Abschied von Sonne
Der Vater rief nach ihm in den Tagen als Schnee auf die Grenzen des Landes gefallen war.
Nie zuvor hatten die Alten von Schnee innerhalb ihrer Grenzen gesprochen, denn Schnee gehörte in das nächste Reich und niemand vermochte zu sagen, warum es nun in ihrem Land kälter wurde, warum es nun sogar Schnee an den Grenzen gab.
Er machte sich nicht allzu viele Sorgen darum, im Gegenteil ermahnte ihn der Vater stets weniger sorglos zu sein, denn er war der Nachfolger des Throns der Sonne.
Nun jedoch war er doch in Gedanken, als er denn langen Flur des Palastes der Sonnen zum väterlichen Gemach eilte. Die Tür aus Ebenholz knarzte, welche schon vor seiner Geburt dieses Schlafgemach vor neugierigen Blicken verschloss, während er eintrat.
„Komm näher, Sohn.“ Die Mutter war beim König und ihrer beider Blicke ruhten auf ihn, als er zögernd nähertrat.
„Wir alle wissen nicht, warum die Grenzen mit dem Himmelszauber des Nachbarkönigs bedeckt sind, aber ich bin alt und weise genug um zu ahnen, das ein neues Zeitalter mit meinem Tod anbrechen
wird.“
Sein Schreck musste ihm im Gesicht gestanden haben, denn des Mutters Augen glänzten: „Du bist bald kein Kind mehr, dein Vater übergibt den Thron noch heute Nacht dir.“
Er verbarg das Gesicht in den Händen, jetzt noch nicht, hämmerte es in seiner Stirn. Aber er sammelte sich rasch. Im Land der Sonnen hatte man ihm alles beigebracht, was einen Mann ausmachte, und sein Stolz als Mann verbat es ihm vor der außerdem anwesenden Dienerschaft zu weinen.
Der König lächelte stolz. „Du brichst noch heute Nacht auf in das Land des Winters. Dort sind alle Menschen weiß
wie ihr Himmelszauber und du wirst auffallen, Elfenbeinprinz.“ „Ich bin kein Prinz mehr, ich bin nun der König. Ich bin der Mann der unser Volk von diesem Unheil befreien wird,“ sprach er in Zornes Eifer.
„Willst du den Schnee bekämpfen, du Jungspund?“, der Vater hustete mehr als das er lachte.
„Wir wissen noch nicht ob Schnee Unheil ist. Und du wirst deinen Königsnamen erst bei deiner Rückkehr erhalten.“
„Ja, Vater.“
„Ich bin weise, Sohn und die Wanderer erzählen der König des Winters habe eine Tochter in deinem
Alter.
Du wirst die Länder vereinigen. Der Schnee ist nicht unser Feind, er ist uns nur unbekannt. Mache unsere Länder miteinander bekannt, Elfenbeinprinz. Der Schnee will schon in unsere Grenzen, er wird ein Bote des Friedens sein. Dessen bin ich mir sicher.“
„Ich werde also heiraten. Nun, das gehört sich so. Ich bin nun ein Mann und ein König. Ein Volk braucht auch eine Königin.“
„Du bist stolz. Das warst du immer schon und es war vielleicht falsch dir zu sagen, dass du König wirst. Aber es wird dich noch tapfer auf deiner weiten Reise sein lassen. Bedenke stets, das das
Wichtigste Gut eines jeden Menschen sein Herz ist. Es ist noch wertvoller als der Geist eines Alten oder das Schwert eines Kriegers.
Deine Worte sind wieder einmal die eines Kindes. Jeder Mann wäre entsetzt eine Fremde zu ehelichen.“
„Aber“, warf die Mutter ein: „Du bist der Elfenbeinprinz. Wir haben keine Sorge das du auf dieser Reise ein Mann wirst und wie ein Mann die wichtigsten Entscheidungen treffen wirst.
Du wirst den Elfenbeinsäbel deines Vaters tragen, mit Hannibal, deinem schwarzen Elefanten reisen und ein Taschentuch gebe ich dir mit.“
„ Ich breche sofort auf, Mutter, nachdem
ich Proviant eingepackt habe.“ Freude überkam ihn. Abenteuer hatte er bis jetzt nur in den weiten Steppen des Sonnenlandes auf grünem Grund mit den Säbeln der anderen Jungen gespielt.
„Ich werde eure weisen Worte mitnehmen, an die mich Hannibal, mein getreuer Freund mit seinem Geist der nie vergisst erinnern wird.
Mit dem Säbel des Vaters kämpfe ich nur, wenn es sein muss, so wie ihr es mich gelehrt habt.
Wozu aber, liebe Mutter, ist das Taschentuch?“
„Das Taschentuch trägt man am Herzen. Es trocknet die Tränen, die du weinen wirst auf deinem Weg. Es ist mein
Geschenk als Mutter, denn nicht nur der Vater ist das Vorbild eines Mannes.“
Sie gab es ihm, herzte und küsste ihn und er gab das Empfangene an seinen Vater zum Abschied weiter.