Romane & Erzählungen
Inka Teil1 - Lady und ihre Freunde

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"Inka Teil1 - Lady und ihre Freunde"
Veröffentlicht am 28. Dezember 2013, 56 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
© Umschlag Bildmaterial: Jens Dräger
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Über den Autor:

Ich habe die seltsame Angewohnheit, immer ca. zwei bis drei Bücher gleichzeitig zu lesen, unruhiger Geist, oder so. In meinem Kopf wohnen schon seit langer Zeit Riesen, Elfen, Meerjungfrauen und allerlei andere lustige Wesen. Aber "wir" fühlen uns wohl dabei, permanentes Gekicher. Lalala ... Ich bin talentierter darin, meine Gedanken zu Papier zu bringen, als diese in einer direkten Konfrontation zu äußern. Verbal introvertiert, komme erst ...
Inka Teil1 - Lady und ihre Freunde

Inka Teil1 - Lady und ihre Freunde

Inka Teil1

PROLOG: Der beste Freund des Menschen und kindliche Albträume Meine erste bewusste Hundeerfahrung stellte sich wie folgt dar: Ich war ca. acht Jahre alt und zu meinem Schulkameraden Frank in den Garten zum Spielen eingeladen. Bar jeden Wissens über eventuelle vierbeinige Gartenbewacher und in ausgeprägter Spiellaune erstürmte ich mit meinem Kinderfahrrad hoch motiviert

das mir noch fremde Gelände. Mein Fehler, denn ich ahnte nicht, was mich erwartete! Ein großer schwarzer Schäferhund rannte, nachdem ich die Gartenpforte geöffnet und brav hinter mir geschlossen hatte, in vollem Galopp auf mich zu, bremste, kurz bevor er mich umriss, ab, legte in scheinbar(für ihn!) freundschaftlicher Geste seine Pfoten auf meine Schultern, ließ ein tiefes Grollen ertönen, welches in ein deutliches und unüberhörbares tiefes, grollendes „Wuff“ überging und damit auch endete. Plötzlich war um mich herum überall nur großes, schwarzes Tier. Ich roch seinen heißen Atem, während er mich liebkoste

und mir mit seiner Zunge eine ausgiebige Gesichtspflege angedeihen ließ. Angst und Panik, diese beiden Schlingel, legten sich plötzlich mächtig ins Zeug und sprangen fröhlich im Kreis. Seine Begrüßung war sicher ehrlichen Herzens und nett gemeint, aber wenn man mit so einem Überfall nicht rechnet, will man, als überraschtes Kind, einfach nur weg. Es ist wohl überflüssig, zu erwähnen, dass die besagte ausgeprägte Spiellaune, mit der ich anreiste, abrupt im Keller Platz nahm. In dieser, für mich lebensbedrohlichen Situation erschlafften daher auch einige wichtige Muskeln meines Körpers auf die man normalerweise nicht bewusst achtet

und es war für mich in dem Moment auch nicht sonderlich notwendig, seriös zu erscheinen. Kurz gesagt, der warme dunkle Fleck im Reißverschlussbereich meiner Hose breitete sich in kürzester Zeit auf ein erstaunliches Maß aus. Peinlich berührt, ob meiner Inkontinenz schwang ich mich auf mein Fahrrad und verließ schleunigst und wortlos den schrecklichen Ort des Geschehens. Der Mensch ist seit Urzeiten ein Fluchttier und meinem Urinstinkt wurde ich äußerst gerecht. Mit einem entsetzlichen Schamgefühl im Bauch, gleich dem, bei einer seltsamen Handlung erwischt worden zu sein, die man bis an

sein Lebensende niemals würde erklären können (Meine Mutter erwischte mich einmal, hüpfend und ausgeprägt „headbangend“ auf meinem Kinderbett, Luftgitarre spielend. Und das alles bei voll aufgedrehter Stereoanlage. So etwas kann man nicht erklären. Ich hatte nach diesem Erwischtwerden noch Tage später einen dicken Kloß im Bauch.), fuhr ich mit hochrotem Kopf, etliche Umwege nehmend, nach Hause. Die Hose sollte trocknen. Trotz allem hatte ich das Gefühl, Schwein gehabt zu haben. Ich lebte noch.

Die ganze Situation mal kurz aus einer

anderen Perspektive: 

Die fleißige Hausfrau, Mutti von Frank, steht abwaschend hinter der Küchengardine. „Frahank, komm, dein Besuch ist da. Ach schau doch mal, wie lieb unser Blacky deinen Freund begrüßt. Ist ja süß. 

