Fünf Wochen zuvor:
Der grobschlächtig wirkende Polizist hält den Dienstwagen an dem verwinkelten Parkplatz an. Wie jeden Tag bei der Frühschicht isst er gegen 13 Uhr an diesem Platz sein Mittagessen. „So einer ist Polizist“ schimpft seine Kollegin, eine junge hübsche schwarz haarige Frau. Sie beendet Ihren Monolog über Ihre aktuellen Probleme. Nervös bewegt Sie Ihre Hände, als möchte Sie sie waschen. „Was ich da vor ein paar Tagen gehört habe geht mir nicht mehr aus dem Kopf“. Angespannt spielt sie mit Ihrem linken Zeigefinger an Ihren kurzen schwarzen Haaren und Ihre grau blauen Augen blitzen auf.
Der Polizist schaltet die Zündung aus und nimmt seine Brotzeitdose. „Schon wieder ein Weckle mit Thunfisch“ mault er entrüstet. Er ärgert sich über seine Freundin, die seine Abneigung gegenüber Thunfisch beharrlich ignoriert. Traurig schaut er Richtung Himmel und verflucht sich, seine Freundin und das Thunfischbrötchen.
„Lass Dich von mir nicht stören“ murmelt er, während er kaut. Er ist genervt von den Erzählungen seiner Kollegin. Mit einem ächzenden Laut atmet er tief durch. „Warum ist heute nur so ein verfluchter Tag?“ denkt er sich. „Sag mal, lässt Dich das kalt was
ich Dir sage?“ mault seine Kollegin.“Nein, auch wenn es Thunfisch ist, Hunger habe ich trotzdem“. Der Polizist kennt seine Partnerin, seit Jahren sind sie ein eingespieltes Team.
„Ich frage mich warum die Kollegen von der Spurensicherung nichts gefunden haben, vorausgesetzt er sagt die Wahrheit“ Der Polizist ist froh, dass er mit dem Brötchen fast fertig ist.
„Das frage ich mich auch“, die junge Polizistin ist sichtbar nervös, „aber es gibt keine Ungereimtheiten bei seinen Erzählungen, alles ergibt einen Sinn.“
„Ich zweifle nicht an dem was Du sagst, aber Du musst zugeben, dass die ganze Geschichte ziemlich heftig ist. Denke an die Auswirkungen. Ich glaube, der wollte Dich nur beeindrucken, damit Er Dich ins Bett bekommt.“ Wütend schaut seine Kollegin Ihn an. „Nein, nein und nochmals nein denke nicht einmal daran.“
„Nun ja, Männer haben schon oft eine Geschichte erzählt, um eine hübsche Frau ins Bett zu bekommen.“ Der Blick seiner Kollegin lässt ihn verstummen. „Ach vergiss es“ Traurig legt sie den Kopf zur Seite und sieht irgendwo nach vorne an den Horizont. Trotzdem
zweifelt er an der Geschichte seiner Kollegin. Zu unglaublich sind die Erzählungen von Ihr. Deprimiert blickt sie ihn an während er sein zweites Brötchen isst. Gouda. Der Polizist versöhnt sich in Gedanken wieder mit seiner Freundin.
Während sie weiter diskutieren was die Polizistin bei der Geburtstagsfeier einer Kollegin erfahren hat bemerken sie nicht, dass ca. 40 Meter von Ihnen entfernt ein silberner Kombi hält. Dessen Fahrer steigt aus, geht auf den Polizeiwagen zu und klopft mit der linken Hand an das Beifahrerfenster. Die Polizistin zuckt zusammen als Sie sich in seine Richtung dreht. Entsetzt blickt sie auf. Sie will
den Mund zu einem „Du“ formen aber dazu kommt Sie nicht mehr, denn der Mann hebt mit der anderen Hand eine Pistole. Sie hört wegen dem Schalldämpfer nur ein „Plopp“. Die Kugel trifft den Kopf Ihres Kollegen. Bevor sie ausatmen kann ist sie tot, die weiteren Kugeln schlagen in Ihren Kopf und in Ihren Oberkörper ein.
Heute:
Lars brütet über die Sozialkundeaufgaben „Grundrecht und Grundwerte im politischen System der Bundesrepublik Deutschland“. Er verzieht sein Gesicht
zu einer missglückten Grimasse, sein Kopf schmerzt, „Mensch es ist Freitagabend und ich muss diesen Quatch von der Oberzeige Swennson lernen.“ „Tja“ meint sein älterer Bruder Frank, „Du hast noch ein Jahr, aber dann bist Du auch mit dem Abi fertig“ Deine „Oberzeige Swennson“ heißt in Wahrheit Katja Swennson und ist die verhasste Lehrerin der beiden Brüder. Sie unterrichtet Mathematik, Deutsch und Sozialkunde in ihrem Gymnasium. Frank hat letzte Woche die schriftlichen Abiturprüfungen abgeschlossen.
