Biografien & Erinnerungen
Über die Kühe in meinem Leben

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"Über die Kühe in meinem Leben"
Veröffentlicht am 07. Dezember 2013, 16 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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Über den Autor:

Ich bin 1950 in Berlin geboren, bin unendliche Zeiten zur Schule gegangen, habe brav studiert und in diversen Firmen artig gearbeitet, bin nunmehr das dritte Mal verheiratet, habe zwei erwachsene, tolle Kinder und gehe endlich meinen Neigungen nach, die sich auf kreativer Ebene bewegen. Ich bevorzuge die Satire, die Ironie, mag Methapher, die aber die Botschaft nicht verschleiern, eher krasser hervortreten lassen. Gerne nehme ich den typischen ...
Über die Kühe in meinem Leben

Über die Kühe in meinem Leben

Über die Kühe


Kühe sind gewaltige Tiere, sanfte Riesen, die den Menschen in der Regel bis zu ihrem Ende brav dienen. Man sollte nichts Schlechtes über sie sagen und doch sind sie pausenlos dem Spott genau der Leute ausgesetzt, die ein saftiges Steak nicht verachten. „Die Kuh, ein blödes Schlachtvieh, welches sich alles gefallen lässt“, höhnen sie, während sie sich eine Butterstulle schmieren. Nun, ich denke, die Kuh denkt nichts und frisst geruhsam, was sie kriegen

kann. Ihr ist das Gefrozzel der Menschen schietegal. Sie lässt dann und wann einen Fladen fallen und für ihre natürlichen Abgase kann sie nun wahrlich auch nichts, obwohl die Menschen ihr selbst das zum Vorwurf machen. Kühe vergrößern damit das Ozonloch, heißt es. Ja aber doch nicht in voller Absicht, um damit sich einen Vorteil zu verschaffen! Geht’s noch!!! Das erste Mal hatte ich Kuhberührung als ich als Kind zur Kur bei Pflegeeltern, sie waren damals Einzelbauern, in Oberhessen weilte. Ich hatte als kleine Berliner Göre noch nie eine Kuh, eine lebendige Kuh aus

nächster Nähe gesehen. Mein Onkel Hugo hatte mindestens zehn Kühe im Stall, die mit ihren Schwänzen unentwegt die Fliegen verjagten. Nahe heranzutreten wagte ich nicht, denn manchmal sahen sie sich auf einmal um, muhten tief und hatten sehr große wie ich fand vorwurfsvolle aber auch neugierige Augen. „Du kannst sie ruhig anfassen“, sagte Onkel Hugo und klatschte Lotte eins aufs Hinterteil, das aber nicht so schön rund war wie Fannys, seinem Pferd. Also blamieren wollte ich mich nicht, so klatschte ich ihr auch ein bisschen oben auf die

„Hinterpfote“. „Kühe haben kein Pfoten“, meinte der Onkel grinsend und lachte auch noch als sie mich mit ihrem reichlich bekackten Schwanz traf. Ich rannte sofort aus dem Stall und wollte nun nicht mehr zu den doofen Kühen. Ich machte fortan einen Bogen um den Kuhstall. Die gehaltvolle Milch trank ich aber brav, auch die Butterstullen schmeckten mir. Das war in den Fünfzigern, als die Milch in Berlin einen Blaustich hatte und wir nur Margarinestullen aßen. Kurz, die Kühe trugen dazu bei, dass ich mich nach einer schweren Gelbsucht sehr gut

erholte. Ich hatte eine Berufsausbildung als Agrotechniker neben der erweiterten Oberschule, die zum Abitur führte, zu absolvieren. Hier erlebte ich meine zweite Kuhberührung. Im Herbst trieb man die Kühe von den hochglegenen Weideplätzen runter in die wärmeren Ställe. Das war ein schwieriges Unterfangen, denn ein Teil der kleinen Stadt war zu durchqueren, danach eine ziemliche Strecke auf einer befahrenen Landstraße. Alle verfügbaren Leute, auch die Lehrlinge natürlich, wurden zur Sicherheit an den Straßenrändern postiert. Um das

Ausbrechen der Tiere zu verhindern, bewaffnete man uns mit einem meterlangen Milchschlauch. Das war für uns furchtbar aufregend. Was, wenn uns die Kühe überrennen? Sie kamen aber recht träge und sehr langsam, ein wenig widerwillig daher und die Männer hoben ihre Milchschläuche und schrieen ab und zu ho,ho,ho…wie heute der Weihnachtsmann. Die Kühe ließen sich aber nicht aus der Ruhe bringen. Wir umklammerten unsere Milchschläuche und schrieen auch ho,ho,ho. Plötzlich marschierte eine fette Kuh auf den recht tiefen Straßengraben zu. Ich

