nachgefragt
Es ist der zweite Advent. Die Familie sitzt zum Kaffeetrinken um den Adventskranz, als die 12jährige Hedwig fragt: „Was ist denn das: ADVENT?“
Da beginnt der Vater zu erklären: „ Advent heißt Ankunft und in dieser Zeit bereiten wir uns auf die Ankunft des Christkindes vor. Sie markiert ebenso den Anfang des neuen Kirchenjahres. Ganz früher hat man sogar gefastet wie vor Ostern. Die Adventszeit ist reich an Volksbräuchen. Wir kennen eigentlich nur noch den Adventskranz. Dieser wurde von Johann Hinrich Wichern in Hamburg im Rauhen Haus erfunden. Dort
hatte er eine Schar Kinder aus den ärmsten Familien aufgenommen. Denen fiel das Warten aufs Christkind so schwer wie euch. Deshalb stellte er auf ein altes Wagenrad vier weiße Kerzen für die Adventsonntage und rote Kerzen für die anderen Adventtage. Täglich wurde eine Kerze mehr angezündet und erleichterte so den Kindern das Warten aufs Christkind .“
Und die Mutter fährt fort: „Viele andere Volksbräuche, besonders in Bayern und Österreich, gehen auf alte germanische Vorstellungen zurück. Gespenster und alle möglichen anderen Geister sollten ihr Unwesen treiben. So jedenfalls glaubte man, denn jetzt ist die dunkelste
Zeit des Jahres. Eine solche Zeit ist immer unheimlich. Und die Tage von Weihnachten bis zum 6. Januar benutzte man auch für Wettervorhersagen für das kommende Jahr.“
Dann erinnert der Vater an die Sonnwendfeuer, die sie schon zusammen erlebt haben: „ Wei0t du noch, als wir im vorigen Jahr zum Sonnwendfeuer am Brückkanal waren? Diese Feuer sollen die Wintersonnenwende feiern, den kürzesten Tag und die längste Nacht, nach der die Tage wieder länger werden. Was liegt da näher, als auch die Geburt des Christkindes zu feiern, die Geburt des Lichtes für unsere
Herzen.“
Die Mutter schließt ab mit dem Satz: „Du kennst doch das Lied . Deshalb lasst uns unsere Herzen öffnen, die Ankunft dieses göttlichen Lichtes feiern und daran arbeiten, dass es sich wirklich ausbreitet.“
Nach einigen Augenblicken des Nachdenkens sagt Hedwig: „Neulich haben sie im Fernsehen etwas vom Friedenslicht berichtet. Diese Aktion wurde 1986 vom Landesstudio Wien des ORF ins Leben gerufen. Pfadfinder holen das Licht in der Geburtsgrotte in Bethlehem und bringen es dann nach Europa. Ich finde das sehr schön. Gibt es das in unserer Stadt auch? Und wo
können wir uns das Licht für die Adventszeit holen?“
„Da müssen wir erst einmal im Internet schauen, wo in diesem Jahr das Friedenslicht verteilt wird. Aber als Deine Großeltern junge Leute waren, so in den 1950er und 1960er Jahren, und viele Menschen immer noch in Kriegsgefangenenlagern um ihre Entlassung oder gar um ihr Leben bangten, da wurden an Weihnachten in jedes Fenster Kerzen gestellt … auch als Zeichen des Friedens. Und die Friedensglocke wurde geläutet. Die befand sich damals in Friedland. Dort wurden die aus der Gefangenschaft Heimkehrenden immer empfangen. Meine
Mutter hat mir das oft erzählt“, berichtet Hedwigs Vater.
Dann entzünden sie gemeinsam die erste und zweite Kerze am Adventskranz und der Kerzenschein spiegelt sich in den nachdenklich gewordenen Gesichtern der Familie. ©HeiO 12-2013