„Für heute machen wir Schluss“ bestimmt Frank. Seine Arme schmerzen und er presst beide Hände zusammen. Sein Genick knackt, während er seinen Kopf vorsichtig dreht. Alles verspannt verdammt. Seit über zwei Stunden ärgert er sich über Lars Sozialkundeaufgaben danke Frau Swennson! Lars schmunzelt bei dem Gedanken an den wahnsinnigen Streich, den er in der neunten Klasse seiner Lehrerin Swennson gespielt hatte. „Da habe ich ein paar dieser heissen Hefte oben und unten gelocht und die mit einem stabilen Bildfaden verknotet. Zieht man an dem Bindfaden, verteilen sich die Hefte hintereinander“. Lars kann sich vor Lachen kaum halten „Jaja, habe ich
schon hundert mal gehört“ meint Frank. „Während der Pause bist Du unauffällig zu Ihrem Auto, geschlichen, hast das Ende des Bindfadens an den Auspuff gebunden und die Hefte auf den Boden unter den Kofferraum gestapelt“. Lars fiel ihm ins Wort „Als sie nach dem Schulschluss mit dem Auto nach Hause fuhr, blätterten die Hefte auf und..“ Lars weinte vor Lachen. Er musste sich den Bauch halten. „Alle herumstehenden Schüler haben gelacht und die Swennson hat das am Anfang nicht mal gemerkt“ fiel ihm Frank ins Wort. Das alles war zwar erst vor zwei Jahren, aber für die beiden Brüder ist es DER Hammer.
Natürlich gab es ein riesiges Geschrei von Frau Swennson und dem Direktor, aber das war es den beiden wert. Einige Zeit lang war Frau Swennson sogar umgänglicher zu den Schülern, leider änderte sich das bald wieder.
Frank dehnt seinen schlanken, fast schmächtigen Oberkörper und streckt dabei seine langen, zierlichen Arme gegen die Decke. Seine kurzen blonden Haare kitzeln seine Schulterblätter während er seinen Kopf langsam kreist. Seine Laune besserte sich deutlich. Nach dem Witz mit der Swennson auf alle Fälle. „Lars steht auf. Er überragt seinen älteren Bruder mindestens um eine
Kopflänge. Lars blaue Augen blitzten auf.
„Es ist Freitagabend, auf zum Musikpark“ meint Frank „Bin dabei, das Abi hat jetzt pause“ feixt sein Bruder.
Wie immer benötigt der Bus eine gefühlte Ewigkeit von der Haltestelle in der Nähe ihrer Wohnung am Stadtrand bis zum Hauptbahnhof. Wegen den beschädigten Straßen rüttelt sie der Bus ordentlich durch. Wie jeden Tag. „Danke Ihr lieben Politiker“ flucht Lars sarkastisch vor sich hin.
Die Musik hämmert laut aus der Diskothek, als sie eine knappe Stunde später vor dem Eingang stehen. „Nicht viel los“ meint Lars, „sonst sind um diese Uhrzeit wesentlich mehr Leute vor der Disko, wahrscheinlich sind nur wenige Frauen hier“. Lars ist wieder Single. „Das ist schlimm, sehr schlimm für Dich“ trauere Frank mit ihm. Die Freundin von Frank kommt leider nicht mit. Laura ist bei einem Leichtathletikturnier, irgendwann gewinnt Sie mit Ihrem Ehrgeiz Meisterschaften da ist sich Frank sicher.
„Doch mehr los als befürchtet“, lars lächelte. Vor allem eine schlanke
Blondine erregt seine Aufmerksamkeit. Aber die dreht sich zu einem Mann und küsst ihn. „Schade“ trauert Lars um die Unbekannte. Auf der Tanzfläche ist entgegen Lars Befürchtungen doch mehr los als er annahm. Die beiden Jungs tanzen und ihnen fallen zwei junge, schwarz haarige Frauen auf, die sie hier noch nie zuvor gesehen habe. Die Frauen tanzen mit zwei hässlichen Kerlen, die einen auf Angeber machen. Einer der beiden hat eine große Narbe auf der linken Wange. Frank hat ein ungutes Gefühl bei den beiden.
Der Song endet und der DJ fängt an zu quatschen. „Komm wir gehen an die Bar“
meint Frank. Der nächste Song ist gar nicht nach dem Geschmack der beiden und sie gehen von der Tanzfläche zur Getränkeschänke. „Zwei Bier bitte“ bestellt Lars bei der rothaarigen Bedienung. Als er die beiden Pappbecher entgegen nimmt und Frank einen in die Hand drückt, fallen ihm die beiden schwarz haarigen Frauen von der Tanzfläche auf, die neben ihnen stehen. Die beiden Kerle sind nicht zu sehen.
„Wollt Ihr auch etwas trinken?“ frage Lars die beiden Frauen. Die kleinere der beiden dreht sich irritiert zu mir herum. „Salut“ antwortet sie ihm mit einem verzagten Lächeln. Lars schaut sie
irritiert an. „Salut?“ fragt er sie. Er versteht sie nicht „Salut este un toast lăsa să te gust“ sagt sie zu Ihm. Lars versteht sie nicht, er weiß nur, dass er ihre Sprache nicht spricht und sie nicht versteht. „From which country you?“ frägt er sie auf Englisch. Lars lächelt die Frau an. Sie gefällt ihm gut. „Prost“ Frank prostet allen drei zu und sie genießen das kühle Bier. „Ich bin Frank, das ist mein Bruder Lars“ mischt er sich lächelnd ein.