hob den Schlauch und grölte so laut ich konnte ho,ho,ho. Es nützte alles nichts, das Tier war schon im Graben, der ein wenig Wasser führte. Jetzt schien sie beunruhigt zu sein, denn sie versuchte wieder heraus zu kommen, schaffte es nach mehrmaligen Anläufen nicht. Ich stand hilflos daneben. Sollte ich nun wegrennen und einem der Männer Bescheid sagen oder lieber dableiben, denn am Ende kommt sie doch wieder raus. Ich entschloss mich zu schreien. „Kommt ma einer her, die Kuh is im Graben!“ rief ich so laut ich konnte. Zum Glück wurde das Malheur schon von weitem bemerkt und ich wurde

vergattert, bei dem Tier zu bleiben bis Hilfe kommt. „Wir holen sie mit dem Trecker raus“, sagte der Mann „Du wartest hier und pass schön auf, Kühe sind gefährlich, wenn sie im Graben stehen“, sagte er noch und grinste dreckig. Ich stand also da, während die Herde weiter zog. Wohl war mir nicht. Ich ließ das arme Vieh nicht aus den Augen. Sie stand da und schaute ein wenig ängstlich und genauso hilflos wie ich. Zwei Kühe, unfähig etwas zu bewegen, so kam es mir vor. Nach unendlicher Zeit erschien der Bauer mit einem klapprigen Trecker, ein zweiter Mann, sprang mit einem dicken

Seil in den Graben, um es der armen Kuh irgendwie um den Leib zu binden. Danach zog der Traktor langsam das Tier aus dem Graben. Ende gut, alles gut. Die Kuh hat nicht einmal gemuht. Die dritte Kuhberührung war erst viel später aber nicht minder aufregend. Unser Garten grenzte an einer mit einem elektrischen Weidezaun „gut“ gesicherten Riesengrünfläche, auf der Hunderte Kühe weideten. Unser Garten war eigentlich auch „gut“ eingezäunt. Mein Mann war aus dem großen Gartentor mit dem Auto zur Arbeit gefahren und hatte dasselbe dummerweise nicht wieder geschlossen.

Nachdem ich ein wenig Hausarbeit verrichtet hatte, wollte ich nun in den Garten, um die Wäsche aufzuhängen. Ich hatte Haushaltstag. Man bekam früher dafür einen bezahlten Tag im Monat frei. So trat ich frohgemut aus der Haustür und direkt unter dem großen Pflaumenbaum, der sich neben der Haustür befand, stand eine Kuh und fraß gemütlich an unserem Rasen. Ich stand zwei Meter vor ihr und bekam natürlich einen Mordsschreck. Zunächst machte ich wieder kehrt, um den Wäschekorb abzusetzen. Unser Hund schlief im Wohnzimmer unter dem Fenster. Er hatte

den Kuheintritt in unseren Garten nicht einmal bemerkt. Das empörte mich ziemlich. Sollte ich unsere Schäferhündin, die Angst vor einem Gewitter hatte, auf die Kuh loslassen? Unsere liebe Senta war nicht auf Kühe abgerichtet. Wer weiß, was passieren würde. Inzwischen war aber der Hund erwacht und kam neugierig in den Hausflur, durch das Riffelglas der Haustür waren die Umrisse der Kuh zu erkennen. Selbstverständlich begann nun ein Mordsgebell. Der Hund sprang auf die Klinke und war draußen ehe ich Luft holen konnte. Er umkreiste bellend mit

gesträubtem Fell die arme Kuh, die jetzt aufgehört hatte zu fressen. Sie trampelte verwirrt auf der Stelle und richtete zunächst meinen Rasen zugrunde. Dann hob sich ihr Schwanz und platsch ein großer Fladen düngte die Erde. Der Hund hatte sie etwas irritiert. Mit der Hundeleine in der Hand schrie ich meinen Hund an und er kam sogar. Ich leinte ihn erst einmal an, was nicht ganz einfach war, denn das Gebell ging weiter. Die Kuh wollte nun doch verschwinden, wusste aber nicht in welche Richtung. Sie marschierte in die falsche, nämlich

am Hausgiebel vorbei nach vorne auf die Straße, die zum Glück kaum Verkehr aufwies. Ich mit dem Hund hinterher, denn ich fürchtete nun um mein Auto, was auf besagter Straße vor dem Haus parkte. Das Auto interessierte die Kuh nicht. Vor unserem Haus befand sich ein kleiner Teich, davor eine Rasenfläche und dort fraß sie in aller Seelenruhe weiter. Das Gebell meines Hundes beunruhigte sie nicht im Geringsten. Kühe haben ein bewundernswürdiges Gemüt. Und wie sie da so ruhig stand und fraß, beruhigte sich auch der Hund. Wir

gingen ins Haus und riefen die Polizei, die brachten mit Hilfe des Eigentümers die Kuh wieder in ihre Koppel, aus der inzwischen allerdings weitere Tiere entwichen waren, zum Glück nicht in unseren Garten. Das Tor musste noch schnell geschlossen werden, dann war wieder alles im Lot bis auf eine kleine Fläche unter dem Pflaumenbaum. Ein wenig harken und Gras nachsäen, war noch nötig. Dann endlich konnte ich auch meine Wäsche aufhängen. Mein Hund wird vermutlich noch ein wenig von großen schwarzweißen Ungeheuern geträumt haben……

