Der Zwang allgemein
Wie vielgestaltig zeigt sich unser Leben, eine allgemein bekannte Tatsache. Auch der Wunsch nach Freiheit, Freiwilligkeit spukt ständig in unseren Köpfen…es bleibt ein Wunsch.
Dennoch hasse ich Zwänge.
Schön und gut, aber dieselben scheren sich kaum darum, sie stellen sich halt ein, ergreifen Besitz, manchmal schleichend, langsam aber auch oft ganz plötzlich.
Mitunter entbehren sie jeglicher Realität, wir wissen es nur nicht, wir haben Zwangsvorstellungen, die erschreckend Raum beanspruchen, obwohl sie zuweilen
kaum wichtig sind. Ja, auch das kommt vor. Es sind die harmlosen ihrer Art, die uns fesseln bis des Rätsels Lösung gefunden (der Name eines Prominenten etc.) Das ist allerdings albern!
Nun, es gibt auch die Ahnungen, die Albträume, die uns das Fürchten lehren. Sie haben sehr wohl Ursachen und es gibt handfeste Gründe, warum sie uns heimsuchen. Sie abzuschütteln bedarf so einiges an Willen und Wollen, was effektiv auf Selbstbezwingung hinausläuft und schon bewegen wir uns im Fahrwasser der Zwänge. Das Vermögen einen Zwang gegen den anderen einzusetzen und zwar erfolgreich, das ist schon eine tolle Sache, wenn sie denn
funktioniert.
Es gibt natürlich und das reichlich oft Zwangslagen, die uns absolut und total beherrschen können, ob wir sie hassen oder lieben, das ist hier unerheblich. Sie sind vorhanden und versetzen uns in den Status des Zugzwanges.
Also einmal passiert es, dann setzt der Zwang, dem wir uns allerdings eine recht überschaubare Zeit nur entziehen können, sich mit aller Macht durch.
Meine Güte, das muss nicht immer schlecht sein. Zumindest treibt es vorwärts und schafft Klarheiten, auch Ergebnisse.
Das wissen wir doch!!
Dennoch bin ich so ein Kandidat, der sich dem „Zug“ widersetzen möchte, denn ich
hasse ja Zwänge jedweder Art. Passiv und stur verharre ich in einem unglaublichen Phlegma bis das Maß voll ist. Dann hat der Zwang gewonnen, und ich breche durch, nehme nun keinerlei Rücksicht mehr auf mein empfindsames Seelchen.
Die Sache wird auf Gedeih oder Verderb durchgezogen.
Grenzt dieses an Dummheit oder beschönige ich mal mir zu Liebe das unter dem Deckmantel der Mentalität, meiner unabänderlichen Wesensart, Probleme zu lösen?
Also ich gebe zu, ich bin eine der Langsamsten, die aber dann mit stoischer Ruhe so einiges zu klären vermag, was oft reichlich verworren erscheint. Das kann gut
oder schlecht sein. Es erweist sich in seiner ganzen Tragweite erst sehr viel später.
Der Zeitfaktor spielt im Rahmen aller Zwänge immer eine bedeutsame Rolle. Wenn es brennt, dann ist der Zwang ungleich größer als wenn es nur schwelt. Doch ist alles manchmal so schwer zu erkennen und deshalb dabei nicht Öl und Wasser zu verwechseln bei den schlau ausgedachten Maßnahmen, hat keine geringe Bedeutung.
Ich denke manchmal, freiwillig geschieht gar nichts, es gibt immer zahlreiche Antriebe etwas zu tun oder zu lassen. Wir weigern uns nur, eine Handlung, die viel versprechende Ergebnisse verheißt, als zwangsweise ausgeführt zu deklarieren. Sie bekäme sofort einen negativen Hauch. Wir müssen es tun,
weil wir es wollen, oder stellt sich die Sache etwa anders herum dar?
Jedenfalls gibt es immer in uns, vielleicht auch von außen hineingetragen, eine Kraft, die uns handeln lässt, die uns treibt…auch in die Arme des geliebten Menschen und dies ist zweifelsohne nicht der schlechteste Zwang…ganz im Gegenteil!!