Die größere der beiden Frauen dreht sich ebenfalls zu ihnen um. In Ihrem gelangweilten Gesicht blitzt kurz ein
Lächeln bevor sich Ihre Augen erschreckt weiten. Im gleichen Moment legt sich eine Hand auf Frank`s linke Schulter und reißt ihn herum. „Händ weg von unssren Frauuun“ blafft das Narbengesicht ihn sehr unfreundlich an. Die beiden Angeber sind von der Toilette zurück. Das Narbengesicht ist ziemlich betrunken. „Heh, ganz cool bleiben, Alter“ meint Frank. „Ich bin nicht Altaa“ radebrechte das hässliche Gesicht „Händ weg von unssren Frauuun“ Jetzt wird es Frank zu bunt; „Wir habben unsre Händ nicht bei Euren Frauuun“ äfft er Quasimodo nach. „Willst was auf Du Maul?“ fragt der andere, der sich bisher zurückgehalten hat. Lars mischt sich ein:
Hey Leute, ist doch nichts passiert, was soll der Stress“? Die beiden Grobschlächtigen ignorieren ihn. „Du kommst mit raus, dann gibts was aufs Maul“. „Nun gut ihr zwei“, ärgert Frank sich über die beiden. Dass zwei Ausländer ihn in seiner Stammdisko dumm anmachen ist zu viel für ihn. Die beiden verlassen die Disko, die beiden Angeber folgen ihnen. Die beiden Frauen bleiben eingeschüchtert an der Bar zurück.
Vor der Disko bewegen sich alle Richtung Bushaltestelle, weg von den Türstehern und vom Parkplatz.
„Mensch Leute“ meint Lars, „das muss doch nicht sein, das ist doch keine Schlägerei wert“. Noch bevor er fertig spricht holt Narbengesicht zu einem Schwinger aus um Frank zu treffen. Jedoch ist er seit seiner dritten Schulklasse Wing Tsun Schüler und seit letztem Jahr WT-Meister. Frank reißt seinen linken Arm hoch, nimmt Kontakt mit dem Schlagarm des Angreifers auf und leitet dessen Arm geschickt an sich vorüber ohne selbst getroffen zu werden. Sein rechtes Knie hämmert in die Rippen von Narbengesicht. Frank stellt seinen Fuß allerdings nicht auf den Boden ab, sondern trifft genau sein Kniegelenk. Der Angreifer brüllt vor Schmerzen und fällt
zu Boden.
Inzwischen ist es Lars klar, dass er sich in Gefahr befindet. Der zweite Angreifer kommt drohend auf Ihn zu. Lars zieht sein rechtes Bein zurück, aber nicht um zu fliehen. Seit der Grundschule ist er Stürmer beim TSV. Seine wuchtigen Elfmeter sind auch seinem Trainer aufgefallen. Dieses Training kommt ihm jetzt zu Gute. Er tritt mit voller Wucht auf sein Ziel. Diesmal ist es jedoch kein Ball, sondern die Weichteile des Angreifers. Der zweite geht winselnd zu Boden.
„Verdammt“ ruft Frank „weg von hier“.
Sie geben Fersengeld und sie sind innerhalb kürzester Zeit verschwunden. „Wir laufen nicht zum Bahnhof, dort sind zu viele Kameras, wir gehen zu Fuß einen Umweg“ meint Lars bestimmt. Eine halbe Stunde später kommen sie gerade noch rechtzeitig zu einer Bushaltestelle. Sie schaffen es gerade noch in den Bus. „Gerettet“ denkt Frank erleichtert. Sie fallen nicht auf. Lars grinst. Das ist gut so.
„Guten Morgen“ schnauzt Anne müde. „Gestern ist mir beim legen der Tarotkarten etwas schlimmes passiert“. Mit großen Augen schaut ihre Mutter die
Jungs an und erwartet dass sie neugierig rufen: „Was, was ist Dir passiert?“ Aber nichts dergleichen passiert. „Guten Morgen“ nuschelt Frank geistesabwesend. Lars murmelt etwas unverständliches. Die beiden Jungs sind ziemlich angespannt und außerordentlich schlecht gelaunt. Sie haben ihre eigenen Probleme und ihre Mutter etwas davon erzählen bedeutet nur stundenlange Ermahnungen und das Geschwätz von esotherischen Weisheiten. „Ich habe die Todkarte gezogen.“ Anne verzieht ihr Gesicht als ob sie weinen möchte. So geht das schon seit Jahren. „Scheiß Esotherik“ denkt Frank und verzeiht genervt sein Gesicht. Aus dem
Blickwinkel sieht er, dass Lars etwas ähnliches denkt. Aber sie hüten sich etwas zu diesem Thema zu sagen. Annas Penetranz, den Jungs ihre Esotherikweisheiten aufzunötigen haben beide leider noch zu gut im Gedächtnis. Ihr Vater hat sich aus gutem Grund hinter der Tageszeitung versteckt. „Er hat schon vor Jahren aufgegeben“ vermutet Lars resignierend. Die Regenwolken am Himmel passen zu der Stimmung in der Familie. Lustlos streicht Frank die Marmelade auf das Brötchen, geistesabwesend nippt er an der Kaffeetasse. Es macht ihm nichts aus, dass sich seine Lippen an dem Kaffee verbrennen. Er registriert den
Schmerz kaum. Nicht einmal der heiße Kaffee kann seine Laune aufhellen. „Ist der Gegner im Krankenhaus, wird er eine Strafanzeige stellen?“ Gereizt zermartert er sich das Hirn. Nach dem Frühstück setzen sie sich zusammen. „Diese verdammten Mistkerle“ flucht Frank erregt, „machen so einen Scheiß wegen nichts“. „Glauben die wirklich wir schleppen deren Frauen ab während die neben dran stehen?“
Lars versucht ihn aufzuheitern „Die beiden waren aber wirklich hübsch, das musst Du lassen“. Frank`s wütender Blick lässt ihn verstummen „Nur die beiden Frauen, aber nicht die Kerle“ entgegnet Lars. Mit seinen
Doppeldeutigkeiten kann Lars seinen Bruder immer wieder aufziehen.