Was issn jetzt? Du, der fährt wieder! 

Jetzt isser weg. 

Und wie schnell…, komisch.“

Weitere Einladungen von Frank ließ ich aus allen möglichen erfundenen Gründen platzen. Nur der Hund und ich, wir hatten ein Geheimnis. So erlebte ich

mein erstes persönliches Waterloo. Solch quälende und unnötige Erlebnisse pflegten meine Kindheit treu zu begleiten. Wie folgende nette Anekdote. Meine liebe Tante und ihr Mann hatten einen kleinen, feinen Garten. Ich war gelegentlich mit meinem Bruder zu Besuch dort, da man immer irgendwelche Abenteuer erleben konnte. An der hinteren Hauswand des Häuschens stand eine alte, ausrangierte Badewanne, ohne Wasser. In jener Badewanne befand sich eines Tages eine für Kinderaugen riesige, dicke, fette Spinne und schaute uns böse an. Auf den Anblick waren wir nicht vorbereitet und wir machten uns

dementsprechend, hilferufend bemerkbar. Aufgrund der Wagner-ähnlichen Dramatik in unseren Kinderstimmen eilte unsere Tante „Mausi“, so ihr Spitzname, herbei und versetzte dem unheimlichen Wesen aus der Tiefe heroisch den Todesstoß in Form von „Bein-in-die-Wanne-und-auf-die-Spinne-stellen“. Die Akustik, die das Ableben des Achtbeiners begleitete, war einfach nur schauderhaft. Durch den komfortablen gusseisernen Resonanzboden der Badewanne hörte es sich an, als setzte sich jemand auf eine Tüte Erdnussflips. Krrrk! Und nun ging es los; ich träumte nachts

von Spinnen! Von großen Spinnen! Und von großen Spinnen in Badewannen. Und ich wollte sie dort nicht haben. Ich wollte sie nirgendwo, sie sollten weg, einfach nur weg. Als friedliebender, naturnah aufgewachsener Mensch waren mir Mordgedanken in jeglicher Form fremd, also spülte ich in meinen kindlichen Träumen die gruselige Spinne mit Wasser weg. Sie ging nicht durch den Abfluss! Im Traum erscheinen einem immer die jeweiligen Ideen als die besten. Ich spülte also mit heißem Wasser nach, bis die Spinne durch passte.

Nachts allerdings kam sie dann durch den Traps wieder nach oben gekrabbelt. Doppelt so groß und stinkewütend! Meine Bettwäsche war nach diesen Träumen vom Angstschweiß immer so nass, als hätte ich in einer riesigen Pfütze geschlafen. Man glaubt gar nicht, wie echt einem solche Träume erscheinen können, außerdem ist man als Kind deutlich toleranter gegenüber dem Unmöglichen. Irgendwann verblassen die Träume, aber wie man sieht, erinnere ich mich auch jetzt, nach ca. vierzig Jahren, noch sehr genau daran. Bisher habe ich mich noch nicht

ernsthaft um einen Therapieplatz bemüht, aber in nicht allzu weiter Ferne wird sicher in irgendeiner Selbsthilfegruppe unserer schönen Republik ein Platz im Stuhlkreis für mich frei. Dann können wir darüber reden. Seit vier Jahren haben wir nun unseren "neuen" Hund, ein Tibet-Terrier-Mädchen namens Inka, die macht uns echt Freude, die kleine Verrückte. Die erste Zeit musste ich mich an diesen kleinen Hund gewöhnen, war ich doch bis dahin größere Hunde gewöhnt. Unser erster Hund war ein altdeutscher

Schäferhund. "Meine Lady" hat unser Leben zwölf Jahre lang begleitet, die treue Seele. An einem heißen Sommertag im Jahr 1994 kam meine Frau Kerstin, ihres Zeichens Lehrerin, von der Schule nach Hause und erzählte mir von einer Schülerin, deren Eltern Schwierigkeiten hatten, den letzten Welpen aus ihrem Wurf los zu werden. Auf meine Fragen, was das denn für ein Hund sei, sagte Kerstin, es wäre ein Altdeutscher Schäferhund. Aber wir wollen doch keinen Hund, oder? Nein!