"Ein Gedicht"
Hauszwänge
Die Hausordnung – wir haben verstanden!
Für die Leute in den Mauern
Soll das Wohnrecht überdauern
Hat ein Gremium schlau erdacht
ORDNUNG
Für den Tag, auch für die Nacht
Du sollst nicht lauthals lachend lärmen
Nicht weinen, wenn es grimmt in den Gedärmen
Nicht bei Wut die Türen schlagen
Man würd’ dich gnadenlos verklagen
Tiere will man hier nicht leiden
Im Garten Möhren sä’n ist zu vermeiden
Das Musizieren zu bestimmten
Zeiten
So manchen leicht zum Streit verleiten
Die Wäsche bis Geländeende
Wenn’s höher hängt, des Mieters Ende
Im Sommer auch nur Innen grillen
Dies ist der Eigentümer fester Willen
Ansonsten mag ein jeder leben
Pünktlich, brav die Miete geben
Leise weinend Süppchen kochen
Der Eigentümer hat gesprochen
Im Alter
Alterszwänge
Ab wann bin ich alt
Wenn das erste graue Haar in Sicht
Wenn mich ein wenig plagt die Gicht
Wenn ich ein Fältchen schon entdecke
Wenn ich vorm Spiegelbild erschrecke
Oder erst wenn ich es sage
Jetzt bin ich alt
Ab wann bin ich alt
Wenn mich nichts mehr interessiert
Wenn mein Kopf es nicht kapiert
Wenn ich ewig nur vergesse
Wenn ich sinnlos, lustlos esse
Oder erst wenn andere sagen
Jetzt bist du alt
Ab wann ist man alt
Ab zwanzig, dreißig, oder vierzig
Wenn die Liebe nicht mehr würzig
Knackig, locker, auf dem Hocker
In der Firma mit der scharfen Biene
Auch daheim nicht in der Duschkabine
Oder erst wenn gar nichts geht
Selbst im Kopf kein Wind mehr weht
Wenn ich nichts mehr will und kann
Dann
Bin ich alt
Aber ist das schlimm?
da ich alles konnte, hatte
Schluss mit der Debatte
gehen werd ich, ohne Frage
wenn ich alt bin einst die Tage
wann dies sein wird ist
egal
keiner hatte je die Wahl
Eigene Zwänge
Eigenliebe
Einer liebt mich
Ich
Einer peinigt mich
Ich
Einer verunsichert mich
Ich
Einer bremst mich
Ich
Einer fragt mich
Was will ich?
Einer steuert mich
Das bin nur ich.
Der Zwang zum Licht
Motten und Falter
Zahlreiche schmucke Falter und kleine Motten flattern in lauer Sommernacht sorglos umher, um dem unendlichen Spiel der Liebe nach zu gehen oder sich schlicht mit Nahrung zu versorgen. Das scheint nicht problematisch, wenn es nicht die Verführungen gäbe, die dem kleinen Falter und seiner Motte ständig dazwischen kommen und ihre Lebensplanung völlig und manchmal auch furchtbar dramatisch durcheinander bringen.
So trug es sich zu, dass der hübsche
Faltermann mit seiner kleinen Motte, nach einem leidlich guten abendlichen Mahle, noch einen netten Verdauungsspazierflug unternahm. Die Luft war wie Samt und Seide, warm und lieblich, kein Lüftchen störte die Beiden. Falter und Motten fliegen im Dunkeln gerne noch eine Runde, ehe sie sich auf ihrem gemütlichen Schlafblatt zur Ruhe niederlassen. Sie sind auch ein wenig neugierig und wenn sie etwas Helles entdecken, dann wagen sie sich näher. Das heißt, sie werden durch das Licht magisch angezogen. Sie müssen einfach hin. Wie im Wahn schwirren sie an, um dem geheimnisvollen Licht näher zu sein, obwohl ein alter Falter davor dringend warnte und meinte, dass es schrecklich heiß werden
könnte und es manchmal auch kein Zurück mehr gäbe.