„Was ist wenn die Polizei uns verhört, vielleicht sogar verhaftet und anklagt?“ Lars denkt an ihre Zukunft. „Kommen wir vor ein Gericht und welche Strafe bekommen wir?“ „Wir haben beide zusammengeschlagen, das ist Körperverletzung“ meint Frank. Lars zuckt bei dem Wort „Körperverletzung“ zusammen. „Ich sorge mich um unsere Zukunft, ich habe schiss“ Lars nickt.
Frank flucht und lässt seinen Ärger an einem Wutball aus. Der Ball aus Leder hat die Größe zwischen einem Tennis-
und einem Tischtennisball und ist mit Sand gefüllt. Mehrmals knallt Frank den Ball gegen die Wand. „Verdammt“ ärgert sich der kleinere der beiden, „ich bin mit dem Abi fertig, Du in einem Jahr, da können wir so einen Scheiß überhaupt nicht gebrauchen“. Wortlos sitzen sie in Lars Zimmer und überlegen. Nach längerer Zeit meint Lars: „Wir können uns nicht bei der Polizei melden, wir haben genug Stress“. Frank beißt sich auf die Lippe. „Wie wird Vater das aufnehmen, die Polizei und alles“ meint Frank „Vater hatte kurz vor Weihnachten seiner zweiten Bypass Operation. Wie wird er die Situation aufnehmen?“ Schaudernd denken die beiden an den
letzten Notarzteinsatz zurück.
„Die Ermittlungsakten sind doch sicher nur noch online bei der Polizei abgelegt“ überlegt Lars. „Wenn wir unsere Ermittlungsakte löschen wird die Polizei nicht mehr gegen uns ermitteln“.
Verdutzt sieht Frank seinen Bruder an. „Du bist ein Genie“. Sie klatschen sich ab. Ihre Laune bessert sich schlagartig. „Wir brauchen John the Ripper“ meint Frank aufgedreht. „Außerdem noch einige andere Programme“ ergänzt Lars „ich mache mich gleich an die Arbeit“.
Beide wollen Informatik studieren. Auf dem Weg zum Bus hellt sogar der Himmel auf. „Wir schaffen das“ ist Frank zuversichtlich. „Sicher, wir sind gut vorbereitet und haben alles dabei“ Lars klopft auf seine Hosentasche. Als sie am Hauptbahnhof ankommen fallen Ihnen die zahlreichen Bettler auf, viele aus dem Ausland. „Verdammte Bettler“ meint Frank verärgert. „Andere arbeiten ihr Leben lang hart und die kommen aus Osteuropa und arbeiten nicht sondern betteln, Schau Dir den an. Der ist keine 30 sieht gesund aus aber bettelt trotzdem“. Die beiden haben kein Mitleid mit den Bettlern. Sie gehen zielstrebig Richtung Kranenstrasse. Kurz davor ist
das Internetcafé. Der heruntergekommene Laden erzeugt lädt nicht zum Verweilen an, im Gegenteil. Lars schüttelt in Gedanken den Kopf. „Der überteuerte Kitsch und die „echten“ goldenen Armbanduhren, die nicht einmal ein Zuhälter tragen möchte...“ Lars ist entsetzt über die heruntergekommene Subkultur in der viele Menschen leben. Aber beide haben eine wichtige Mission. Die beiden setzen sich nebeneinander und ihre Angriffe auf die Polizeiserver beginnen.
Es dauert nicht lange und sie sind virtuell vor dem Polizeiserver. Das Passwortknackprogramm „John the
Ripper“ benötigte nur 13 Minuten um das lächerliche Passwort zu knacken. „Ein reales Wort mit Ziffern als Passwort!“ Lars verzieht sein Gesicht zu einer höhnischen Grimasse. „Diese Idioten, diese Einfaltspinsel“ denkt er verächtlich. Offenbar ist der Administrator entweder ein Dummkopf oder besonders wagemutig.
Die Polizeisoftware ist dank einer detaillierten Suchfunktion leicht zu bedienen. Einfach das Datum und den Namen der Disko eingeben und schon sehen sie die virtuelle Ermittlungsakte mit der Schlägerei. Das Löschprogramm haben wir zuvor auf den PCs installiert. Die Dateien werden markiert, rechtsklick
mit der Maus und im Kontextmenü wird der Löschbefehl angeboten. Zuvor haben sie einen siebenfachen Überschreibmodus in dem Löschprogramm definiert. Sicher ist sicher, denke sich Lars, als sich die Sanduhr dreht. Nach einer gefühlten Ewigkeit sind die Ordner gelöscht. Innerlich schreit er vor Freude „WIR HABEN ES GESCHAFFT.“ Frank schließt ein Fenster, da fällt ihm im rechten unteren Bildrand die Markierung „Streng geheim“ auf. Seine Neugier ist geweckt. Wenn sie es geschafft haben den Polizeicomputer zu hacken, dann ist eine weitere Verschlüsselung doch auch überwindbar. Was ist in diesem Bereich
so sonderlich geheim?
Frank kopiert die verschlüsselten Ordner auf seinen roten USB Stick, seine Neugierde ist geweckt!
