Januar: Das Jahr beginnt mit einem bayrischen Paukenschlag: Horst Seehofer verkündet den Untergang des Abendlandes. Armutsflüchtlinge aus Osteuropa drohen, das Land zu überrollen wie einst russische T-60-Panzer. Da die Lumpenträger mitsamt ihren je zwanzig natürlich vorbestraften Kindern zu Fuß über die Grenze stiefeln, taugt nicht mal die eilig beschlossene PKW-Maut als Bollwerk gegen den Feind mit den leeren Taschen, und Grenzgeschütze sind mit der SPD nicht zu machen. Erstes prominentes Opfer der Schnorrerschwemme ist schon Ende 2013
Michael Schumacher, der, wie schon bald ein Video verrät, nicht etwa beim Skifahren über einen Stein gestolpert ist, sondern natürlich über einen Armutsflüchtling auf dem Weg zum Sozialamt. Noch während Deutschland um den Rekordweltmeister bangt, stürzt kurz darauf auch die Kanzlerin beim Langlauf über einen eingewanderten Sozialschmarotzer, der als Stein getarnt dabei war, sein üppiges Kindergeld zu zählen. Schnell wird klar: Das Ende naht!
Februar: Nastrovje, das hat politische Sprengkraft! Edward Snowden stößt mit gut gefülltem Wodkaglas auf seinen
neuen käuflich erwerbbaren Eventkalender an - ein Spaß zum Staunen, Schmunzeln und Mitraten für die ganze Familie: Jede Woche wartet hinter einem von 52 Türchen ein brandneuer NSA-Skandal, direkt aus dem satten Fundus des US-Staatsfeindes Nummer 1 entnommen. Während die meisten Bundesbürger völlig unverschlüsselt via WhatsApp, Twitter und Co. gemeinsam rätseln, was wohl demnächst im Kalender sein könnte, kann eine Person nicht mitreden, weil ihr Lakai Peter Altmey... Altmei... Altmaier vor lauter Twitterei vergessen hat, ihr einen eigenen Kalender zu schenken: Angela
Merkel.
März: Noch mal Angela: Die geliebte Mutti ist inzwischen genesen, bekommt für den nächsten Urlaub aber Sportverbot auferlegt. Nachdem sie sich am Jahresanfang auf Skiern trotz wirklich geringer Reformgeschwindigkeit auf den Beckenring gelegt hatte und leicht verunfallt war, ging's in Berlin drunter und drüber. Als sich zwischenzeitlich heimlich einige FDP-Mannen ins Parlament mogeln wollten, ließ Merkel sich mitsamt Bett ins Amt schieben, wo sie sich seitdem innerlich darüber ärgert, dem Grinsemann Ronald Pofalla nicht
beizeiten ihr vollstes Vertrauen ausgesprochen zu haben. Dieser schaufelt derweil bekanntlich zum Unmut des deutschen Michel fleißig Kohlen bei der Bahn. Äh, scheffelt Kohle natürlich! In einem BILD-Interview schimpft der frühere Fraktionsvorsitzende Wolfgang Bosbach über Pofallas unverschämte Lobby-Tätigkeit: »Ich kann seine Fresse nicht mehr sehen!«
April: Tauwetter nicht nur draußen, sondern auch in der großen Koalition. Nachdem der SPD wieder eingefallen ist, dass die Agenda 2010 ja auf dem Mist eines lupenrein sozialdemokratischen Parteigenossen gewachsen ist und kein
Teufelswerk der CSU-Ketzer aus Bayern war, kommen die Koalitionäre sich auch inhaltlich allmählich immer näher. Den gesetzlichen Mindestlohn koppelt man zeitlich an die Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens. Vor der nächsten Wahl werde das aber ganz bestimmt noch was, verspricht Sigmar Gabriel im Interview, der jetzt allerdings auch ganz schnell weg müsse, um seine Tochter aus der Kita abzuholen. Derweil wird im Parlament der Sozialstaat zusammengestrichen, bis der Rotstift stöhnt, während die Abgeordneten angestrengt über Kreuzworträtseln darüber brüten, wofür diese ominösen Buchstaben »S« und »C« in ihren
Parteikürzeln noch mal stehen.
