Am nächsten Morgen wurde ich unsanft geweckt, durch einen Schwall Wasser. "Jeff wach auf!" Ich stöhnte. Mein Kopf dröhnte. Wo kamen diese Kopfschmerzen her? Verschlafen öffnete ich die Augen. "Tessia? Was ist los?" "Ein Schiff ist im Anflug." Ich schnellte nach oben. "Ein Schiff?" "Ja, wahrscheinlich unser Taxi von hier weg." Ein Schiff? Aber das kann nicht sein. "Das ist nicht unser Taxi." "Was redest du da? Du hast doch den Notfallsender aktiviert." "Nein hab ich nicht. Ich hab ihn erst mal trocknen lassen, damit er, wenn ich ihn nachher
anmache, sich nicht selbst zerlegt." Ihr Lächeln verschwand. "Konntest du den Schiffstyp erkennen?" "Ein Kanonenboot, knapp 30 Meter lang. Bewaffnung konnte ich nicht erkennen." "Wann hast du es gesehen? Ist es tief geflogen?" "Ziemlich tief. Ich habe es vor knapp 10 Minuten gesehen. Aber ich habe versucht nicht aufzufallen, da ich dich erst wecken wollte." Wer waren die? "Ja ist gut. Sind sie gelandet?" "Gegenüber von unserer Feuerstelle." "Warte, ich zieh mir was über, dann schauen wir ob wir unsere Sachen holen können." Ich griff nach meinem Schirt, welches ich als Kopfkissen verwendet hatte. Tessia schmunzelte. "Was?" "Ach
nichts. Wie kommt es, das so ein junger Kerl wie du schon so viele Narben hast. Du bist kaum älter wie ich." "Sagen wir ich hatte ne harte Kindheit. Außerdem glaube ich nicht das ich älter bin als du. Bin ja erst 24." Sie wurde leicht rot im Gesicht. Ich schaute sie fragend an. "25..." murmelte sie. Ich lächelte. "Langsam lernen wir uns doch kennen." Sie schaute mich direkt an. Nur einen kurzen Moment. Dann wandte ich mich ab und stand auf. "Können wir dann?" Sie nickte und ging voraus. Wir gingen kurz durch den kleinen Waldabschnitt direkt zum Strand. Da war es. Es war knapp 25 Meter lang, keine sichtbare Bewaffnung. Außerhalb des Schiffes war
keiner zu sehen. Jedoch stockte mir der Atem als ich das Schiff näher betrachtete. Die Lackierung machte mich stutzig. "Was ist los?" "Ich weis nicht wer genau hinter dir her ist, und ich will es auch gar nicht wissen. Aber wer es auch ist, er hat Beziehungen. Das da vorne ist ein Schiff des Konsortiums." "Verdammt." "Das kannst du laut sagen. Die sind skrupelos und wahrscheinlich hinter deinem Kopf her. Und alles was uns helfen könnte ist entweder dort vorne im Rucksack..." Ich deutete auf die Feuerstelle. "...oder dort hinten im Canyon." Ich zeigte auf die Stelle, wo mein Schiff runter gekommen ist. "Und wie wollen wir das
hier jetzt schaffen? Das Wrack erreichen wir wahrscheinlich nicht bevor sie uns entdecken, und der Rucksack ist auch nicht in unserer Reichweite." "In deiner nicht, in meiner schon." "Was meinst du damit?" "Ganz einfach. Ich werde den Rucksack holen. Du wartest hier und schreist, wenn du irgendetwas siehst, aber nur wenn es eine unmittelbare Gefahr darstellt. Wenn ich zurückkomme läuft du in den Wald rein. Immer gerade aus, egal was passiert. Die sind hinter dir her und nicht hinter mir." "Das ist verrückt. Du kannst dabei draufgehen." "Richtig, ich kann. Weist du woher ich die ganzen Narben hab? Jede Narbe steht dafür, das ich hätte
