Es ist Mitte Winter. Es ist hier so kalt und eisig draußen, dass ich den ganzen Tag im Haus bleibe , wo es noch nicht mal ein Fernseher gibt. Ich könnte euch noch viel mehr erzählen...kurz: Ich hasse es. Ich bin vor einer Woche hierher zu meinem Vater gezogen. Ein kleines Örtchen, mit nicht einmal 200 Einwohnern. Hallesey heißt es und nach meiner Meinung klingt es schon nach der Hölle. Ich bin von zu meinem Vater gezogen, weil meine
Mutter einen anderen Typen, ihr neuer Ehemann, geangelt hatte. Und diesen Anderen konnte ich nicht ausstehen. Wie er meine Mutter einhüllt in seinen Schleim von Nettigkeit und Fürsorge, die er eh nur vorspielt und sie dann doch irgendwann abserviert, wenn´s ihm langweilig wird. Ich denke mir immer, das ist so wie in Twilight. Bella zieht nach Forks. Sie lernt einen Vampir kennen, den sie später heiratet. Ob das bei mir auch sein wird? Ich meine mit einem süßen Jungen? Ich male es mir schon aus. Naja, da gibt es schon einen süßen Nachbarn, gleich neben mir. Er ist der einzige, den ich bisher hier mit einem schnellen „Hi!“ kennengelernt habe. Ich
kann ihn aus meinem Zimmer beobachten, da das Haus ziemlich nah gebaut wurde, habe aber noch keinen Blick gewagt. Nein, das mache ich nicht... ich beobachte Leute in ihrem Privathaus nicht…oder vielleicht doch? Immerhin kann ich ja nichts dafür, dass er so nah bei mir wohnt. Schließlich ist es mein Haus. Oder besser gesagt, meinem Vater . Egal. Ich schaue aus dem Fenster. Und tatsächlich steht er da, in einem weiten grauen Unterhemd, verschwitzt, der Sixpack zeichnet sich perfekt ab. Oh mein Gott. Jetzt bloß nicht ausflippen oder sowas. Einfach weitergehen.
Weitergehen…. Plötzlich hebt er seinen Kopf, schaut mich direkt an und winkt grinsend mit seiner Hand. Ich klotze nur genervt und stürme vom Fenster weg. Das hatte ich mal wieder schön versaut. Ich blicke noch einmal zurück, doch er war verschwunden. Wohin war er gegangen?
Ich mache mir keine Gedanken darüber, obwohl ich ein komisches Gefühl dabei hatte. Dabei war es ja normal dass man nicht am Fenster stehen bleibt. Ich will mich nicht länger mit dieser Sache beschäftigen und gehe runter in die Küche, um mir einen warmen Tee zu machen. Ich bin alleine zu Hause, da mein Vater Jack Polizeichef hier in Hallesey ist und viel um die Ohren hat. Langsam gefällt mir die Sache mit Bella und Edward. Durch die Berufung meines Vaters war das schon ähnlich mit
Twilight. Jetzt müsste nur noch ein heißer Typ auftauchen. Ich fuhr hektisch um. Das war eindeutig das Leuten der Klingel. Wer da wohl an der Tür ist? Ich mache mich auf den Weg zur Tür und rechne mit Jack , der seinen Schlüssel vielleicht liegen gelassen hatte. Ich riss die Tür auf und will ihm schon eine Standpauke entgegenwerfen. Doch mir blicken 2 wunderschöne blaue Augen entgegen. „Hi! Ähm.. wir kamen noch gar nicht dazu, uns zu begrüßen und als ich dich vorhin am Fenster gesehen hatte, ist mir eingefallen, dass du wahrscheinlich hier
noch keinen kennst. Ich heiße Charlie.“ , begrüßt mich die weiche, zögernde Stimme. Also Charlie. „Ja, richtig. Jack kam noch nicht dazu, mir alle vorzustellen. Hat viel zu tun im Moment. Ich heiße Maia.“, antworte ich so cool wie möglich, um nicht auszuflippen und lehne mich mit verschränkten Armen gegen den Türrahmen. „Wenn du Lust hast, zeige ich dir hier alles. Dein Vater hat bestimmt nichts dagegen. Wir könnten gleich los...“, schlägt Charlie vor. „Klar“, entgegnete ich ihm schnell, vielleicht etwas zu schnell ,hole meine
Jacke und meinen Schlüssel, schlüpfe in die Schuhe und ziehe die Tür hinter mir zu. Er zeigt mir die alte Kirche, den Marktplatz , den Skateplatz , wo er gelegentlich skatet und erzählt mir viel hier über den Ort, während wir auf einer der Skate Halfpipes sitzen. „Hier wohnen fast keine Jugendliche. Außer mir gibt es noch die Miller Zwillinge, aber die sind richtig komisch und leben zurückgezogen. Letztes Jahr ist das letzte Mädchen mit ihrem Freund ins Ausland geflogen und kam nicht mehr zurück. Ich war also alleine. Jetzt bist du da und ich bin ziemlich erleichtert.
