„Wir sind hier überall und nirgendwo. Nennen wir es eine Arena“, sagte Laurena, während wir gemeinsam durch den Schnee stampften.
„Was machen wir hier?“
„Der Lord will alle guten Träume von dieser Welt verschwinden lassen und zurück bleiben nur Hass, Furcht und Grauen. Wir sind hier, um dies zu verhindern. Stell dir vor, was passiert, wenn alle Menschen nur noch Alpträume haben. Schreiende Kinder, gestresste Eltern, Angst.“ Auf ihrem Gesicht erblickte ich unendliche Traurigkeit und
Sorge. Sie wirkte menschlich. „Siehst du den grünen Teil des Waldes dort hinten?“, fragte sie und zeigte auf die wenigen grünen Bäume.
„Ja, was haben sie zu bedeuten?“
„Mit jeder Minute werden sie ein Stück trister, trostloser und von einem weißen Schleier überzogen.“
„Okay, habe ich mir im Wald den Kopf zu fest angeschlagen oder ist das ein Traum?“, fragte ich und klang belustigter, als ich es in Wirklichkeit war.
„Die Grenze zwischen Wirklichkeit und Fiktion ist sehr schmal und manchmal verschwimmt sie. Wir haben nicht mehr viel Zeit, um dem Lord das Handwerk zu
legen. Alle Menschen, die du hier siehst werden sich gegen ihn stellen. Noch heute Nacht.“ Die letzten Worte sagte sie mit Nachdruck und plötzlich schien sie nicht mehr besorgt, sondern wild entschlossen und siegessicher.
Ich sah sie erschrocken an: „Was bedeutete, ihm das Handwerk legen?“
„Wir werden kämpfen!“, was alles, was sie sagte.
Ich brauchte einen Moment, um zu realisieren, was sie damit meinte: „Sie meinen mit Waffen und so?“
„Ja. Wir haben eine Halle, wo du alles findest, was du benötigst. Sieh dich dort einfach um. Ich habe noch etwas zu erledigen.“ Sie hatte das letzte Wort
noch nicht ganz ausgesprochen, da hatte sie sich schon von mir abgewandt.
„Halt, wo ist diese Halle denn?“, rief ich ihr nach, doch sie hörte mich nicht mehr. Ratlos sah ich mich um, doch konnte mich für keine Richtung entscheiden.
Dann fielen mir zwei Jungen in den Blick, der eine schmal, mit hellbraunen Haaren, der andere muskulös mit kurzen, schwarzen Haaren. Kurzum beschloss ich, sie anzusprechen.
„Hey, könnt ihr mir vielleicht sagen, wie ich zu der großen Halle finde?“, fragte ich freundlich und beide drehten sich zu mir um.
„Hey, Lisa. Komm einfach mit uns, wir
sind grade auf dem Weg dorthin“, antwortete der schmale Junge mit ebenso freundlichem Tonfall, während der andere ihm in die Seite stieß. Sein argwöhnischer Blick entging mir nicht. Und hatte er etwa grade meinen Namen gesagt? Woher wusste er wie ich hieß?
„Das ist sehr nett, danke.“
„Phil, kann ich dich kurz sprechen?“, zischte der muskulöse Junge übertrieben freundlich, doch sein Tonfall sagte etwas anderes. Phil drehte sich zu ihm um.
„Warum gibst du dich mit ihr ab? Glaubst du etwa wirklich sie wird uns retten?“
„Marcel, was soll das? Sie ist die
Auserwählte. Hör auf es in frage zu stellen“, hörte ich ihn flüstern und konnte mich nicht länger zurückhalten.
„Wie hast du mich grade genannt?“, mischte ich mich überrascht ein.
„Äh“, stotterte er, „Die Auserwählte.“ Ich bedachte beide mit einem fragenden Blick und Phil kam meiner stummen Forderung nach. „Du bist diejenige, die den Lord aufhalten kann. Du wirst uns retten, da bin ich mir sicher.“
„Wieso ich?“, fragte ich zögernd, aber hatte beinahe Angst vor der Antwort, „Ich weiß noch nicht einmal, wie ich hierhergekommen bin.“
„Dazu…“, sagte er zögerlich, „...Kann ich dir nichts sagen. Tut mir leid.“ So
langsam wurde mir das Alles zu viel, keiner wollte auf meine Fragen antworten. Die Wut in mir stieg an, doch ich versuchte verzweifelt mich zu beherrschen.
Mit Phil und Marcel an meiner Seite gingen wir über einen kleinen Hügel, abseits des großen Feldes. Die Halle war schon in Sicht. Es war ein großes, graues Gebäude mit flachem Dach und riesigen Eingangstoren. Alles in allem wirkte es nicht sehr einladend, sondern kalt und abschreckend.
„Seid ihr auch Bogenschützen, so wie Julian?“, fragte ich, um das unendliche Schweigen zu brechen.
„Nein, ich bin Schwertkämpfer und mein
Freund Marcel beherrscht die Kunst des Nahkampfes“, antwortete Phil und grinste Marcel dabei an, doch dessen Miene verzog sie keinen Millimeter. Seit wir unseren Weg begonnen hatten, hatte er kein einziges Wort gesagt, sondern ununterbrochen stur auf den Boden geschaut.
„Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich das trauen werde“, gab ich kleinlaut zu.
„Was?“
„Kämpfen“, sagte ich einfach und ein kalter Schauer lief mir den Rücken hinunter, „Ich habe das noch nie gemacht. Selbst in der Schule wurde ich noch nie in eine Schlägerei verwickelt. So jemand bin ich nicht.“
„Ich bin mir sicher, dass du den Mut finden wirst. Wir alle stehen hinter dir“, entgegnete Phil sanft und warf Marcel einen vielsagenden Blick zu. Alle hier schienen mehr zu wissen als ich und das machte mich wütend, doch ich beschloss meinen Zorn für den Lord aufzuheben. Wir schritten durch das weite Tor der Halle und vor mir tat sich ein überwältigendes Bild auf.
In den Augen der Mädchen und Jungen, Frauen und Männer sah ich etwas aufblitzen.
Grenzenloser Ehrgeiz.
Fortsetzung folgt...