Sie wusste genau, dass, wenn ich einen Hund möchte, dann genau diese Rasse! O.K., sagte ich, wir fahren mal hin und schauen uns den Welpen mal an. In der Wohnung der Züchterin sind spontan unsere Brutpflegeinstinkte erwacht und ca. drei Stunden später zog ein kleiner tapsiger Schäferhund bei uns ein. Somit hat sich meine liebe Frau schon mal selbst überrumpelt. Wir wollten ja nur mal Babys schauen fahren, mir war fast klar, das geht nicht ohne überraschenden Familienzuwachs. Die Züchterin hatte ja auch schon die Erstausstattung, wie Halsband, Leine und

Schlafkörbchen für uns vorbereitet. Ich hatte bisher nie einen Hund, mir war nur klar, wenn ich mal einen haben sollte, musste er Lady heißen. Als Kind las ich das Buch von James Street „Er nannte ihn Lady“ bestimmt zwanzig Mal und habe davon nie genug bekommen. Selbst heute, mehr als dreißig Jahre später lese ich es gelegentlich noch. Es handelt von einem vierzehnjährigen Jungen der bei seinem Großvater in den Sümpfen des Mississipi aufwächst, dort einen freilaufenden Basenji, einen afrikanischen Jagdhund, sieht und beschließt, ihn zu fangen. Diese außergewöhnliche Rasse ist nicht

in der Lage zu bellen, es klingt eher wie ein Jodeln. Eben ein richtiges Jungenbuch. Mädchen haben Pferde, Jungen haben Hunde. Nun hatten wir also einen Hund, auch wenn das jetzt etwas überstürzt klingt, wir haben uns da schon Gedanken gemacht, wegen dem Für und Wider. Durch Kerstins damalige Arbeitszeit als Lehrerin war sie meist mittags zu Hause und somit Lady in der Regel nur wenige Stunden alleine. Aber selbst diese paar Stunden sind für ein Hundebaby eine unendlich lange Zeit. Und wenn man viel Zeit hat, sucht man

sich eine Beschäftigung. Lady beschloss, uns von Anfang an zu zeigen, dass sie, wenn sie alleine war, ihre eigene Art von Humor hatte. Sie las dann zum Beispiel sehr gerne … am liebsten wertvolle alte Bücher, jede einzelne Seite. Oder sie sah sich die Fotoalben mit den Kinderfotos von Kerstin an. Nach der Bildungsphase blieben von ihren bevorzugten Objekten meist nur kleine Schnipsel übrig, genauso verhielt es sich mit den Fotos. Sie feierte ein rauschendes Fest! Sehr zum Ärger von meiner Kerstin,

denn Kinderfotos sind meistens unwiederbringlich. Auch Schuhe standen bei ihr hoch im Kurs. Nein, nicht die langweiligen Dinger, die nach Mann riechen, sie hatte da schon etwas mehr Niveau. Es mussten da schon die mit den hohen Hacken sein, wo man so schön das Leder rundherum abkauen konnte, das machte Spaß! Das ist übrigens eine Beschäftigung, die man auch in Anwesenheit seiner Zweibeiner ausüben konnte, denn es machte keinen Krach. Alleine sein ist uncool, da gibt’s keine zweite Meinung, man muss sich

beschäftigen! Ein ganz tolles Spiel war: „Beute“ machen und diese anschließend irgendwo verstecken. Das ging super mit Einkäufen, die wir im Flur stehen ließen, weil wir noch mal los mussten. Wie dumm von uns! Da muss man doch als junger Hund die Gunst der Stunde nutzen und die Einkäufe ausgiebig auswerten. Kann man vielleicht, für die Zukunft gesehen, davon etwas gebrauchen? Wir waren wieder zu Hause und irgendetwas war anders, wo sind denn bloß die Eier hin??? Die Verpackung war noch da, lag im Flur, aber

leer! Einige Tage später fand ich des Rätsels Lösung im Kleiderschrank zwischen meinen Jeans, alle Hühnerprodukte vollzählig! Die Gute legte sich eben gerne Vorräte an. Wir liebten sie und ihre Marotten, nur einmal hatte Kerstin ein kleines Liebesproblemchen. Man verwöhnt ja gerne seinen geliebten Hund und kauft dann auch mal Sachen, die für eine Hundenase besonders lecker sind, wie zum Beispiel diesen leckeren Rinderschlund. Dieser wurde hundesicher tagsüber in

der Küche im Spülbecken gelagert. Wir kamen von der Arbeit und wollten das Hundeherz mit diesem tollen Leckerli erfreuen … nix mehr da! Gut, dachten wir, die Lady hat sich selbst versorgt. Abends ging es dann ins Bett, Kerstin zuerst, ich noch schnell ins Bad, plötzlich ein Quieken aus dem Schlafzimmer.

Kerstin!!! 