Hätte schon gedacht, ich würde hier alleine bleiben unter den Alten.“ „Mal schauen, ob ich hier bleiben werde. Mit meinem Dad komme ich noch nicht so gut aus, er hat mich auch schon 4 Jahre nicht mehr gesehen, nachdem meine Mutter mit mir ausgezogen ist. Damals war ich 12 und konnte noch nicht entscheiden, bei wem ich leben will. Naja egal, scheiß drauf.“ „Ich hoffe doch, du bleibst. So ´ne heiße Braut will ich doch nicht einfach wieder verlieren…“ Mir fällt die Kinnlade herunter. Was hatte er gerade gesagt? Wieder? „Charlie?! Was soll das…wir kennen uns doch gar nicht! Was heißt
wieder?“ Ich rücke ein Stück von ihm weg. Charlie ,oder auch Chai , wie der Chai Latte , wie ihn seine Freunde immer nennen. Komischer Name, aber anscheinend mag er ihn. Er lässt sich Zeit mit der Antwort. „Maia….“, fängt er an, „es gibt da etwas, was du nicht weißt. Ich darf es dir nicht sagen, weil Jenn uns verboten hat, den Novi etwas zu sagen. Deine Welt ist nicht mehr die, wie sie vorher war. Und …ich bin ein Teil deines Lebens.“ Wow. Ich habe nichts davon behalten, was er gesagt hat, nur diese Sache mit: Er ist Teil meines Lebens. Famos.
as!
Gerade will ich ihn mit Fragen löchern, als aus dem Nichts ein Sturm aufkam und mich von der Halfpipe runterschleudert. Benommen versuche ich mich wieder aufzurappeln, doch mein Kopf fühlt sich an wie ein Karussell. Ich bekomme nur noch mit, wie sich eine Faust aus dem Wirbelsturm bildet, eine Faust aus …ja, was ist das eigentlich? Es sieht aus, wie als ob aus dem Wind ein Arm mit einer Hand, die zu einer Faust geballt ist, entsteht. Ich versuche aufzustehen, merke aber einen brennenden Schmerz aus meinem rechten Unterschenkel. Schwärze schleicht sich
in mein Blickfeld und wage bekomme ich noch mit, wie ein merkwürdig geformtes, blitzhelles Etwas gegen diesen Sturm kämpft, als auch schon die Benommenheit meinen Körper in Besitz nimmt und ich in Ohnmacht falle. Als ich mit der Zeit wieder zu mir komme, merke ich, dass ich nicht in einem Bett liege. Also doch nicht geträumt. Gleichzeitig Mist als auch Erleichterung. Hmm…Irgendwas stimmt nicht. Eisiger Wind streift meine Beine, meinen Kopf und meine Arme. Jetzt erst realisiere ich das monotone Aufprallen von Schuhen auf Asphalt, in einem
schnellen Rhythmus und zwei starke, muskulöse Arme wiegen mich mit diesem schnellen Takt immer in Richtung Körper , ich bewege mich ziemlich schnell vorwärts . „Maia, Maia, bist du da? Dein rechtes Bein ist mehrfach gebrochen. Ich bringe dich hier weg, halte durch!“ Mit meiner brüchigen Stimme krächze ich heraus: „W…was ist los? Charlie? Wo sind wir….was ist lo...“. Meine Stimme bricht ab und ich falle wieder in tiefe Schwärze. Als ich das nächste Mal aufwache , befinde ich mich in einem dreckigen Schuppen , wo fast kein Licht brennt. Ich liege auf einer kaputten ,abgewetzten
Matratze und kann mich kaum bewegen. Der Versuch, mein rechtes Bein anzuheben, misslingt mir und mit einem Aufschrei von Schmerzen lasse ich mich wieder hinunterfallen. Wo bin ich ? Die Tür des Schuppens geht auf und Charlie kommt herein. Er hat viele ,teils größere Schürfwunden und an seiner Stirn klafft eine hässliche Platzwunde; sein linker Arm hängt nutzlos herunter. Fassungslos und am Ende meiner Kräfte breche ich in Tränen aus. as!
