Erziehung mit Zahlen
Mein Vater hatte Prinzipien.
Ordnung und Sauberkeit standen bei im an erster Stelle.
Abends mussten wir stets ein „Päckchen bauen“.
Alles lag an einem vorgegebenen Platz, war auf Kante gelegt und so geordnet,
dass man am Morgen die Teile oben hatte, die zuerst anzuziehen waren.
Ich war der Protest in Person.
In Ordnung hatte ich oft ein „befriedigend“ und dann musste Mutti dieses Zeugnis unterschreiben. Vater unterschrieb nur „sehr gut“ und „gut“.
Irgendwann stand mal mein schlecht
geschriebenes „k“ zur Disposition.
Ergo bekam ich die väterliche Aufgabe, einhundert mal das „k“ so zu schreiben,
dass es keinen Makel hat.
Diese Methode wandte der Alte öfter an.
Unsere Wohnung hatte Türen, die eine Passage im Kreis erlaubten. Vom Flur ins Wohnzimmer, von dort ins elterliche Schlafzimmer, dann in die Küche und wieder in den langen Flur.
Vater ruhte Sonntag nach dem Essen. Er gebot Ruhe.
Wir schlugen mit einer Tür.
Umgehend wurden wir ans Sofa gebeten. „Ihr Zwei öffnet und schließt 100 Türen und zwar so, dass ich NICHTS davon höre! Sollte ich es dennoch, beginnt das Zählen
von vorn!“
Und wir haben 100 Türen vorsichtig geöffnet und leise geschlossen.
Und wir haben ihn dafür nicht gemocht.
2010-11-28