Gleichzeitig erscheint beim Netzwerkadministrator der Polizei eine Warnmeldung: „Besonders geschützte Dateien werden kopiert“. Die große blonde Polizistin mit den schwarzen Strähnen im Haar kommt gerade vom Kaffeeautomaten, der Becher Kaffee ist Ihr noch zu heiß. „Jedes verändern dieser Dateien muss uns vorher mitgeteilt werden“ überlegt sie sich verwundert. Unschlüssig starrt Sie auf
die Warnung. Noch nie ist ihr so etwas passiert. Mit einigen Klicks ermittelt Sie die IP Adresse der Gegenstelle. Eine spanische IP Adresse! „Verdammt!“ denkt sie. Sofort ist Ihr klar, dass Hacker am Werk sind. Die Blondine unterbricht die Verbindung auf dem Programm, dann rennt Sie in den Serverraum und entfernt alle entsprechenden Netzwerkkabel.
Plötzlich ist der Download unterbrochen. Frank weiß dass ihr Angriff entdeckt wurde. Schnell zieht er den USB Stick ab und startet das schon zuvor installierte Programm zum löschen der temporären Dateien. Vor Beginn des Angriffs haben
beide dieses Programm konfiguriert und der Balken ratterte gemächlich nach rechts. Beide zwingen sich zur Ruhe. Wortlos nicken sie sich zu.
Danach schlendert Lars äußerlich gelassen zur Kasse. Innerlich kochen beide, aber niemand beachtet sie. Mit schriller, unangenehmer Stimme schnattert eine Araberin mit dem Kassierer und zieht seine Aufmerksamkeit auf sich. Desinteressiert nimmt der Angestellte den 20 € Schein von Lars und gibt ihm das Wechselgeld für unsere beiden PC Plätze zurück. „Na Lars, Schnatterlienchen wäre doch was für Dich“ denkt Frank boshaft. Natürlich
meint er das nicht im Ernst, ihr Dauergeschnattere verursacht bei Frank Kopfschmerzen.
Noch am gleichen Abend des Hackerangriffs auf den Polizeiserver fahren beim Polizeipräsidium der Landeshauptstadt viele 7er BMW und Mercedes E-Klassen vor. Die Fahrer steigen hastig aus, um den ungeduldigen Mitreisenden die hinteren Türen zu öffnen. Viele der Staatssekretäre und leitenden Beamten verschiedener Behörden eilen mit erregten Gesichtsausdrücken die Treppe hinauf. Im großen Tagungssaal werden Sie von einem großen Grauhaarigen mit viel goldenem Lametta auf den Schulterkappen seiner Uniform begrüßt. Mit Ausnahme von Lametta sind alle anderen Zivilisten.
Ein Polizist schließt die Türen. Alles ist streng geheim. Kein Wort soll an die Öffentlichkeit.
„Guten Abend“ begrüßt Lametta die Anwesenden. Der vierzigjährige links neben ihm macht ein Gesicht als hätte er in eine Zitrone gebissen. Er ist der EDV Leiter der örtlichen Polizei. Lametta schildert mit kühler Präzision das hacken des Polizeicomputers durch noch, er betont mehrmals „noch“ unbekannte Täter.
Der kleinste Mann der Runde hat die meisten Fragen. „Wie kann es sein, dass Hacker überhaupt die erste
Verteidigungslinie, sprich das Passwort des Servers überwinden können?“. Der Leiter der IT Abteilung stammelt etwas von einem neuen Konzept, das noch nicht vollständig umgesetzt ist.
„Das ist doch nur eine billige Ausrede“ unterbricht ihn der Kleine.
„Ich will Details erfahren, ich will wissen wie der Angriff erfolgreich sein konnte und welche Dateien kopiert wurden.“ erregt sich das Männchen. „Wie ist sichergestellt, dass so ein Angriff nicht noch einmal erfolgreich verläuft.?“
„Wir haben danach alle wichtige Dateien sofort von dem Server entfernt“ erwiderte der EDV Spezialist.
„Sie hätten die Dateien gar nicht speichern sollen, sie hätten Sie sofort vernichten sollen“.
„Das geht nicht, wir haben gesetzliche Aufbewahrungsfristen“ wendet Lametta ein.
„Ach was, wen interessieren Gesetze? Die Gesetze machen wir. Gesetze sind mir vollkommen scheißegal, wenn es sein muss biegen wir Gesetze wie wir wollen“. Erregt knallt das Männchen mit
der offenen rechten Hand auf den Tisch dass es laut knallte. „Was soll ich meinem Boss sagen?“ „Dass Hacker streng vertrauliche Dateien kopiert haben? Dass ihr nicht in der Lage ward Eure Server zu schützen?“ Das Männchen steigert sich in eine Art Hysterie und wird urplötzlich ganz ruhig. Scheinbar teilnahmslos schaut in die Runde. „Ich möchte nicht in Eurer Haut stecken, wenn der Boss verärgert ist dann...“ Das Männchen blickt drohend in die Runde und wippt ungeduldig mit dem Kopf.
„Wie Danny DeVito aus Die unglaubliche Entführung der verrückten Mrs. Stone
nur viel verrückter“ denkt sich einer der Anwesenden, der bis jetzt geschwiegen hat.
„Amüsiere ich Sie?“ blafft das Männchen. Der Anwesende hat gar nicht gemerkt, dass er bei dem Gedanken an den Schauspieler grinst.
Der Mann viel aus allen Wolken „Nein natürlich nicht“ Ängstlich wedelte er mit den Händen. Erst jetzt fiel ihm seine Sorglosigkeit auf.