draufgehen können. Bin ich aber nicht. Auf einmal mehr kommt es nicht an." Sie starrte mich geschockt an. "Keine Sorge, ich versprech dir ich komme wieder. Und ich halte meine Versprechen." Anscheinend heiterte sie das nicht auf. Ich strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht. "Hey, ich mach das nicht zum ersten Mal, vertrau mir." Ihre Mundwinkel zuckten. Nun aber los. Ich schloss kurz die Augen und wandte mich dem Strand zu. Dann ging ich langsam los. Bloß nicht auffallen. Das hier war eine Koloniewelt. Touristen sind eigentlich nichts ungewöhnliches. Auf halber Strecke blieb ich stehen und starrte auf
das Schiff. Dann zuckte ich mit den Schultern und ging weiter. Dann war ich an der Feuerstelle. Ich packte die Sachen und den Sender ein und schulterte den Rucksack. Dann machte ich kehrt und ging zurück zum Waldrand. "Vorsicht!" Ich drehte mich um. Ein Turm war auf dem Dach erschienen. Von Diskretion verstehen die wohl nichts. Das Mündungsrohr blitzte auf. Ein Lasergeschütz? Nein, eine Miniaturrailgun. Was da blitzte waren die Magnetbeschleuniger, die dem Geschoss seine Kraft verliehen. "Lauf!" Ich lief im Zick Zack zum Waldrand. Dann ein Knall und ich wurde durch die Luft geschleudert. Der Schuss musste
genau hinter mir eingeschlagen sein. Als ich aufkam rollte ich mich ab, damit ich wieder auf die Füße kam ud lief weiter. Tessia war schon losgerannt. Ein weitere Schuss fegte neben mir vorbei und schlug eine Schneise durch die Bäume. Zum Glück haben die keine hohe Feuerrate, sonst wären wir erledigt. Ich holte Tessia schnell ein, ich war es ja gewohnt durch Wälder zu laufen. "Ich hab doch gesagt ich komme wieder." "Von dem Feuerwerk hast du allerdings nichts gesagt." "Naja, die Jungs fackeln nicht lange." Wir mussten beide lachen. Der Wald lichtete sich und wir standen vor einem Wasserfall. "Sackgasse." "Je nach dem wie mans
nimmt." Ich nahm den Rucksack und warf ihn unten zum Ufer. Ein dumpfes Geräusch ertönte. "Oh nein. Vergiss es." "Du weist das das der einzige Weg ist." "Ich werde bestimmt nicht hier herunter springen." "Wir hab keine Zeit zum diskutieren." "Stimmt, die habt ihr nicht." Erschrocken drehte ich mich um. 7 Männer hatten uns umstellt. Jedoch hatten sie keine Schusswaffen bei sich. Nur Schocksticks. "Geh von dem Mädchen weg." "Und wenn nicht?" "Was meinst was du ausrichten kannst? Wir sind zahlenmäßig überlegen. Und ihr seid unbewaffnet." "Das überzeugt mich nicht. Wenn ihr sie haben wollt müsst ihr wohl an mir vorbei." "Jeff, du musst
das nicht tun." "Freunde soll man schützen, oder etwa nicht?" Ich lächelte sie an. Dann stellte sie sich neben mich. "Dann halt dein Wort. Aber denk nicht, ich überlass dir den ganzen Spass." "Und ich hatte schon gedacht du kommst nicht mit zur Party." "Als wenn ich mir das entgehen lassen könnte." Wir nahmen beide Haltung an. "Ihr habt es so gewollt. Schnappt sie euch." Sie liefen von allen Seiten auf uns zu. Tessia lief zu den linken, ich zu den rechten. Es waren drei kräftig gebaute Männer mit jeweils einem, gut einem Meter langen Stäben. Ein Meter vor ihnen sprang ich und trat dem mir am nächsten stehenden gegen den Brustkorb.
