Die bunte Schnecke Charlotte
Es ist März, die Frühlingssonne wärmt den letzten Schnee fort, als Charlotte aus dem Ei kriecht. Charlotte ist eine Schnecke. Sie ist noch sehr klein und ihr Schneckenhaus hat erst eine Windung.
Charlotte ist auf einer wunderschönen Wiese mit bunten Blumen. Sie kann sich gar nicht satt sehen, an dieser Farbenpracht. An einem Blütenblatt glitzert ein Wassertropfen und Charlotte sieht sich zum allerersten Mal. Sie kann schon erkennen, dass ihr Haus braun ist und dunkle Streifen hat.
Das findet Charlotte aber gar nicht toll. Sie ärgert sich und schimpft so vor sich hin. Wenn sie sich so umschaut, wirkt alles so schön bunt. Die Farben des Frühlings sind so vielfältig, dass Charlotte aus dem Staunen nicht mehr heraus kommt. Auf der Wiese blühen lilafarbene Krokusse, gelbe und rote Tulpen, weiße Schneeglöckchen, Blausterne und haufenweise andere Blumen. Das macht sie nun noch wütender und sie kann nicht aufhören, sich darüber laut zu beklagen. Das hört Fritz, eine andere Schnecke, der auch gerade aus dem Ei gekrochen ist.
“Was bist du denn so laut und warum
bist du so aufgeregt”? “Hallo, ich bin Charlotte und wer bist du?“ “Ich heiße Fritz, wollen wir Freunde sein?“ “Ja, gerne“, sagt Charlotte. “Was bist du so bekümmert?“ “Bist du blind? Schau` dir doch bitte einmal mein Schneckenhaus an. Es sieht aus wie … ein Haufen Erde, so dunkel. Ich möchte ein buntes Haus, wie die Blumen hier auf der Wiese. Hilfst du mir dabei?“ “Dein Haus ist doch noch viel zu klein, du musst erst noch wachsen.“ “Ich will sofort ein buntes Haus, basta”. Wenn du mir nicht helfen willst, muss ich das alleine schaffen.“ Fritz schüttelt nur den Kopf. Was soll er nur machen? Charlotte ist ja nun seine Freundin und
Freunde lässt man nicht im Stich. Also beschließt Fritz, Charlotte nachzukriechen. Er muss sich ganz schön beeilen, Charlotte scheint fest entschlossen, dass ihr Haus eine neue Bemalung braucht.
Endlich hat Fritz Charlotte eingeholt. Er ist ganz außer Atem: “Kannst du bitte auch langsamer kriechen, ich bin total geschafft”. Lass` uns eine Pause machen, damit wir reden können.” Charlotte ist ein wenig bockig und will Fritz nicht so schnell verzeihen, aber sie ist auch ganz schön erschöpft und so stimmt sie zu. Fritz findet an einem Baum feuchtes Moos und das ist
herrlich zum Verweilen. Charlotte schweigt und so fängt Fritz an: “Weißt du überhaupt, woher du die Farbe für dein Haus bekommst?” Jetzt erst bemerkt Charlotte, dass sie sich darüber noch gar keine Gedanken gemacht hat.
“Nein” - antwortet sie nun und fühlt sich auf einmal ganz elend. Fritz bemerkt, wie Charlotte immer trauriger wird und hat eine Idee. “Wir fragen die Sonne!” “Die Sonne?”, fragt Charlotte überrascht. “Ja,”, sagt Fritz. “Die Sonne sieht doch alles und weiß bestimmt, woher wir Farbe bekommen.” Also kriecht Fritz den
Baum hinauf bis zum obersten Wipfel. Das dauert aber sehr lange, doch er schafft es, bevor die Sonne untergeht. Sie ist schon ganz rot und er ruft so laut er kann: “Sonne, liebe Sonne. Meine Freundin, die Schnecke Charlotte, wünscht sich ein buntes Schneckenhaus. Kannst du uns sagen, woher wir die Farben bekommen?
Die Sonne, schon sehr müde, macht die Augen auf und sieht diese winzig kleine Schnecke. Sie schmunzelt in sich hinein. Sie ist aber auch tief berührt, dass dieser kleine Kerl soviel Kraft aufgewendet hat, um den Baum hinaufzukommen und seiner Freundin zu helfen. Sie überlegt nur kurz und
dann strahlt sie noch einmal zurück. Fritz hört so ihre Worte: “Morgen wird ein heißer Tag, ich werde ganz viel scheinen, dass sich aus dem See Wolken bilden. Dann wird es regnen und wenn ich die Wolken beleuchte, gibt es einen Regenbogen. Unter diesen Regenbogen muss Charlotte kriechen und sie wird bunt.“ Fritz bedankt sich und ist überglücklich. Nun muss er den Baum wieder herunter gleiten. Der nächste Morgen naht, als Fritz endlich unten bei Charlotte angekommen ist. Aufgeregt erzählt Fritz seiner Freundin von dem Regenbogen. Charlotte ist beschämt und freudig zugleich. Das hätte sie nicht erwartet. Sie hat Fritz
Unrecht getan, als sie glaubte, dass er nicht mehr ihr Freund wäre.
Nach einer Weile das Wartens, sie haben sich im Schatten des Baumes vor der glühenden Sonne aufgehalten, beginnt es in der Ferne zu grummeln. Auch Lichtblitze kann man sehen. Es wird immer lauter und der Donner kommt näher. Ein Gewitter naht und mit diesem kommt der Regen.
“Komm`!, ruft Fritz, er hat den Regenbogen erspäht. Charlotte kriecht so schnell sie kann zum Regenbogen, der in den schönsten Farben erscheint. “Ist das aufregend”, kann Charlotte nur
noch sagen, als sie durch den Regenbogen kriecht. Fritz kann nicht glauben, was er sieht. Als der Regenbogen verblasst und schließlich ganz verschwunden ist, sieht er Charlotte in ihrer ganzen Pracht.
“Wie sehe ich aus?, wie sehe ich aus?”, will Charlotte von Fritz wissen. Fritz findet seine Sprache wieder und sagt nur …. “bunt… bunt, wie ein Regenbogen. Du bist die schönste Schnecke auf der Welt.”
“Und du bist der beste Freund auf der Welt.”