Was ist passiert? Unser lieber Hund konnte ja zu Hause auf dem Teppich nicht buddeln und somit nichts für schlechte Zeiten verstecken,

also musste das Bett für die Lagerung von Nahrungsmitteln herhalten. Wer weiß, wann es so etwas Leckeres wieder gibt? Den Schlund ab ins Bett, ganz ordentlich die Decke drüber und für das Leib und Wohl der nächsten Tage ist gesorgt. Leicht angetrocknet klebte das Fleisch furchtbar und mit Rinderschlund im Bett rechnet einfach keiner. Der Erziehungseffekt setzte ein! Sie erzog uns zur Ordnung! Ab diesem Tag wurde alles aus bequemer Höhe entfernt, was zum Tatbestand des Diebstahls verführen könnte. O.K., man kann es ja auch mal vergessen, wie an dem Abend, als wir

bei meinen Eltern im Garten grillen wollten. Die tiefgefrorenen T-Bone-Steaks lagen schon in der Spüle zum Auftauen und wir genossen die Nachmittagssonne auf dem Balkon, plötzlich kam ein sehr aufgeregter Hund zu uns und gab Bescheid, mal raus zu müssen. Also schnell Schuhe an und raus. „Warum hat Lady jetzt Durchfall?“ Die Auflösung kann sich jeder denken, es gab dann abends Grillwürstchen! Wenn man mit Lady Stöckchen- oder Ballwerfen spielte, kannte Lady nur das Ziel an sich. In äußerster Konzentration rannte sie dem Objekt der Begierde

hinterher und achtete auf nichts, was ihr eventuell im Weg stand. Durch die fragwürdigen Wurfkünste meines lieben Eheweibes wurde ich dabei meist einer unverhältnismäßigen Gefahr ausgesetzt. Das Stöckchen flog in elegantem, hohen Bogen über mich hinweg und Lady, sparsam und ökonomisch die Luftlinie einhaltend, rannte mir meist zwischen meine Laufwerkzeuge. Aus diversen Erfahrungen kann ich daher berichten, wenn einen fünfundreißig Kilogramm Hund von den Beinen holen, nimmt man zwangsweise eine äußerst devote Haltung ein. Ähnlich unerwartet und überraschend

erging es während eines Waldspazierganges einer Ringelnatter, die zusammengerollt in der wärmenden Sonne lag und döste. Lady lief, völlig ignorant, einfach über das kleine Reptil hinweg, welches sich nach dem Fußtritt verständlicherweise empfindlich gestört fühlte und daraufhin entrüstet fauchte. Sie nahm übel. So auch die Bewohner eines Ameisenhaufens, über den unser verspielter Schäferhund in vollem Galopp tobte. Umwelt- und Artenschutz waren ihr fremd. Die fleißigen, sechsbeinigen Waldpolizisten traten in einer gewaltigen

Fontaine empört eine Luftreise an, nachdem Lady quer durch den Haufen rannte. Unsere Lady allerdings, die stets als eine Quelle des Frohsinns agierte, bekam von all diesen kleinen Tragödien, die sie im Tierreich hinterließ, nichts mit. Sie war übrigens auch eine sehr gute Schauspielerin. Irgendwann, bei einem Spaziergang, verletzte sie sich beim Toben den linken Vorderlauf. So mussten wir wiedermal zum Tierarzt. Die Wunde wurde gereinigt und genäht. Anschließend fuhren wir nach Hause, um den Hund nach allen Regeln der Kunst zu verwöhnen und betutteln.

Sie genoss diese plötzliche Aufmerksamkeit sehr. Die Pfote heilte recht schnell und Lady konnte bald wieder normal laufen. Nach einiger Zeit fing sie plötzlich, wie aus heiterem Himmel, an zu humpeln. Wir haben das Pfötchen untersucht, alles war in Ordnung. Wir beobachteten das mit der Humpelei einige Zeit, man macht sich ja Sorgen, und merkten recht bald, dass jedes Mal, wenn sie der Meinung war, nicht genug Aufmerksamkeit zu bekommen, das mit dem Humpeln anfing. Das war Oscarverdächtige Schauspielkunst!