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Hörbuch

Über den Autor

Helgaschreibt
Ich bin 1950 in Berlin geboren, bin unendliche Zeiten zur Schule gegangen, habe brav studiert und in diversen Firmen artig gearbeitet, bin nunmehr das dritte Mal verheiratet, habe zwei erwachsene, tolle Kinder und gehe endlich meinen Neigungen nach, die sich auf kreativer Ebene bewegen.

Ich bevorzuge die Satire, die Ironie, mag Methapher, die aber die Botschaft nicht verschleiern, eher krasser hervortreten lassen. Gerne nehme ich den typischen "Michel", den modernen Spießbürger, die großen Schlappen unserer Gesellschaft aufs Korn. Aber manchmal möchte ich auch poesievoll den Sinn des Lebens unterstreichen, allerdings immer den Boden der Tatsachen, stets lebensbejahend, im Auge behaltend. Ich liebe den Witz mit Geist und biete viel Hintergründiges an. Das Lachen über sich selbst aber auch über die allgegenwärtige Dummheit im Allgemeinen, scheint mir trotz aller schlimmen Erfahrungen immer geholfen zu haben, mich aus brenzligen Phasen oder Situationen zu bringen.

Ein intensives Nachdenken, Aufarbeiten mit einhergehendem Aufschreiben, und nicht zuletzt die eigene Malerei, sind meine Methoden mit dem Leben im positivsten Sinne umgehen zu können.

Falls sich jemand für meine Malerei interessiert, der besucht bitte meine kleine Online-Galerie. (im Augenblick noch in Beabeitung...die neusten Bilder fehlen..)

http://helga-siebecke.magix.net

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Heidrun Hallo Helga,
Tolle Kuhgeschichte, besonders für ein Stadtmensch interressant!
Deine Geschichte gefällt mir, -allerdings weiß ich das die Milch nicht von lila Kühen kommt!*Ha
Deine Heidrun
Vor langer Zeit - Antworten
Helgaschreibt Du weißt viel! Die Begenung mit der lila Kuh habe ich gar nicht erwähnt, denn man kann ihr ja nicht entgehen. Meine Kinder wollten immer so eine haben, denn die kann ja mehr als MIlch geben.
Danke fürs Lesen und jetzt fällt mir noch mehr ein, denn unser Hund rannte ja einmal bei einem Spaziergang bellend hinter den Kühen her. Mir war Angst und Bange....um den Hund! Wenn die Kühe wüssten, was sie für gefährliche Hörner haben und wie stark sie eigentlich sind...aber sie wissen es nicht.

LG Helga
Vor langer Zeit - Antworten
Gelixx Eine schöne Kuhgeschichte liebe Helga, ich glaube, ich habe sie schon einmal gelesen, aber das macht nichts. Mir flößen sie Angst ein, obwohl sie völlig harmlos sind.
Du hast das toll geschrieben LG Geli
Vor langer Zeit - Antworten
Helgaschreibt Liebe Geli, Du hast natürlich recht, ich habe diese Geschichten schon bei BX veröffentlicht. Ich bin zufällig darauf gestoßen und habe mir gedacht, dass dieselben auch hier einige Leser schmunzeln lassen könnten.
Dir einen schönen zweiten Advent
LG Helga
Vor langer Zeit - Antworten
Kornblume Deine Geschichte ,liebe Helga, hat mich an meine Kinheit erinnert. Groß geworden in einem Industriedorf bei Halle/Saale hab ich Kühe auch erst mit 10 Jahren in Natura kennengelernt. Sind hinter mir hergerannt als ich eine Wiese überqueren wollte. Die Kühe waren sicher nur neugierig oder hofften auf Futter ,doch ich hatte solche Angst ,das ich vor Schreck meine Schultasche mit Inhalt weggeworfen habe um schneller rennen zu können. Mein Vater mußte sie holen, weil ich mich so vor den Kühen gefürchtet habe.
Adventliche Wochenendgrüße schickt das Kornblümchne
Vor langer Zeit - Antworten
Helgaschreibt Schön, dass ich Kindheitserinnerungen damit wecken konnte., auch wenn sie voller Angst waren. Mir sind Kühe heute noch nicht geheuer. Sie sind groß und flößen allein damit Respekt ein. In der Schweiz habe ich sie kürzlich dennoch fasziniert fotografiert. Sie haben so etwas Friedvolles an sich.

LG von Helga
Vor langer Zeit - Antworten
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