Als mir Charlie an den Kopf geworfen hatte, ich solle nicht so die Matratze vollrotzen, da wir sie noch bräuchten, hatte ich mich wieder einigermaßen beruhigt. Er war zu mir gekommen und hatte mich in den Arm genommen, wie als ob wir jahrelang befreundet wären. „So. Da du dich ja jetzt etwas beruhigt hast, kannst du auch vernünftig reden. Ich schätze, das ist alles ziemlich verwirrend für dich…“ , beginnt Charlie. „Dein Ernst?! Von einer auf die andere Minute kam da so ein Wind-Ding und hat mich von der Halfpipe runtergeschleudert, dann kam da so ein
anderes Blitz-Teil , ich bin ohnmächtig geworden. Danach bin ich in den Armen von dir aufgewacht ,du wirfst mir an den Kopf, dass ich mir mein Bein mehrfach gebrochen habe und schon wieder verliere ich das Bewusstsein. Und jetzt liege ich hier in diesem Schuppen! Mir tut alles weh, und ich kann behaupten, du siehst auch nicht gerade unverletzt aus. Und da kommst du mit Matratze vollrotzen und alles wird gut? Ich glaub du hast´n Schräubchen locker, und nicht nur ein kleines!“ Und dann schlag ich ihn aus Wut , Verzweiflung und null Selbstbeherschung mit voller Wucht gegen das Gesicht, mitten auf die Nase. Sofort fängt sie an
zu bluten und Charlie stöhnt vor Schmerz auf. War wohl ‘n bisschen fest…wollte ich auch gar nicht. Ehrlich. „Oh, Shit, sorry , das wollte ich nicht! Komm her, ich hab noch ein Taschentuch einstecken“, sprudelte ich nur hervor und hole dabei das (…benutzte) Taschentuch heraus und reiche es Charlie, der schon auf der Matratze zurückgesunken war. Bereits nach wenigen Sekunden war das Taschentuch mit Blut getränkt. Das hat´s ja voll gebracht. Ich entschuldige mich noch ein paar Mal, bis er sich wieder aufrecht hinsetzt, und lasse ihn zu Wort
kommen. „Ok. Geht schon wieder, ist nur gebrochen. Ich komme damit klar; ich bin es gewohnt, Maia, glaub mir. Du mit deinen mehrfachen Brüchen nicht. Das wirst du jetzt nicht verstehen, aber ich kann dich nicht ins Krankenhaus bringen. Nicht in deinem Zustand und nach diesem Angriff sowieso nicht. Auf einer Skala von 1 bis 10: Wie hoch sind deine Schmerzen?“ „100!!! Es tut höllisch weh, was denkst du denn, du Reno Zeros? Nur weil du ´ne Haut wie ein Elefant hast, muss das Gleiche nicht für mich gelten!“ Langsam macht mir das Spaß, ihn runterzumachen. Leiden tu ich ja grad
sowieso genug. „Und du kommst hier einfach angelaufen, um mir die Stadt zu zeigen und jetzt kann ich mich nicht mehr bewegen vor Schmerzen!! Und das ist ja noch nicht mal alles! Du hast alles zerstört! Ich wollte mir heute einen gemütlichen Tag machen , und Jack macht sich bestimmt auch schon Sorgen! Ich darf noch nicht mal in ein KRANKENHAUS! Ich würde mir mal was Gutes einfallen, Bürschchen, damit du diese Scheiße wieder hinbiegst. Sonst bekommst du zu fühlen, was mein Vater mit Leuten macht, die sein armes Mädchen misshandeln!“ Mit einer Hand auf der Nase schaut er
mich entsetzt an. Plötzlich nimmt er die andere Hand auf die andere Seite der Nase und mit einem Ruck und einem fürchterlichen KNACK! sitzt die Nase wieder richtig. Charlie , der sich unter Schmerzen aufbäumt, rückt näher an mein Bein heran. Mit einem mitleids erfülltem Blick sieht er mich erwartungsvoll an. „Das ist doch nicht dein…“ KNACK!. Da ich mir noch nie etwas gebrochen habe, schreie ich dermaßen laut auf, dass mir mein neuer Superkumpel ein Stück Holz in den Mund stopft. Mit einem Schwindelgefühl versuche ich mich auf die Ellebogen abzustützen, doch Charlie drückt mich
mit voller Wucht wieder runter. „Entschuldige, aber das müssen wir noch zwei Mal machen. Beiß auf das Stück Holz, und versuche nicht zu laut zu sein ; wir könnten entdeckt werden.“ Er lässt mich nicht zu Wort kommen und mit einem KNACK! KNACK! war die Sache erledigt. Und ich war nicht mehr bei Bewusstsein. Toll….3 Mal innerhalb von ein paar Stunden. Guter Eindruck.