Für alle ist die Situation sehr bedrückend, denn sie können viele Fragen nicht detailliert beantworten oder
sie müssen gemachte Fehler einräumen. Aber sie interessieren sich nicht für die Fehler. Jeder will seine Haut retten denn alle wissen, dass ein falsches Wort zu dem kleinen Männchen fatale Folgen hat.
Allen Anwesenden ist klar, dass jetzt Schuldige gesucht werden, denn bei solch einem Versagen benötigt der Boss Schuldige. Seit seinem Machtantritt hat „DK“ für eine Atmosphäre der Angst und des Misstrauens gesorgt. Ganz im Gegensatz zu seinem öffentlichen Auftreten. Dort gibt er den überliberalen und fortschrittlichen Macher. Aber die Wahrheit kennen nur wenige. Die Rede ist von ihrem gehassten Boss „DK“.
Noch in der Nacht telefoniert das Männchen mit „DK“. Am Sonntagvormittag treffen sich die beiden im Privathaus von „DK“. DK hat sich immer noch nicht beruhigt. Begriffe wie „Idioten“ oder „Stümper“ sind noch die harmlosesten. Alle wissen genau, dass es das Beste ist sofort zu verschwinden wenn „DK“ in Rage kommt. Doch diese Möglichkeit hat das kleine Männchen nicht. Geduldig und bedrückt nimmt er die Beschimpfungen und Erniedrigungen wie so oft hin. Endlich beruhigt sich der Choleriker.
Sebastian Groß liegt auf dem Wohnzimmersofa und trinkt noch einen Schluck aus der Bierflasche. Unruhig wälzt er sich von der einen auf die andere Seite „So ein verdammtes leben“ wimmert er lautlos vor sich hin. Außer seiner Alkoholsucht und einem riesigen Sack voller Ärger hat er nichts. Er denkt an seine Jugend zurück: „Kleinärschchen“, das war jahrelang sein Spitzname in der Schule gewesen. Er dachte an den sonnigen Junitag, als seine Schulfreunde ihn zum ersten Mal so nannten. Er hatte nicht die Kraft und die Courage sich zu wehren. Eins zu einunddreißig, das war einfach nicht fair. Jahrelang ertrug er schweigend die
Demütigungen von allen seiner Mitschüler. Wütend richtet er sich auf. Wie er diesen Spitznamen hasst. Bein dem Gedanken an seine Schulkameraden, bekommt er Lust zuzuschlagen und sie zu quälen. Der Wunsch zu töten ist damals in Ihm erwacht und diesen Wunsch verspürt er seitdem fast jeden Tag.
Weil er so zerrissen ist hat er sich häufig mit seinen Arbeitskollegen und mit seinen Chefs gestritten. Als Folge hagelt es häufig Abmahnungen und viel zu oft auch Kündigungen.
Viele seiner heutigen „Freunde“ sind
kriminell und auch schon häufig Gäste im nahe gelegenen Gefängnis. Einer seiner „Freunde“ überredete ihn zu einem Einbruch in ein freistehendes Einfamilienhaus. Aber der Hausherr war nicht verreist sondern er blieb zu hause. Als der Eigentümer nachts das Klirren einer Glasscheibe hörte hatten die Einbrecher keine Chance. Die beiden wurden noch im Haus von der Polizei festgenommen. Anhand seiner Akte ist es leicht ihn als Polizeispitzel anzuwerben. Im Suff prahlen viele seiner Freunde mit Ihren Straftaten und er wurde ein wertvoller Informant.
Noch auf dem Rückweg von dem Mord an den beiden Polizisten wird Sebastian Groß von den zwei dunklen BMW zum Anhalten gezwungen. Der vordere BMW drängte ihn fast von der Straße, vor Schreck legte Sebastian eine Vollbremsung hin. Der zweite Wagen hielt dicht hinter ihm. Sein Wagen ist vorne und hinten eingeklemmt. Starr vor Angst kommt er nicht einmal in die Nähe des Gedankens an Widerstand, als er mehrere maskierte Männer sieht, die mit Maschinenpistolen sichernd auf Ihn zukommen. Zwei Männer zerren Ihn aus dem Wagen und fesseln ihn, während die anderen sichern. Auf die Rücksitzbank eines der BMW bekommt Sebastian einen
Nervenzusammenbruch. Er weint vor Selbstmitleid. Diesmal pinkelt er sich in die Hose, der harte Kämpfer ist zusammengebrochen bevor das Verhör beginnt.
Die Aktion dauert weniger als eine Minute, einer der maskierten Männer steigt in Sebastians Wagen und alle fahren davon.
Während der Fahrt bekommt Sebastian grob einen undurchsichtigen Gesichtsschutz über den Kopf gezogen mit dem er nichts sehen kann. Er hat Schwierigkeiten mit dem atmen aber das interessierte keinen der Männer in dem
BMW. „Halts Maul, kein Ton“ ist das einzige, was Sebastian von den Männern hört. Eine reguläre Polizeiaktion ist das nicht. Sebastian hörte von seinen Freunden, dass Sondereinsatzkommandos der Polizei ähnlich vorgehen, aber die undurchdringliche Mütze über seinem Gesicht versetzt Sebastian in große Angst.