Mai: Völlig überraschend wird das Verbot von Mentholzigaretten vorgezogen. Das EU-Parlament lässt dazu verlauten: »Die fiesen Dinger müssen endlich weg. Als nächstes nehmen wir uns Verteilersteckdosen mit nur drei Steckplätzen, entkoffeinierten Kaffee und braune Eier vor, die überhaupt nicht gesünder sind als weiße.« Helmut Schmidt, der gerade an einem neuen Buch arbeitet, sieht's gelassen. »Wichtig ist nicht, was man raucht, sondern dass man raucht«, verkündete der Altkanzler. Weniger entspannt ist dagegen die Deutsche Bank.
Diese hat sich durch riskante Spekulationen mit Mentholzigaretten mächtig verzockt. Während vor allem Die Linke einmal mehr die Casinomentalität des Geldhauses kritisiert, geben sich die Banker selbst unschuldig: Während der Ausbildung hätten sie es vom Croupier eben nicht anders gelernt. Der Vorstand derweil zeigt Reue und verspricht, künftig in weniger riskante Bereiche wie Trinkwasser, Reis und »Brot für die Welt« zu investieren.
Juni: Die Fußball-WM ist in vollem Gange und sorgt hierzulande zumindest für Reiseunlust. Klar, solange die
DFB-Elf im Rennen ist, sitzt sich das fußballfanatische Volk die Hinterteile vor den LED-Riesenfernsehern der Szenekneipen platt, statt auf Malle den Kopf in den nächsten Sangriaeimer zu stecken. Als die Bahn massive Einbußen im Personenverkehr befürchtet, erklärt Neuvorstand Ronald Pofalla die Fußball-WM für beendet. Ein Machtwort mit Wirkung: Prompt wird Deutschland im Viertelfinale von Argentinien aus dem Turnier gekegelt. Das entscheidende Handtor geht als »Hand Pofallas« in die Fußballgeschichte ein. Der sichtlich zerknirschte Trainer »Jogi« Löw entschuldigt sich für die maue Leistung und versichert, die nächste WM mache er
noch, dann solle aber wirklich mal ein anderer ran.
Juli: Das Sommerloch gähnt obszön wie noch im letzten Jahr FDP-Abgeordnete während eines Vortrags der Hobbystalinistin mit Schreibfehler im Vornamen, Sahra Wagenknecht. Landesweit strömen schwitzende Journalisten in die Fußgängerzonen, um dekadente Wohlstandskinder in überteuerten Eisdielen zu fragen, was sie so vom Sommer halten. Ähnlich mau schaut es im Unterhaltungsfernsehen aus: Als die Quoten ob des guten Wetters vollends einbrechen, versucht Pro7 einen Rettungswurf: Die hirnbefreite
Silikonstelze Micaela Schäfer darf ihre Hupen rund um die Uhr in die Kamera halten. Als auch danach kein Hahn kräht, wird der Ruf nach einem staatlichen Rettungsschirm laut. Ganz anders das Öffentlich-rechtliche: Die hohen Mehreinnahmen erlauben dem ZDF, Jenny Elvers eine eigene Show zu spendieren. »Mein Leben nach dem dritten Glas« kommt beim Fernsehpublikum allerdings noch schlechter an als die Schäfer und wird stillschweigend wieder eingestellt.
August: Die FDP löst sich auf. Nach innerparteilichen Querelen schmeißt Hoffnungsträger Christian Lindner hin.
Künftig möchte sich der ehemalige liberale Heilsbringer wieder vermehrt wichtigeren Dingen wie dem Ausfahren seines Porsche-Cabriolets widmen. Da sei man ja auch viel näher bei den Menschen, schwärmt Lindner. Auch wolle er endlich wieder Fahrtwind spüren - vor allem in der Tolle, schließlich muss sich die Haartransplantation vom Vorjahr lohnen. Als Journalisten auch FDP-Abgeordnete im Europäischen Parlament befragen wollen, treffen sie dort niemanden an, was allgemeine Verwirrung auslöst, schließlich sind die ausliegenden Anwesenheitslisten allesamt unterschrieben. Auch Altkader wie
Westerwelle, Brüderle und Rösler sind aufgrund zeitintensiver Anschlussverwendungen partout nicht zu sprechen.
