Am Fenster II
Umberto Fellini, ein unscheinbares Menschenwesen kommt sein Name gerade recht.
So oft es geht, reiht er die Buchstaben genüsslich im Kopfe aneinander und rollt sie sanft über die Lippen. Genießt den harmonischen Wohlklang, der sofort den Raum beseelt.
So oft ihm eine Gelegenheit passend erscheint, spricht er seinen Namen aus.
Jener Umberto, mit Nachnamen Fellini sitzt nun an seinem Mietskasernenfenster im Parterre. Die Ellenbogen tief in ein Kissen gedrückt, in welches seine Initialen gestickt sind,
beobachtet er das Treiben auf der Straße.
Er sieht Herrn Fronz, der mit Herrn Dröge in glückseliger Eintracht bunte Worte austauscht.
Die dicke Brünette von über ihm zieht trällernd ihren Terrier hinter sich her und plaudert mit jedem, der ihr entgegen kommt. Andere Hunde bleiben unterdessen bei ihrem stehen, um schwanzwedelnd die Nasen aneinander zu reiben.
„Guten Morgen, Herr Fellini“, ruft sie auch ihm nun zu. O, wie schön das klingt, denkt er und wirft einen kurzen Gruß zurück. Mehr hat er nicht zu sagen. Mit fragefaltiger Stirn zieht die
dicke Brünette von über ihm weiter.
Sich beherzt umarmende Liebespaare schlendern versunken an seinem Fenster vorbei in den neuen Tag hinein. Flügelnde Blicke wandern vielsagend von einem zum andern.
Hüpfende Kinder jagen an ihm vorbei. Wild sprudeln Worte aus ihnen heraus.
Im Cafe gegenüber wird gescherzt, gelacht, begrüßt, verabschiedet, gestritten.
Um die Straße säumende Linden herum turteln in akrobatischem Fluge verliebte Schwalben miteinander.
Er, der Herr Umberto Fellini, verlässt ab und an seinen Fensterplatz, stellt sich vor einen Spiegel und wächst und wächst
und wächst am Gesang seines Namens.
Fast schon wehmütig kehrt er, wieder klein und unscheinbar zurück ans Fenster und lässt das Leben an sich vorbei ziehen.