„Was wissen schon alte Falter“, dachten der kleine Faltermann und sein liebes Mottenmädchen ein bisschen überheblich. Sie hatten nicht gesehen, dass der alte Falter einen ganz schwarzen Flügel hatte und ein Bein fehlte ihm auch. Er konnte auch nicht mehr besonders gut flattern, saß nur noch rum, wartete auf sein Ende und warnte zuweilen die jungen Flattermänner. Nein, dämlich war der Alte nicht, aber man nahm ihn partout nicht ernst. Zu dumm! Faltermann und Mottenmädchen hätten auf ihn hören sollen.
Sie liebten sich, turtelten herum, wollten Spaß haben und bemerkten ein wundervolles
und sehr helles Licht. Noch ein Schluck Nektar und dann nichts wie ran. Beide waren wie von Sinnen, umkreisten das Licht, wollten ihm immer näher sein und schließlich es nur ein einziges Mal berühren. Nur ein allereinziges Mal. „Einmal ist Keinmal“, dachten sie.“ Man muss sich ausloten, etwas wagen, Erfahrungen sammeln, an Grenzen gehen“, sagten sie und kamen sich furchtbar schlau vor. Sie flatterten immer dichter, wollten Mut zeigen, sich beweisen. Plötzlich entstand eine winzige Flamme und die Luft war ein wenig angefüllt vom Geruch geschmorter Falterflügel. Nichts ging mehr.
Das wundersame Licht leuchtet aber immer noch und lockt die kleinen, armen, dummen
Falter in seine gefährliche und atemberaubende, heiße Nähe. Ob je ein kleiner Faltermann mit seinen Mottenmädchen auf einen alten angeschmorten Falter gehört hat oder hören würde, ist nicht bekannt.
das zwangsende
Der Zwang der Endlichkeit
Wenn man beginnt über die Endlichkeit des Lebens nachzudenken, was heißt, wir nehmen sie endlich wahr, dann haben wir geistig gesehen einen Entwicklungssprung vollzogen.
Selten beschäftigen sich junge Menschen mit der so wichtigen Problematik, sie sind der Endlichkeit nicht nahe genug, auch wird das Ende, wenn in unmittelbarer Nähe, als ein nur den anderen betreffenden Akt verstanden. Man ist traurig, vermisst den Verstorbenen aber die Tatsache der eigenen Betroffenheit zum Zeitpunkt X wird weit
verdrängt. Mit dem unangenehmen Gedanken, dass es uns natürlich auch ereilen wird, wollen wir uns nicht einlassen. Es wird gelebt…auf Deiwel komm raus…buchstäblich…er lässt nicht auf sich warten!! Erscheint dennoch normal und in Grenzen auch vernünftig. Nur die Grenzen sind schwammig, darüber lohnt es schon etwas eher nachzudenken. Wir vergeuden so viele Jahre, ich muss mir leider auch eine derartige Verschwendung vorwerfen und sie ist absolut nicht ungeschehen zu machen, leider.
Meine Endlichkeit ist mir deutlich bewusst. Je mehr ich darüber nachdenke, umso dringlicher erscheint es, jede Minute aufzusaugen wie ein beglückendes
Geschenk, kein Misston, kein Verharren aus sinnloser Duldsamkeit darf mein Leben herabmindern, es ist zu wertvoll.
Ich werde deshalb nicht unbedingt nur ein Genussmensch, es gibt so vieles, was auch Schmerzen bereitet aber dennoch dazugehört, nicht zu bereuen wäre. Nur der Umgang mit den Dingen, mit den Menschen, mit Allem, der sollte achtsam und sehr sorgfältig sein.
Die Einordnung der Wertigkeiten und die entsprechende angemessenen Reaktion müssen unbedingt an Bedeutung gewinnen.
Vielleicht gäbe es eine Chance, den Lebensabschnitt im Angesicht der eigenen Endlichkeit, gut und angenehm, auch verantwortungsvoll für sich und andere zu
gestalten. Über dieses „gut und angenehm“, über Inhalte muss man nachdenken, was ich für mich lange und ausgiebig tat. Meine Schlussfolgerungen heißen, ich lebe nicht auf Sparflamme, aber werde auch nichts mehr großzügig vergeuden. Ich nehme endlich von mir Notiz.
-Ende-