Habt ihr schon einmal etwas von Pero gehört? Er ist der Grund dafür, dass wir Weihnachten als „Fest der Liebe“ bezeichnen. Er beobachtet die Menschen, schaut sie sich ganz genau an. Aber er sieht nicht nur das, was wir sehen wenn wir einen Menschen anschauen. Er sieht das Innere, den wahren Kern eines Menschen. Er sieht ihn, wie er wirklich ist. Und das bevor dieser das selbst weiß. Diese Gabe nutzt er keineswegs zum eigenen Vorteil. Er nutzt sie, um den Menschen zu zeigen, wer sie wirklich sind.
Jedes Jahr sucht er sich ein Schicksal
aus, welches ihn in besonderer Weise berührt hat. Das Jahr über beobachtet er diesen Menschen und entwickelt einen Plan, ihm an Weihnachten zu zeigen, was Liebe ist. Diese Menschen werden nie wieder kaltherzig oder selbstsüchtig sein. Sie schenken Liebe, so wie sie selbst Liebe empfangen. Aber vor allem fällt die Mauer, die sie sich aufgebaut haben und es kommt der Mensch zum Vorschein, der auf sein Herz hört.
Für Pero wurde es von Jahr zu Jahr schwerer, den Menschen zu helfen. In einer Welt voller Neid und Egoismus erwies es sich für ihn oft als kompliziert, die Ursache dieser Kälte zu finden. Oft stieß er auf Menschen, die
sämtliche Situationen für ihren eigenen Vorteil nutzten und dabei keine Rücksicht auf ihre Mitmenschen nahmen. Er vernahm viel zu oft die Gier nach Geld und Macht und leider gab es durchaus Menschen, bei denen selbst Pero den wahren Kern nicht erkannte. Er war aber überzeugt, dass jeder Mensch eine gute und eine schlechte Seite hatte. Entscheidend war, welche Seite er für sein Handeln wählte.
Dieses Jahr wählte Pero Lukas aus. Er wählte ihn, weil Lukas in ein Loch gefallen war, aus dem er ohne Hilfe nicht wieder heraus kam. Er wollte mit der Liebe nichts mehr zu tun haben und stieß jegliches Gefühl von sich. Aber es gab
dafür einen Grund. Pero begegnete Lukas zum ersten Mal auf dem Friedhof. Er kniete vor einem der Gräber und starrte auf den Grabstein, als könnte er so die Zeit noch einmal zurück drehen. In seinem Gesicht war keine Träne zu sehen, aber Pero sah genau, wie Lukas sich quälte. In diesem Moment war seine Entscheidung gefallen. Er fand heraus, dass es das Grab von Lukas Schwester war. Diese war vor 3 Jahren bei einem Autounfall gestorben, als Lukas am Steuer saß. Der junge Mann fühlte sich dafür verantwortlich. Die Polizei hatte den Fahrer des Autos, welches sie gerammt hatte, verhaftet. Aber all das interessierte Lukas nicht. Ihm waren die
Fakten egal. Hätte er Isabell nicht dazu überredet mit zu der Party zu fahren, wäre das nie passiert.
Es war der 15. Dezember, noch 9 Tage bis Weihnachten. Pero wusste, dass Lukas Weihnachten hasste. Je näher das „Fest der Liebe“ rückte, desto mehr quälte sich Lukas mit Selbstvorwürfen. Aber an diesem 15. Dezember sollte sich für ihn etwas ändern. Er verließ am Nachmittag seine Wohnung, um etwas frische Luft zu schnappen. Er hasste die geschmückten Fenster, die leuchtenden Sterne überall. All das erinnerte ihn an die Weihnachtsfeste mit Isabell. Also lief er in Richtung Wald, um der in der Luft liegenden Weihnachtsstimmung zu
entkommen. Sein Schritt beschleunigte sich. Manchmal brauchte er das, er hatte das Gefühl desto schneller er lief, desto weniger verselbstständigten sich seine Gedanken. Er war bestimmt bereits eine Stunde gelaufen, seine Hände waren wie betäubt vor Kälte, da sah er zwischen den Bäumen eine kleine Hütte, in der Licht brannte. Er hatte so tief im Wald noch nie einen Menschen gesehen. Von der Neugier gepackt bahnte er sich einen Weg durch das Gebüsch und stand wenige Minuten später vor dem Fenster einer kleinen Holzhütte. Er sah die Gestalt einer jungen Frau. Sie saß am Boden und versuchte verzweifelt ihren durchgefrorenen Körper in ein Stück
Stoff zu wickeln, welches nicht einmal ihre Beine vollständig bedecken konnte. Lukas handelte, wie jeder einigermaßen anständige Mensch in solch einer Situation gehandelt hätte. Er umhüllte sie mit seiner Jacke und trug sie zu sich nach Hause.