Die Wucht riss ihn von den Füßen. Er krümmte sich und rollte über den Boden. Der steht erst mal nicht auf. Instinktiv duckte ich mich. Ich spürte einen Luftzug über mir und sah wie einer der Stäbe über mich hinweg fegte. Ich erhob mich wieder und drehte mich um. Tessia hatte alle Hände voll zu tun mit zwei von den Typen, die sie in die Ecke drängten. Ich bekam einen Tritt gegen mein Bein, weswegen ich auf die Knie ging. Ich hob meine Arme und fing einen Tritt auf. Ich stand auf und fegte sein Standbein weg. Er fiel und mein Bein kreiste durch die Luft, nur um kurz darauf auf seinen Bauch niederzurasen. Er schrie und hielt sich
den Bauch. Ich verdrehte sein Bein, so dass er sich auf den Bauch drehte trat einmal gegen sein anderes Bein. Ein Knacken ertönte, gefolgt von einen markerschütternden Schrei. Dann bekam ich einen Tritt ins Kreuz. Ich taumelte ein paar Schritte nach vorne, dann sank ich auf die Knie. Ich hatte Probleme zu atmen. Dann ein Tritt in die Hüfte. lch lag auf dem Rücken und hielt mir die Seite. "Das wars dann Bursche." Er hob den Stab über den Kopf. Anscheinend wollte er meinen zertrümmern. Soll es wirklich so enden? "Sag gute Nacht." Ich drehte mich zur Seite und trat gegen sein Knie. Er lies den Stab fallen und stolperte zurück. Ich stand auf und griff
nach dem Stab. "Zwei Sachen. Erstens: Ihr habt mir meinen Auftrag versaut und mein Schiff auf dem Gewissen." Ich drehte mich um die eigene Achse und schlug abwechselnd gegen seine Hüfte und seinen Unterarm. "Zweitens: Ihr habt versucht einen meiner Freunde zu entführen. Und das schlimmste ist, das ihr versucht habt mich loszuwerden." Ein Schlag ging gegen den Kopf. Er taumelte zum Rand des Wasserfalls. "Ich bin nun ziemlich angepisst." Ich holte einmal aus und schlug noch einmal mit voller Kraft gegen den Kopf. Ein Knacken ertönte. Sein Kopf war verdreht, offensichtlich hatte ich ihm das Genick gebrochen. Er kippte hinten
über und fiel in die Tiefe. Ich drehte mich zu Tessia um. Zwei Typen hatte sie ausgeschaltet, der letzte hatte sie jedoch an den Haaren gepackt und schleifte sie zur Kante. Ich ging zu ihr hinüber und hob den Stab an. Meine Arme schmerzten, sie waren diese Belastung nicht gewohnt. Ich schwang den Stab einmal und lies ihn auf den Kopf meines Gegenübers niedersausen. Ein Geräusch wie beim zerschlagen eines Kürbisses ertönte, dann sackte er zusammen. Tessia befreite sich aus seinem Griff und atmete durch. " 4 zu 2 für mich würd ich sagen." "Ich hab dir einen Vorsprung gelassen." Wir grinsten. Dann schlug ein roter
Lichtfinger zwischen uns ein und schmolz einen Stein ein. "Ein nettes Schauspiel. Aber hier endet die Vorstellung." Ich lief auf ihn zu in der Hoffnung, das ich ihn noch entwaffnen zu können. Er packte sich einen Arm und ein Bein von mir und warf mich mit einer Drehung einfach weg. Ich prallte gegen einen Baum und Sterne flimmerten vor meinen Augen. "Jeff!" "Er kann dir jetzt auch nicht mehr helfen. Wenn er klug ist bleibt er liegen. Abgesehen davon das er eh nicht viel ausrichten kann." Verdammt. Ich kann mich doch nicht einfach wegschmeißen lassen und dann einfach liegen bleiben. Ich versuchte