Eine gefühlte Stunde später kommt Sebastian in einen kargen Raum in dem sich nur ein Tisch und zwei Stühle befinden. Die flimmernde Leuchtstoffröhre verbreitert eine klaustrophobische, eine Angst erzeugende Atmosphäre. Der
Gesichtsschutz wird ihm vom Kopf gerissen und seine Fesseln werden gelöst. Das ist unwirklicher als ein Gefängnis und niemals eine Polizeidienststelle. Keine Bilder, keine Grünpflanzen, KEINE FENSTER! Wer sind die Kerle? Sebastian ist nur noch ein Schatten dessen wer er einmal war. Vor Angst zitternd blickt er auf einen schweigsamen Mann an der anderen Seite des Tischs. Offensichtlich gelangweilt spielt er mit einer Gartenschere, einer verdammt großen Gartenschere. „Ich will einen Anwalt, ich sage gar nichts“ winselt Sebastian.
In diesem Moment kommen mehrere
Männer in dem Raum. „Sehr gut“ sagt der Anführer. „Sie?“ Sebastian ist entsetzt. Er erkennt den Mann, der ihn vor ein paar Tagen im Polizeipräsidium verhörte. „Ihr seid keine Polizisten“. Der Wortführer grinst Sebastian amüsiert an „Du bist ja ein sehr intelligentes Männchen“. Sofort ändert sich der Gesichtsausdruck des Mannes. Sein Habitus lässt klar erkennen, dass er es gewohnt ist Befehle zu erteilen. „Lasst uns allein“ gibt der Wortführer seine Anweisungen. Einige Männer verlassen sofort den Raum. „Bitte auch Sie“ meint er zu dem Mann mit der Gartenschere, der sich in Bewegung setzt. „Mach keinen Scheiß“ blafft er Sebastian an und
zeigt auf eine der Kameras, die sich in einer Ecke des Raumes befindet. „Wenn Du Widerstand leistest sind meine Leute in weniger als 10 Sekunden in diesem Raum und was dann mit Dir passiert willst Du nicht wissen“.
Sebastian pisst sich ein zweites Mal in die Hose. „Ich will einen Anwalt“. Während er das sagt reckte sich Sebastian hoch und sieht den Mann an.
„Glaubst Du wirklich das ist eine Polizeistation“? Der Befehlsgeber grinst höhnisch. „Du bist in einem Stay-Behindstützpunkt.“ „Stay-Behind?“ fragt Sebastian verwirrt. „Während dem kalten
Krieg hat die NATO die „Stay-Behindeinheiten aufgestellt. Hätten die Russen Deutschland überrollt, hätten die zivilen Stay-Behindtruppen Anschläge verübt, Brücken gesprengt u.s.w., ähnlich wie die Rebellen im Irak oder in Afghanistan“. „Dieser Raum ist für die Stay-Behindtruppen als Verhörraum gebaut worden, natürlich ist er schalldicht“. Der Wortführer grinst „Jetzt nutzen wir das Gebäude mit diesem Raum“.
„Du hast mehrere Morde begangen, einmal an dem Syrer bei der Demonstration und soeben an den Polizisten“. Wieder grinst Sebastians
Gesprächspartner. „Dass Du die Polizistin erledigen willst war uns klar, also haben wir Dich beobachtet.“
„Natürlich können wir Dich der Polizei übergeben, aber wir wollen keine plaudernden Zeugen“. Mit einer fast unmerklichen Handbewegung gibt er in die Kamera ein Zeichen. Zwei Männer kommen in den Raum. Ein Mann mit dünnen Handschuhen hat Sebastians Pistole mit dem Schalldämpfer. „Mit dieser Waffe hast Du die Polizisten getötet“ meint der Herrscher des Raumes und die beiden Pistolen der Polizisten hast Du auch gestohlen“. Wortlos nickt Sebastian. Jeder Gedanke an Widerstand
oder Verteidigung ist verschwunden. Devot senkt er seinen Kopf um den Blick seines Gesprächspartners nicht standhalten zu müssen. Sebastian hat sich aufgegeben. „Das mit den Waffen klären wir, wir haben schon eine Verwendung für sie“ meint der Befehlsgeber zu dem Mann mit der Waffe. Wortlos verlässt dieser den Raum.
„Wir müssen sicher sein, dass Du nicht noch mehr Scheiß machst oder weiter plauderst“. Ungerührt sieht der Wortführer Sebastian an. „Ich habe meine Befehle. Du wirst für längere Zeit hier ruhiggestellt“.
„Für längere Zeit?“ sind Sebastians letzte Gedanken. Er spürt den Stich in seinem Hals, das Betäubungsmittel wirkt sofort. Der Boden rast auf ihn zu, dann spürt er nichts mehr.
Als Sebastian in dem gleichen fensterlosen Raum aufwacht fühlt er sich frei und unbeschwert. Er liegt auf einer Matratze und er lacht vor Freude. Er sieht die helle Sonne und hört lautes Vogelgezwitscher. Ein harmonisches, glückliches und friedvolles Gefühl durchströmt ihn. Er sieht nach links. Mehrere Infusionsflaschen sind mit Katheder an seinem Körper
angeschlossen. Seine Arme und Beine sind an einem Gitter fixiert. Sebastian kann den Kopf zur Seite drehen, zu mehr ist er nicht in der Lage. „Wir sind Rohypnol und Midazolam“ lächeln ihn zwei nette blonde Frauengesichter anstelle der Infusionsflasche an. Wir sorgen dafür, dass es Dir gut geht“. „Unser Freund „Diphenhydramin“ kommt bald zu Dir“. Die Gesichter küssen Sebastian auf die Wange. Glücklich schläft er ein.