Natürlich war es kein Zufall gewesen, dass Levie gerade an diesem Tag, zu dieser Zeit, an diesem Ort gewesen war. Sie brauchte Hilfe, und auch Lukas musste geholfen werden. Sie war der Schlüssel zu seinem Herzen, da war sich Pero sicher.
Lukas konnte seinen Körper vor Kälte kaum noch spüren, seine Finger waren taub und seine Arme schmerzten. Es war
nicht mehr weit, denn er war bereits in der Stadt. Der Körper in seinen Armen fühlte sich von Minute zu Minute lebloser an. Aber er wusste, dass sie es schaffen würden.
Wenige Minuten später waren sie nun endlich in der Wohnung angekommen. Vorsichtig legte er sie auf das Sofa und deckte sie mit einer dicken Wolldecke zu. Dann kochte er Tee und setzte sich neben sie. Er wusste, dass sie lebte. Und wie er sie die ganze Nacht ansah wusste er, dass das nicht das Ende war, sondern ein Anfang.
Es waren bereits ein paar Stunden vergangen, da öffnete sie ihre Augen. In ihrem Blick las er Schmerz, Angst, aber
auch Hoffnung. Was mag in ihrem Leben wohl vorgefallen sein? Sie unterbrach seine Gedanken, stellte sich mit dem Namen Levie vor und bedankte sich mit ganzem Herzen bei ihrem Retter. Er holte ihr etwas zu Trinken und zu Essen und sie begannen, miteinander zu reden.
Levie ging es von Tag zu Tag besser und die beiden verstanden sich so gut, dass es schien als hätten sie die ganze Welt um sich herum vergessen. Doch ihr Schicksal holte sie ein. Es war nur noch ein Tag bis Weihnachten und Lukas konnte nur noch an Isabell denken. Er dachte daran, wie sie diese Stimmung geliebt hatte, wie gern sie zu Weihnachten mit der Familie zusammen
war. Aber diese Familie gab es nicht mehr. Das Gefühl, die Freude waren mit ihr gegangen. Aber auch bei Levie gab es etwas, das sie nicht losließ.
Am nächsten Tag fand sie es. Sie hatte es zufällig gefunden, was nicht schwer war, denn Lukas hatte es vor 3 Jahren aufs Fensterbrett gestellt und seitdem nicht angerührt. Es war ein Foto von ihm und Isabell, das einzige, was er besaß. Natürlich fragte sie wer das Mädchen auf dem Foto sei. Plötzlich bekam Lukas das Bedürfnis, zu sprechen. Er wollte ihr alles erzählen, nur sie sollte hier und jetzt alles über ihn erfahren.
Wahrscheinlich hätte das zu Beginn
niemand vermutet. Aber dieses Weihnachten wurde für beide etwas ganz besonderes. Sie hatten einander gefunden, verstanden einander. Levie hatte ihm noch am selben Abend von ihrem Ex-Mann erzählt, der ihr jahrelang, Tag für Tag gezeigt hatte, was Schmerz bedeutet. Und auch sie fühlte sich befreit. Denn die beiden hatten etwas Besonderes gefunden- die Liebe. Liebe fragt nicht danach, wo man herkommt sondern Liebe fragt danach, wer man ist. Wer man ist, das versuchen die meisten über einen langen Zeitraum hinweg herauszufinden. Und viele, die es wissen, versuchen es zu verstecken, weil sie denken, sie sind nicht gut genug. Aber
es gibt immer Menschen, die dich sehen, wie du bist. Das sind diejenigen, denen du dein Vertrauen schenken solltest.
Nun war das nächste Jahr vorüber und Pero hatte es wieder geschafft, Herzen zu öffnen.
Ob er real ist oder nicht, das bleibt ganz dir überlassen. Man feiert an Weihnachten die Geburt Jesu, ein Ereignis, welches man mit Anfang und Hoffnung in Verbindung bringen kann. Vielleicht ist Weihnachten ein guter Anlass, jedes Jahr neu anzufangen, sich jedes Jahr aufs Neue zu überlegen, worum es im Leben eigentlich geht und zu staunen, wie viel davon doch im Alltag verloren geht.