Wir gingen mit Lady auch regelmäßig zur Hundeschule, ein großer Hund muss erzogen sein und eine Führung haben. Außerdem kann der Partner am anderen Ende der Leine in der Hundeschule auch sehr viel lernen. So war es dann auch. Es war mit Lady nach der lehrreichen Zeit in der Hundeschule auch ein ungeheures Vertrauensverhältnis, wir verstanden uns schon alleine durch Augenkontakt und bei ihr brauchte ich auch nie eine Leine, sie war in jeder Situation absolut entspannt und souverän. Wir spazierten an Gärten vorbei, deren vierbeinige Bewacher ein

höllengleiches Zeter und Mordio veranstalteten, die feine Dame aber rührte das wenig. „Nö, mit denen will ich nicht, die sehen mir nicht fröhlich aus.“ Gewaltfantasien und jegliche Art von Aggressionen waren ihr fremd. In ständigem Bestreben, die eigenen pädagogischen Fähigkeiten auszuloten, brachte ich unserer Lady ständig neue Sachen bei. Dass dabei einiges mir selbst zum Verhängnis werden sollte, ahnte ich damals noch nicht. Was war ich doch stolz darauf, dass Lady nach meinem Unterricht sogar

Türen öffnen konnte. Wenn man etwas Neues lernt, will man es natürlich auch im täglichen Leben anwenden. Also hieß es, überall probieren: Klinke runter… Tür auf, klappt doch super! Mein schlauer Hund öffnete fortan alle Türen, auch die, die er nicht sollte. Tagsüber haben Hunde im Schlafzimmer nichts verloren. Das ist bei uns Gesetz. Also schlossen wir morgens, auf dem Weg zur Arbeit, vor dem Verlassen der Wohnung, immer diese wichtige Tür zu. Eines Tages hatte ich unerwartet einen freien Arbeitstag und konnte liegen bleiben.

Was für ein Leben! Mein geliebter Schatz folgte ihren morgendlichen Ritualen und schloss in Gedanken natürlich die Schlafzimmertür mit ab. Da sie, von Beruf Lehrerin, immer als Letzte die Wohnung verließ, war das ganz normal und Schlafende protestieren nicht. Irgendwann wurde ich Ahnungsloser wach, weil mich das allmorgendliche menschliche Bedürfnis quälte. Ich stand also auf und lief schlaftrunken zur Tür, nicht einmal ansatzweise damit rechnend, das diese mir nicht nachgeben würde.

Ich glaube, jeder kennt das Gefühl von kaltem Schweißausbruch vor Entsetzen und Ausschüttung von Unmengen von Adrenalin, wenn man sich das nun folgende Szenario vorstellt. Gefangen im eigenen Schlafzimmer. Nur wenige haben ein Klo im Schlafzimmer. Der Werkzeugkasten befand sich im Flur zwar in komfortabler Rufweite, ließ sich aber auf keinerlei Konversation ein. Die den Körper entlastenden Funktionen kämpften hartnäckig und mit aller Macht um ihre Daseinsberechtigung. Schweißüberströmt, ich wollte schließlich eine menschlich einigermaßen

würdige Lösung für das Problem finden, sah ich durch das Schlüsselloch. Der Schlüssel steckte. Neben mir der Kleiderschrank. Was nun folgen sollte, war die hohe Kunst internationaler Agententätigkeit. Im Fernsehen funktionieren solche Sachen immer! Ich nahm mir einen Kleiderbügel aus dem Schrank. Auf meinem Nachttisch hatte ich eine alte Tageszeitung zu liegen. Mein Plan war recht simpel, da wir im Flur keinen Teppich hatten: Die Zeitung unter dem Türspalt durchschieben, Schlüssel im Schloss in aufrechte Position bringen, Schlüssel

durchstoßen… dieser fällt auf die Zeitung, Zeitung unterm Türspalt mit Schlüssel zurückziehen, von innen aufschließen… , als freier Mann freie Luft atmen, aufs Klo rennen. Ich war mir so sicher, heute war DER Tag für Heldentaten. Und ich würde jedem davon stolz berichten. Ich war so clever. Den Draht des Kleiderbügels gerade zu biegen war ein Kinderspiel. Ich steckte ihn vorsichtig in das Türschloss und bewegte ihn so lange hin und her, bis der Bart des Schlüssels die gewünschte Position erreicht hatte und

ich ihn durchstoßen konnte. Ich war so gut. Es lief alles nach Plan. Die Freiheit war greifbar nahe. Vorsichtig stieß ich, Millimeter für Millimeter den Schlüssel durch das Schloss. Alles lief wunderbar, bis der Schlüssel hinunterfiel. Ich werde das Geräusch nie vergessen: 