aufzustehen, jedoch sackte ich wieder zusammen. Der Schmerz in meinem Rücken brachte mich fast um. Jedenfalls fühlte es sich so an. Ich kann sie jetzt nicht im Stich lassen. Ich versuchte mich noch einmal hochzudrücken. Immerhin kam ich auf die Knie. Ich richtete mich auf und lehnte mich gegen den Baumstamm. Etwas in meinem Schuh drückte gegen meinen Knöchel. Mein Messer. Von wegen ich kann nichts mehr tun. Ich zog das Messer aus dem Stiefel und zog mich am Baumstamm hoch. Ein letzter Sprint und die Geschichte ist durch. Ich drückte mich vom Stamm ab und ging auf die beiden zu. Er hatte Tessia mitlerweile
dazugebracht aufzustehen. Sie sah ihn wutentbrandt an. Ich weis nicht ob sie mich bemerkte. Langsam wurde ich schneller. Dann trennten uns nur noch ein paar Schritte. Tessia sah mich an. Ich holte mit dem Messer aus und tauchte unter seinem Arm durch. Er war gerade dabei sich umzudrehen, da er Tessias Blick zu mir bemerkt hat. Ich rammte das Messer von unten nach oben in seinen Brustkprb und lies es sofort wieder los. Dann griff ich mach Tessia, packte sie an der Hüfte und sprang mit ihr den Wasserfall hinunter. Tessia stieß einen erstickten Schrei aus und ich spürte ein ziehen in meiner Schulter. Dann drehte ich uns um sie vor dem
Aufprall zu schützen. Ich presste ihren Kopf an meine Brust. Der Aufprall presste mir die Luft aus der Lunge. Reflexartig öffnete ich den Mund und verschluckte mich an dem Wasser. Ich drückte mich vom Boden ab. Als wir auftauchten atmete ich tief ein und hustete. Tessia war direkt neben mir. Wir schwammen zum Ufer und mit letzter Kraft schleppte ich mich zum Ufer. Ich drehte mich auf den Rücken und schloss die Augen. "Jeff. Jeff, alles in Ordnung?" "Nein, nichts ist in Ordnung. Ich bin erschöpft, mein ganzer Körper schmerzt und auf mich wurde geschossen. Wahrscheinlich hab ich eine Schusswunde in der rechten
Schulter. Ausserdem hab ich mich an dem Wasser verschluckt. Aber sonst gehts mir gut." Sie legte sich neben mich auf die Steine. "Als wenn es mir besser geht. Mein Schiff wurde abgeschossen bei einer Rettungsaktion, das Rettungsschiff habe ich abgeschossen, bin mit einem Verrückten auf einer Cavaskolonie gestrandet und musste mich mit einem Haufen Söldnern rumschlagen. Aber eigentlich ist der Verrückte kein übler Kerl, was wohl der einzige Lichtblick der letzten paar Tage ist. Und ich bin froh ihn getroffen zu haben." Sie lehnte sich zu mir herüber und legte ihren Kopf in meine Armbeuge. Die Sonne schien durch das
Blätterdach. Ich hörte die Vögel zwitschern. Das plätschern des Wasserfalls lies mich zur Ruhe kommen. Haare vielen mir ins Gesicht. "Hey." "Hey. Danke. Für alles." "Dafür sind Freunde schließlich da, oder nicht?" "Du bist der süßeste Verrückte den ich bis jetzt getroffen hab." "Ich nehm das mal als Kompliment. Aber das kann ich nur zurückgeben. Zumal ich nicht gedacht hatte das du dich doch vernüntig verhalten kannst." Ich bekam einen kleinen Hieb in die Rippen. "Au, au, schon gut ich ergebe mich. Du hast mich geschlagen." Sie lächelte. Unsere Blicke trafen sich. Sie schaute mich mit verträumten Augen an. "Was?" "Schtt.
Sei jetzt still. Du brauchst Ruhe, mein Held." Ich hab keine Einwände. Sie beugte sich zu mir herunter. Unsere Nasen streiften sich. Wir lächelten uns gegenseitig an. Dann berührten sich unsere Lippen. Ein flüchtiger Kuss, in dem die Zeit still zu stand. Dann wurde es schwarz. Ich schlief mit einem Lächeln ein. Genau wegen solchen Momenten lohnt es sich zu helfen. Ich hoffe das wir uns noch mal über den Weg laufen werden. Ich denke ich habe hier meinen Anker in dieser kaputten Welt gefunden. Den werde ich nie wieder loslassen. Ich fiel nun endgültig in einen tiefen, traumlosen Schlaf.