Langsam wird mir die Sache mit den Schmerzen, Bewusstsein verlieren, Schmerzen, Bewusstsein verlieren zu viel. Am nächsten Morgen weckt mich ein leises Vogelgezwitscher, warme Sonnenstrahlen kitzeln mein Gesicht. Ich öffne die Augen und ein Augenpaar klotzt mich direkt hoffnungsvoll an. Heftig schrecke ich auf und will wieder zum Schlag ansetzen, doch ein Arm bremst meine Faust ab. „Hey, stopp, ich bin´s!“, schnellt Charlie hervor und lässt sich neben mich sinken„So, ich denke, du musst mir mal
was erklären…“, fange ich an, „jetzt werden wir wohl Zeit haben.“ „Nicht besonders viel, aber für die wichtigsten Fragen müsste es wohl reichen. Schieß los.“ „Was war das am Skateplatz? Wo warst du wie dieses Ding angegriffen hat? Warum weißt du wie man Brüche richtet und wo wir geschützt sind? Vor was sind wir geschützt? Warum darf ich nicht ins Krankenhaus, was…“, sprudelt es nur so aus mir heraus, doch er stoppt mich. Charlie: „Ok, die Fragen reichen erst einmal. Ich weiß überhaupt nicht, ob ich sie alle richtig beantworten kann. Also, das am Skateplatz war ein Mensch, der
sich in einen Sturm verwandeln kann. Klingt eigenartig, aber du wirst es später begreifen. Mehr sage ich dazu erst mal nicht, alles zu seiner Zeit. Ich weiß wie man Brüche richtet, weil ich ein Beschützer bin, und dazu gehört auch das richtige Wissen bei Notsituationen. Und ja… ich war dort, als dieses Ding, bzw. dieser Mensch, angegriffen hat. Falls du es mitbekommen hast, wurde der Mensch von einem Blitz-artigem Ding angegriffen. Nun ja…das war ich.“ „Du? Wie hast du das gemacht ?“. Mit offenem Mund blicke ich geflasht in sein Gesicht. „ Das wirst du später auch lernen, aber ich habe dir gesagt, alles zu seiner Zeit.
Um eine Frage noch zu beantworten: Im Krankenhaus sind sehr viele Überwachungskameras und wir sind dort nicht sicher. Es gibt sehr viele Leute, denen du nicht trauen kannst.“ Schweigend sitze ich da und betrachte den Boden. Irgendwie muss ich das erst einmal in meinen Kopf reinbringen. Ich bin nicht mehr sicher. Ich bin nicht mehr sicher. Ich bin auf der Flucht vor etwas. „Und was jetzt?“, frage ich Chai, der ebenfalls in Schweigen getreten ist. „Wir müssen unser Lager, also diesen Schuppen, verlassen und ein neues Versteck suchen. Dabei gehen wir immer weiter Richtung Norden; warum, wirst
du ebenfalls später erfahren. Ich hole dir etwas zu Essen, besorge mir irgendwo ein Auto oder ähnliches und dir einen Rollstuhl; aber vorher muss ich dein Bein noch etwas verarzten. Es wird dir nicht gefallen.“
Als er nach 10 Minuten wieder zurückkommt, kniet er sich vor mich und hält mir einen Erste- Hilfe Kasten und Gips entgegen. „Weißt du eigentlich, was du tust… ein mehrfach gebrochenes Bein einfach gipsen?“, frage ich. „Ja, ich weiß, es hört sich nicht nach Heilung an, ist es nämlich auch nicht. Du heilst von alleine, aber nicht schnell genug, deswegen der Gips; unterstützt
den Heilprozess. Vertraue mir einfach“, erklärt Charlie.
Tatsächlich sehe ich auch bei ihm, dass nur noch kleine Kratzen da sind, wo die tiefen Schürfwunden waren. Dir Vertrauen? Klar, muss ich wohl ,denn ich habe keine andere Wahl.
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