Bing-Bibing-Bing-Bing. Das letzte „Bing“ war erschreckend leise, was vermutlich mit größerer Distanz zur Tür zu tun hatte. Sämtliche Hoffnung war dahin und auch

alle betroffenen Körperfunktionen klagten immer energischer ihr Recht ein, ihrem naturgegebenen Urinstinkt folgen zu dürfen. Ich lief zum Fenster, um frische Luft zu atmen und meine Gedanken zu ordnen. Wir wohnte derzeit in der sechsten Etage und, auch bedingt durch eine ausgezeichnete Kinderstube, die ich genießen durfte, kam ich natürlich nicht ansatzweise auf den Gedanken, mir in dieser Richtung Erleichterung zu verschaffen. Aber ein neuer Hoffnungsschimmer näherte sich auf zwei Beinen. Es war ein guter Bekannter von uns, dem

ich aus dem Fenster zurief, er möchte doch bitte bei meiner Herzdame in der Schule anrufen, sie hätte mich eingesperrt und ich komme nicht aus dem Schlafzimmer. Offensichtlich folgte nun ein Übermittlungsfehler. Wenig später klingelte das Telefon und mein holdes Weib besprach den Anrufbeantworter im Wohnzimmer mit folgenden Worten:

„Schatz, schau doch noch mal richtig nach, ich habe deinen Schlüssel nicht.“

Klack! 

Aufgelegt! 

Das war echte Liebe.

Ich konnte alles deutlich hören. Allerdings hinter verschlossener Tür im Schlafzimmer. Zu allem Überfluss fing nun auch Lady an, unruhig zu werden, da sie raus musste. Das war nun der Moment, wo ernsthaft Handlungsbedarf bestand. Ich kann sicher einiges aushalten, aber wenn es meinem Hund schlecht ging, musste ich etwas tun. In mir keimte eine junge Pflanze, auf deren Blättern in ausgerolltem Zustand, das weiß man, das Wort „Gewalt“ stehen

sollte. Gewalt gegen Möbelstücke, Einrichtungsgegenstände und auch Türen ist völlig legitim, wenn kein lebendes Wesen weder physisch noch psychisch zu Schaden kommt und einem kein weiterer Ausweg offen steht. Da ich wusste, dass die Zimmertüren in unserer Neubauwohnung nur aus gepresster Pappe bestanden, stellte ich mich mit dem Rücken gegen die Tür und probierte den „Hackentrick“. Ich trat erst ein kleines Loch in die Tür, das war recht einfach und über finanzielle Folgen, seitens des Vermieters, machte ich mir in diesem Moment die geringsten Sorgen. Mit den Händen brach ich

anschließend Stück für Stück das Loch in der Tür immer größer. Als es so groß war, dass ich einen Arm hindurch stecken konnte, nahm ich den schon benutzten hölzernen Kleiderbügel als Armverlängerung zu Hilfe. Und ich sah den Schlüssel auf der anderen Seite des Flurs.

Wie Goldstaub, mit einem engelsgleichen Heiligenschein umgeben schimmerte mich der Schlüssel flirtend an:

Nimm mich!

Vorsichtig tastend machte ich mich mit äußerster Konzentration daran, mit Hilfe

des Bügels den Schlüssel Stück für Stück zu mir heran zu ziehen. Plötzlich eine dunkelbraune, stark behaarte Pfote auf dem Holzbügel. Lady! Sie wollte jetzt nicht wirklich damit spielen, oder? Sie wollte! Nach einem kurzen, aber intensiven Gerangel zwischen einem großen Hund und einem aus der Tür schauenden Arm behielt ich, als der Besitzer des Armes, die Oberhand und war alsbald im Besitz des Schlüssels. Ich öffnete die Tür und ein unbeschreibliches Glücksgefühl der Freiheit durchflutete jede Faser meines

Körpers. Ein anschließendes Lady-Knuddeln, einhergehend mit dem gewollten Verlust meines Beinkleides und einer fließenden Bewegung ins rettende Badezimmer war eine einzige Sporteinheit in bewundernswürdig kurzer Zeit, bei der jeder asiatische Kampfsportlehrer stolz auf seinen Schützling gewesen wäre. Dankbar genoss ich sitzend den Augenblick der Erleichterung. Und ich weiß bis heute nicht sicher, ob meine Liebe mich wirklich nur versehentlich eingeschlossen hat. Wenn wir heute darüber sprechen, streitet sie es mit einem äußerst hintergründigen

