Mit lautem Quietschen fährt ein Zug in einen kleinen Bahnhof ein, dessen Mauern bereits den Putz verlieren und mit Graffiti von Jugendlichen beschmiert wurden. Ein Soldat steht genau vor dem Gleis mit dem einfahrenden Zug. Er schaut seiner Frau tief in ihre blauen Augen, dabei rollt der großen, blonden Dame eine Träne über die Wange. „Geh nicht!“, fleht die Frau. Sie sieht aus als würde sie jeden Moment zusammenbrechen. Der Soldat schweigt. Seine Frau weiß was er antworten würde, um die Antwort nicht hören zu müssen, küsst sie ihren Mann bloß still.
Danach streicht der hochgewachsene, braunhaarige Soldat seiner Frau noch
eine Strähne aus dem Gesicht.
Jetzt wendet er sich dem kleinen Mädchen zu, welches seine Tochter ist. Er hebt sie hoch und sie fängt an zu weinen. „Wann kommst du wieder?“, fragt das kleine Ebenbild ihrer Mutter mit Tränen in den Augen. „Bald!“, antwortet der Soldat in der Hoffnung überhaupt wieder zu kommen.
Dann hört man den Schaffner über den Bahnhof brüllen: „Alles einsteigen bitte!“ Dabei zieht er das Wort einsteigen scheinbar ewig lang. Noch einmal küsst der Soldat seine Frau und streichelt seiner Tochter über den Kopf. Jetzt dreht er sich um und steigt mit seiner großen Tasche in den Zug ein.
Als sich das Gefährt in Bewegung setzt, sieht der Soldat seine Frau am Fenster vorbei ziehen und dem sonst so abgebrühten Soldaten kullert eine Träne über das Gesicht. Sofort wischt er sie weg, denn er will keine Schwäche zeigen. Benimmt er sich dort wo er hingeht wie ein Schaf wird er sicher gefressen. Also richtet er sich auf und redet sich ein, dass er wieder nach Hause kommen wird. Eigentlich weiß er nicht einmal wohin er geschickt werden soll. Irgendein Geheimauftrag. Streng vertraulich sei es, sagten seine Vorgesetzten.
*
Der Soldat denkt weiter darüber nach,
während seine Frau weinend an ihrem Schreibtisch sitzt. Das kleine Mädchen, die Tochter der beiden, kommt zu ihrer Mutter und nimmt sie in den Arm.
Sie ist erst sieben Jahre alt, dennoch weiß sie genau, dass ihr Vater wohl nicht wiederkommen wird. Leise sagt sie zu ihrer Mutter: „Das wird schon, Mama!“ Die Worte die das kleine Kind aus ihrer Kehle hervorbringt klingen fast bettelnd, bettelnd danach das sie ihren Vater wiedersehen wird.
Ihre Mutter verzerrt ihr Gesicht, als würde es ihr weh tun, das sie von ihrem kleinen Kind getröstet werden muss. Die junge Frau will für ihre Tochter da sein. Ihr den Rücken stärken. Ihr einfach
helfen, stattdessen sitzt sie weinend vor ihrem Schreibtisch und wird von ihrer Tochter getröstet.
Als sie sich das Bewusst gemacht hat, wischt sie sich Tränen aus ihrem Gesicht und erhebt sich von ihrem Stuhl. Kurz darauf nimmt sie ihre Tochter still in den Arm.
Im selben Moment verlässt der Soldat den Zug. Jetzt steht er an einem größeren, moderneren Bahnhof, der von kalten stählernen Pfosten gestützt wird. Überall an den Wänden hängen große Werbeplakate von Fast-Food-Ketten und Textilherstellern. Über den ganzen Bahnhof sind Geschäfte verteilt, bei denen man alles mögliche kaufen kann.
Von Essen bis Trinken, von Taschenbüchern bis zu Zeitschriften. Auf dem Bahnhof soll er abgeholt werden, von anderen Soldaten seines Teams. Mit diesen Männern wird er die nächste Zeit verbringen. Vorsichtig läuft er in Richtung Gleisende. Dann betritt der uniformierte, braunhaarige Mann eine Unterführung.
