Gedichte
Zwei schwarze Schuhe - Zufall oder Schicksal...

Zwei schwarze Schuhe stehen achtlos im Eck,

lange Zeit haben sie erfüllt ihren Zweck,

waren für zwei Füße ein bequemes Haus,

doch jetzt sieht ihre Zukunft triste aus.

Sie wollen noch nicht im Abfall enden,

wird sich ihr Schicksal noch mal wenden?
 

„Wir haben stets gut erfüllt unsere Pflicht,

doch unseren Einsatz dankt man uns nicht.

Wir waren immer bemüht die Füße zu schützen,

brachten sie trocken durch manche Pfützen.“

Spricht der rechte Schuh und schaut angestrengt,

hinüber zum Bruder, wie der wohl denkt.
 

„Unsere Sohle ist dünn, wir haben ein paar Falten,

aber im Großen und Ganzen sind wir gut erhalten,

ein neuer Absatz und ein wenig Glanz

und schon ging´s auf zum nächsten Tanz.

Einmal noch tanzen, das wär´mein Traum“,

seufzt leise der linke, man hört es kaum.
 

Die Füße schlafen, nur der große Zeh

ist noch wach, denn ihm tut der Nagel weh.

Er hört die Klagen der schwarzen Schuhe

und weckt seine Brüder aus ihrer Ruhe.

„Die roten Schuhe sind nur neu, nicht bequem,

viel zu klein, etwas hart, gar nicht angenehm,
  in denen wollen wir nicht zum Tanzen geh´n“,

das ist die Meinung von allen zehn.

Eifrig beraten sie hin und her

wie das Problem zu lösen wär,

Der große Zeh, der den Vorsitz führt

sagt über soviel Unterstützung gerührt:
 

„Gehen wir in rot, werde ich blau,

das wird schmerzen die gnädige Frau.“

„Und ich schaff mir Hühneraugen an“,

droht laut der kleine Zeh sodann.

Die Ferse denkt sich: „Der hat aber Mut,

für mich wär vielleicht eine Blase gut.“
 

Der Plan gelingt, die roten stehen im Eck,

die Zehen lachen aus den schwarzen keck.

Die alten Schuhe strahlen frisch poliert,

und wissen jetzt wird zum Tanz marschiert.

Es hat sich gelohnt die schlaflose Nacht,

heut wird getanzt bis morgens um acht.
   

Sie hören die Musik und schwingen im Takt,

das Tanzfieber hat sie vollends gepackt.

Ohne Unterlass gleiten sie übers Parkett,

und finden noch nie war ein Abend so nett.

Die alten Schuhe, sie sind wieder jung

und kommen immer besser in Schwung.
 

Dann bei einem Walzer ist es geschehen,

wie es passiert ist, hat keiner gesehen.

Vom linken Schuh bricht mit lautem Knall

der Absatz ab, fast kommt man zu Fall,

da hört man jemand ganz leise fragen:

„Darf ich sie jetzt auf Händen tragen?“
 

Sie errötet leicht, denn es ist ihr Schwarm

und stützt sich ganz fest auf seinen Arm.

Er führt sie zum Tisch, bald auch durchs Leben.

Sie dankt´s dem Zufall, so ist es eben.

Doch tief unterm Bett in aller Ruhe,

lächeln zufrieden zwei schwarze Schuhe.