Lächeln nachdrücklich ab, was mich immer etwas stutzig werden lässt. Natürlich haben wir auch mit Lady einiges an Krankheiten durchgemacht, die erste Diagnose mit neun Monaten: Gebärmuttervereiterung! Eine Tierärztin in unserer Nähe wollte diesem jungen unausgereiften Hund eine Totaloperation "spendieren", was wir dankend abgelehnt haben. Man sterilisiert ja auch kein zehnjähriges Mädchen! Nach einem Arztwechsel haben wir dann mit Medikamenten und viel Geduld unsere Kleine über den Berg gebracht und sie war wieder richtig fit. Aber das

Ende mit den Krankheiten sollte das nicht sein. Mit vier Jahren bekam sie dann die leider für Schäferhunde typische Hüftgelenksdysplasie, kurz HD. Unser Tierarzt in Zepernick erzählte uns von einer ganz neuartigen Methode, dieser Krankheit entgegenzutreten. Ein Professor aus Österreich hat eine Operationsmethode entwickelt, die dem Hund von einem Tag auf den anderen das Leben wieder lebenswert machen sollte. Das Zauberwort lautete Goldimplantate. ??? Dem Hund werden bei Vollnarkose die Gelenkpfannen mit Gold ausgekleidet. Durch das weiche Material scheuern die Kapseln nicht mehr in den Pfannen, und

der Hund hat beim Laufen keine Beschwerden mehr. Das hat uns zwar ein fürstliches Monatsgehalt gekostet, aber es war, wie der Arzt sagte. Ein Wunder war geschehen. Schon am nächsten Tag war unsere Lady wieder absolut beschwerdefrei und konnte ohne Probleme laufen und sogar Treppen steigen. Lady hatte natürlich auch Freunde, einer dieser Hundefreunde hieß Atze. Atze ist ein Zwergyorkshireterrier, der es, in Zeiten der Hitze von Lady, mit dem Liebesleben sehr ernst nahm. Die unterschiedliche Größe spielte für ihn

eine eher untergeordnete Rolle. Sie roch dann einfach zu verführerisch. Er war zu diesen Zeiten immer schwer verliebt. Lady badete immer sehr gerne, aber der kleine Herr verweigerte konsequent jeden Kontakt mit dem nassen Element, Wasser liegt ihm gar nicht, er ist also ein passionierter Nichtschwimmer. Außer wenn unsere Lady in ihrer Hitze so gut riecht. Wie Johnny Weißmüller, der in der alten Tarzan – Verfilmung seine Jane vor den Krokodilen rettete, schwamm er kraulend hinter Lady her. Wir waren einmal mit unseren Freunden Ines und Andy, den Besitzern von Atze,

im Urlaub auf einem Campingplatz und bei unserer Lady war es mal wieder so weit. Aber auf Campingplätzen sind auch andere Hunde, die ebenso eine gute Nase haben. Ich werde das Bild einfach nicht los, wie dieser ca. drei kg leichte Zwerg einen etwa fünfzig kg schweren Rottweiler verbellt und dieser respektvoll Abstand nimmt. Die Anweisung von Atze an den Großen war, kleinere Brötchen zu backen, was der Rotti auch artig tat. Der von unserem mutigen Recken nicht Erwünschte trollte sich mit unterwürfigen

Gesten. Lady badete, wie schon gesagt, sehr gerne, keine Pfütze war ihr zu klein, kein See zu groß. Im Sommer waren wir an den Wochenenden ständig mit ihr unterwegs, um neue Seen zu finden. Vor einigen Jahren hatten wir uns einen Chevy - Van gekauft, das ist so etwas wie ein VW Bus, nur in der amerikanischen Version, mit unendlich viel PS und einem gewaltigen 5,7l Motor. Diesen Van habe ich innen als Wohnmobil umgebaut, ein kuscheliges King-Size-Bett, Wasch- und Kochmöglichkeiten, Kühlschrank und Toilette, alles drin.

Somit waren wir, was die Übernachtungsfrage betraf, immer sehr flexibel. Wir führten zu der Zeit an den Wochenenden ein richtiges Zigeunerleben. Wo es uns gefiel, da blieben wir. Abends am See ein Feuerchen machen und ein Glas Bier oder Wein, wir hatten immer alles für den romantischen Notfall dabei. Da es nicht an jedem See gerne gesehen wird, dass Hunde dort baden, waren wir immer auf der Suche nach neuen Bademöglichkeiten. Auf einem dieser Ausflüge suchten wir, Kerstin immer die