„DKs“ Smartphone klingelt auf der Rückfahrt. „Wir haben Ihn“ meint der
Geschäftsführer des Sicherheitsunternehmens „dieses Problem ist gelöst“. Glücklich hört „DK“ dem Geschäftsführer zu.
„Ich fahre Euch nach Hause“ bestimmt Olaf, „es ist schon spät und ein Arzt sollt sich Dein Ohr anschauen“ meint er zu Frank. Wir gehen schweigend zu seinem Wagen „Ein KIA Ceed“ denkt Lars, „Olaf, Du fährt kein deutsches Auto“. „Ich möchte schon ein deutsches Auto fahren“ meint er, „aber bei diesen Preisen in Deutschland kann ich mir das nicht leisten“. „Warum sind deutsche Autos im Ausland deutlich günstiger als in Deutschland?“. „Weil internationale Konzerne dort das meiste Geld aus Ihren Kunden pressen, wo es den geringsten Widerstand gegen überhöhte Preise gibt“. Betreten schweigen die Jungs. „Ich habe eine Baufirma mit 37 Arbeitern“ erzählt Olaf „letzten Monat erzählte mir mein Vorarbeiter von seinem Sohn, der bei einer anderen Baufirma ebenfalls als Vorarbeiter arbeitet“. Die haben ausländische Subunternehmen beauftragt, weil die billiger sind. Letzten Monat hat der ausländische Vorarbeiter die Baustelle verlassen. Kurz darauf stürzt einer der ausländischen Arbeiter vom Gerüst und er hatte starke Schmerzen. Selbstverständlich hat der Sohn meines Vorarbeiters den Notarzt gerufen, die haben ihn ins Krankenhaus gefahren. Als der ausländische Vorarbeiter zurückkam war die Hölle los. Die Ausländer sind nicht krankenversichert, normalerweise werden Sie bei einem Unfall in einem Auto in Ihr Heimatland gefahren und dort verarztet“. So machen ausländische Unternehmen ihre Gewinne und deutsche Unternehmen verlieren wichtige Aufträge.
Die Jungs sind geschockt, sie kennen bisher nur den Gymnasiumalltag die Wirklichkeit in der Erwachsenenwelt kommt ihnen erschreckend vor.
Nach einigen Minuten schaut Olaf mehrmals in den Rückspiegel. „Werden wir verfolgt?“. Ein alter blauer Renault Megane fährt in einigem Abstand hinter ihnen her. Da Frank auf der Beifahrerseite sitzt ist ihm der Wagen im rechten Außenspiegel aufgefallen, aber er hat sich nichts dabei gedacht. Olaf biegt außerplanmäßig rechts ab. Der Megane folgt. Olaf biegt noch dreimal rechts ab, dann sind sie wieder auf der Straße, die wir ursprünglich gefahren sind. Der Megane folgt uns immer noch Dieser Fehler verrät den Renaultfahrer. „Ist die Auffahrt zur Umgehungsstraße immer noch einspurig?“ fragt Olaf. „Ja, antwortet Lars, das wird mit dem Ausbau in diesem Jahrzehnt nichts mehr.“ Mit einem leichten Grinsen im Gesicht fährt Olaf in Richtung der Umgehungsstraße. Der Renault folgt mit einigem Abstand. Die Auffahrt zur Umgehungsstraße ist zweispurig, aber seit langen ist die rechte Spur wegen Straßenschäden gesperrt. Nur noch 200 Meter bis zur Auffahrtsstraße. Unmittelbar vor der Umgehungsstraße ist eine Ampel, wegen der es sich immer staut. Tagsüber oder nachts das ist egal. Olaf fährt zielstrebig auf die Ampel zu, hinter ihm ein verrosteter Fiat Punto, dahinter der blaue Renault. Kurz bevor Olaf die grüne Ampel passiert schaltet er den Warnblinker ein und bremst vor der Ampel. Der Fahrer des Puntos bremst ebenfalls und hupt aufgebracht. Trotz der geschlossenen Scheiben hörLars das Geschrei des Puntofahrers, aber heute macht es ihm nichts aus; bei Olaf ist alles ok. Es ist ein Gefühl von Sicherheit und Souveränität die Olaf ausstrahlt. Vor der grünen Ampel hält Olaf mit der eingeschalteten Warnblinkanlage. Offenbar ein Schaden an der ungünstigsten Stelle! Verdammt! Die Ampel schaltet auf gelb. Olaf legt den ersten Gang ein. Rot Olaf tritt das Gaspedal voll durch, die Kupplung greift den ersten Gang. Mit einem wütenden Knurren zerreißt die aggressive Front des KIAs den aufziehenden Nebel. Der Puntofahrer hält natürlich und blockiert damit den Renault. Der Seitenverkehr der Umgehungsstraße ordnet sich hinter Olafs KIA ein. Geschickt biegt Olaf mehrmals ab. Die Jungs schauen nach dem Renault, doch der folgt ihnen nicht mehr. Olaf hat den Verfolger abgehängt.
Nachdem sie bei den Jungs zuhause ankommen sind telefoniert Olaf sofort mit Stefan Trümmer, dem Rechtsanwalt von Michael Bulthaupt und fragt nach Ihn den Aufnahmen der Polizei bei der Demonstration im März. Der Rechtsanwalt ist über sich entsetzt, dass er das nicht beachtet hatte. Aber warum deklariert die Polizei diese Aufnahmen nicht als Beweis?