*
Fast im Gleichschritt betritt seine Frau wieder weinend die Küche. Sie ist auf dem Weg sich Tabletten aus der Hausapotheke zu holen, Tabletten nach denen sie süchtig ist. Aber eben diese Tabletten verschreibt ihr Arzt nicht mehr. Also gehen ihre Vorräte langsam
zu neige. Als sie das bemerkt, wird aus Trauer Wut, große, unbändige Wut. Und weil sie diesen Hass und diese Wut nicht mehr bändigen kann, schlägt sie auf den Spiegel ein, der in der Küche hängt.
Scherben klirren laut und das Blut der Frau tropft auf den Boden, der sich rot färbt.
Genauso rot wie der Körper eines schwarzgekleideten Mannes.
*
Der Soldat der sich nun trotz vieler Tränen im Ausland befindet, dringt in einen großen Gebäudekomplex ein. Mit
drei bis auf die Zähne bewaffneten Männern bewegt sich der Trupp auf den Stützpunkt zu, in dem sich ein feindlicher General versteckt hält. In dieser Operation ist unser Soldat mit dem Decknamen „Bishop„ Leiter des Teams. Sie suchen gerade in einer großen Halle nach ihrem Ziel. Plötzlich, wird Bishop mit vorgehaltener Hand in einen Raum gezogen.
Als dem Trupp auffällt das ihr Teamleiter verschwunden ist, herrscht Panik in der Gruppe. Also sucht einer der Soldaten in einem kleinen Raum. Er stößt durch die Tür und erschießt kurzerhand zwei feindliche Söldner. Das Bild das sich nun für den Suchenden
ergibt ist grausam! Bishop hängt mit einem um den Hals gebunden Strick von der Decke. Seine glasigen Augen treffen genau auf einen der übrig gebliebenen Soldaten aus dem Team. Sie sehen trotz des kalten, leeren Blicks sehr verängstigt aus. Der Mann der noch immer etwas geschockt ist tritt nach vorne, misstden erloschenen Puls seines Teamleiters und reißt seine Halskette ab.
*
Zur selben Zeit läuft die junge verzweifelte Frau des toten Soldaten über die Straße. Sie ist wieder am weinen. Oder immer noch? Sie kann es wohl selbst nicht mehr sagen. Doch dieses mal weint sie, weil sie einen
Fehler begannen hat.
Als sie ihre Hand verbunden hatte, suchte sie Geld für Tabletten. Als sie keines fand, überlegte sie sich eine andere Möglichkeit. Also zog sie sich ein Knappes Kleid an und stellte sich zu den anderen Damen in der Stadt. Sie wollte das nicht! Aber sie brauchte das Geld. Daher läuft sie jetzt mit den Tabletten nach Hause. Als sie dort ankommt, spült sie jede der kleinen weißen kleinen Schmerzpillen die Toilette runter. Dann rennt sie in das Zimmer ihrer Tochter und bricht vor dem Bett ihres Kindes zusammen. Sie sitzt dort mehrere Stunden und weint.
Als sie sich bereit fühlt, steht die Dame
in einer verstörend wirkenden Bewegung auf und geht langsam in die Küche. Dort nimmt sie ein dickes Seil und einen Stuhl, welchen sie direkt unter dem Deckenventilator aufstellt. Am Ventilator bindet sie den Strick fest, dann stellt sie sich auf den Stuhl. Jetzt bindet die verzweifelte Frau eine Schlaufe in das Tau, diese Schlaufe legt sie sich um den Hals. Dann nimmt sie allen Mut zusammen und springt.
*
„Und wer war die Tochter der Frau?“, fragt ein Polizeipsychologe eine junge Dame die an einem alten Bahnhof steht,
dessen Wände den Putz verlieren und von Jugendlichen mit Graffiti beschmiert wurden. „Verstehen sie nicht?“, schreit die junge Frau mit fast kindlich klingender Stimme, „Ich war es! Ich war die Tochter des erhängten Soldaten und auch ich war die Tochter der Frau die sich selbst das Leben nahm.“ Der Polizeipsychologe fühlt sich im Richtigen Moment sich auf die Dame zuzubewegen. Die junge Frau sieht das nicht so. Sie zieht eine Waffe, hält sie in ihren Mund und drückt ab.