, ich muss sie loben.
Der Gummistiefel blieb im Wasser liegen,
sollt’ ihn erst Jahre später zu sehen kriegen.
Noch einmal zog sie mich ans rettende Land,
im Fluss waren wir baden, das war interessant.
Doch die Strömung wollte mich mit sich tragen,
meine Schwester zog mich raus, musste sich plagen.
Voll List und Liebe war unser Leben,
Geschwister können sich so viel geben.
Vergessen wird man wohl nie die Zeit,
die unsere Kindheit hielt bereit.
©Sylke Eckensberger
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