Karte auf dem Schoß, den Maxsee. Dieser war ca. zwanzig Kilometer von Berlin entfernt. Der See war recht gut versteckt und viele Badegäste waren auch nicht dort. Hier sollte Ladys Karriere als Diebin von Badesachen beginnen. Bei Badegästen, die sich im Wasser vergnügten, konnte man sich gut das eine oder andere Souvenir sichern. Mal kam sie mit einem fremden Badelatschen an, mal war es ein Ball. Große bunte Badehandtücher waren aber auch sehr beliebt. Selbstverständlich gaben wir die Sachen den Besitzern zurück. Das war aber

mitunter aber nicht ganz einfach, da wir gerne in der Sonne lagen und dösten. Meist nutzte Lady diese Zeit der Langeweile für ihre Raubzüge. Wenn sie uns dann stolz ihre Beute zeigte, mussten wir dann den ganzen Strand im Auge behalten, um zu sehen, welcher der Badegäste sich nach dem Bade suchend nach seinem Eigentum umschaute. Diesem gaben wir dann mit entschuldigenden Worten seine Habseligkeiten zurück. Lady gab ihr Wissen über Eigentumsumwandlung auch gerne an ihre tierischen Freunde weiter. Wir waren mit unseren Freunden, Vicky und Vera, diese hatten auch so einen

Van, im Urlaub in Ungarn. Die beiden hatten eine Dobermannhündin namens Gina. Gina war für jeden Schabernack zu haben und setzte Erlerntes umgehend in die Tat um. Auf diesem Campingplatz in Ungarn kam einige Tage nach uns ein Mann in einem Wohnmobil an. Dieser Herr war ein ausgesprochener Pedant, das merkte man sofort und solche Leute ärgert man ganz gerne mal ein bisschen. Und das nicht nur als Mensch. Gina hatte die Lage gleich im Griff und wusste sofort über dessen Schwächen

Bescheid. Um den guten Teppich seines Campers sauber zu halten hatte er ein sehr schönes Paar Filzpantoffeln dabei. Diese wurden zum Auslüften über Nacht vor seinem Wohnmobil platziert. Dies sah auch Gina, wir aber nicht. Unser neuer Freund kam uns dann am nächsten Morgen besuchen.

„Entschuldigung, aber kann das sein, dass nachts einer ihrer Hunde vielleicht einen meiner Pantoffeln gestohlen hat?“

Er sagte wirklich gestohlen!

Achtung, diebische Hunde, schließt die

Tore, verdoppelt die Wachen!

Es erklärt sich von selbst, dass die Seriosität unseres Campingfreundes darunter sehr gelitten hat. Wir sind ein lustiges Völkchen und jedes Mal, wenn wir ihn sahen, mussten wir lachen. Gina war, was ihre Diebeszüge anging, etwas weniger vornehm als Lady. Lady war ein Feingeist in Sachen Eigentumsdelikte. Bei ihr ging es immer recht niveauvoll zur Sache, da hieß es anschleichen, unbeteiligt tun, wedeln, den richtigen Moment abpassen, Beute schnappen und

schnell weg. Gina war da etwas direkter. Sie fremdelte keineswegs. Ähnlich wie bei dem berüchtigten Gangsterpärchen Bonnie und Clyde ging das bei ihr in Wildwestmanier so:

Attacke!!!

In vollem Galopp direkt auf das Objekt der Begierde losrennen, zuschnappen und weg mit dem Diebesgut. Zurück blieben, wen wundert´s, erschrockene Gesichter. Und wieder einmal war eine Entschuldigung fällig. Wir konnten diese Klauerei unseren

Hunden nie abgewöhnen, vielleicht lag es auch daran, dass wir nie ernsthaft Ärger bekamen und mit dem Abgewöhnen nicht so hinterher waren. Wir ließen einfach dem Übermut der Jugend freien Lauf und hatten natürlich auch viel Spaß an diesen neckischen Spielchen unserer Hunde. Es war ein sehr schöner Urlaub und bis zum letzten Tag war es ein ständiges Hin und Her der Besitztümer. Fortsetzung folgt...

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Ich habe die seltsame Angewohnheit, immer ca. zwei bis drei Bücher gleichzeitig zu lesen, unruhiger Geist, oder so.

In meinem Kopf wohnen schon seit langer Zeit Riesen, Elfen, Meerjungfrauen und allerlei andere lustige Wesen.
Aber "wir" fühlen uns wohl dabei, permanentes Gekicher. Lalala ...

Ich bin talentierter darin, meine Gedanken zu Papier zu bringen, als diese in einer direkten Konfrontation zu äußern.

Verbal introvertiert, komme erst beim Schreiben "auf Touren".

Habe leider viel zu wenig Zeit dafür.

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