September: Die Welt schaut gebannt nach Amerika, während Amerika wie gehabt gebannt überallhin schaut. Dort, nämlich im schönen San Francisco, stellt der geheimniskrämerische Technikkonzern Apple der Weltöffentlichkeit einmal mehr das nächste revolutionäre Produkt vor, das natürlich wieder alles verändern wird: ein Smartphone, das sogenannte »iPhone 6«, mit dem wirklich niemand gerechnet hat. Dünner als eine Gillette-Klinge soll
es sein und so leicht, dass es am Hosenbund festgemacht werden muss, damit es nicht in die Stratosphäre aufsteigt und Elektroschrottkrusten in der Erdumlaufbahn bildet. Eine kleine Auswölbung an der Rückseite des Gerätes ist, so versichert der Konzern mit dem Apfel, auf keinen Fall einem zu dick geratenen Hodenkrebs verursachenden Spionagebauteil der NSA geschuldet.
Oktober: Mit zu engen Schlitzen verkniffenen Augen, ganz als hätte er nur drei Stunden Schlaf seit der letzten Vernissage abbekommen, tritt Berlins Balu der Bär, Klaus Wowereit, vor die
Presse und verkündet, Berlins Großstadtflughafen BER sei eine Erfolgsgeschichte, die ihresgleichen suche. Während der herkömmliche Berliner sich kaum noch daran erinnert, wovon der wirre Mann da eigentlich redet, wird dieser wenige Monate später wegen unvorhersehbarer Verzögerungen bei der Ankündigung zur nächsten Ankündigung einer Eröffnungsankündigung abdanken und kommissarisch an Matthias Platzeck übergeben. Der wiederum stöhnt augenblicklich auf, zieht sich einen Bänderriss zu und bekommt zwei Jahre Bettruhe verordnet. Überraschend übernimmt Wowereit. Wird der fliegende
Wechsel zumeist kritisiert, gibt es unerwartet Beifall aus Moskau: Putin findet’s klasse.
November: Apropos abdanken. So sicher wie das Amen in der Kirche ist natürlich die Ankündigung vom Ende der Scorpions. »Nach dem nächsten Album ist Schluss!«, sagt Sänger Klaus Meine und kündig schon mal eine Best-Of-Scheibe im Anschluss an. Und eine Unplugged-CD. Ah ja, und selbstverständlich die zweijährige Mega-Abschluss-Good-Bye-Tour von den Feuerland-Inseln bis Pjöngjang. Der dortige Machthaber verlangt allerdings von den Altrockern, dass zu »Wind Of
Change« ausschließlich gepfiffen wird.
Dezember: Deutschland wurde im Jahr 2014 tatsächlich von Armutsflüchtlingen überrollt. War bis zum Ende des Vorjahres niemandem auch nur das Wort ein Begriff, wissen ehemalige Wohlstandsbürger vor lauter Armut inzwischen kaum mehr, wie saubere Erste-Welt-Luft made in Germany überhaupt riecht. An einem kalten Dezembertag, die Sonne ist aus Energiespargründen längst verdunkelt, der Nikolaus abgeschafft, und auf Weihnachten steht zumindest in Berlin Kreuzberg Tod durch Steinigung, verkündet die Bundeskanzlerin einmal
mehr die Durchhalteparolen fürs Folgejahr. Derweil hört unter einem großen, schmutzigen Berg aus Armutszeugnissen kaum jemand dumpf die Stimme Horst Seehofers klagen: »Des Gsind'l! I hob's do glei g'sogt!«. Immerhin: Zu Silvester sind sich alle, ob arm, ob reich, einig: Was’n Jahr! Die Zeit vergeht doch wie im Fluge, wenn man sich amüsiert.